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Zehntes Kapitel.

Neckarsulm und Königshofen.

Am 24. Mai erreichte das Heer der Odenwälder und Neckarthaler Krautheim; am selben Tage, Nachts 12 Uhr, rückten schon 3 Fähnlein in Neustadt am Kocher ein. Bundesakten Fasc. 94. Nro. 14. Schreiben Heilbronns von Himmelfahrt. Im Heere waren vornämlich zwei Fähnlein von der hallischen Landwehr; die Fähnlein 481von Neckarsulm, Gundelsheim, Krautheim, die Neustätter und ihr Geschütz, die Oehringer und ihr Geschütz, und das Wertheimer Fähnlein. Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 32. Es war aber die Hauptschwäche dieses Heeres, daß viele darin diesen Marsch nicht als einen Zug gegen den Feind, sondern als einen Zug nach ihren heimathlichen Dörfern ansahen. Die Dörfer am Neckar um Heilbronn herum hatten bereits neu gehuldigt, und dabei geschworen, den Haufen, zu denen sie sich versprochen, von Stund an abzukündigen, bei Verlust Leibs und Lebens anheimzuziehen. Bundesakten Fasc. 93. Nro. 1. Eid der versammelten Dörfer Heilbronns. So begegneten diesen Fähnlein auf dem Marsche die Abforderungs- und Abmahnungsschreiben der Ihrigen, eines um das andere: und selbst die Abgeforderten von Böckingen, Neckargartach und Flein begaben sich schriftlich von Möckmühl aus unter den Schutz ihrer Schultheißen und ihres Raths, welche sich nach Heilbronn geflüchtet hatten, und baten, »sie beim Bundesheere gnädig zu bedenken.« Bundesakten Fasc. 93. Nro. 10. Die Neckargartacher zogen wirklich geradezu in ihr Dorf: ihre Herren von Heilbronn, ließen sie dem Haufen sagen, haben sie jetzt abgefordert, und sie seien nicht Willens, wider sie zu handeln, auch dem hellen Haufen zu diesem Male zu nichts verpflichtet. Auf die Drohung des hellen Haufens, wieder Leute zu stellen oder ihres Schadens zu gewarten, antworteten sie: weil sie abgefordert seien, wollen sie sich nicht mehr unterwürfig machen noch mit ihnen ziehen. Schreiben vom 28. Mai. in den Bundesakten. Es waren übrigens Viele aus den heilbronnischen Dörfern so schwer betheiligt, daß sie daheim auf keine Gnade hoffen konnten. Diese Zuverlässigen des Haufens sprachen auch, sie wollen den Neckar abgraben und Heilbronn an vier Enden anlaufen und den Rath über die Mauern und durch die Spieße jagen. Ja, wenn wir wieder hinein kommen, sagte Hans Schultheiß von Neckargartach, so wollen wir metzeln und fleischen. Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 31; 99. b. Nro. 17. Nro. 9. Der Hinderer muß der erste Mann sein, sagte Christ Scheerer, den ich erschlagen will; auch dem Schreiber Conzlen will ich den Kopf zerschlagen als einer Kröte, dem diebischen Bösewicht, der mich in den Neid, Haß, Angst und Noth gebracht. Bundesakten, Christ Scheerers Urgicht. Fasc. 99. a. Nro. 31. 482Ja, wir wollen die Bürger zu Heilbronn recht mustern, sagte Wendel Kreß. Auch auf die Grafen von Löwenstein, die auf die erste Aufforderung durch des Truchseßen Herold Hans Lutz mit der Stadt zum schwäbischen Bund getreten waren, waren sie sehr erbost. Sind sie umgefallen? sagte Leonhard Weldner, ich will sie wieder aufsetzen. Bundesakten Fasc. 99. Nr. 31.

Die Heilbronner Rathsherren hatten sich fortwährend bemüht, die Gnade der Bundesräthe zu gewinnen: dem Truchseß hatten sie Wagen, dem Feldzeugmeister ein rundes kleines Zelt geliehen, dem Rudolf von Ehingen seines Sohnes, dem Traysch von Butlar seines Schwagers, Dietrich Weilers, Pferde ohne Entgelt abfolgen lassen; auf des Truchseß Befehl sogleich alle Güter der noch bei den Bauern befindlichen Bürger inventirt, confiscirt, und das Verzeichniß ihm zugeschickt, um seines Bescheids zu warten und ihn zu vollziehen. Bundesakten Fasc. 95. Nro. 12. und 13., 5 und 6. Fasc. 95 b. Inventar. Fasc. 93. Nro. 7. Als darum am 25. Mai die Bauern zu Oehringen und zu Neckarsulm einrückten, und einen großen Zulauf erhielten, und als die Bauern in die Stadt hereinschrieben, da schickte der Rath zwei Boten hintereinander an den Truchseß ins Kraichgau um Hülfe: »es sei die höchst' und letzte Noth.« Bundesakten Fasc. 94. Nro. 16. Der Truchseß antwortete: »Ich werde euch retten, ich werde nicht unterlassen, den Hunden zu begegnen; aber mit meinem Kriegsvolk kann ich nicht ziehen als mit einer Handvoll.« Zwei Schreiben v. 26. Mai. Bundesakten Fasc. 95. Nro. 10. und 11. Auf das hin antworteten sie dem hellen Haufen: »Wir haben euch vergönnt, die Geistlichen zu strafen; das ist nicht ohne. Jetzt aber haben wir den hochlöblichen Bund, dem wie dem Kaiser wir geschworen, eingelassen, die uns geboten, keinen Vorschub, Proviant noch Oeffnung euch zu geben: denselben werden wir gehorsam sein, wie ihr uns gefreit und selbst als billig erachten möget.« Bundesakten Fasc. 94. Nro. 17. An Himmelfahrt hatten der Pfalzgraf und der Truchseß von Bruchsal hereingeschrieben: Die Bauern seien Willens, sich in Heilbronn zu setzen, daraus ihres Gefallens gegen den Bund zu handeln, und die Württembergischen und Andern an sich zu ziehen. »Gelänge das, 483so könnt ihr leicht erachten, welcher Schaden dem Kaiser, allen Fürsten und des Bundes Ständen daraus erfolgen möchte. Ihr habt einen guten, starken und dermaßen befestigten Flecken, daß, wenn ihr nicht selbst Lust zur Sache traget, ihr euch gegen ein solches leichtfertiges Volk, das mit keinem Geschütz versehen, wohl halten mögt, bis wir kommen. Wo ihr sie einließet oder einigerlei Vorschub gäbet, würden die Fürsten euch thun, was ihr von der Bauerschaft besorget.« Bundesakten Fasc. 94. Nro. 17.

Man sieht, wie wichtig für die Sache der Bauern es war, wenn Heilbronn den Brudereid hielt und der helle Haufen sich hätte in die feste Stadt setzen können. Die Stadt ließ alle Weinsperger und andere Hereingeflüchteten schwören, Leib und Gut zu ihr zu setzen, und rüstete Alles zur Gegenwehr. Mancher Bürger aber war noch immer gut bäurisch, und Peter Koberer, der Seiler, lud die Hackenbüchse, zu der er beordert war, bloß mit Steinen. Bundesakten Fasc. 99. b. Nro. 1.

Durch ihr Stilleliegen vor Würzburg, durch ihr Säumen waren die Württembergischen unterlegen, die Weinspergischen verbrannt, war jetzt Heilbronn für die Bauern verloren; es blieb ihnen nichts als schleuniger Rückzug. Sie schickten Eilboten an die aufgebotenen niederfränkischen Aemter zur Beschleunigung ihres Zuzugs; sie schrieben an Herzog Ulrich und die Hegauer, dem Bund in den Rücken zu ziehen, damit das bündische Heer zwischen zwei Feuer komme. Auch an die überrheinischen Bauern sandten sie die Aufmahnung, über den Rhein zu gehen. Um Zeit zu gewinnen, bis das fränkische Aufgebot und andere näher kämen, suchten sie mit dem Truchseß am 28. schriftlich Unterhandlungen anzuknüpfen; der erkannte daraus ihre bedenkliche Lage nur noch besser, gab keine Antwort und rückte vor. Die Odenwälder ließen zwei Fähnlein, darunter viele Hoffnungslose und darum Verzweifeltkühne, die bei Weinsperg am Reihen gewesen waren, in Neckarsulm zurück, und ihre schwersten Geschütze, Zelte und Reiswägen. Mullmichel, den Hauptmann des Gaildorfer Fähnleins, schickten sie mit zwei andern nach Oehringen voraus, um Quartier zu machen; der Haufen, ein Bild innerer und äußerer Auflösung, zog seitwärts die Sulm hinauf über Löwenstein auf Oehringen zu, und schmolz mit jedem Schritt an Zahl und Muth; die bloße 484Vorstellung, das Hörensagen von des Truchseß furchtbarer Reiterei und Artillerie scheuchte Manchen, daß er entwich.

Göz von Berlichingens Verrath vollendete die Verwirrung. Auf diesem Seitenmarsch auf Löwenstein vorwärts und gegen Oehringen zurück, entwich auch er, der oberste Feldhauptmann, in der Nähe von Adolzfurth heimlich mit zehn Begleitern. »Er wolle mehr Leute bringen,« hatte er vorgespiegelt. Eck an Herzog Wilhelm vom 7. Juni. Es war zwar der Tag, an welchem die vierwöchige Hauptmannschaft, zu der er sich verpflichtet hatte, zu Ende lief; aber es entfiel dem ehrenfesten Ritter, daß er nicht bloß als Hauptmann, sondern als evangelischer Bruder auch der Sache der Bauern vereidet war, und daß weniger Ehre dabei war, wenn der Feldherr von dem Heere, das keine Ahnung hatte von dem Ablauf seiner Dienstzeit, auf den Rückzug, in dessen äußersten Noth, zwei Stunden vor der Schlacht, sich hinwegstahl, als wenn er, auch widerwillig, bei ihm aushielt. Er hatte für sich mit seinem Freund Dietrich Späth, dem Rathe des schwäbischen Bundes, bereits unterhandelt und schrieb des andern Morgens nach seiner Entweichung an seinen guten Freund und Gönner, des Haufens Schultheiß, Hans Reuter von Bieringen, sie sollen sich dem Bund auf Gnade und Ungnade ergeben; mit Ausnahme der Anfänger des Aufstandes und derer, die bei dem Weinsberger Spießjagen am Reihen gewesen, werden sie gnädig aufgenommen werden; er habe bereits selbst mit Dietrich Späth ihrethalb geredet. – Sobald dieser Verrath Berlichingens bekannt wurde, war es kein Rückzug mehr, es wurde eine Flucht. Vor Oehringen wollten sie die in der Stadt nicht mehr einlassen. »Da fingen die Fähndriche zu Morgens an, die Fähnlein von den Stecklein zu schneiden und zu fliehen: denn das Geschrei kam, der Bund sei vorhanden, und sie flohen bis Krautheim; da erst sammelten sie sich wieder.« Bundesakten Fasc. 99. a. Nr. 31. Doch hielten Wendel Hipler und Georg Metzler noch so viel Ordnung, daß über 2000 Mann und all ihr Feldgeschütz in Krautheim beisammen sich fanden.

Es ist nicht ganz unmöglich, daß Göz von Berlichingen, der doch als Feldherr wissen mußte, daß die Bündischen noch anderthalb Tagreisen entfernt waren, den seltsamen Seitenmarsch auf 485Löwenstein und von da zurück auf Oehringen in arger List anrieth und ausführte, um das Zusammentreffen des Odenwälder Haufens mit dem fränkischen Zuzug zu hintertreiben. Jedenfalls lag das Verhängniß schwer auf den Bauern, denn durch diesen Seitenmarsch verfehlten sich Odenwälder und Franken. Das fränkische Aufgebot, 5000 kampfentschlossene Männer, war an Oehringen auf Neckarsulm zu vorübergeeilt, die gerade Straße fort, ehe die Odenwälder von Löwenstein her Oehringen erreichten.

Der Truchseß mit den Fürsten, durch Göz von Berlichingen, den er nachher auch besonders protegirte, natürlich über die Auflösung des hellen Haufens nur zu sehr im Klaren, rückte eilends auf Neckarsulm. Es ward durch den Neckar gewatet und gefahren; der Hauskommenthur von Horneck mit Andern ritt voraus, im Städtchen Quartier zu machen; sie glaubten nicht, daß nur ein Bauer sich noch darin fände. Sie fanden die Thore zu, standen, warteten des Haufens, der eben herankam: da knallen Schüsse; ein Knecht des Rheingrafen, zwei vom Troß stürzen; »die drinnen schießen freudiglich heraus und thun Schaden;« Alles weicht zurück. Die Rennfahne, die leichten Geschütze, allen Zeug und die großen Stücke befehligte schnell der Truchseß heran. Aus allen Geschützen wird das Städtchen beschossen. Die drinnen schießen immer freudig heraus hinter ihren guten Mauern und treffen fast immer mit ihren Schüssen. In die fünfte Stunde dauert das Schießen, die Sonne sinkt, das Fußvolk läuft an zwei Orten Sturm an. Aber die von Neckarsulm und die Bauerschaft darin wehren sich so ernstlich, daß das bündische Kriegsvolk den Sturm verliert. – Die Nacht unterbrach den Kampf. Der Truchseß umschloß das kleine Städtchen eng auf allen Orten, daß Niemand heraus könnte, und stellte alles Geschütz für den Morgen aufs Beste gegen die Mauern.

Die in der Stadt, darunter ja so viele Weinsbergische, wehrten sich auch darum so freudig und entschlossen, weil sie sich des Entsatzes durch ihre Brüder getrösteten. Sie glaubten sie in den Löwensteiner Bergen, zum Zweck, die Franken, die vom Kocher und der Jaxt und die Württembergischen an sich zu ziehen, und, wie sie verheißen, bald zurückzukehren. Leichtsinnig, wie bei Weingarten, hatte sich das bündische Heer am Neckar hin gegen Heilbronn zu 486durcheinander gelagert. Es war die Nacht des 28. Mai. Von der Oehringer Straße herab stiegen im Anfang der Nacht, während aus dem Städtchen noch einzelne Schüsse fielen, und weithin am Neckar die Wachfeuer der Bündischen leuchteten, in Stille und Schatten die 5000 Franken. Aber wie öfters, so machte auch hier des Truchseß und der Seinigen Fehler sein Glück gut. Gerade das weite Auseinanderliegen der vielen Wachfeuer ließ den Hauptleuten der Franken, die kein Florian Geyer führte, das feindliche Heer weit größer erscheinen, und statt einen Ueberfall zu wagen, wie der Haufen wollte, gingen die Hauptleute auf Oehringen zurück. Aus einander gelegt, halb in Schlaf, halb in den Becher versunken, hätten die Bündischen zersprengt, meist in den Neckar gestürzt werden müssen, wenn die Franken vorgingen, und von mehreren Seiten, mit der Stadt im Verständniß, in die Sorglosen einfielen: im geringsten Fall wäre den in der Stadt Eingeschlossenen Luft gemacht, ein Theil des feindlichen Geschützes gewonnen, oder in den Neckar geworfen worden.

Als der Tag graute, sahen die Belagerten keine Freunde nahen und sich rings von Feinden umgossen und beschossen. Da entfiel den Bürgern der Muth. Sie schickten vier aus sich hinaus an den Truchseß, und dieser bot ihnen gnädige Strafe, wenn sie sich von der bäurischen Besatzung trennen und die Stadt öffnen: mit 700 Gulden Brandschatzung, Entwaffnung und Schleifung ihrer Mauern rettete sich die Bürgerschaft leicht, indem sie die tapfere Besatzung preisgab. Als die Bauern sich preisgegeben sahen, floh ein großer Theil hinaus in die Dörfer um Heilbronn. Von den andern, denen es nicht gelang, wurden 60, zwei und zwei mit Stricken zusammen gebunden, ins Lager geführt; es scheint die Bürger haben gerade die vornehmsten der Bauern als Gnadenpreis selbst gefangen genommen. Denn unter denselben waren der Hauptmann Heinrich, ein ausgetretener Mönch; zwei Prädikanten, ein Fähndrich und ein Feldschreiber der Bauern, die beim Spießjagen am Reihen gewesen: der Letztere war offenbar Jakob Leuz, der den Helfensteiner Beichte gehört hatte. Diese fünf und acht Andere wurden noch diesen Abend mit dem Schwerte gerichtet, drei des andern Morgens, die Andern wurden im Weiterzug geopfert. 18 große Stücke erbeuteten sie, und die Flüchtigen der Besatzung verfolgten die Reisigen in die Dörfer und zündeten 487Sontheim, Kirchhausen und Böckingen an, um sie herauszutreiben und zu erstechen; die Häuser der Unschuldigen wie der Schuldigen brannten sie nieder, selbst jener unglücklichen Wittwe Jakobs von Olnhausen, die weder mit Rath noch mit That der Sache der Bauern verwandt war, der die Bauern den Gatten erstochen hatten. Bundesakten Fasc. 95. Nr. 17.

Im Rückzug ließ das fränkische Aufgebot allen Brüdern um Lauda, Tauberzell und in der Rotenburger Landwehr auf Krautheim bieten. Der Truchseß ließ sie durch Dietrich Späth und den pfälzischen Marschall mit 600 Pferden verfolgen, während er langsamer mit dem Heer über Oehringen zog. Oehringen sollte geplündert und verbrannt werden. Auf Graf Albrechts von Hohenlohe Bitten wurde es nur zu 2000 Gulden verurtheilt, Claus Salws Haus, die Loge der Verschworenen, niedergerissen, an dessen Statt ein Schandpfahl errichtet, sein schönes Hab und Gut eingezogen, bis aus drei Gulden, die man seiner Hausfrau ließ, und Abends ein Blutgericht gehalten. Vor dem Steinhaus wurden Sechs enthauptet. »O, Mordjo, man hat meinen Vater geköpft!« schrie ein Kind, das zugesehen, unter heulenden Weibern und Kindern. Ein Gleiches widerfuhr nachher drei andern Bürgern und mehreren Bauern, darunter Romberten von Masholderbach, so sehr der gräfliche Keller Sigginger für ihn bat. Alle Hohenlohischen mußten neu huldigen. Vor Krautheim erreichten Dietrich Späth und der Marschall die Rückziehenden, zogen aber selbst zurück, als sie die Macht und die Stellung der Bauern sahen. Doch waren die jetzt vereinigten Odenwälder und Franken kaum noch über 5000 stark: denn auch vom fränkischen Aufgebot waren Viele heimgegangen; selbst Hans Schickner von Weißlinsburg war entwichen. Der Rückzug der Reisigen erhöhte wieder den Muth und durch neue Zuzüge aus den nächsten Thälern wuchs der Haufe auf 7000. Sie wollten in der festen Stellung sich halten, bis Herr Florian mit dem schwarzen Haufen von Würzburg heran käme.

Am 31. Mai nahm der Truchseß Möckmühl weg und fünf Hauptleute und Räthe darin gefangen. Alle Dörfer auf dem Weg wurden geplündert, theils vom Boden weggebrannt, alle aufgefangenen Bauern an den Bäumen aufgeknüpft oder enthauptet an die Straße geworfen. Feurige Ortschaften und Leichname zeigten von 488Möckmühl bis Ballenberg des Truchsessen Spur. Ballenberg, wo Metzlers Wirthshaus stand, war vor andern dem Feuer bestimmt. Herr Frowen von Hutten erbat aber dieses mainzische Städtchen für seinen Herrn. Holzwart, Handschrift. Es wurde geplündert und nachher um Geld gestraft, Metzlers Hans herausgeschleppt und allein verbrannt. Sechs, von Neckarsulm noch Nachgeführte, wurden hier zum Strang verurtheilt: »Es konnten aber, weil es des vielen Henkens wegen an Stricken fehlte, nur drei gehenkt werden, die drei Andern wurden enthauptet.« Holzwart, Handschrift.

Durch die Bewegung von Möckmühl gerade auf Ballenberg konnte der Truchseß den hellen Haufen von Würzburg abschneiden, darum eilten Wendel Hipler und Metzler, Königshofen an der Tauber zu gewinnen. Jenseits des Wassers neben dem Städtchen im Feld lagerten die Bauern am 2. Juni und bereiteten ihre Mahlzeit. Es war 4 Uhr Nachmittags. Da glänzten die Geschwader Frowens von Hutten und des pfälzischen Marschalls bei Saxenflur aus dem Schüpfergrund hervor. Ohne zu essen, rückten die Bauern eiligst die Steig hinauf mit all ihrem Geschütz und der ganzen Wagenburg, links gegen Bischofsheim zu, auf die Höhe oberhalb Königshofen, und schlossen um den alten Wartthurm aus ihren Wagen, mehr als 300, eine Wagenburg. Es waren wohl nicht über 8000 Bauern mit 33 Feldgeschützen. Hans Lutz: 9000 Mann, 33 Stücke; Niklas Thomann: 4000 Mann, 42 Stücke; ebenso viel der Truchseß selbst, der aber nur die Odenwälder und Neckarthäler nennt, nicht die Franken; Holzwart: 8000 Mann, 40 Stücke; Bericht des Augenzeugen wenigstens 8000 Mann, bei 42 Büchsen auf Rädern. Seidler: 10,000 Mann, 42 Stücke. Materialien: über 8000 Mann, 47 Stücke; Haarer: 7000 Mann, 27 Stücke; Zweifel: 5000 Mann, 40 Stücke; Georg Spieß: 4000 Mann; Tagebuch des Pfalzgrafen Ott Heinrich: 4000. Die Urgicht eines Heilbronner Hauptmanns, Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 31, der auch zu Königshofen auf seinem Rappen entritt, schlägt den Haufen auf 15,000 an: vielleicht Mißverstand des Schreibers, der die Urgicht auffaßte, statt 5000.

Nach des Truchseß Plan sollte Herr Frowen oberhalb Königshofen, der Marschall unterhalb über die Tauber gehen, die Bauern beobachten und den Berg über Königshofen besetzen, bis der Truchseß nachkäme. Als die Bauern den Berg schon besetzt hatten, gingen 489beide oberhalb Königshofen über die Tauber. Die Bauern suchten dieses durch 11 Lagen aus ihrem Geschütz zu hindern, die Feinde kamen aber mit geringem Verlust herüber. Am 30. schon hatten die Büchsenmeister der Bauern gedroht, ihre Geschütze stehen zu lassen, wenn ihnen der rückständige Sold nicht ausbezahlt würde. Die Mergentheimer, die Geld dazu schicken sollten, hatten keines geschickt. Entweder waren die Büchsenmeister jetzt hinweg geritten, oder, wie anderswo, bestochen; denn die Geschütze waren trefflich; es war darunter das mergentheimische, das wertheimische, das mainzische Geschütz; aber es war schlecht bedient, schlecht gerichtet. Der reisige Zeug der Feinde theilte sich so nahe unten um den Berg herum, daß die Bauern oben auf dem ebenen, hohen, runden, glatten Flecken ohne alle Bäume und Stauden über sie hinschossen. Der Truchseß, der auch an den Berg mit Wenigen herüber gekommen war, umschloß den Berg ganz und wollte sie beieinander behalten, bis der Fußzeug zur Hand wäre, und dann die Wagenburg stürmen. Der Fußzeug, gegen den das Geschütz gut gerichtet war und 8 Lagen entsandte, konnte wegen dieses Feuers nicht da, wo er sollte, über die Tauber kommen, sondern mußte weiterhin übergehen, was lange dauerte. Eine Zahl Schützen war auch bei den Reisigen. Als die Bauern dieses Warten und Vornehmen sahen von ihrer Höhe herab, das bündische Fußvolk sahen in zwei großen Haufen daher und durch das Wasser ziehen, dem Berg zu und dem reisigen Zeug nach, kam Schrecken in die Bauern, die hinter ihrer Wagenburg in drei Schlachthaufen standen. Schon fingen einige an, die Rosse von den Wagen und von den Büchsen auszuspannen und sich zur Flucht gefaßt zu machen. »Es waren die großen Haufen, die auf die Gaulen saßen,« und als die niedern Hauptleute und die Waibel sahen, daß die Obersten davon wollten, saßen sie auch auf. Leonhard Weldners Urgicht. Bundesakten Fasc. 99. a. Nro. 31. Dem Truchseß entging das Unsichere, das Schwanken in ihren Bewegungen nicht; er glaubte, sie wollen sich langsam zurückziehen und eine festere Stellung suchen. Ohne auf den Fußzeug zu warten, rückte er mit einigen Geschwadern die Höhe hinan, während der Pfalzgraf um den Hügel herum sich zog und unten blieb. Glücklich kam der Truchseß an einer zugänglichen Seite hinauf und griff an. Als die hintersten Bauern die Reiterei, »der 490Bauern Tod,« oben sahen, ergriff sie Entsetzen und sie flohen. Die vordere Linie war durch den gewaltigen Stoß der truchsessischen Reiterei schnell zerrissen; Schrecken, Verwirrung theilte sich dem ganzen Haufen mit, und Alles floh, vor der Uebermacht ein Wäldchen in ihrem Rücken, das nur einen halben Schlangenschuß weit von ihnen war, zu gewinnen. Die Flucht war fürchterlicher als die Schlacht: sie liefen ihren Feinden in die Hände, stürzten über einander. »Ein groß Volk blieb todt auf der Wahlstatt,« von den Reitern erstochen, von den Schützen erschossen. Die Einen, und von diesen wurden die meisten erritten und erstochen, flohen über die weiten Felder hin den Taubergrund hinaus bis Rotenburg, 2 bis 3000 erreichten »den runden, dicken Wald.« Man eilte ihnen nach bis an den Wald; daraus wehrten sie sich zuerst überaus tapfer, obgleich die ganze Reiterei der Fürsten sie angriff: »Den Reisigen, die nicht sonderlich Raum im Holze hatten, schlug es gar nicht ledig,« sondern die Bauern thaten ihnen viel Schaden mit Schießen daraus. Es war ein fürchterlich erbitterter Kampf: Denen im Wäldchen blieb nichts als ihr Leben theuer zu verkaufen: »Denn sie mochten nicht aus dem Wald kommen, der reisige Zeug war groß und hatte das runde Gehölz um und um umgeben, und man ließ ihrer keinen leben bei diesem Angriff, an diesem Ort, keinen, den man in und vor dem Wald ergreifen mochte.« Ihrer überaus Viele stiegen auf die Bäume und legten sich unter und hinter die Stauden, und von den Bäumen herab und aus den Büschen hervor schossen die Unsichtbaren. Indem kam das bündische Fußvolk in zwei großen Haufen, darunter über 1500 Büchsenschützen: diese Schützen und die, welche mit ihnen mit kurzen Wehren hinein kommen mochten, fielen zumal in den Wald, in das Dickicht, und erschossen von den Bäumen und erstachen und erwürgten alles in den Stauden überall, was da vorhanden war, und ließen keinen leben: denn die Obersten wollten es also. Herr Georg war selbst in den Schenkel gestochen, dem pfälzischen Marschall ein Pferd erschossen und wieder eines hart verwundet; viele gute Gesellen, Edle und Unedle, waren schwer beschädigt. Dem Erzbischof von Trier, dem Pfalzgrafen und den andern Fürsten dünkte es ergötzlich, »gleich wie eine Schweinhatz.« Haarers, des pfälzischen Geheimschreibers, eigene Worte.

491

In die 600 So viel hat der Bericht des Augenzeugen. hatten sich in einem Verhau gegen die Reisigen gedeckt. Auch gegen die Lanzknechte mit ihren langen Spießen waren sie im Wald mit ihren Handrohren und kurzen Hellebarden im Vortheil: sie hielten sich, bis die Nacht sank; da sicherte ihnen Wilhelm von Fürstenberg, der Oberste des Fußvolks, das Leben, und sie ergaben sich, noch bis in die 300. Schreiben des Truchseß an die Bundesstände am Tage nach der Schlacht. 300 hat auch Thomanns Handschrift. Sie wurden von den gemeinen Hauptleuten, denen sie geschenkt wurden, hart geschätzt, und bis einige von ihnen das Lösegeld holten, in der Pfarrkirche gefangen gelegt.

Während an und im Wald gekämpft wurde, durchwühlten Andere, auf des Pfalzgrafen Befehl, die Wahlstatt auf dem Wartberg und da umher. »Viele hatten sich unter die Erschlagenen hingelegt, als ob sie todt wären: auch diese ließ er jetzt, nach der Schlacht, hervorziehen und tödten: ihre Anzahl war 500.« Holzwarts eigene Worte.

Die Hauptleute und Räthe, die nicht zuvor entwichen waren, waren durch die Schnelligkeit »ihrer jungen Rappen« meist entritten: darunter Wolf Meng, Hans Flux, Ulrich Bischer, die Heilbronner; die Obersten Georg Metzler und Wendel Hipler: man fand unter der Beute seinen Mantel. Nach einer andern Nachricht wäre die voraussehende Ente schon bei Adolzfurth untergetaucht; Hauptquellen: Bericht des Augenzeugen, hier besonders weitläufig; Lorenz Friese und Haarer. Dann: Hans Lutz, Holzwart, Seidler. Mehrere Urgichten in den Bundesakten. Materialien. Spieß bei Oechsle. Die Zahl der Todten sehr verschieden. Truchseß gleich nach der Schlacht: 2500 auf der Flucht, 500 im Wald. Holzwart: 2500 in der Flucht, 4000 wenigstens im Ganzen. Hans Lutz, des Truchseßen Herold: bis in 7000; der Augenzeuge: ob 7000. Niklas Thomann: über 3000; Haarer: über 4000. was ihm nicht gleich sieht.

Nicht alle Männer des Volkes, die nicht auf die Flucht kamen, hatten das Glück, in der Schlacht zu fallen. Des andern Tages, Samstags vor Pfingsten zur Nacht, im Städtchen Königshofen, das gestern Morgen noch 300 Bürger gezählt, und das jetzt alle bis auf 15 in der Schlacht verloren hatte, ließen die Fürsten und Obersten vier enthaupten: »der Vordere ist gewesen der Bauern-Hauptmann 492– ein Urheber des Aufstands – ein großer, starker Mann; er hat wollen zweitausend Gulden um das Leben geben, es hat nicht sein mögen, er hat müssen sterben.« Hans Lutz, Handschrift. Auch Holzwart.

Den Tag über nahmen streifende Schaaren Brandschatzungen und Huldigungen der umliegenden Orte ein. Heinrich Truchseß, der Marschall des Bischofs von Würzburg, nahm Lauda ein: zwei Bürger und Leonhard Beys der Prediger »zahlten mit dem Kopfe ihren Eifer für die Sache des Evangeliums.« Zu Mergentheim, das sich am 1. Juni auf Gnade und Ungnade ergeben hatte, und wo die Deutschherren jauchzten, daß sie »nun bald mit Köpfen kegeln werden, wie die Knaben mit Schießkern spielen,« zu Bischofsheim, zu Grünsfeld fielen mehr als ein in der Volkssache bemerklich gewordenes Haupt.



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