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VI.

Wie die sieben Schwaben einen Bayern zwiebelten und was ihnen ein Waldbruder sagte.

Sie waren noch nicht weit gegangen, da kam ihnen ein Mensch in den Weg, ein gar absonderlicher vor andern. Es war ein Bräuer aus München mit einem stattlichen Bauch gleich einem Bonzen; denn er war gewöhnt, täglich seine vierzig Halbe zu trinken und ein Schlaftränkle dazu. Der blieb am Weg stehen, ließ die Spießmänner an sich vorbeiziehen und lugte ihnen nach wie eine Algäuer Kuh dem Heuwagen. Er hatte offenbar nicht geringe Lust, die Sieben ordentlich auszulachen. Der Blitzschwab merkte das, faßte Mut und schrie er den Bräuer an: »Was guckst du so? Hotz Blitz! Hast du noch nie einen Schwaben gesehen?« worauf jener unter Lachen zur Antwort gab: »O ja, bei mir daheim auf der Malzdarre gibt's Tausende und mehr als den Leuten lieb ist.« – »Hotz Blitz, Malefiz!« fuhr da der Blitzschwab auf, und alle sieben machten Miene, dem Bayern auf den Leib zu rücken. Der aber hielt sich den Bauch und schüttelte sich immer mehr vor Lachen: »Ihr Schwaben, wenn ihr mir nicht sieben Schritt vom Leib bleibt, so spritze ich euch Insektenpulver unter die Nase und hin seid ihr.« Auf solch ein gottlos Wort hin sprang der Gelbfüßler, der gegen den Bayern freilich ein Zwerg war und diesem kaum an die unterste Rippe reichte, zu dem Lästermaul hin, und eh sich's der Bayer versah, war ihm das Schwäblein ins Gesicht gejuckt und hatte ihm eine so wetterliche Ohrfeige spendiert, daß dem Münchner das Feuer aus den Augen schoß und er am hellichten Tag ein ganzes Firmament von Sternlein vor sich tanzen sah. Der Bayer natürlich nicht faul, langte mit dem Arme weitmächtig aus, um dem Schwäblein auch eins zu versetzen, und es wär' auch eine Watschel geworden, an die der Gelbfüßler zeitlebens gedacht hätte. Weil aber der Schwab ebenso geschwind wieder auf dem Boden war wie in der Luft, so schlug der Bräuer in den Wind hinein, also daß er das Gleichgewicht verlor, sich um und um drehte wie ein Kreisel und zuletzt auf den Boden plumpste, wie ein Mehlsack. Jetzt aber fielen die Schwaben über ihn her wie Gänse über einen Apfelbutzen. Es trommelte nur so auf dem Bierbauch und die Schläge fielen hageldicht. Da bat der Bayer de- und wehmütig um Gnade, und endlich ließen sie ihn auch großmütig laufen. Aber die Strafe für ein so gottlos Benehmen folgte den Schwaben auf dem Fuße nach. Denn wie sie so die Kreuz und Krumm durch den Wald zogen, kamen sie ohngefähr bei Durlesbach zur Klause eines Waldbruders. Der saß vor seiner Türe und betete emsig den Rosenkranz. Die sieben Schwaben blieben also stehen und zogen ihre Schmerkäpplein. Und einer bat, der Einsiedler möchte ihnen den nächsten Weg zum Seewald weisen, allwo das fürchterliche Untier hause, das sie erlegen wollen. Der Klausner sagte eine Zeitlang nichts und horchte nur. Endlich aber, als sie immer schärfer in ihn drangen, wurde es ihm doch zu dumm. »Den Weg soll ich euch weisen, ihr Landfahrer!« schrie er sie an. »Wartet! Die Schellen will ich euch stimmen, ihr Schalksnarren! Die Federn will ich euch schneiden, ihr Fatzvögel, den Grind will ich euch waschen, ihr Fastnachtsbutzen.« Da merkten die sieben Schwaben, daß der Klausner trotz Rosenkranz und englischem Gruß doch recht grob sein könne, und als der Seehas anheben wollte, von dem Ungeheuer zu erzählen, da fuhr ihm der Waldbruder in die Rede: »Ach du lieber Gott im Himmel! Was für höllische Lumpen hast du auf Erden. Wahrlich, du lieber Herrgott, du lieber; du hast einen großen Tiergarten hier unten. Laufen die sieben Kerle da zusammen herum im Reich, zu Schand und Spott des Schwabenlandes und der Christenheit. Gibt's denn nichts Nützlicheres mehr zu tun in der Welt für solche Kalfakter, wie ihr seid? Fort mit euch, ihr Vagabunden, ihr Lyranten, ihr Komödianten!« – ,Hotz Blitz und Hagel!« sagte der Blitzschwab und »Bygost« der Algäuer, und dann machte er rechtsum mit dem Spießbaum und zog die Sechse nach. Da sagte der Nestelschwab: »Wisst! Ich glaub' der Waldbruder weiß Gottes Wort.« Aber die übrigen hörten nicht auf ihn, sondern zogen weiter.


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