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Das Strafgericht auf Schallenlauh bei Laichingen.

Lassest du die Landstraße von Laichingen nach Blaubeuren zur Rechten liegen und betrittst du den Fußpfad nach Suppingen, so befindest du dich nach einviertelstündiger Wanderung auf einer mit vereinzelten stattlichen Buchen geschmückten, nach Süden sich abdachenden Schafhalde. Kann sich dein Auge infolge trüber Witterung nicht an dem mit zackigen Schneebergen umsäumten fernen Horizonte weiden, so sieh um dich. Da werden größere und kleinere Einsenkungen, welche die ganze Heide häufig unterbrechen, deine Aufmerksamkeit fesseln. Hättest du die alten, längst hingegangenen Leutchen, den gichtbrüchigen Sandgräber und seine Ehegesponsin Hannabine nach der Ursache dieser Erdlöcher gefragt, so würdest du folgende Geschichte zu hören bekommen haben:

»Als es noch keine Christen in der Gegend gab, lebte auf Schallenlauh ein steinreicher Heide, Er hatte soviel Geld, daß er seine Pferde aus silbernen Krippen fressen lassen konnte. Aber er fürchtete sich nicht vor Gott und scheute sich vor keinem Menschen. An einem Sommerabend stand ein heftiges Gewitter am Himmel. Blitz auf Blitz durchzuckte die Luft, die Erde erbebte von den klaffenden Donnerschlägen und Regenströme schössen hernieder. Ein Mann mit wallendem Silberbart pochte an die Pforte des Bauernhofes und bat um Obdach. Aber dem Fremdling ward keine gastliche Aufnahme zuteil. Mit rohen Worten trieb ihn der Bauer vom Hause fort ins schauerliche Wetter hinein. Der Alte erhob drohend seine Rechte, und schreckliche Worte der Verwünschung vermischten sich mit dem Donnerlaut des Himmels. Und siehe! Ein Jahr nachher, an demselben Tage und zur selben Stunde erdröhnten Himmel und Erde. Die Erde tat ihren Mund auf und verschlang den hartherzigen Heiden samt all seiner Habe. Die Erdlöcher aber blieben als beständige Mahner zur Barmherzigkeit.« Das alte Sandmännchen fand einmal in einem Sandschacht eine versteinerte Ente, und zu gewissen Zeiten hörte er tief unter sich einen Hahn krähen.

(Gottlob Hummel.)


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