Armand (Friedrich Strubberg)
Saat und Ernte
Armand (Friedrich Strubberg)

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Erstes Kapitel.

Am folgenden Abend war es noch etwas später geworden, als Blancha sich mit ihrer Sklavin im Gefängnisse einfand und von den verschiedenen Thürwächtern mit größter Zuvorkommenheit begrüßt und begleitet wurde.

Diesmal trat Blancha dem Geliebten nicht mit Thränen entgegen, mit hellglänzendem Blick flog sie an sein Herz und verkündete ihm, in Seligkeit erbebend, mit flüsternder Stimme, daß morgen seine Rettung unternommen werden solle. Mac-Coor hatte sie am Abend vorher bei ihrer Rückkehr zu Madame Newberry in seinen Rettungsplan eingeweiht, und mit aufjauchzender Begeisterung theilte sie Albert denselben jetzt mit.

Dieser hörte ihr mit wachsender Spannung zu, von Augenblick zu Augenblick steigerte sich seine Hoffnung, und als sie ihren Bericht beendet hatte, fielen sie sich mit den Worten: »Gott gebe seinen Segen dazu!« in die Arme. Nun besprachen sie die

Ausführung des Vorhabens hin und her, beredeten, was in den vielen möglicherweise eintretenden Zwischenfällen zu thun sein würde, und dachten sich so sehr in das Gelingen des Unternehmens hinein, daß ihnen alle Bangigkeit aus dem Herzen schwand und sie sich ganz wieder dem Glücke ihrer Liebe hingaben.

Dennoch überwachte Blancha die Zeit und setzte nach Verlauf einer Stunde selbst ihrem augenblicklichen Vergessen ein Ziel, indem sie aufbrach und den Geliebten mit dem Troste verließ, ihm am folgenden Abend als Rettungsengel zu erscheinen.

Auf ihrem Wege aus dem Gefängnisse ließ sie abermals den Wärtern reiche Goldspenden in die Hände gleiten und sagte ihnen mit ihrer süßen Stimme Worte des Dankes.

Wieder warf sich Albert, sobald die Thür sich hinter Blancha geschlossen hatte, auf sein Bett und verbarg sein Gesicht in Kissen und Tuch, und wieder erweckte er die Theilnahme des bald darauf eintretenden Wärters. Derselbe blieb einige Augenblicke in der Mitte des Zimmers stehen, schaute auf den unglücklichen, dem Anscheine nach verzweifelnden Verurtheilten nieder und schüttelte mitleidig den Kopf. Dann aber vollbrachte er die ihm obliegenden Dienstleistungen für den Gefangenen, blickte nochmals traurig nach ihm hin und verließ, ohne ihn weiter zu stören, das Zimmer, welches er wie gewöhnlich hinter sich verschloß.

Der ersehnte folgende Tag erschien und mit rastloser Ungeduld verbrachte ihn Blancha in hundertfachem geistigem Durchleben der Ereignisse, welche an diesem Abend stattfinden sollten, immer aber blieb das Resultat ihres Gedankenflugs, daß Albert gerettet war. Ihre Unruhe, ihre Aufregung steigerte sich von Stunde zu Stunde, und als endlich die Sonne sich neigte, da hatte sie nirgends mehr Rast, sie schritt in ihrem Zimmer auf und nieder, als könne sie dem Augenblick des Handelns entgegeneilen. Kaum aber verblich das Tageslicht und die Dämmerung legte sich über die Stadt, so eilte sie hochschlagenden Herzens, von Susanna gefolgt, zu ihrer treuen Freundin Newberry. Mac-Coor hatte sich dort laut Abrede bereits eingefunden, und zwar war er durch die Hinterthür in das Haus gelangt.

»Es wird Alles gut gehen, Fräulein«, sagte er, sie mit einer Verbeugung begrüßend. »Verlassen Sie sich unbedingt auf mich und handeln Sie ruhig und entschlossen, dann ist kein Fehlschlagen möglich. Nun an das Werk!«

Hierbei wandte er sich zu Susanna und diese reichte ihm ein zusammengerolltes Kleid, dasselbe, welches sie an den beiden vorhergehenden Abenden getragen hatte.

Er warf nun schnell Rock, Weste und Halsbinde ab und zog das lange Kleid der Negerin an, wobei ihm diese sowie auch Blancha und Madame Newberry behülflich waren. Darauf nahm er einen auf dem Stuhle liegenden sehr langen aufgerollten Strick und befestigte denselben unter dem Kleide um seine Hüfte. »Das große Tuch wird meine unförmliche Gestalt schon verbergen«, sagte er lachend, nahm ein Büchschen aus seinem abgeworfenen Rock hervor, trat damit vor den Spiegel und rieb sich mit der schwarzen Farbe, welche dasselbe enthielt, das Gesicht, sodaß es nach wenigen Augenblicken ebenso schwarz war wie das der Sklavin selbst. Dann rollte er sein Beinkleid bis über die Kniee auf, sodaß die weißen Strümpfe in den Frauenschuhen, welche er trug, sichtbar wurden. Sein lockiges schwarzes Haar strich er nun zurück, setzte Susanna's grauen Leinenhut auf, der vor seinem Gesichte weit vorstand und dessen Seiten in Falten bis auf seine Schultern herabhingen, sodaß von seinem Antlitz wenig oder gar nichts zu sehen war, und ließ sich schließlich noch das große Wollentuch der Negerin umhängen. Indem er dann die schwarzen ledernen Handschuhe anzog, drehte er sich wohlgefällig vor dem Spiegel und ließ sich durch die beiden Damen von allen Seiten beleuchten. »Susanna, wie sie leibt und lebt«, sagte er lachend und machte dann einige Gänge auf und ab durch das Zimmer, sodaß Blancha und Madame Newberry ihn verwundert ansahen, denn er ging ebenso wie Susanna und seine ganze Erscheinung war derselben vollkommen gleich.

Während dieser Zeit fuhr der bestellte Wagen vor das Haus. Mit einem halblauten »In Gottes Namen!« warf Blancha ihren Shawl um, drückte die Hand der Freundin zum Abschied gegen ihr Herz und wandte sich der Thür zu, indem sie zu Mac-Coor sagte: »So lassen Sie es uns wagen.«

»Nicht wagen, Fräulein, sondern vollbringen. Mit meinem Leben verbürge ich es Ihnen«, antwortete Mac-Coor und trat zur Seite, um Blancha vorangehen zu lassen. Madame Newberry geleitete dieselbe zu dem Wagen, wünschte ihr dort mit einem Kusse noch des Himmels Segen und schloß dann den Schlag.

Mac-Coor hatte sich neben den Kutscher auf den Bock gesetzt und fort ging es eilig dem Gefängnisse zu. Der Pförtner an dem Thore in der Mauer öffnete schon beim ersten Tone des heranrollenden Wagens die Pforte, beeilte sich, als derselbe anhielt, den Schlag zu öffnen, und verneigte sich tief vor Blancha, als diese ausstieg. Dann sprang er rasch voran bis an die Pforte, ließ Blancha und ihre vermeintliche Dienerin eintreten und geleitete sie dann bis an die Thür des

Hauses. Das Gerausch des Wagens hatte auch dort den aufmerksamen Thürwächter bereits hervorgelockt, und Blancha trat ohne allen Aufenthalt mit Mac-Coor hinter sich ein. So durchschritten sie auch die Thüren im ersten und zweiten Stock und wurden von Albert's Wärter nach dessen Zelle geführt, wo dieser mit einer Verneigung die Thür vor ihnen öffnete. Die Lampe brannte schon auf dem Tische und Albert trat mit dem Batisttuch vor den Augen auf Blancha zu, als der Wärter mit einem wehmüthigen Blick nach ihnen die Thür hinter ihnen schloß.

»Gott der Allmächtige sei gelobt!« sagte Blancha leise mit einem Athemzuge aus tiefster Brust, sank dem Geliebten in die Arme und barg die Thränen, welche die stürmische Aufregung ihr in die Augen drängte, an seiner Brust. Dann richtete sie sich auf, wandte sich nach Mac-Coor um und sagte:

»Wie sollen wir Ihnen jemals unsere Schuld abtragen, wenn das Werk vollbracht sein wird!«

Dabei trat sie mit Albert nahe zu ihm hin, und beide reichten ihm aufs tiefste ergriffen die Hand.

»Ich lasse mich ja dafür bezahlen, Fräulein«, entgegnete Mac-Coor im Aufwallen seines bessern Selbst mit einem Ausdruck von Scham und setzte dann rasch noch hinzu: »Glauben Sie mir aber, ich würde für

Sie beide ganz dasselbe gethan haben, wenn Sie nicht die Mittel besessen hätten, mich zu erkaufen.«

»Soll Herr Randolph sich aber nicht umziehen?« fragte Blancha ungeduldig.

»Nein, nicht eher, als Sie gehen wollen, und Sie müssen ungefähr dieselbe Zeit einhalten wie gestern«, entgegnete Mac-Coor und fuhr dann zu Albert gewandt fort:

»Sobald Sie ins Freie kommen, Herr Randolph, eilen Sie an dem Flusse hinauf bis nach dessen erster Biegung. Dort, wo die hohen Pappeln stehen, finden Sie ein Boot und einige meiner Freunde, welche Sie sofort über den Fluß setzen werden. Einer derselben wird Sie dann eine Meile am Wasser hinauf zu einem Farmer, gleichfalls einem meiner Freunde, führen, wo Sie Alles finden, was zu einem langen, sehr scharfen Ritte erforderlich ist. Dort ruhen Sie sich bis gegen Morgen, hoffentlich bin ich vor Tagesanbruch bei Ihnen. Sollte dies aber nicht der Fall sein und es wird hell am Himmel, so brechen Sie auf, einer meiner Freunde wird Sie dann begleiten und Sie sicher über den Sabinefluß nach Texas führen; dorthin reicht die Mörderhand unserer Justiz nicht!«

»Wo soll ich Ihnen Ihren tausendfach verdienten Lohn dann zahlen?« fragte Blancha.

»Ich werde von Texas aus, wohin ich selbst Herrn Randolph begleiten will, an Sie schreiben, Fräulein; ehe derselbe die Grenze überschritten hat, habe ich noch keinen Anspruch auf Belohnung«, antwortete Mac-Coor.

»Nein, Herr«, fiel ihm Blancha in das Wort. »Sobald Herr Randolph dieses Haus verlassen hat, können Sie über das Geld verfügen: ich trage es bei mir.«

»Nun denn, Fräulein, so würde ich Ihnen dankbar dafür sein, wenn ich es in dieser Nacht empfangen könnte, ehe ich die Stadt verlasse; es würde Ihnen aber Ihre Nachtruhe rauben.«

»Was ist die Ruhe einer Nacht gegen den Dank, den ich Ihnen schulde! Kommen Sie vor unser Haus, ich selbst werde Ihnen das Geld geben«, versetzte Blancha sehr bewegt.

»Ich hoffe zwischen Mitternacht und ein Uhr bei Ihnen zu sein. Das Lebewohl, welches ich diesen Mauern zu sagen habe, ist ernster als das des Herrn Randolph«, nahm Mac-Coor wieder das Wort und gab Albert dann noch vielerlei Lehren, wie er sich auf seiner Reise zu verhalten habe. Da klopfte es plötzlich an die Thür, alle drei fuhren zusammen; Blancha aber behielt ihre Geistesgegenwart, schlang ihren Arm um Albert's Nacken, hob ihr Batisttuch vor die Augen und wandte sich wie in Verzweiflung von der Thür ab, während Mac-Coor auf dem hölzernen Stuhle neben dem Eingänge zusammensank und den Kopf neigte, als sei er eingeschlafen. Die Thür wurde aber nicht geöffnet, sondern das Klopfen nach einigen Augenblicken wiederholt, worauf Albert mit dem Tuch vor den Augen und wie vom Schmerz gebückt an dieselbe trat und sie öffnete. Der Wärter stand draußen und sagte höflich: »Sollten Sie meiner bedürfen, so bitte ich, daß Fräulein Dandon nur die Gewogenheit haben möchte, an die Treppe zu gehen und dort die Schelle zu ziehen. Ich muß mich auf einige Minuten in den ersten Stock verfügen.«

»Ach nein, wir bedürfen Ihrer Dienste ja nicht früher, als wenn Fräulein Dandon mich verlassen will, und eine halbe Stunde darf sie mir doch wohl noch schenken«, sagte Albert mit betrübtem Tone.

»Solange Sie wollen, Herr Randolph«, entgegnete der Wärter; »es soll Sie Niemand stören.«

Dann eilte er davon und Albert machte die Thür zu.

»Nun rasch, jetzt ist es Zeit«, sagte Mac-Coor aufspringend, warf Hut, Tuch und Kleid von sich und löste den Strick von seinen Hüften, den er schnell in dem Bette versteckte.

Während Blancha mit großer Eile Albert das Kleid ihrer Negerin anzog, schlüpfte Mac-Coor in dessen abgeworfenen Rock, ließ seine Beinkleider wieder herunter und trat in Albert's Pantoffeln, indem er diesem seine Frauenschuhe hinschob. Die Anzüge waren in wenigen Minuten gewechselt, Mac-Coor hatte sich ebenso schnell das Gesicht wieder weiß geputzt, nahm dann das Büchschen zur Hand und färbte Albert das Gesicht rabenschwarz. Der Leinenhut wurde diesem aufgesetzt, das Tuch umgehangen, und er war zur Flucht bereit. Mac-Coor hatte einige kleine eiserne Sägen und eine Anzahl feiner Stahlblätter aus seiner Tasche hervorgenommen und sie bei dem Stricke im Bette verborgen, dann bat er Blancha, sich zum Aufbruch bereit zu machen und trat nun an die Thür, öffnete sie ein wenig und lauschte in den Corridor hinaus.

»Sobald der Mann kommt, müssen Sie gehen«, sagte er und hielt sein Ohr an die Thürspalte, doch hatte er sich kaum hingebeugt, als er zurücksprang und flüsternd rief:

»Fort, fort! Er kommt.«

Dann verkleinerte er die Flamme in der Lampe, nahm sein Batisttuch in die Hand und warf sich in derselben Weise, wie Albert es zu thun pflegte, auf das Bett.

Blancha aber öffnete langsam die Thür und trat hinaus in den Corridor dem heranschreitenden Wärter entgegen, während Albert in Susanna's Kleidern ihr auf dem Fuße folgte.

»Ich danke Ihnen, Herr«, sagte Blancha an der Treppe zu dem Wärter und ließ das Gold freigebig in seine Hand fallen, worauf dieser sie bis zu seinem Collegen im ersten Stock begleitete, der sie wiederum dem Thürschließer des Hauses überantwortete.

In dem Augenblick, als sie mit Albert in den Hof hinaustrat und noch das Licht aus der offenen Thür auf sie fiel, schritt der Wachtposten heran und blieb, sie beide musternd, stehen. Blancha erbebte, es lief ihr eiskalt durch die Glieder, dennoch verließ sie ihr Muth nicht, sie wandte sich im Vorwärtsschreiten zu Albert um und sagte mit lauter Stimme:

»Laß uns eilen, Susanna, es ist schon spät«, worauf Albert nahe hinter sie schritt und die Entfernung von der neugierigen Schildwache schnell vergrößerte.

Der Thorwachter harrte ihrer bereits an dem Pförtchen, Blancha konnte, als sie ihm das Gold in die Hand legte, kaum noch die Worte: »Ich danke Ihnen, Herr!« hervorstammeln, denn noch ein Schritt weiter und der Geliebte ihrer Seele war gerettet. Und schnell war dieser Schritt gethan, die Pforte schloß sich und Blancha warf sich Albert in die Arme.

»Halte mich aufrecht, Albert, ich sinke zusammen«, sagte sie erschrocken, die Machtlosigkeit fühlend, die sie plötzlich überkam, doch Albert hielt sie fest umschlungen und flüsterte ihr zu:

»Ich trage Dich von hier, Blancha!«

»Nein, nein, Albert, es geht schon vorüber. Gott Lob, es war nur die Aufregung«, versetzte sie und holte, sich emporrichtend, tief Athem. Dann that sie mühsam und wankend einige Schritte vorwärts, stützte sich fest auf den Arm des Geliebten und gewann nach wenigen Minuten ihre Kräfte wieder.

Sie beeilte ihre Schritte immer mehr, und immer weiter blieb die schwarze Masse des Gefängnisses hinter den Fliehenden in der Dunkelheit zurück, aber nicht nach der Stadt lenkten sie ihre eiligen Tritte, sie folgten einem Nebenweg, der um dieselbe führte und in die Straße am Flusse hinauf ausmündete. Ohne Rast eilten sie vorwärts, erreichten den Wald und gelangten auf dem Wege durch denselben bis nahe an die Straße, dorthin, wo Harry mit der Mulattin sich an jenem verhängnißvollen Abend hinter den Büschen verbarg, als Albert und Blancha lustwandelnd vor ihnen vorübergingen.

Hier hemmte Blancha plötzlich ihre Schritte und öffnete dem Geliebten ihre Arme, der sie auf dem Wege bis hierher wiederholt, aber vergeblich aufzuhalten gesucht hatte, um dem Gefühl seines Herzens Ausdruck zu geben.

Jetzt aber warf er sich vor ihr nieder, umklammerte ihre Kniee und stammelte Dank zu ihr auf, doch Blancha zog ihn an ihr Herz empor und erstickte seine Worte mit ihren Küssen. In dem beseligenden Gefühl, das gräßliche Verhängniß abgewehrt, das Schicksal überwunden zu haben, flossen ihre Thränen zusammen, und lange Zeit fehlten ihnen die Worte, ihr Glück aussprechen zu können; dann aber dankten sie dem Allmächtigen laut und aus tiefster Seele für seine Gnade und flehten ihn um seinen fernern Beistand an. Nahe hinter dem Glücke aber, dem sie sich für den Augenblick hingaben, stand die Trennung für lange unbestimmte Zeit, und so sehr sie den Gedanken daran auch von sich abwehrten, so drängte er sich ihnen doch von Minute zu Minute mehr auf. Nur Worte der Liebe, der Treue kamen von ihren Lippen, und wieder und wieder versicherte Blancha dem Geliebten, die Seinige werden zu wollen, sobald es ihr die Rücksichten gegen ihren Vater gestatten würden.

Da tönten die gleichmäßigen Ruderschläge von einem unweit des Ufers auf dem Flusse hinabfahrenden Boote zu den Ohren der Liebenden und mahnten sie daran, daß die Freunde Mac-Coor's auf die Ankunft Albert's warteten, um ihn über den Strom zu setzen.

»Ach, Albert, wir müssen scheiden!« hob Blancha an und schaute nach der dunkeln Flut hinüber, in der die hellfunkelnden Sterne spiegelten. »Ehe wir aber scheiden, habe ich noch eine Bitte an Dich, Geliebter, die Du mir gewähren mußt.«

Bei diesen Worten zog Blancha zwei Paquete aus ihrem Kleide hervor und fuhr fort:

»In diesem Papier befinden sich tausend Dollars in Banknoten von kleinen Beträgen, die Du während Deiner Reise benutzen willst.«

»Aber, beste Blancha, so viel Geld werde ich nicht gebrauchen, wenn ich auch ein Darlehn von einigen hundert Dollars von Dir annehmen muß«, fiel ihr Albert schnell in das Wort und weigerte sich, ihr das Papier abzunehmen.

»Nein, nein, Albert, weise mich nicht damit zurück; Du mußt und sollst es nehmen. Wer weiß, wie nöthig Du es in der einen oder andern Weise brauchen könntest, um die Landesgrenze sicher zu erreichen.« Dabei zwang sie es ihm in die Hand hinein und ließ seine Gegenrede durchaus nicht aufkommen. Nachdem Albert sich endlich ihrem Willen gefügt und das Paquet auf seiner Brust verborgen hatte, nahm Blancha abermals das Wort und sagte:

»Das Geld, welches Du meinem Vater gerettet hast und welches er mir zum Geschenk machte, ist Dein Eigenthum, Albert, und Du mußt den Rest, den ich noch davon besitze, von mir annehmen. Es sind noch neuntausend Dollars, die ich in dieses Papier eingesiegelt habe.«

Hiermit ergriff Blancha die Hand Albert's und wollte ihm das Paquet hineinlegen, er aber zog sie schnell zurück und sagte mit mildem bittendem Ton:

»Unter keiner Bedingung, Blancha; muthe mir das nicht zu, es würde mich in meiner eigenen Achtung herabsetzen.«

Dann aber schloß er sie heiß und innig wieder an sein Herz, als wolle er durch Liebkosungen sich ihre Verzeihung dafür erbitten, daß er ihr einen Wunsch nicht gewährt habe.

Wieder vergaßen sie in ihrem beseligenden Zusammensein die Gefahr, die ja immer noch drohend über Albert's Haupt schwebte, bis sie abermals durch die Ruderschläge vorüberfahrender Schiffer an den Abschied gemahnt wurden.

»Laß uns nach Deinem Boote gehen, Albert, damit Du über den Strom kommst, dort bist Du schon der Gefahr ferner als auf diesem Ufer«, sagte Blancha wie erschrocken über ihr eigenes Zögern, schlang ihren Arm in den seinigen und eilte nun auf der Straße der nahen Biegung des Flusses zu, wo die hohen dunkeln Säulen der Pappeln den Landungsplatz der harrenden Freunde bezeichneten. Kaum traten sie von der Straße ab der

Landspitze zu, als eine Mannsgestalt sich über das Ufer erhob und ihnen entgegentrat.

»Glück auf, Herr Randolph!« sagte der Mann in heiterem Tone. »Wir fingen an besorgt zu werden, daß gegen alles Erwarten die Sache verkehrt gegangen sein möchte. Wenn nur auch Mac-Coor glücklich durchkommt! Ich will vorangehen und Ihnen den Weg zeigen.«

Hiermit schritt der Mann auf dem Grase hin bis an den Uferabhang, unter welchem das Schiff sich schaukelte, und dort rief er einem seiner Kameraden zu, den Rock und den Hut für Herrn Randolph heraufzubringen. Dann wandte er sich zu Blancha und sagte:

»Dieser Mann, Fräulein, wird Sie nach der Stadt zurückbegleiten; Mac-Coor hat ihn damit beauftragt.«

Gleich darauf sprang ein junger Bursche auf das Ufer, reichte Albert, der schnell die Frauentracht von sich warf, einen Rock und einen Hut, nahm dann die abgelegte Kleidung vom Boden auf und stellte Blancha seine Dienste zur Verfügung.

»Wenn es nun gefällig ist, Herr Randolph, so wollen wir fahren, denn wir müssen wieder hierher zurückkommen, um Mac-Coor überzusetzen, und er dürfte leicht in größerer Eile hier erscheinen als Sie. Der Strom ist stark und die Fahrt wird viel Zeit kosten«, sagte der Mann von vorher zu Albert, während dieser eben sein letztes, herzzerreißendes Lebewohl an Blancha gab. Es war ein schwerer Abschied und dennoch ein beglückender, denn es war ein Abschied an den Tod bei Rückkehr in das Leben. Trennen aber konnten die Liebenden sich immer noch nicht, bis der Mann aus dem Boote heraufrief: »Herr Randolph, es ist die höchste Zeit!« worauf dieser noch einmal die Geliebte an sein Herz preßte und dann vom Ufer hinab in den Nachen sprang.

»Lebe wohl!« tönte es zwischen den eiligen Ruderschlägen von der dunkeln Flut herauf und »Lebe wohl!« antwortete Blancha mit bebenden Lippen und streckte ihre Arme weit über den Abhang hinaus dem Schiffchen nach, das wie ein schwarzer Punkt über die dahinjagenden finstern Wogen zu fliegen schien. Das Auge verlor bald den letzten Haltpunkt an dem fliehenden Geliebten, doch Blancha's Ohr lauschte noch lange dem einförmigen Ton der Ruder, und erst als deren letzter Klang auf der weiten Wasserfläche in der Ferne sich verlor, trat sie in stummem Dankgebet zu dem Allmächtigen, von dem fremden Manne gefolgt, den Heimweg an.

Bald nachdem Blancha mit Albert das Gefängniß verlassen hatte, kehrte der Wärter nach der Zelle der Verurtheilten zurück und sagte, indem er sich der Thür nahte, halblaut vor sich hin:

»Das arme Mädchen! Mit all ihrem vielen Gelde kann sie doch sein Leben nicht retten. Hinge es von mir allein ab, ich machte ihn frei; dann aber müßte es Gold regnen!«

Als er die Thür öffnete, fand sein Blick den vermeinten Randolph wieder in Verzweiflung auf sein Lager hingestreckt, den Kopf in dem Kissen vergraben und mit dem weißen Tuche auf dem Gesichte. Der Wärter trat leise auf, als wolle er ihn in seinem Schmerze nicht noch mehr durch seinen Tritt an seine Lage erinnern. Er besorgte schnell und geräuschlos, was ihm oblag, blickte dann noch einmal nach dem Unglücklichen zurück, dachte daran, daß die freigebige Dame nur noch wenige Besuche hier machen könne, und verließ die Zelle. Kaum war der Schlüssel aus dem starken Thür schloß gezogen, als Mac-Coor schon an dem Fenster stand, dasselbe leise öffnete und die vier starken Eisenstäbe vor demselben befühlte. Dann trug er ebenso geräuschlos die Bank unter das Fenster, stellte sich auf dieselbe und stieg auf die Brüstung, um mit dem Kopf bis oben in die Oeffnung zu gelangen und dadurch sich einem Blick in den Hof zu verschaffen. Er schien mit den Ergebnissen seiner Untersuchungen vollständig zufrieden zu sein, ging nach dem Bett zurück und nahm eine der kleinen eisernen Sägen, die er darin ver steckt hatte, aus demselben hervor. Dann stellte er den hölzernen Stuhl an den Tisch, setzte sich an diesem nieder und prüfte das feine Stahlblatt der Säge, welches aus einer Uhrfeder gemacht zu sein schien.

Auch hiermit war er zufrieden, denn er legte das Werkzeug auf den Tisch, schlug das eine Bein über, faltete seine Hände vor dem Knie und schwenkte seinen Fuß wie in gemüthlichem Gedankenspiele auf und nieder. Nachdem er so eine Zeit lang sinnend dagesessen hatte, zog er eine prächtige goldene Uhr aus der Tasche, sah nach der Stunde, gähnte einigemal und begab sich dann nach dem Bett zurück, auf dem er sich der Länge nach ausstreckte.

Es war erst neun Uhr und er konnte noch zwei Stunden schlafen, denn vor elf Uhr durfte er nichts beginnen. Das Licht in der Lampe hatte er auch sehr klein gemacht und so schloß er so unbekümmert, als ruhe er zu Hause in seinem eigenen Bett, die Augen und schlief bald ein.

Sein wachsamer Geist aber ließ ihn nicht eine Minute zu lange ruhen; es war, als hätte derselbe über ihn gewacht und die Stunden gezählt, denn die Glocke in der Stadt hatte die elfte Stunde noch nicht ausgeschlagen, als Mac-Coor plötzlich die Augen aufthat und mit leichtem Schwunge aus dem Bette sprang. Er blieb in der

Mitte des Zimmers stehen, sah auf seine Uhr, lauschte eine Zeit lang scharf und stieg dann, nachdem er die Lampe unter den Stuhl gesetzt und die Bettdecke darüber gehangen hatte, auf die Bank, von wo er hinter den Eisenstäben zum Fenster hinaus in den Hof blickte. Alles war ruhig und stumm, und nur von dem Flusse her wurde die Stille manchmal durch den krächzenden Schrei eines Reihers oder eines Wasserraben unterbrochen. Mac-Coor stieg nun auf die Fensterbrüstung, – um den Hof näher nach dem Hause hin überschauen zu können. Hier stand er lange Zeit, unbeweglich hinabblickend; da schritt der Wachtposten mit der Büchse auf der Schulter langsam unter dem Fenster hin und verschwand dann an der Seite des Gebäudes. Schnell glitt Mac-Coor hinab nach dem Tische, ergriff die eiserne Säge und kehrte an das Fenster auf die Bank zurück, wo er das scharfe Werkzeug in der Mitte der einen Eisenstange ansetzte und es dann mit Blitzesschnelle hin und her bewegte. Die Zähne der Säge waren so fein, daß ihr Einschneiden in die Eisenstange kaum zu hören war, dennoch hielt Mac-Coor von Zeit zu Zeit in seiner Arbeit inne, um auf den Tritt des Wachtpostens zu lauschen. Sobald derselbe an dieser hintern Seite des Gefängnisses erschien, setzte sich Mac-Coor auf die Fensterbank, sah lächelnd zu ihm hinab, bis er wieder um die

Ecke geschritten war, und begann dann eilig abermals seine Arbeit. Noch vor Ablauf einer halben Stunde hatte er die Eisenstange durchschnitten und begab sich zu der Lampe, bei deren Licht er ein neues Stahlblatt in die Säge einschraubte. Mit gleicher Anstrengung und Vorsicht begann er nun den zweiten Schnitt am Fuße der Eisenstange, vollbrachte ihn in noch kürzerer Zeit als den ersten und legte das herausgeschnittene Stück geräuschlos auf den Fußboden nieder. Die Oeffnung zwischen den Stangen war jetzt vollkommen groß genug für Mac-Coor, um durch dieselbe seine Flucht zu bewerkstelligen, ehe er sie jedoch antreten durfte, mußten ihm seine Freunde ihre Nähe anzeigen, denn ohne ihren Beistand konnte er die hohe Mauer, die den Hof umgab, nicht übersteigen.

Mitternacht war die für ihr Erscheinen verabredete Zeit, und zum Zeichen ihrer Gegenwart sollte der wiederholte Ruf einer Eule dienen. Es hatte noch nicht zwölf geschlagen, als Mac-Coor das lange Seil aus dem Bette hervorholte, dessen Ende löste und es an einem der Eisenstäbe im Fenster befestigte, worauf er sich auf die Brüstung setzte und nach der Mauer hinüberschaute. Die Nacht war sternhell und gestattete dem Auge, ziemlich weithin Gegenstände zu erkennen, Mac-Coor konnte aber noch nichts von seinen Freunden auf der Mauer bemerken. Eben war der Wachtposten wieder unter dem

Fenster vorübergeschritten, da schlug es zwölf, und gleich nach dem letzten Glockenschlage ertönte von der Mauer her der wimmernde Ruf einer Eule. Zugleich sah Mac-Coor jetzt einen dunkeln Punkt sich über die Mauer erheben und wieder verschwinden, während der Eulenruf noch einigemal wiederholt wurde. Jetzt war die Zeit zur Flucht gekommen, nur mußte der Posten noch einmal vorübergehen.

Mac-Coor lag zum Fenster hinaus gebeugt und spähte nach der Seite des Hauses hin, wo derselbe wieder erscheinen mußte, und berechnete zugleich die Zeit, welche dieser zu seinem Rundmarsche bedürfte, um zu ermessen, ob er während derselben seine Flucht ohne Schwierigkeit ausführen könne. Da trat der Mann mit der Büchse links neben dem Gebäude hervor. Obgleich derselbe diesmal seinen Weg sehr schnell zurückgelegt hatte, wollte Mac-Coor dennoch die Flucht wagen.

Er hielt den lose aufgerollten Strick in der Hand, und kaum war der Posten rechts um die Ecke getreten, so ließ Mac-Coor das Seil aus dem Fenster hinabfallen. Unglücklicherweise aber hatte sich dasselbe verschlungen und erreichte nicht mit seinem Ende den Boden. Mac-Coor zog es hastig wieder zu sich herauf, löste den verschlungenen Theil mit möglichster Eile und ließ es wieder in den Hof hinabfallen. Dann zog er schnell ein Paar dicke wildlederne Handschuhe an, die wie der Strick selbst mit Kolophonium bestrichen waren, trat aus dem Fenster hinaus, erfaßte das Seil mit beiden Händen und ließ sich an demselben in den Hof hinabgleiten. Mit den Füßen den Boden berührend, sprang er von dem Hause weg und lief mit Sturmeseile über den weiten Hof der Mauer zu, auf welcher jetzt vier Mannsgestalten sich hoch erhoben und ihm die Richtung bezeichneten, die er zu nehmen hatte. Kaum aber war er einige zwanzig Schritte vom Gefängnisse entfernt, als ein Büchsenschuß hinter ihm krachte und er, sich umschauend, den Posten erkannte, der fliegenden Laufs hinter ihm herstürmte. Alle Muskeln, alle Sehnen Mac-Coor's waren zum Zerreißen gespannt, wie ein Blitz schoß er vorwärts der Mauer zu, zog aber im Dahineilen eine Pistole und einen Dolch aus seinem Gürtel. Der Wachtposten, ein großer schlanker junger Mann, kam ihm indeß näher und näher, und als Mac-Coor die letzten Sprünge nach der Mauer thun wollte, hatte ihn sein Verfolger bis auf wenige Schritte erreicht.

»Zurück, bei Ihrem Leben!« schrie Mac-Coor ihm zu und wandte sich von der Mauer mit gehobener Pistole nach ihm um, im selbigen Augenblicke blitzte es aber von der Mauer herab und mit dem Knall des dort abgefeuerten Gewehrs stürzte der Posten zusammen.

»Schnell, Mac-Coor, hier ist die Leiter!« riefen seine Freunde von oben ihm zu; er erfaßte die Strickleiter, schwang sich auf die Mauer und war wenige Minuten später, von seinen Freunden umgeben, im Freien.

Blancha saß am offenen Fenster und schaute mit thränenfeuchten Augen zu den Sternen auf; es waren aber Glücksthränen, die ihnen entquollen, Thränen des Dankes, den sie in stillem Gebet zum Himmel sandte. Es war ihr so leicht, so wohl um das Herz, als sei ihr eine erdrückende Last von demselben genommen, und tief athmete sie auf, als athme sie die Freiheit des Geliebten. Da fiel ein Schuß, Blancha fuhr zusammen, der Schall kam in der Richtung von dem Gefängnisse her.

»Gott beschütze Mac-Coor, er hat sein Leben, seine Freiheit für Albert eingesetzt«, sagte sie halblaut und faltete zum Himmel aufblickend die Hände vor ihrer Brust. Da krachte ein zweiter Schuß von dem Gefängnisse her durch die stille Nacht,

»O Gott, sei ihm gnädig, er hat eine gute That gethan!« flehte Blancha wieder und sah lauschend nach der Gegend hin, wo das Gefängniß stand. Alles blieb aber jetzt still und nur Trink- und Wirthshausgäste belebten noch von Zeit zu Zeit die Straßen.

Blancha hatte sich wieder am Fenster niedergelassen und spähte immer unruhiger, immer besorgter auf den

Platz hinab. Da sah sie aus der Straße gegenüber drei Männer eilig heranschreiten, von denen zwei in der Mitte des Platzes stehen blieben, während der dritte auf ihr Haus zukam. Es war Mac-Coor; Blancha erkannte ihn trotz des matten Lichts, welches die Laternen verbreiteten. Sie sprang vom Fenster weg zum Zimmer hinaus und öffnete nach wenigen Augenblicken die Thür des Hauses. Sie hatte sich nicht getäuscht, der Retter ihres Albert trat ihr mit den Worten entgegen:

»Das Glück ist mir günstig gewesen, Fräulein, und nun, da ich Herrn Randolph selbst begleiten kann, darf ich Ihnen für seine Sicherheit einstehen. Dennoch würde ich Sie nicht gebeten haben –«

»Es ist mein eigener Wunsch, Herr Mac-Coor, Ihnen diesen kleinen Theil meiner großen Schuld jetzt abzutragen. Hier ist das Geld, nehmen Sie es mit meinem endlosen Dank«, fiel ihm Blancha ins Wort und reichte ihm ein versiegeltes Papier. Dann, nachdem Mac-Coor dasselbe in seinem Rock verborgen hatte, ergriff sie bewegt seine Hand und sagte:

»Schützen Sie meinen Albert, mein Gebet wird Sie begleiten und mein Dank wird Ihnen ewig gehören.«

»Mit meinem eigenen Leben will ich es thun, seien Sie unbesorgt, Fräulein«, entgegnete Mac-Coor tief ergriffen, nahm dann ein Papier aus der Tasche hervor und reichte es Blancha mit den Worten hin:

»Hier, Fräulein, haben Sie eine Abschrift von einem Schreiben, welches ich in der Zelle des Herrn Randolph zurückgelassen habe; es wird zu Ihrer Sicherheit dienen.«

Während Blancha dasselbe erstaunt entgegennahm, fuhr er rasch fort:

»Jetzt muß ich eilen, die Minuten sind mir kostbar. Leben Sie wohl, Fräulein, und nehmen Sie das Versprechen von mir, daß Mac-Coor nie wieder eine schlechte That begehen wird.«

Blancha wollte ihm antworten, er aber sprang von ihr hinweg zu seinen beiden Gefährten und verschwand mit ihnen in der nächsten Straße. Blancha eilte nun in ihr Zimmer zurück und las dort auf dem Papier, welches ihr Mac-Coor gegeben hatte:

»Ich, Charles Mac-Coor, erkläre hiermit, daß ich mich in die Zelle des Herrn Randolph eingeschlichen und ihn befreit habe. Er war unschuldig; die beiden Zeugen, auf deren Aussagen er verurtheilt wurde, waren durch den Advocaten Hanley, der mich selbst zu diesem falschen Zeugniß dingen wollte, erkauft.«

Die Kunde von Albert's Flucht versetzte am folgenden Morgen die Einwohnerschaft von Natchez in große Aufregung; allenthalben traten die Leute zusammen, um das Nähere darüber zu erfahren, und die Freunde sowie die Feinde Albert's waren geschäftig bemüht, die Aufregung zu seinen Gunsten oder zu seinem Nachtheil zu benutzen. Die schriftliche Erklärung Mac-Coor's aber, welche in der Zelle auf dem Tische vorgefunden worden und deren Inhalt man an allen Straßenecken anschlug, wurde eine mächtige Waffe in den Händen von Albert's Freunden, und wenn es dem alten Portman auch nicht gelang, den darin verdächtigten Advocaten Hanley seitens des Gerichts gefänglich einziehen zu lassen, so begannen doch Viele, welche von Albert's Schuld überzeugt gewesen waren, sehr daran zu zweifeln. Das Gericht selbst that seine Schuldigkeit und sandte am frühen Morgen in allen Richtungen Kundschafter aus, um die Spur des Flüchtigen sowie die seines Retters ausfindig zu machen.


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