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Viertes Kapitel.

Erläuterung der 12 Artikel. Hans Berlin und Weigand.

Der schwachen Seite des Heeres, dem Mangel an Reiterei ward durch den gezwungenen Zuzug der Ritter nicht ganz abgeholfen. Etwas ganz Anderes war, wenn der Adel ins Interesse gezogen wurde, und mit mehr willigem Herzen mitfocht. Darum hatte Hipler darauf angetragen, die Güter der geistlichen Herren zu säcularisiren und die weltlichen Herren daraus zu entschädigen für das, was sie durch die neue Ordnung der Dinge verlören. Herr Göz und schon vor ihm Wendel Hipler hätten gerne auch die zwölf Artikel gemildert, um dem Adel und den Städten den Anschluß an die Sache der Bauern annehmlicher zu machen, eine Brücke über die Kluft zu bauen zur Annäherung. Auch um eine bessere Heerordnung war es zu thun. Da kam ihnen glücklicherweise, da Keiner für sich die mißliche Sache, an den zwölf Artikeln zu ändern, übernehmen wollte, Hans Berlin, der Rathsherr von Heilbronn, in den Wurf, der wegen seiner geschickten Verhandlungen auf Reichs- und andern Tagen einen Namen hatte.

In Heilbronn hatten, nach dem Abzug der Bauern, die von 58der Opposition, welche zurückgeblieben waren, einen geheimen Ausschuß von Zwölfen gebildet, welcher seine Sitzung in Hans Werners Haus hielt, und unter Anderem damit umging, den Rath abzusetzen und Caspar Zech zum Bürgermeister zu machen. Bundesakten Fasc. 99 b. Nr. 5. 6. 9. Auch von den Neckargartachern und den Böckingern geschah dem Rathe Unangenehmes. Heilbronn hatte beim Abzug des hellen, lichten Haufens Briefe von den Hauptleuten darüber erhalten, daß bis zu einer künftigen Reformation des Reiches Alles bleiben solle, wie es jetzt wäre, daß Niemand den Andern entsetzen, Niemand einem an Leib, Hab und Gut Eingriff thun solle. Dennoch zogen die Neckargartacher die dem deutschen Haus in Heilbronn gehörigen Güter an sich, die doch schon vor dieser Zeit auf zehn Jahre von Heilbronner Bürgern um Zins bestanden waren. Die Böckinger fuhren den Herren von Heilbronn ungescheut auf ihre Weide, deren Insassen die letztern viele Jahre gewesen waren. Jakob Rohrbach hatte früher mit Einzelnen des Heilbronner Raths es dahin abgeredet, daß dieser schöne, von den Böckingern als ihr Eigenthum zurückgeforderte Wasen gemeinschaftlich benützt werden solle, bis auf weitere Entscheidung der Sache. Der Rath glaubte durch die Briefe des hellen Haufens diese besondere Abrede mit Jäcklein aufgehoben. Die Böckinger hielten sich an Jäcklein.

Herr Jäcklein hatte sich von dem großen württembergischen Haufen unter Matern Feuerbacher, einer Abrede mit diesem gemäß, wieder hinweg und ins Zaber- und Kraichgau mit einigen Andern begeben, um neue Mannschaft in die Waffen zu bringen und sie dem württembergischen Haufen gegen den schwäbischen Bund zuzuschicken. Zu Maulbronn hatte er sein Hauptquartier im Kloster, wo er es sich wohl sein ließ.

Von hier aus schrieb er dem Rathe zu Heilbronn auf die Klage seiner Böckinger: »Wir Jakob von Böckingen sammt andern verordneten Obersten zu Maulbronn verkünden und entbieten euch brüderliche Dienst und Liebe zuvor. Liebe Herren und Brüder, uns kommt für, wie Spän' und Zwietracht sich erheben zwischen euch und denen von Böckingen eines gemeinen Wasens halb. Es ist unsere brüderliche Bitte und Begehr, wollet ansehen diese unsere 59brüderliche Bündniß, darein ihr gehuldigt, und demselben auch ohne Einrede nachkommen; also daß dieser vorbemeldte Wasen und Almand dienstlich sei euch und auch denen von Böckingen bis auf weitere Entscheidung. Solches wollen wir uns zu euch als unseren untrüglichen Herren und Brüdern versehen.« Das Schreiben ist vom 29. April aus dem Lager zu Maulbronn. Handschrift, Rechtschreibung und Styl in Jäckleins Brief gehört zu dem Besten, was mir unter tausenden von gleichzeitigen Urkunden der Herren zu Gesicht gekommen ist.

Die Herren von Heilbronn fühlten sich von Bruder Jäckleins Vornehmheit sehr unangenehm berührt. Sie nahmen die Sache so wichtig, daß sie ihren geschicktesten Diplomaten, Hans Berlin, persönlich dem vorwärts ziehenden hellen Haufen nachsandten, mit »freundlicher Bitte an die obersten Feldhauptleute und Räthe, ihre guten Freunde und Brüder,« ihren Gesandten »von ihretwegen gütlich hören und ihm guten Willen beweisen zu wollen.« Bundesakten Fasc. 92. Nr. 23 a. b.

Hans Berlin war, als die Bewegungen um Heilbronn anfingen, zum schwäbischen Bund hin und hergegangen; er war zuletzt dem Grafen von Helfenstein nach Weinsberg gefolgt, und hatte sich im Feldlager desselben befunden, bis der Graf, kurz vor dem Sturm auf Weinsberg, den Nachtrab des evangelischen Heeres, während der Unterhandlungen, niederstach. Während Heilbronn von den Bauern umlagert war, hatte er die Hut des Thores, Weinsberg zu; schon da, finden wir, ließ er viele aus und ein; als die Bauern in die Stadt kamen, finden wir denjenigen in ihm, mit dem sie am liebsten verkehren, und der am besten für die Stadt mit ihnen zu handeln weiß: Es ist unverkennbar, Hans Berlin ist nicht bloß feiner Diplomat, in jede Fuge schmiegsam; der Geist des Volkes kommt selbst über ihn, wenn er inmitten des Volkes steht; sie hat ihn berührt, die christliche Sache, die Sache des gemeinen Mannes; sonst müßten sie anders sein die eigenhändigen geheimen Schreiben von ihm, welche die Zeit uns erhalten hat; sonst hätten die mißtrauischen Bauern nicht das unbedingte Zutrauen zu ihm an den Tag gelegt, das uns urkundlich aufbewahrt ist. Es waren auch noch in dem erweiterten Rathe viele Oppositionsglieder, welche die 60Herren hätten ins Bauernlager absenden können, saß doch selbst Wolf Leipheim darin; aber sie sendeten Hans Berlin ab, und er machte dem Rathe von Heilbronn die Freude, ihnen alsbald zu schreiben, daß ihn, sobald er nach Amorbach gekommen, die Hauptleute und Räthe sogleich in ihren Rath gezogen, und daß er Alles, das er wollte, erlangt habe. Bundesakten Fasc. 92. Nr. 23.

Sie hatten eine Freude an ihm, die Hauptleute und Räthe im Lager zu Amorbach: das war der Mann, der ihnen wegen der zwölf Artikel aus der Verlegenheit helfen sollte. Augenblicklich wurde ihm mitgetheilt, daß er sich zum Dank für das, was man ihm zugestand, »anderer ziemlicher Arbeit unterziehen, ihnen etwas Mandate und Anderes helfen machen müsse.«

Es wurde ihm nichts Geringes zugestanden, mehr als er und seine Herren erwarten konnten. Er wurde im Namen des hellen lichten Haufens, als dessen lieber Bruder und Freund, beauftragt, an Statt und im Namen desselben allen ungehorsamen, freventlichen Menschen nach Gestalt jeder Sache zu gebieten und zu verbieten, selbst zu strafen, namentlich Jeden zu strafen, der wider die Briefe des hellen Haufens thue; Jeden, der irgend etwas einem nähme; Jeden, der noch nicht gehuldigt, in Huldigung zu nehmen. Bundesakten Fasc. 92. Nr. 24.

Zugleich erging an Jakob Rohrbach ein abschreckendes Dekret von »Göz von Berlichingen zu Hornberg, Jörg Metzler von Ballenberg, obersten Feldhauptmännern, Hans Reyter von Bieringen, Schultheiß und andern Hauptleuten des hellen lichten Haufens,« des Inhalts: »Wir urkunden mit diesem Brief und fügen dir Jakob Rohrbach von Böckingen zu wissen, wie daß uns glaublich berichtet ist, daß du über und wider unsere Paßporte andere Paßporte ausgebest. – Hierauf ist unsere ernstliche Meinung, daß du solcher Paßporte wider uns zu geben müßig gehen und davon abstehen wollest, bei Vermeidung der Ungunst unseres christlichen hellen Haufens. – Wenn du wider solches thätest, müßten wir gegen dich vornehmen, dessen wir lieber vertragen sein wollten; darnach habe dich zu richten.« Bundesakten Fasc. 92. Nr. 27.

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Jörg Metzler siegelte »mit dem gemeinen Petschirring des lichten Haufens«, dessen Umschrift war: »Gottes Wort bleibet in Ewigkeit!« Bundesakten Fasc. 92. Nr. 19. dieselben Worte, welche Jahrzehnte nachher noch Herzog Ulrichs von Württemberg Diener auf dem Aermel trugen.

Dafür mußte Hans Berlin ihnen eine Erläuterung der zwölf Artikel und Zusätze dazu ausarbeiten, eine Arbeit, die, wie er selbst schreibt, seinen Herren zu Heilbronn insonders ehrlich und gut sein werde. Bundesakten Fasc. 92. Nr. 23. Er saß mit Wendel Hipler, mit Göz von Berlichingen und Heinrich Maler von Wimpfen zusammen, veränderte und ermäßigte die stärksten Punkte und suspendirte mehrere ganz. Suspendirt wurden der sechste, siebente, achte und zehnte Artikel, diese sollten ausgesetzt bleiben bis zu einer künftigen Reichsreform; bleiben also sollte es beim Alten, vorerst mit Frohnen, Güterabgaben, Hofgülten und Güterbesitz, und die Mängel in Betreff dieser Punkte solle jede Bauerschaft erst bei der allgemeinen Reichsreformation vortragen. Der zweite Artikel wurde dahin abgeändert, daß zwar der kleine Zehnten nicht mehr gereicht, der große Zehnten aber beibehalten werden solle, bis zur Reichsreform; bis dahin solle man diesen Zehnten in jeder Gemeinde unvertheilt aufbewahren. Den vierten Artikel änderte Berlin dahin, daß die Jagd Jedem nur auf seinem Grund und Boden und einzig die Fischerei überall erlaubt sein solle; den fünften dahin, daß zwar die Waldungen unter die Gemeinden gleich ausgetheilt, aber nicht anders die Holzhaue vorgenommen werden solle, als nach Bescheid des Gemeindegerichts und der von diesem geordneten Waldmeister. Nicht ein Jeder solle seines Gefallens darin hauen; auch kein Vieh bei Strafe in Verhau und Jungholz getrieben, noch die Beholzung verwüstet werden. Auch der elfte Artikel erhielt eine wesentlich andere Fassung. Der Todfall solle zwar ab sein, aber wegen Handlohns solle es hingelegt bleiben, bis zu weiterer Erkenntniß in der Reichsreform.

Besonders wichtig sind die Punkte, welche als Zusätze die Erläuterung der zwölf Artikel beschließen:

1) Keiner solle ohne Bescheid plündern, noch hinaus zum Haufen zu ziehen aufmahnen; bei Leibesstrafe.

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2) Zinse, Gülten und Schulden sollen ohne Widerrede bis zur Reichsreform gezahlt werden.

3) Alle Güter, welche weltlichen und geistlichen Obrigkeiten gehören, solle Niemand beschädigen, und die weltliche Obrigkeit jedes Fleckens die bisher den Geistlichen zuständigen Güter zu treuen Handen nehmen und beschirmen (d. h. sequestriren).

. 4) Keiner solle aus eigenem Frevel unbilligerweise einen Andern, er sei geistlich oder weltlich, beleidigen, sondern Jeder sich des Rechts eines jeden Fleckens begnügen lassen.

b) In allen Städten, Dörfern und Flecken sollen alle Unterthanen ihren vorgesetzten Obrigkeiten gehorsam sein, sich keiner Strafe um verschuldeter Sache weigern, und Rath und Gericht mit den Gehorsamen dem muthwilligen Frevel wehren und ihn strafen. Wo sich Jemand dawider setzte, sich rottirte, oder dazu hälfe, der solle den Hauptleuten und Räthen des hellen Haufens angezeigt werden, zu ernstlicher Leibesstrafe.

Am Donnerstag nach Kreuz-Erfindung, den 4. Mai, vollendete Hans Berlin diese Deklaration oder Erläuterung der zwölf Artikel, Bundesakten Fasc. 88. Nr. 30. und am folgenden Tage wurde die Erläuterung in großer Sitzung der Räthe und aller Hauptleute des lichten Haufens angenommen; wie es scheint, auch hier im engern Rath der Bauern nur durch Stimmenmehrheit, nicht durch Einstimmigkeit.

Die Einleitung zu dieser sogleich in Druck gegebenen Deklaration lautete: Da bisher manchfaltige Irrung und Zwietracht, mancher Mißverstand bei gemeinem Volk über die zwölf Artikel erwachsen sei, und man dieselben auf größere Freiheit gedeutet habe, als die Artikel selbst enthalten, auch viel Ungehorsam der Unterthanen daraus fließe, so wie Verwüstung etlicher nutzbarer Dinge, und da zu besorgen sei, daß Alles, was zu Frieden, Einigkeit und gutem Frommen angefangen worden, in Zerrüttung unter ihnen selbst kommen, Todtschläge und andere Uebel entstehen möchten: so haben sie, solches Alles zu verhüten, und ihr gutes getreues Vornehmen zu handhaben, zu den zwölf Artikeln eine Erklärung und zu Hinlegung mehrerer Gebrechen eine Erweiterung derselben verfaßt, welche etliche nothdürftige Stücke betreffe. Diese Erläuterung 63schloß damit, daß Alle, welche der Brüderschaft oder Vereinigung des hellen lichten Haufens zugethan seien, sich bei ernstlicher Strafe nach dieser neuen Ordnung bis auf fernere Erklärung zu halten haben.

Sie ging aus im Namen der Hauptleute, Räthe und ganzer Versammlung des gemeinen christlichen Haufens des Odenwalds und Neckarthals: es scheint aber, die Hauptleute und Räthe des innern Ausschusses haben diese Erläuterung vorerst nicht an den hellen Haufen gebracht, sondern abwarten wollen, wie dieselbe von den hinter ihnen liegenden Gemeinden des Neckarthals aufgenommen würde. Sie allda zu verkünden, beauftragten sie den geschickten Hans Berlin selbst, und nachdem dieser mit dem innern Rath der Bauern »noch Anderes hatte machen helfen,« wahrscheinlich die Grundzüge zu dem Entwurf einer allgemeinen Reichsreform, ritt er mit der Deklaration zurück. Wie sie in den nächstgelegenen Gemeinden aufgenommen wurde, wissen wir nicht im Einzelnen: zu Böckingen ging es ihm schlecht. Als er anhob zu verkünden, wie Keiner den Andern aufmahnen dürfe bis auf des Haufens eigenes Erfordern, Jeder den Andern bei seinem Herkommen und seiner Gerechtigkeit bleiben lassen, alle Zinse, Gülten und Anderes wie zuvor leisten solle, da sprach die schwarze Hofmännin, das Verkünden sei derer von Heilbronn Anrichten. Bei dem Leiden Gottes! rief sie, der Berlin wird euch betrügen, ihr werdet verführt und betrogen; ich selbst will ein Messer in ihn stechen, und wer das thun will, der stehe zu mir, ich will zum Ersten Hand anlegen. Da stand Bartlin Hailmann zu ihr »mit viel üppigen Worten,« und Herr Hans Berlin fand für gerathen, ihnen flüchtig zu entreiten. Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 16. a. b.

Die dem Lager von Amorbach nächsten Gemeinden, in denen Hans Berlin die Deklaration verkündet hatte, schickten sogleich Botschaften an den hellen Haufen, es kam ihnen seltsam vor, daß sie jetzt schon, da sie kaum frei ausgeschritten waren, den Hals wieder unters alte Joch beugen sollten. Sie wollten meinen, ließen sie durch ihre Boten sagen, sie führen Krieg um ihre Freiheit; nun sei ihnen geschrieben worden und geboten, sie sollten eben thun wie vorhin.

Erst dadurch, scheint es, kam die Deklaration zur Kenntniß des hellen Haufens. Denn jetzt erst treten sie zusammen, halten ohne 64ihre Hauptleute Gemeinde, hören die Boten, von Hand zu Hand gehen die Abdrücke der Deklaration, und der Sturm bricht los, der Haufe wüthet. Göz von Berlichingen, hieß es, sei ein Pfaffenfreund, darum wolle er sie kein Haus verbrennen lassen; es thue nicht gut, man jage ihn denn durch die Spieße. Man müsse ihn todtschlagen; schrieen Andere, ihn und Alle, die zu der neuen Ordnung geholfen und gerathen. Nach der Erzählung Berlichingens in seiner Selbstbiographie. Die Erhitztesten der Heilbronner, die beim Haufen waren, schrieben Alles nicht nur Hans Berlin zu, sie sahen in den Rathsherren von Heilbronn die Urheber, und zogen den Haufen dieser Ansicht zu. Leonhard Weldner eiferte mit großem Geschrei: »Also muß der Haufen wieder vor die Stadt kommen, man muß den Rath über's Rathhaus abwerfen und dann die Geistlichen anstoßen.« Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 32. Ein Theil der Odenwälder beschloß mit den Heilbronnern, sogleich wieder umzukehren und die Schlösser Wildenberg und Limpach, die dem Stifte Mainz gehörten, und die man bisher verschont hatte, den Götzen und Hiplern zum Trotz zu verbrennen, und alle Fürsten, Herren und Edelleute, die nicht auf die zwölf Artikel zu ihnen huldigen würden, todtzuschlagen. Urgicht des Dionysius Schmid. Einige schlugen vor, man sollte sich des Geschützes bemächtigen, und die Deklarationsmacher sitzen lassen.

Es lösten sich auch ohne Weiteres einzelne Fähnlein von dem hellen Haufen ab, und streiften rückwärts und zur Seite, um auszuführen, was sie beschlossen hatten; unter diesen das freie Fähnlein von Heilbronn. Bundesakten Fasc. 103.

Die drei, die der Haufe als Urheber der Deklaration betrachtete, waren um diese Zeit nicht im Lager sichtbar: Hans Berlin war nach Heilbronn zurückgegangen, Göz dem Grafen Georg von Wertheim entgegen geritten; Hipler hielt sich wohl zurückgezogen, wenn er nicht auch ausgeritten war.

Graf Georg von Wertheim hatte etlichen seiner Bauern, welche zum Haufen gelaufen waren, ihre Güter verbrannt, um die andern in Ruh und bei einander zu behalten; auch hatte er die geistlichen Güter aus den Klöstern in seine Verwahrung genommen. Wie nun 65der helle Haufen sich näherte, standen alle Hintersassen der Grafschaft auf, überfielen und plünderten die Klöster Bronnbach und Holzkirchen und bezogen ein Lager bei Derdingen. Den Grafen selbst belagerten sie in seinem Schloß. Er erbot sich umsonst, die verbrannten Güter den Bauern zu erstatten, die geistliche Habe, die er an sich genommen, den Bauern folgen zu lassen, und noch dazu eine Summe Geldes zu geben. Müllner, Relation vom Bauernkriege, Handschrift. Die benachbarten Hintersassen der Aemter Rotenfels und Homburg, die dem Stift Würzburg gehörten, hatten gethan wie die Wertheimischen, und die Gotteshäuser Triefenstein und Neuburg eingenommen. So von dem Aufstand seiner eigenen Unterthanen bedrängt, im Rücken die aufgestandenen Rotenfelser und Homburger, vor sich ringsum den hellen Haufen und seine Streifschaaren, sah der Graf eigentlich nichts vor sich, als in den evangelischen Bund einzutreten. Schon den 4. Mai standen die von Wertheim mit dem hellen Haufen im Vertrage, Schreiben Hans Berlins von diesem Tage. und die Hauptleute hatten an den Grafen das Begehren gestellt, sein treffliches Geschütz mit Pulver und Kugeln ihnen zuzuführen. Sie wollten es gegen Hall gebrauchen. Ganz hatte Göz mit seinem Plane nicht durchgelangt. Doch war die Meinung, zunächst auf diese Stadt zu ziehen, und nicht auf Würzburg, es hätten denn zuvor die Franken die Stadt Würzburg inne. Ebendas., Bundesakten Fasc. 92. Nro. 23. Göz hat später oft behauptet, er hätte wohl nicht lange bei den Bauern bleiben wollen, hätte er nur von ihnen herauskommen mögen, aber er habe der Aufseher so viele gehabt, daß ihm davonzukommen nicht möglich gewesen. Andere meinten dagegen, »wenn ihm nicht wohl mit dem Spiel gewesen, hätt' er sich leicht mögen aus dem Staub heben.« So der Verfasser der Handschrift: Des fränkischen Haufen Zug und Handlung.

Daß das Letztere wenigstens jetzt noch der Fall war, ist klar: Herr Göz ritt ohne alle Bewachung dem Grafen Georg von Wertheim entgegen, um ihn nach Amorbach zur Unterschreibung des Vertrags zu geleiten. Auch Graf Georg scheint von einem gewissen Interesse, wenn auch nicht von dem, was der Volksbewegung als 66edelste Grundlage unterlag, im Innern berührt gewesen zu sein: er gehört zu denen, von welchen seine Standesgenossen glaubten, daß sie sich freiwillig der Sache der Bauern angeschlossen haben, und auffallend bleibt es immer, daß er nicht nur drei Tage darauf alle seine Geschütze und ein trefflich gerüstetes Fähnlein ihnen zuführte, sondern von nun an selbst im Lager blieb, ungeachtet auch er, wie die andern Herren, nur verpflichtet war, auf besonderes Erfordern Kriegsbedürfnisse und Leute zu stellen, und in Person zuzuziehen. Der kluge Rath Wendel Hiplers, alle verbündeten Edlen sogleich zum Mitzug zu zwingen, um ihrer für alle Fälle sicher zu sein, war bisher von den Bauern nicht beachtet worden.

Auf dem Heimritt, unweit Amorbach, kam Herrn Göz einer des Haufens entgegen, es war ein Kriegsmann aus Heilbronn, den er wohl kannte, vielleicht Leonhard Weldner, der unter Franz von Sickingen gedient hatte. Der sagte ihm an, was im Haufen indessen gehandelt worden, und wie sein Leben in Gefahr stehe. Göz achtete nicht darauf und ritt weiter bis ins Lager. Da sah er die Flammen des Schlosses Wildenberg in der Ferne. Er schalt die Treulosigkeit der Bauern. Stecht ihn von der Mähre herab! schrie es aus dem Haufen, und das wäre geschehen, wären nicht Georg Metzler und andere Hauptleute dazwischen getreten. Wer hat den Befehl gegeben, Wildenberg zu verbrennen? rief Göz noch immer voll Zorns. Georg Metzler versicherte ihn, er wisse nichts davon; wahrscheinlich sei das Schloß von seinen eigenen Bauern, die hinauf frohnen müssen, angezündet worden. In Amorbach selbst fand Göz sein Quartier geplündert. Durch die Deklaration hatte er das Vertrauen des Haufens ganz verloren, mißtrauisch beobachtete man von jetzt an jeden seiner Schritte, und er war allerdings von nun an mehr wie ein Gefangener im Zuge des Haufens, denn als oberster Feldhauptmann; doch verhinderte er viel Brennen und Plündern; denn noch war der überwiegende Theil der Räthe und Hauptleute für ihn.

Da kam Botschaft aus der Stadt Würzburg, daß die befreundeten Bürger derselben Meister würden, sobald das fränkische Heer einerseits, der lichte Haufen andererseits, vor ihre Mauern zögen, und nun geschah der Aufbruch schnell noch am 5. Mai nach Miltenberg.



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