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Sechszehntes Kapitel.

Der Landtagsabschied in Tyrol.

Dem Erzherzog lag sehr am Herzen, die Ruhe im Salzburgischen zu vermitteln, da es überall an seine Erblande grenzte, und die Salzburger fortwährend Boten und Briefe an die Schwazer 549und andere Tyroler Bergwerke schickten, ihnen zu Hülfe zu ziehen, weil, wenn Salzburg erliege, es über die Tyroler und alle Andern hergehe. 1000 Knappen entwichen auch aus Schwaz und zogen denen in Salzburg zu, da ihre Väter, Brüder und Freunde dabei seien.

In einem großen Theile Tyrols gelang es ihm, durch den Landtagsschluß die Ruhe herzustellen.

Durch den Landtag, der nach Dreieinigkeitssonntag eröffnet wurde, wurden die allgemeinen Beschwerden beseitigt, zur Abstellung der besondern Beschwerden ward ein neuer Landtag auf Michaelis zu Bozen festgesetzt. Außerordentlich waren die Zugeständnisse, welche Ferdinand den Tyrolern einräumte, in Bezug auf Maß und Gewicht, Produktion, Handwerksordnung, Handel, Zölle, Steuern, Gewichte, besonders aber grundherrliche und bäuerliche Verhältnisse: alle Frohndienste, die nicht urkundlich wenigstens über ein halb Jahrhundert hinauf gingen, der kleine Feldzehnten, die zweifachen Zinse, wurden ganz aufgehoben, andere Lasten auf einen sehr geringen Geldanschlag gesetzt, Jagen und Fischen freigegeben, die überbürdeten Bauerngüter erleichtert, die freie Predigt des Evangeliums und die Präsentation der Pfarrer zugestanden. Ausführlich alle Zugeständnisse bei Bucholz IX, 336-339. Dafür sollten alle Gemeinden, die für das Vergangene keiner Strafe unterlagen, diejenigen, die in der Empörung beharren würden, beruhigen und strafen helfen. Sofort nahm Ferdinand eine provisorische Säkularisirung des Stifts Brixen vor, oder, wie es hieß, er nahm das Hochstift als Schutzherr in zeitliche Verwaltung; auch die Deutschordenshäuser in Bozen, Lengmoos und Slanders, welche die Bauern besetzt hatten, nahm er »bis auf gemeine Reformation« zur Hand. Das obere und untere Innthal, Innsbruck und Hall, ferner die Städte Brixen, Clausen und Neustift nahmen den Landtagsabschied mit Dank an.

Aber die Gerichte des Hochstifts Brixen gaben die besetzten Häuser und Schlösser nicht heraus und nahmen den Landtagsabschied nicht an, sondern schrieben eine neue Versammlung der Landleute aus; zwei von Gaißmayer gesetzte Prediger predigten offen gegen den Abschied, namentlich zu Meran und Sterzing, wo Gaißmayer wohnte, nachdem er die Hauptmannschaft niedergelegt hatte. Auch die Gemeinden am Eisak gaben keine genügenden Erklärungen. Die 550von Slanders zerstörten die Karthause von Schnalz, die Rumyer verbrannten ihren Gerichtsherrn, Peter Busi, in seinem Hause. Steineck, Truthofen, Vells, Castelreuth, Pfefferberg, Maleit verbanden sich aufs Neue und enger, setzten neue Beamte ein, zogen bewaffnet bei Tag und Nacht umher: Simon von Padello war hier das Haupt, neben ihm Nicolo del Viktor. Die Gerichte im Valzigau thaten dasselbe: die von String und Ifan erschlugen ihren Hauptmann Buhlen, nahmen das fürstliche Schloß ein und legten des fürstlichen Kommissär gefangen. Dann zogen die verbündeten Gemeinden auf Trient, leiteten die Etsch ab, und beschossen die Stadt. Die zu Nons und Sulz beschlossen, die, welche den Landtagsabschied verkünden würden, todt zu schlagen.

Die Regierung ließ bekannt machen, wer Padello oder Viktor vom Leben zum Tode bringe, solle das halbe Gut desselben haben. Den im Aufstand befindlichen Gemeinden wurde Straffreiheit zugesichert, wenn sie die Rädelsführer auslieferten; gegen 16,000 Mann wurden zur Unterdrückung des Aufstandes aufgeboten. Die Rumyer erlagen zuerst, dann die Valzigauer und die von Nons, eben so Primör. Vom 13. bis zum 29. September wurden hier viele Rädelsführer mit dem Strang gerichtet, andere enthauptet, ihre Häuser niedergerissen, die übrigen gebrandschatzt; manche der Schuldigsten retteten sich in's Venetianische.

In Trient, der Heimath der eigenthumslosen Taglöhner, im Bischofslande, war die Reaktion am Grausamsten. Nach vielfältigen Scharmützeln mit dem fremden Kriegsvolk wurden sie auch hier zersprengt. Den Gefangenen wurden »theils Nasen und Ohren abgeschnitten, Andere geviertheilt, Etliche gespießt, Etliche lebendig verbrannt. Etlichen wurde lebend das Herz herausgeschnitten, ihnen um das Maul geschlagen, und dann ihr Leib zerstückt. Gar Vielen hat man bloß ihr Vermögen eingezogen, sie mit Ruthen ausgestrichen und aus dem Lande vertrieben. Keiner wurde entlassen ohne das Brandzeichen, das ihm an die Stirne gebrannt wurde. Unter Andern war ein Steinmez, Meister Philipp, der hatte den Bauern versprochen, wenn er das Schloß Trient binnen drei Tagen nicht zu Boden reiße, wolle er sich seine Augen ausstechen lassen. Gefangen, wurde er vom 551bischöflichen Nachrichter vor das Schloß geführt, und als er dasselbe genug gesehen, wurden ihm beide Augen ausgestochenBericht aus Trient. Alles oben ist wörtlich. Hormayr, Anemonen I, 329—330.

Dann griff das Blutgericht nach denen im Brixener Land und Eisakviertel und im Pusterthal: es verfuhr nicht einmal mit offenen Rechten überall, die Geschworenen wurden durch die Regierung auf jede Art gefälscht. Die Lombardei war voll von Tyroler Flüchtlingen.

Gaißmayer war gleich nach dem Landtage nach Innsbruck citirt worden, um über die Weigerung der Gerichte des Brixener Landes Bericht zu geben. Man hatte ihn derselben halb im Verdacht. Er kam und wurde in Eid genommen, nicht hinweg zu gehen. Als er sah, wie die Regierung sich an die Rechtsordnung des Landtagsschlusses selbst nicht hielt, und ihre Hände in Blut röthete, rettete er sich nach 7 Wochen, Ende Septembers, durch die Flucht; und ließ öffentlich eine Vertheidigungs- und Beschwerungsschrift ausgehen: 18 Städte und Gerichte an der Eisak, sagte er, haben ihm Sicherstellung versprochen; würde er angetastet und beschwert, müßte er diese ansprechen.



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