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Der reiche Mann.

Wer immer hier auf dieser Welt
Zu faul zur Arbeit ist,
Und thun nur will, was ihm gefällt,
Und Andere verdrießt;
Der werde reich; ein reicher Mann
Darf alles, was er will und kann!

Er spricht in der gelehrten Welt
Den Wissenschaften Hohn,
Und kauft sich für sein baares Geld
So viel er braucht, davon;
Denn nur der Reiche kann allein
Mit guter Art ein Dummkopf sein!

Den Wohlstand und die Höflichkeit,
Bon-ton und Schmeichelei,
Die überläßt er ungescheut
Nur seinem Leiblakei;
Denn nur der Reiche kann allein
Ein Grobian mit Ehren sein.

Er sieht der Menschen Arbeit zu,
Und nennt es Spielerei,
Dehnt auf dem Sopha sich in Ruh,
Und gähnt und schnarcht dabei;
Denn nur der reiche Mann allein
Darf ungestört ein Tagdieb sein.

Er spottet der Religion,
Heißt nur den Pöbel fromm,
Und kauft für eine Million
Sich einen Schein zu Rom;
Denn nur der reiche Mann allein
Darf für sein Geld ein Freigeist sein.

Er macht aus Schuldnerthränen Gold,
Raubt and'rer Leute Gut,
Hält die Gerechtigkeit im Sold,
Die nur was er will, thut;
Denn nur der Reiche darf allein
Ein Schurke von Rechtswegen sein.

Und hat er seinen Lebenslauf
In Müßiggang vollbracht,
So nimmt er einen Dichter auf,
Der ihn unsterblich macht;
Denn nur der reiche Mann allein
Kann ohne Ruhm unsterblich sein.

Nur ein Gut ist, das in der Welt
Der Bettler oft genießt,
Und das bei allem seinem Geld
Der reiche Mann vermißt:
Mit sich zufrieden kann allein
Der reiche Mann für Geld nicht sein!

*


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