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Neuntes Kapitel.

Wie Pfalzgraf Ludwig und die Bauern den Vertrag hielten.

Täglich bearbeitet von den zu ihm geflüchteten Herren, dem Deutschmeister und den Bischöfen von Würzburg und Speier, hatte Pfalzgraf Ludwig starke Rüstungen gemacht. Um seinem Gewissen Genüge zu thun, schrieb der fromme Fürst an Melanchthon unterm 18. Mai, um für den Landtag, den er den Seinigen zugesagt hatte, sein Gutachten über die zwölf Artikel zu vernehmen. Melanchthon schrieb zurück: »Es wäre vonnöthen, daß ein solch wild ungezogen Volk, als die Deutschen sind, noch weniger Freiheit hätte, als es hat; was 478die Obrigkeit thut, daran thut sie Recht; wenn die Obrigkeit daher Gemeindegüter und Waldungen einzieht, so hat sich Niemand dawider zu setzen; wenn sie den Zehnten der Kirchen nimmt und Andern gibt, so müssen sich die Deutschen ebenso gut dareinfügen, wie die Juden sich von den Römern die Tempelgüter nehmen lassen mußten. Eine Obrigkeit mag Strafe setzen nach der Länder Noth, denn Gott hat sie geordnet, das Uebel zu wehren und zu strafen; und es haben die Bauern nicht Recht, daß sie einer Herrschaft ein Gesetz machen wollen. Daß sie nicht mehr leibeigen sein, und die bisherigen Zinsen nicht geben wollen, ist ein großer Frevel. Es ist ein solch ungezogen, muthwillig, blutgierig Volk, die Deutschen, daß man es billig viel härter halten sollte. Auch nennet Gott das weltliche Regiment ein Schwert; ein Schwert aber das soll schneiden u. s. w. u. s. w.« Eine Schrift Philippi Melanchthons wider die Artikel der Bauerschaft 1525.

Mit solcher Logik wies Melanchthon die Rechtsansprüche des Volkes zurück, und Pfalzgraf Ludwig zog das Schwert beruhigten Gewissens, auf Melanchthons Zuschrift; guten Muthes, nach den großen Niederlagen der Bauern im Elsaß und in Schwaben.

Es ist eine eigenthümliche Ansicht, welche die Herren zeigen. Die Fürsten setzten bei ihren Unterthanen, mit denen sie im Vertrag waren, durchaus keine Berechtigung voraus, während des Vertrags ihren Brüdern anderwärts Beistand zu thun: sie selbst, die Fürsten, aber nahmen für sich trotz des Vertrags die Freiheit in Anspruch, andern Fürsten gegen ihre in der allgemeinen Brüderschaft stehenden Unterthanen mit den Waffen zu helfen. Auch der Churfürst von der Pfalz that dies. In Brettheim lagen viele Kaufmannsgüter, die den oberländischen Städten gehörten und von der Frankfurter Messe kamen. Die Bauern lüsteten sehr darnach. Um sie zu sichern, schickte der Pfalzgraf eine Anzahl Reisige und 500 zu Fuß nach Brettheim, um dieses pfälzische Städtchen im Rücken der Bauern zu besetzen. Da fielen bei dem Dorf Unterneuesheim die Brurainer Bauern heraus, und bedrohten sie mit dem Tode, wenn sie nicht nach Heidelberg zurück gingen. Darin sah der Pfalzgraf den Vertrag, der offene Straßen zusagte, als gebrochen an. Ebenso sah er Vertragsbruch darin, als aus der Elsäßer Aufmahnen der Wachenheimer und Winzinger Haufen sich wieder sammelte, um ihren Elsäßer-Brüdern zu helfen und sich selbst 479gegen Herzog Anton von Lothringen zu vertheidigen, und als sie zu diesem Zwecke Besatzungen in Neukastell und Dreyfels legten, und Landau zu besetzen suchten. Er legte es den Hauptleuten als Treulosigkeit zur Last, daß einzelne kleine Rotten da und dort noch plünderten und anzündeten, ohne zu berücksichtigen, daß diese Bauernhauptleute in Bruchsal nicht jeden einzelnen Bösewicht in der Ferne im Gehorsam halten konnten, so wenig als der Truchseß für jeden plündernden Landsknecht billigerweise verantwortlich war. Am 23. Mai zog Pfalzgraf Ludwig mit 4500 zu Fuß und 1800 zu Roß, mit rothen Kreuzen bezeichnet, und mit einem überaus starken Geschütze aus Heidelberg aus, überfiel Malsch, als die Wiege des Aufstandes im Brurain. Die Bauern, die dem Vertrag vertraut und ihr Heer aufgelöst hatten, und jetzt sich betrogen sahen, wehrten sich in gerechtem Zorn aus ihren Handrohren, so gut sie konnten; der Pfalzgraf aber ließ ihr Dorf von allen Seiten anzünden und bis auf den Boden ausbrennen. Alle Dörfer, durch die der Zug ging, wurden ausgeplündert, die Heerden weggenommen, im Schloß Kißlau, wo nur vier Bauern als Besatzung lagen, diese vier sogleich enthauptet, Bruchsal überfallen: die Bürger, im ersten Schrecken, ergaben sich und öffneten die Thore, am 25. Mai. Der Pfalzgraf drang auf Auslieferung der Anfänger. Auf langen Bedacht wurden etliche Arme von Rath und Gemeine angegeben, etlich und siebenzig herausgenommen und sie alle zusammen übereinander in einen Thurm gefangen gelegt, daß sie beinahe erstickt wären. Haarers, des pfalzgräfischen Sekretärs, eigene Worte.

Der Pfalzgraf hatte seinen Ueberfall mit dem Truchseß verabredet. Seidlers (Zeilische) Handschrift. Dieser streifte von seinem Lager Neckargartach aus ins Kraichgau, und überfiel Eppingen, wo der oberste Hauptmann, Anton Eisenhut, mit drei andern Hauptleuten in blindem Vertrauen auf den Vertrag geruhig saß. Der Truchseß schickte die vier Gefangenen an Pfalzgraf Ludwig »zu einer Verehrung« als »einen Beutepfennig.« Und der Pfalzgraf, der von Melanchthon gelernt hatte, daß das Volk der Obrigkeit nichts vorzuschreiben habe, und daß mit solchem demnach auch kein Vertrag zu halten war, ließ Anton Eisenhut und die drei andern enthaupten. Die Brurainer wurden zu 40,000 Gulden Strafe verurtheilt, entwaffnet und noch fünf Gefangene enthauptet: 480der sechste knieete schon; auf der Herren Fürbitten erbarmte sich Churfürst Ludwig seiner und der andern.

Es galt, den Speiergau zu reinigen. Zu Speier lagen auch in die vierzig Wägen mit Frankfurter Gütern, die wegen der Bauern nicht weiter kommen konnten. Der Truchseß half den Kaufleuten und dem Bischof von Speier aus ihrer Verlegenheit. 300 Bauern hatten sich in Odenheim verschanzt; sie ergaben sich nicht, sondern zogen sich in den Wald zurück. Der Truchseß hatte »überall, für und für, Bauern, die man fand und für Feinde hielt, alle Tage viele erstochen, und überall genommen, was sie hatten.« Als der Truchseß nun in Odenheim lagerte, da litt sein Zeug durch ein großes Feuer; denn die Bauern, die zu dem Dorf gehörten, kamen heimlich in der Nacht, und zündeten ihren eigenen Flecken an 5 Orten an, daß über 46 Häuser, und den Bündischen viele Rosse, Wägen und Zeug verbrannten. Bericht des Augenzeugen. Holzwart, Handschrift.

Am 28. Mai vereinigte sich zwischen Fürfeld und Neckargartach das pfalzgräfische Heer mit dem des schwäbischen Bundes; zusammen gegen 13,000 Mann, darunter über 1000 Handschützen mit guten eisernen Röhren, die der Erzbischof von Trier mit sich führte; mehr als 2000 Wagen, und unter des Pfalzgrafen Geschütz zwei Hauptstücke, die 80 Pfund schossen, zwei Nothschlangen, jede von 20 Schuh Länge, acht große Schlangen, zwölf Feldschlangen und viel anderes Geschütz. So ging's fröhlich und siegesmuthig Würzburg zu. Haarer. Schunk. Holzwart. Bericht des Augenzeugen.



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