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Zwölftes Kapitel.

Markgraf Casimir und die Bauern an der Jaxt, der Werniz, im Aischgrund, an der Rekniz und am Rothmain.

Ihre eigene Rolle mitten in dem Schauspiel der großen Bewegung spielte die Politik desjenigen Fürsten fort, dessen Unterthanen wir so eben zum fränkischen Heere vor Würzburg stoßen sahen, die Politik des immer kalten, lauernden, rechnenden, mit allen Parteien unterhandelnden Markgrafen Casimir zu Anspach.

Seit dem mißlungenen Fürstentag zu Neustadt an der Aisch saß er, wie es schien, ganz passiv in seinem Anspach; empfing die Botschaften, die neuen Zeitungen von nah und fern her, und schickte Botschaften und Weisungen an seine Amtleute; schrieb selbst an mehrere Ortschaften der Herren von Eib Abmahnungen, von ihrer Herrschaft nicht abzufallen; ließ sich Verzeichnisse anfertigen von den vornehmsten Fähnleinsführern unter seinen Unterthanen; berichtete an die benachbarten Baierfürsten über den Gang der Dinge in seiner Nähe; bewarb sich um Hülfe im Stillen, und erhielt von Baiern Zusagen; las ruhig des schwäbischen Bundes Ersuchen an ihn, dem Deutschmeister gegen die Tauberbauern beizustehen, und rührte sich nicht; las nicht minder ruhig die Briefe manches Lehensmannes, der sich entschuldigte, nicht mit Hülfe erscheinen, nicht die ihm angewiesenen Posten bewahren zu können; lauschte besonders aufmerksam auf das, was über den Fortgang der Unruhen im Würzburgischen und Bambergischen einlief; schickte dem Bischof von Bamberg Rathschläge, und correspondirte mit der Gemeinde von Bamberg; freute sich, als der schwäbische Bund ihn ermächtigte, zu seinem und seiner Nachbarn Schutz 500 Pferde und 6000 zu Fuß zu den bisherigen auf Bundeskosten noch weiter aufzunehmen; antwortete auf die Anfrage dieses oder jenes seiner Vögte, wie sie und ihre Gemeinden gegen die Bauern sich zu verhalten haben, mit Weisungen zur Milde und zur Nachgiebigkeit. Den schwäbischen Bund ließ er die Rückstände der Bundesanlagen an ihn wieder und wieder fordern, behielt 344sein Geld in der Hand und suchte von den Nachbarfürsten zur Führung des Kriegs Gelder zu erhalten. Anspacher Archiv, Bauernkriegsakten I. 47, 49, 48, 44, 45, 46. IV. 18. I. 52, 58, 60, 273. II. 59. I. 63.

Der Markgraf hatte nicht eben aus religiöser Begeisterung, sondern einzig aus Politik allen seinen Herrschaften schon im Jahre zuvor durch einen Landtagsabschied eine der Hauptforderungen seiner Unterthanen, die lautere Predigt des Evangeliums, bewilligt. Landtagsabschied vom 1. Okt. 1524. So war denselben ein Hauptvorwand und Grund des Mißvergnügens genommen. Der bürgerliche Geist seiner Unterthanen war theils herabgestimmt durch die harte Hand seiner bisherigen Regierung: sie fürchteten ihn, den grausamen Casimir; theils war er nie sehr gehoben gewesen, da weder Gewerkigkeit und Wohlstand ein Bürgerthum in den Städten nährten, noch die unbedeutenden Städte auf die Aufklärung und Hebung des Volksgeistes auf dem Lande wirkten. Darum fürchtete der Markgraf seine Unterthanen nicht. Die Angriffe des Volks auf die Klöster waren ihm nur willkommen, er konnte dieselben als Vorwand benützen, seine Uebermacht über die Klöster geltend zu machen, und sie unter seine Herrschaft zu ziehen. Er setzte auch Verwalter in die Klöster, ließ ihre Güter inventiren und ihre Unterthanen ihm Erbhuldigung thun. Bauernkriegsakten, Anspacher Archiv I. 188. Ja, sein stets auf Vergrößerung gerichtetes Auge lugte mit eigenthümlichem Gelüste auf den Gebieten der nächsten Reichsstädte und geistlichen Fürsten herum. So eben hatte sein Bruder Albrecht mit Glück aus dem deutschmeisterischen Preußen sich ein weltliches Herzogthum geschaffen, und der Gedanke, das Herzogthum Franken brandenburgisch zu machen, ergab sich für Casimir von selbst. Siehe, da kam auch ein Schreiben des alten Grafen Wilhelm von Henneberg, worin dieser ihm vorschlug, natürlich unter stiller Bedingung eigener Lehensunabhängigkeit, Casimirs Bruder, den Markgrafen Friedrich, jetzt Domprobst zu Würzburg, zum Herzog in Franken zu machen, weil die Landschaft keinen Bischof oder Pfaffen mehr zum Herrn haben wolle, sondern nach einem weltlichen Herrn schreie, und weil dadurch das ganze Land Franken unter ein Haupt käme, und desto eher Recht 345und Fried in diesen Landen würde. Anspacher Archiv, Schreiben vom 10. Mai I. 122. Es scheint, der Henneberger ahnte Casimirs geheimen Gedanken, und wollte ihn versuchen. Casimirs Bruder Georg sah sogar die Möglichkeit der Gefahr schon vor sich, daß das Volk wie von Geistlichkeit, so auch von Adel und Fürsten sich ganz befreie. »Will der Sibilla Weissagung, schrieb er am 7. Mai bei der Nachricht vom Bauernaufstand, also vielleicht erfüllt werden, da sie geweissagt hat, daß der Schwanenberg mitten in der Schweiz liegen solle? Es thut hoch noth, daß du mit andern Fürsten des Reichs und Bundes daran seiest, damit es gewendet werde. Sollen die Bauern alle erstochen werden, wo nehmen wir andere Bauern her, die uns nähren? Darum ist wohl von Nöthen, weislich mit der Sache umzugehen; ich hoffe doch zu Gott, er werde es Alles zum Besten wenden. Meines Bedenkens muß der jüngste Tag nicht weit vorhanden sein. Es geschehe der Wille des Allmächtigen.« Georg schrieb vom Hof seines Bruders Albrecht, von Oels, aus, am Sonntag Jubilate.

Davor zu sein, daß die Bauern nicht Herren werden, aber es auch gehen zu lassen bis auf einen gewissen Grad, das war ganz Casimirs Sinn. Er ließ ihn dahin schießen, den Strom, den er nicht zu hemmen vermochte, und in dem die ihm verhaßten unabhängigen kleinen und größern geistlichen und weltlichen Herren untergingen; er ließ ihn fortreißen und überfluten, so lang er ihm selbst nicht gefährlich wurde; sparte sich, faßte sich zusammen, ging am Ufer hin und her, und spähte in den Wogen nach Beute, aus dem Schiffbruch Anderer sich zu bereichern. Obwohl er täglich einzelne Gemeinden und viele einzelne seiner Unterthanen zum fränkischen Heere treten, oder für sich ungehorsam werden sah, so saß er immer noch ruhig. Erst als ganz hart neben ihm im Stift Eichstetten die Bauern aufstanden und in das Seinige herübergriffen, rührte er sich in etwas. Am 22. April meldete ihm sein Kastner von Schwabach, wie die Bauern im Sulzgau sich versammelt und das eichstettische Schloß Obermössingen eingenommen haben. Am Tage darauf forderten die eichstettischen Bauern schon die markgräflichen Gemeinden zu Schwabach, zwei Tage später die von Schwand 346und Roth auf, und am 24. berichtete ihm Jörg Haberkorn den Zusammentritt der Bauern um Ellwangen und Dinkelsbühl, nämlich im Virngrund an der Jaxt und Wernitz. Fritz von Lidwach, der von Rotenburg heimkehrte, zeigte ihm zu gleicher Zeit an, wie er und die andern kaiserlichen Räthe vom hellen Haufen angehalten worden, und selbst des kaiserlichen Reichsregiments Abgeordnete nicht mehr sicher seien; und Herzog Friedrich von Baiern bat ihn um 100 Pferde wider die Eichstettischen. Da antwortete Casimir sogleich, er möge nur den Platz bestimmen, um mit seinen Reiterei zu ihm zu stoßen. Anspacher Akten I. 62, 272, 273, 274, 64, 65, 66, 70.

In die 5000 Bauern sollen im Eichstettischen herum auf gewesen sein, und da dieses Stift im bairischen Nordgau lag, so waren auch manche Unterthanen des Herzogs Friedrich von Baiern darunter. Baiern selbst, die Oberpfalz, wie überhaupt das Herzogthum Baiern, war im Verhältniß zu der bewegten Nachbarschaft größten Theils ruhig.

Ganz verlässig aber waren die Bauern und Bürger auch im bairischen Nordgau nicht. Auch mußte die Bewegung der Andern, wenn sie siegreich blieb, die Baiern mit fortreißen. Die zu Obermössingen drohten allen, die nicht zu ihnen treten, mit Mord und Brand ihrer Häuser. Unter diesen Bauern war so viel Gesindel, daß selbst Heule zu Eichstett nicht mit ihnen halten mochte. Darum, als die Eichstettischen die Oberpfalz bedrohten, sammelte Herzog Friedrich, der hier zu Neumarkt Hof hielt, sein Kriegsvolk wider sie.

Die Bürger von Greding waren zu den eichstettischen Bauern getreten, und in der Stadt Eichstett waren die Bürger auch auf. Bischof Gabriel von Eib sah sich von den Seinigen auf der Willibaldsburg belagert. Die Bauern plünderten und zerstörten die Klöster Blankstatt, Rebdorf und Morsbronn und mehrere Schlösser, und nahmen ihr Hauptquartier bei Schloß Landeck auf dem Obermössinger Berg. Sie zwangen »bei Verlust Leibs und Lebens, bei Abbrennung von Haus und Hof« zum Zuzug und zur Beihülfe »mit Leib, Ehr und Gut.« Ein solcher Fehdebrief findet sich in Agrikola's Jahrbüchern der Stadt Spalt. In der eichstettischen Stadt Spalt war der Anfang des 347Evangeliums wegen; im Rath war nicht ein Mann, der sich nicht auf die Seite der Bauern geschlagen hätte. Die Bürger begegneten den Geistlichen mit harten Zudringlichkeiten; ein gewisser Knapp jagte den Pfarrer aus der Kirche und predigte selbst von der christlichen Freiheit. Sie nahmen Berngries und Berchingen ein, und von den Bauern um Schwabach litt das Kloster Marienburg schwer. Auch die vier Reichsdörfer, die in die Reichspflege der freien Stadt Weissenburg gehörten, liefen zu den Bauern. Ebenso war in der Herrschaft Wolfsstein und in der Oberpfalz zu Amberg, Auerbach, Neuenburg manche Hand wo nicht rege, doch zum Aufstand bereit. Die Schnelligkeit, womit die Herzoge Friedrich und Wilhelm von Baiern daherzogen, zerstreute hier den Aufstand schnell. Die beiden hatten 700 Reiter, dazu 300 böhmische Büchsenschützen; Markgraf Casimir ließ einen Theil seiner Reisigen zu ihnen stoßen; auch viele vom eichstettischen Lehenadel, der 134 Häuser in sich zählte, stießen dazu, ungezählt die zahlreichen Fußknechte. Herzog Friedrich unterhandelte zuerst mit den Bauernhauptleuten des Bergs. Sie brachten den Vertrag an den Haufen. Zunächst sollte Waffenstillstand sein. Die Einen wollten ihn annehmen, die Andern nicht. Allein der hier ansäßige bairische Hauptmann und Ritter, Erhard Muckenthaler, hatte schon am 28. April an seinen Fürsten, den Herzog Wilhelm, geschrieben: »Der Bauern Hauptleute kenne er zum Theil, und wolle nun nach dem Befehle Sr. fürstlichen Gnaden sehen, ob er sie zum Theil möchte abrichten, und den Bauern im Lager eine Meuterei machen.« Es war ihm auch gelungen, einen der Hauptleute auf dem Berg zu gewinnen, und Zwietracht im Lager anzustiften durch solche, die er von der Besatzung in Dietfurt genommen, und unter die Bauern gemischt hatte. Muckenthalers Briefe vom 28. und 29. April 1525. So wurde von der Mehrheit der Stillstand angenommen; und alle verließen gegen Abend den Berg, auch die, welche gegen die Annahme waren. Dem Vertrage gemäß besetzte Pfalzgraf Friedrich das Schloß Hirschberg, und in der Frühe überfiel er den Mössinger Berg. Auf demselben waren, wegen des Stillstands arglos, nur noch der Oberste mit etlichen Hauptleuten, Fähnleinträgern und wenigen Fußknechten. Vierzehn davon wurden auf der Folter nach den Urhebern des Aufstandes gefragt; ohne 348Erfolg; dann wurden sie enthauptet. Die Stadt Nürnberg aber gab den nicht ergriffenen Hauptleuten und Räthen des Mössinger Lagers Schutz und Aufenthalt; und die Nürnberger Bürger sagten offen, daß es dem Pfalzgrafen selbst zu Ohren kam: »Es sei Schade, daß den Pfalzgrafen der Erdboden trage; denn er habe den Bauern weder Treue noch Glauben gehalten, sondern sie verführt und betrogen.« Das klagte der Pfalzgraf selbst dem Herzog Wilhelm am 65. Mai. In Greding wehrte sich die Besatzung und ergab sich nur auf Vertrag. Dennoch wurden acht gefangene Hauptleute und Fähndriche, die sich mit dem Städtchen zu Gnaden ergeben hatten, vertragswidrig mit dem Schwert gerichtet. Darauf entsetzten sie den Bischof mit seinen Beamten in der Willibaldsburg, zertrennten den Haufen in der Stadt Eichstett, brannten etliche Dörfer ab und nahmen ihr Vieh. Die Bewegung schien hier zu Ende, aber die meisten Bauern schlugen sich zu dem andern Haufen, der sich im Nürnbergischen gesammelt hatte. Schon am 17. April hatten sich die Bauern im Knoblauchsland, hinter Nürnberg gegen Erlangen zu, und im Buchgrund erhoben, und waren nach Poppenreut gezogen. Zu gleicher Zeit waren die um Forchheim und Herzogenaurach in die Waffen getreten. Anspacher Akten I. 55, 72, 89. Haarer. Des fränkischen Haufen Zug, Handschrift. Historisch-diplomatisches Magazin für das Vaterland, Nürnberg l781—82, I. 9.

Indessen hatte sich der Haufen zwischen Ellwangen und Dinkelsbühl gestärkt und die Stadt Ellwangen eingenommen. Einige Hundert Bauern aus den Dörfern um die Stadt kamen vor diese und begehrten, um ihren Pfenning zu Morgen zu essen, um dann zu dem gaildorfischen Haufen zu ziehen. Der Vogt ließ sie ein, die Bürger, theils freiwillig, theils gezwungen, schworen zu ihnen, freiwillig namentlich zwei Chorherren, Wilhelm von Heßberg und Hans von Gültlingen. Sie wollten vor das Schloß des Prälaten ziehen, der ferne war, und worin der Amtmann nur acht Mann Besatzung hatte, die Bürger ließen dies aber nicht zu, zumal da die Bauern von Plündern und Verbrennen sprachen. Der Stadtvogt wie der Amtmann mußten zu ihnen schwören, und der letztere ihnen auf 1200 Gulden Proviant geben: dafür verschonten sie die Schlösser 349Ellwangen, Tannenburg und Roth. Nach einigen Tagen, am 2. Mai, zogen sie zu denen um Dinkelsbühl, die seit dem 24. auf waren, und am 30. diese Stadt aufgefordert hatten. Sie lagerten sich zu ihnen auf dem Brühl vor der Stadt. Sie plünderten hier die Benediktinerprobstei Mönchsroth und verbrannten sie mit der Kirche und allen Gebäuden. Der Probst Melchior Rödinger mit den Mönchen war entflohen. Auch die Schlösser Wittelshofen und Dürrwangen an der Sulz zerstörten sie und das Schwesternhaus zu Kemnaten. Viele aus der Bürgerschaft Dinkelsbühls fielen zu ihnen, und sie nöthigten auch den Rath zu einem Vertrag. Der Rath gab das Kloster in der Stadt und das deutsche Haus den Bauern preis, nahm die zwölf Artikel an, gab allen Bürgern Freiheit des Zuzugs, drei Geschütze, anderthalb Centner Pulver, 120 Kugeln und 100 Spieße am 5. Mai. Der Bauern Absicht war, mit den Markgräfischen im Amt Crailsheim, den Riesbauern und dem gaildorfischen Haufen sich zu verschmelzen. Die Crailsheimer Bauern hatten sich am 2. Mai erhoben, das Kloster Anhausen bei Kirchberg geplündert und das Kloster Sulz niedergebrannt, eben so die Schlösser Lobenhausen und Hornburg bei Kirchberg. Sie wuchsen auf 600, ihr Lager war zu Roth am See, die zwei Pfarrer aus Lendsiedel waren auch bei ihnen, und viele Bürger aus Kirchberg. Am 5. Mai zogen sie Herrn Caspar von Crailsheim auf seinem Schloß Erkenbrechtshausen aus dem Bett und zwangen ihn, zu ihnen zu schwören und zu Fuß mit ihnen zu ziehen. Du bist ein Bauer, Bruder Caspar, sprachen sie. Am 6. vereinigten sie sich mit dem Haufen zu Dinkelsbühl.

Im Ries regte es sich seit den letzten Wochen Aprils auch wieder. Die, welche die dasige Bewegung geleitet hatten, waren fortwährend im Verkehr mit andern Bauerschaften geblieben, und am 25. April schrieben selbst die entfernten Brüder auf der Fulda, die damals vor der Stadt Fulda lagerten, »an ihre Brüder zu Deiningen bei Nördlingen,« um sich mit ihnen über gemeinsame Maßregeln zur Säkularisation der geistlichen Herren zu verständigen. Aus dem Regierungsarchiv zu Cassel, Rommel II. 73. Am 1. Mai wollten die Grafen von Oettingen, die in den letzten Tagen nach allen Seiten hin um Kriegsvolk zur Hülfe wider ihre 350Unterthanen geschrieben hatten, ihre Bauern vor den bei Dinkelsbühl Versammelten warnen; sie riefen sie zusammen, wie aber die Bauern versammelt waren, begehrten die letztern, die Grafen sollen mit ihnen ziehen. Graf Ludwig der Aeltere gab zur Antwort: er wolle die Sache an seinen Bruder Karl bringen. Die Riesbauern aber überzogen indessen die Klöster Maiingen, wo zwei Häuser für Brüder und Schwestern des Brigittenordens waren, Christgarten zu St. Peter oberhalb Hochhaus, Carthäuserordens, Roth, das Frauenkloster Zimmern und andere. Sie nahmen auch Oettingen ein, bekamen den jüngern Grafen Ludwig gefangen und plünderten das deutsche Haus. Man hörte die Forderung, es müssen alle Grafen von Oettingen mit Weib und Kind sterben; die Hauptleute aber entließen sogar den gefangenen Grafen mit seiner Familie frei und ungekränkt. Am 8. Mai erhob sich das Lager von Dinkelsbühl und vereinigte sich mit den Oettingischen im Ries, denen sie schon einige Tage zuvor den Beitritt Dinkelsbühls angezeigt hatten. Am 9. fielen sie zusammen in die Benediktinerabtei Auhausen bei Wassertrüdingen. Mit den Dinkelsbühler Bauern hielt auch ein Edelmann, alten Geschlechts, der alte Freiherr Heinrich Jörg von Ellrichshausen, der auf seinem Schloß Schopfloch saß. Er hatte sich nicht bloß freiwillig selbst zu ihnen gesellt, sondern auch andere Edle, wie Kunz von Ehenheim, eingeladen, sich zu der evangelischen Brüderschaft zu gesellen, und die von Crailsheim, welche zum hellen Haufen ziehende Bauern wegnahmen, vor solchem Thun gewarnt. Er galt in den Augen der Fürsten als vorzüglicher Theilnehmer an der Empörung, und Markgraf Casimir und der Pfalzgraf Friedrich gaben den Befehl, sein Schloß Schopfloch zu verbrennen und seine Lehen einzuziehen. Anspacher Akten I. 250 II. 184. VIII. 54. I. 64, 74, 101, 91. Urkunden zur öttingischen Kirchen- und Landesgeschichte. 6000 waren unter ihren fliegenden Fähnlein lustig; in dem Kloster Heidenheim sich neue gute Beute zu holen und dann in den Altmühlgrund vorzurücken, wo die Eichstettischen und die Markgräfischen sich verbunden, Gunzenhausen aufgefordert und den Plan hatten, die Brücke über die Altmühl abzuwerfen, und den Markgrafen Casimir abzuschneiden. Anspacher Akten I. 112, 106, 84, 85, 86. Auch die Bürger zu Herriden waren 351am 6. Mai aufgestanden, nicht weit von Anspach, hart an der Straße nach Dinkelsbühl und Crailsheim. Aber schon im Beginn ihrer Sache zeigte sich Uneinigkeit unter diesen Bauern. Anspacher Akten I. 106.

Markgraf Casimir hatte, seit die Gefahr um ihn anschwoll, den zuvorkommenden, den volksfreundlichen Landesvater gespielt. Zu was man den Würzburger Fürsten zwingen mußte, das that er zuvor freiwillig; auf den Landtag, den er nach Anspach ausschrieb, berief er ausdrücklich auch Bauern ein, um ihre Beschwerden zu hören und zu berathen, und am 2. Mai nahm er einen guten Abschied von seiner Landschaft. Er hatte ihnen mehrere Beschwernisse nachgelassen und gemildert: alles Wild außer dem Gehölz sollten sie schießen dürfen; die Geistlichen mit den Gemeinden gleiche Lasten tragen; das nöthige Bauholz ohne Entgeld Jedem aus den Wäldern werden; der Aufwechsel des Geldes, worunter der gemeine Mann sehr litt, aufhören. Das und Anderes bewilligte er, und beantragte selbst, daß ein stehender Ausschuß der Landschaft in Anspach versammelt bleibe, um Weiteres vorzubereiten und zu erledigen. Dann ritt er hinweg, die Landwehr aufzubieten und neu sich huldigen zu lassen.

Die Gefahr war ihm nahe, zu nahe. Alle Geschmeidigkeit, alle Verstellung, die ihm zu Gebot stand, bot er auf. An alle Haufen in Franken schickte er Gesandte mit freundlichstem Brief und Wort, als Freund des Evangeliums, als verfassungsmäßiger Fürst, mit der Bitte, alle markgräfischen Unterthanen aus ihren Versammlungen abzuweisen, da er seiner Landschaft alle ihre Begehren bewilligt habe. Die Dinkelsbühler antworteten, die Markgräfischen bei ihnen sagen, die Bewilligungen seien ihnen noch nicht bekannt, und der Haufe bitte darum den Markgrafen, den Seinen die zwölf Artikel gnädig zu bewilligen, und ihnen als ein christlicher Fürst bei Aufrichtung christlicher Ordnung tapfer beizustehen. Das fränkische Heer antwortete, sie zwingen keinen zu sich, und treiben keinen von sich. Sein militärisches Auge sah auf den ersten Blick, wie noth ihm die Freundschaft Nürnbergs und Rotenburgs thue. Nürnberg antwortete seinen Gesandten, die um Geschütz, Pulver und Mannschaft baten: die Stadt habe sich bisher neutral erklärt. Rotenburg, wegen seiner Lage mitten in einem großen Theil des markgräfischen Gebiets, viel 352fester als Anspach, glaubte er für sich gewinnen zu müssen. Alle bisherigen Freundschaftserbietungen an Rotenburg mußten ihm Ernst sein. Rath und Ausschuß dieser Stadt schwankte hin und her, zwischen der Freundschaft des Markgrafen und des fränkischen Heeres. Den alten ehrbaren Herren forderte der Markgraf zu viel Geld, die Andern fürchteten die langen Hände seiner Politik; Ehrenfried Kumpf meinte wegen Einnahme einer markgräfischen Hülfe, Reiterthum und Bauernschade seien gleich bös. Als aber bei der Musterung 250 Bürger geradezu ausblieben, als es nah und fern immer bedenklicher aussah, die Bauerschaften die Oberhand zeigten, das fränkische Heer den Rotenburger Gesandten ein seltsames Benehmen vorwarf, bot der Rath unter dem feuergerötheten Himmel, der ihn erschreckte, unter den stürzenden Kloster- und Schloßtrümmern der Nachbarschaft dem Markgrafen wieder die Hand. Menzingen ging mit Andern zu Casimir. Kaum waren sie fort, kaum verlautete, der Rath wolle markgräfische Besatzung kommen lassen, so hörte man von der Gemeinde: wolle der Rath den Bauern nicht helfen, so werde man Sturm läuten, und mit Büchsen und Allem zum hellen Haufen ziehen. Voll Schrecken ließ der Rath einen neuen Gesandten den vorigen nachreiten, und Alles abbrechen, was diese verhandelt hatten. Darob hatte Casimir »ein großes Mißfallen und Entsetzen, die Augen gingen ihm über und er weinte.« Es war dies am 4. Mai. Trotz seinen Landtagsbewilligungen loderte es rings um ihn auf allen Seiten seines Fürstenthums auf. Am selben Tage eilte er nach Wassertrüdingen, von da nach Merkendorf am Mönchswald, der Treue dieser zunächst bedrohten Punkte sich zu versichern. Er empfing die Huldigung. Markt und Kloster Heidenheim baten ihn um Hülfe wider den Anzug des Rieshaufens. Während er in Merkendorf die Botschaften vom Aufstand im Aischgrund und im Oberland, den Abfall der Maindörfer vernahm, ließ er in der Nacht des 8. Mai seine ganze verfügbare Macht zu sich stoßen: er sah am Morgen des 9. Mai 650 Reiter, 1000 Fußknechte mit allen seinen Geschützen und einem beträchtlichen Aufgebot der Landwehr um sich; diese war aus der nächsten Nähe Anspachs. Er hatte sich viele Mühe gegeben, die böhmischen Stückknechte und Schützen in seinen Sold zu gewinnen, die den Baiernherzogen so gut gedient hatten; sie hatten sich 353aber trocken und fest geweigert, dem Markgrafen wider seine Bauern zu ziehen. Auch aus den Städten Feuchtwangen, Kizingen, Gunzenhausen und andern, so wie von Vasallen blieben die Mannschaften aus. Zwischen Auhausen und Rechenberg stieß seine Vorhut auf die Nachhut der Bauern, die im Marsch auf Heidenheim waren. Das Geschütz zertrennte sie, sie zogen sich nach Ostheim hinein, ordneten sich hier, rückten wieder vor auf eine große Wiese, und die Handbüchsen der Bauern feuerten so gut, daß die 150 Pferde der markgräfischen Vorhut zurückwichen, mit Verwundeten und Todten. Indessen kam das ganze Fußvolk an, warf die Bauern über Aecker, Wiesen und Bach nach Ostheim zurück, unter Stich und Schuß; in diesem Scharmützel traf ein Sohn mit seinem eigenen Vater zusammen, nahm ihn gefangen und führte ihn mit sich nach Heidenheim. Markgräfische und Bauern, diese hinter ihrer Wagenburg, wo man ihnen nicht beikommen konnte, feuerten fort, bis sie sich zu beiden Theilen verschossen hatten, und mit Steinen zuletzt auf einander warfen. Die Geschütze schossen das Dorf unter dem Wind in Brand, die Bauern mußten die brennende Gasse verlassen, und sich in ein Gehölz zurückziehen. Indem traf der Markgraf mit 500 Reisigen ein. Die Bauern erreichten das Gehölz, wo sie sich setzten und den abgebrochenen Kampf wieder aufnahmen. Die großen Feldgeschütze, die man heranführte, spielten ohne Schaden in den Wald, alle Schüsse, außer einem, der traf, gingen zu hoch. Die Markgräfischen hielten es für besser, gütliche Unterhandlung zu versuchen, als mit dem Haufen in seiner unangreifbaren Stellung die kostbare Zeit zu verlieren. Folgegetreu seinem Plan, mit allen auswärtigen Haufen auf gütlichen Fuß sich zu setzen, unterhandelte Casimir durch den Ritter von Heßberg mit dem Haufen dahin, daß, was sich von Markgräfischen bei demselben befände, sich ihm auf Gnade unterwerfe und die Waffen ausliefere. Der größere Theil der Markgräfischen that es des auf dem Landtag schon Bewilligten und des noch in Aussicht Gestellten halb, Casimir entwaffnete sie und alle Ortschaften an dieser Gränze, und ließ sie neu huldigen; es waren in die 3000, die hier umher neu huldigten; doch zogen über 600 mit dem Haufen ab, der ungestört seinen Rückzug antrat, und sich vor das nur zwei Stunden entfernte Schloß Baldern legte. Der 354Markgraf war froh, da ihm der Aufstand seiner Unterthanen in seinem Rücken und im Herzen seiner Markgrafschaft gebot, auf's Schnellste mit diesen Dinkelsbühlern, Ellwangern und Riesbauern ins Reine zu kommen: wie es scheint, durch gegenseitige Uebereinkunft, daß einer des andern Gebiet respektire und keiner gegen den andern etwas vornehme. Am 10 Mai, also des andern Tags, schrieb er an seine Regierung nach Anspach, wie er »sich gütlich mit dem Haufen verglichen, und seine Unterthanen von demselben zurückgefordert habe.« Anspacher Akten I. 123. Keine Silbe einer großen Schlacht, eines Sieges in seinen Schreiben! Am 11. ließ er öffentlich ein Abrufungsschreiben an diejenigen seiner Unterthanen ausgehen, die sich noch bei dem Haufen von Dünkelsbühl, Ellwangen und Ries befänden, am 12. berichtete ihm Jörg Haberkorn, sein Rath, den Abzug der Bauern von Baldern, und ihren Zug auf Ellingen, und am 17. unterhandelten seine Räthe Thomas von Kundorf und Eucharius Zobel mit dem Haufen bei Dinkelsbühl wegen Festsetzung eines Tages zu Anhörung der Klagen der Bauerschaft. Anspacher Akten I. 213. I. 126. II. 93. So schwindet fast in Nichts vor dem Lichte der Urkunden die in den meisten Chroniken, und fast in allen neueren Schriften erzählte große Schlacht von Ostheim zusammen. Der oft mit richtigem Takt greifende Deuber S. 207 hat auch hier richtig gegriffen. Er allein nennt sie eine unblutige. Selbst der Zeitgenosse und nahe wohnende Thomas Zweifel, in nächster Nähe sonst gut unterrichtet, gibt 4000 Erstochene an! und 3000 Gefangene! Es liegt im Anspacher Archiv vom 6. bis zum 12. Mai von jedem Tag ein Brief des Markgrafen, oft mehrere. Keiner, der einen Sieg oder eine Schlacht berichtete. Wie in Rotenburg Menzingen, so standen in diesem Haufen die Ellwanger Bauernräthe Hans von Gültlingen und Wilhelm von Heßberg im Einverständnis mit Casimir. Ellwanger Archiv.

Im Norden der Markgrafschaft entzündete sich der Aufstand von Ort zu Ort fortlaufend, wie das fränkische Heer von Rödingen auf Ochsenfurt und weiterhin auf Schwarzach zog, zuerst an den Grenzen, dann den ganzen Aischgrund entlang, in den ersten Tagen des Mai. Hier wurden sie von dem hellen Haufen, dort von dem Markgrafen aufgeboten: sie zogen es vor, auf der Seite ihrer Brüder, statt gegen diese zu fechten. In Kizingen hatte es schon am zweiten Ostertag wetterleuchten wollen. In der Fischergasse in Stephan 355Oertlens Haus saßen Abends einige Gesellen beim Wein und redeten dies und das. Wir wollen sagen, hob einer an, draußen im Wald haben wir Reiter gesehen, die in die Stadt wollen. Das gefiel, sie liefen auf die Gasse mit dem Geschrei, es sei Gefahr vor Ueberfall, zogen die Sturmglocke, Alles lief mit Harnisch und Wehr zu Hauf, man besetzte die Thore, bemächtigte sich der Geschütze, und in der Frühe richteten die Gesellen sie gegen das Rathhaus, und forderten jeden auf, ihnen das Evangelium schirmen zu helfen. Philipp Seybot suchte die Gemeinde zur Ruhe zu stimmen, und dem Rathe zu erhalten, und Viele meinten, er habe Recht. Da sprang einer der Gesellen, ein Augenarzt, unter sie. »Ihr Thoren, rief er, wollt ihr euch das Süße also ums Maul streichen lassen? so fängt man die Mäuse; es würde Köpfe regnen.« Der Lärm begann aufs Neue; Ludwig von Hutten, der markgräfliche Amtmann, wußte ihn zu stillen, indem er sie, ihre Beschwerden vorzubringen, einen Ausschuß und Viertelsmeister wählen ließ. Am 30. April suchte der helle Haufen von Iphofen aus bei Kizingen um Durchzug an. Viele in der Stadt wollten bäurisch werden, und Florian Geyer und zwei andere Hauptleute nahmen der Gemeinde und dem Rath den Bundeseid ab: die alten Herren des Raths gingen vom Rathhaus herab, traurig, und weinten wie die Kinder. Ein Fähnlein mit 70 Mann unter Endres Wolf als Hauptmann, einem Feldgeschütz und etlichen Hackenbüchsen, auch zwei Reisewagen mit Spießen stießen zum schwarzen Haufen. In der Stadt ruinirten sie das Kloster, und Jakob Schmid nahm den Kopf der heiligen Heldalogis, den es als Reliquie bewahrte, und posselte damit als mit einer Kegelkugel. Von Creglingen an bis zum Steigerwald, wie südlich von Blaufelden bis ans Limburgische waren alle markgräflichen Unterthanen im Aufstand. Die Creglinger selbst verbrannten Schloß Braunek. Am 5. Mai trat Ergersheim, am 6. Markt-Bergel und Burg-Bernheim zu den Bauern, der ganze Aischgrund folgte nach, von Hoheneck bis Forchheim. Alle Kirchengeräthe wurden zu Geld gemacht, darum zu Nürnberg Büchsen und Hellebarden gekauft, die Getreidevorräthe überall mit Beschlag belegt; die Pfarrer waren Kassiere und Räthe der Bauern. Die von Bergel und Burg-Bernheim fragten die Bürger von Uffenheim, wo in Hans Ziegenfelders Haus die Unzufriedenen sich sammelten, ob sie zur 356Bauerschaft ziehen wollen. Der Rath hielt die Gemeinde zurück, so viele derselben auch die Frage bejahen wollten. Casimir wollte eine Besatzung in die Stadt werfen. Die Stadt antwortete, für Reiter mangle es ihr an Heu und Stroh. Eines Tages kamen drei geharnischte Bauern vor's Rathhaus geritten, und verlangten freien Durchzug für den ihnen folgenden Haufen, auch die bei dem Rath von den Schirmdörfern, die reichsfrei waren, hinterlegten Gelder. Der Rath wagte Beides nicht abzuschlagen. Und als die Bauern dieser Dörfer, aus Ergersheim, Ulsenheim und andern, in der Stadt waren, war durch sie und die durch Ziegenfelder geleitete Gemeinde, besonders auch durch die Thätigkeit von neun Frauen Anspacher Akten IV. 126. der Zuzug zum Haufen schnell entschieden. Durch's Loos wurde bestimmt, wer mitziehen mußte, und der erhielt wöchentlich einen halben Gulden Sold. Georgi, Uffenheimische Nebenstunden I. 21—24. Hammer, Handschrift, gedruckt in Georgi Nachricht von Anspach S. 109. 112. In wenigen Tagen standen an der obern Aisch und der Gollach 2000 Mann in Waffen, und die Edeln umher eilten, zu ihnen zu geloben, aus Schrecken vor ihnen und dem nahen fränkischen Heer. Zu Windsheim wollten die Weiber durchaus bäurisch werden, weil so schöne Sachen im Kloster lagen, die sie gerne geholt hätten. Zwischen dem 5. und 6. Mai um Mitternacht zogen über 60 Weiber unter der Hauptmannschaft »der Lüllichin« mit Beilen und Hackmessern dem Kloster zu; der Bürgermeister aber wußte zu machen, daß sie ohne die Kleinodien des Klosters wieder heimgingen.

An der untern Aisch waren 3000 Mann versammelt. Selbst von Forchheim liefert ihnen Bürger zu. Sie lagerten sich um Neustadt an der Aisch, das zu ihnen fiel und zum Hauptquartier erwählt wurde. Auch die von der obern Aisch schloßen sich an. Der markgräfliche Kastner Bernbeck stellte sich an die Spitze des Aufstandes, und unter drei Hauptleuten, Müncher, Pfeffer von Burg-Bernheim, und Michael Koberer, dem Müller von Langenzenn, zogen die Bauern umher, Klöster zu strafen und Schlösser abzuthun. Der ganze Haufe ordnete sich dem großen fränkischen Heere unter, und handelte nach dessen Artikeln. Am 9. Mai verbrannten sie Schloß Daxbach, am 13. das Edelfrauenstift Birkenfeld, am 14. Schloß Hohenkottenheim, 357am 16. Schloß Spekfeld, am gleichen Tage das Kloster Rietfeld. Ihnen nach sanken in Asche die Schlösser Stöckach, Sachsen, Uhlstatt, Birnbaum, Sugenheim und andere feste Häuser, deren Herren nicht in die Brüderschaft treten und selbst ihre Bergsitze mit bürgerlichen Wohnungen vertauschen wollten. Alle Schlösser im Steigerwald wurden geleert, viele Herren brachen ihre Häuser selbst ab und retteten dadurch das Material und ihr Eigenthum. Selbst um und in Kadolsburg, Schwabach, Heilsbronn, und weiterhin wurden Bürger und Bauern von dem Geiste des Aufruhrs ergriffen und der Aisch zugezogen, und rechts und links nur eine Stunde von seiner Hauptstadt Anspach sah der Markgraf die Brandfackel der Bauern: die Flammen des alten Schlosses Dornberg leuchteten fast in die Gassen Anspachs herein.

Schon bei Ostheim hatte er das Landvolk um Anspach als unzuverlässig erkannt und entlassen. Er gab ins Oberland Befehl, 1500 Landwehrmänner zu ihm stoßen zu lassen, und nahm mit seinem kleinen Heere eine Stellung bei Markt-Erlbach, vor sich sein festes unbezwungenes Schloß Hoheneck, zu beiden Seiten das neutrale Nürnberg und das wenigstens jetzt noch neutrale Rotenburg, hart über dem Lager von Neustadt, mitten zwischen den Abtheilungen an der obern und untern Aisch, jeden Augenblick im Stande, Anspach zu schützen, so lange nicht vom großen fränkischen Heer aus ein Angriff darauf geschah. Dieses zu verhüten, unterhandelte der Markgraf wie ein christlicher Bruder mit den christlichen Brüdern vor Würzburg. Er selbst schrieb am 15. Mai an den Hauptmann des schwarzen Haufens, an Florian Geyer, und erbot sich zu gütlicher Handlung. Anspacher Akten II. 110. Eben so trat er mit den andern Haufen in Unterhandlung, und nahm ganz die Miene an, als wäre eine Verbrüderung nichts Unmögliches. Am 19. Mai bewilligte ihm der Haufen an der obern Aisch einen achttägigen Stillstand, am selben Tage das fränkische Heer zu Heidingsfeld, am 23. Mai der Haufe zu Ochsenfurt. Anspacher Akten I. 169, 168, 166. II. 98, 103, l25. Ernst war es ihm nicht mit dem Anschluß an die Bauern; man hat schon daran gedacht, Casimir habe im günstigen Erfolg für die Bauern durch diese Herr von Ostfranken werden wollen: wie wenig er daran 358dachte, dafür spricht, daß er in denselben Tagen, wo er den Stillstand suchte und erhielt, Alles that, um den schwäbischen Bund zu bewegen, unmittelbar auf Franken zu ziehen. Anspacher Akten I. 178. Er beabsichtigte nichts, als den ihm drohenden Ueberzug von sich ab und auf Andere zu wenden, die Bauern trügerisch hinzuhalten, zu lähmen, Zeit zu gewinnen, da ihm so manches Schutzmittel, auf das er rechnete, abging. So hatte er, um seine Stellung von Westen her zu decken, in das hohenlohische Schloß Schillingsfürst, fünf Stunden von Anspach, 200 Büchsenschützen werfen wollen; seine Absicht wurde verrathen, der Kriegsrath zu Würzburg beschloß die Zerstörung des Schlosses. Endres Wittich aus Adelshausen und Luz Seybot aus der hallischen Landwehr, zwei Hauptleute, trugen den Befehl an die Bauern im Amt Schillingsfürst, überfielen mit drei Andern durch List den Amtmann, und nahmen das Schloß ein; es wurde abgebrochen, ausgeleert was konnte, das Andere am 21. Mai ausgebrannt. Vom Gebirge kamen ihm statt Landwehrmänner schlimme Botschaften. Kaum 700 hatten sich zu Bayreuth auf das Aufgebot gestellt, und waren unter Drohungen, das Schloß Himmelkron und das Schloß Kolmberg zu plündern, auseinander gelaufen. In Kulmbach, Wunsiedel, Pegnitz, in Bayreuth selbst war Aufregung, doch nur in Worten und Versammlungen. In Bayreuth sprengte ein Kupferschmied aus, Markgraf Casimir sei todt und bereits, wie er selbst gesehen habe, in das Erbbegräbniß nach Heilsbronn abgeführt. In der Stadt Hof ging die Aufregung von Niklas Storch aus, dem Wiedertäuferpropheten. Im Dorf Geseß warf einer eine schwarz-weiße Fahne auf, ein Anderer, vom Wein erheitert, zog die Sturmglocke. In einem Kirchweihaufzug mit Pfeifen und Trommeln lärmten sie durch den mistelgauer Grund bis vor die Thore Bayreuths heran, tranken hier für ihr Geld und gingen wieder nach Haus; einen markgräflichen Herold jedoch, der sie zur Ruhe ermahnen wollte, verstümmelten sie. Auch an andern Orten gab es Unfug, doch war es nur ein Tollen, kein Aufstand. Casimir schrieb selbst ins Oberland, ihres Beistandes bedürfe er nicht mehr, die Ruhe im Unterland stelle sich her; haben sie Beschwerden, so möchten sie solche an ihn bringen.

Klug, wie Casimir, war der Rath zu Nürnberg. Gegen 359außen neutral, nach allen Seiten hin christlich freundlich, gewährte er den Bürgern in der Stadt manches Erleichternde im Augenblick, was der Bürger Herzen gewann; seinen Bauern auf dem Lande ließ er bei wachsender Gefahr allen lebendigen Zehenten, auch den todten Zehenten ganz nach, den harten Zehenten setzte er herab auf das alte Herkommen. Auch für die Bauern überhaupt sprach die Stadt Nürnberg freimüthig und mit Kraft. Ihre Gesandten mußten auf dem Bundestag zu Ulm erklären: »Obgleich die Bauern sehr ungeschickt handelten, so wäre doch zu bedenken, daß sie vielfach unleidlich bedrängt und durch der Prälaten und anderer Herrschaft Tyrannei dazu nicht wenig verursacht worden. Die in den zwölf Artikeln angezogene Beschwerung liege vor Augen und könne nicht verneint werden. Der Herrschaften übermäßige Tyrannei, die das Evangelium für einen Deckmantel ihres ungeschickten Wandels gebraucht, und damit die Unterthanen um Geld geschätzt haben, lasse sich nicht verantworten; davon wisse schier das Kind auf den Gassen zu sagen.« Müllners Annalen, Handschrift. In die Landschaft hinaus legte der Rath besoldete Bürger, seine Thore hielt er in guter Hut. Im Nürnbergischen herum waren viele Wiedertäufer im Stillen geschäftig, in der Stadt selbst gab es auch manchen bewegungslustigen Bürger; von den aufgestandenen Bauern der Nähe und Ferne, selbst von Prädikanten wurden Schreiben, die zum Aufstand reizten, in der Stadt, wo Münzer noch nicht vergessen war, heimlich eingeschmuggelt, ja die aufreizendsten Schriften wurden in Nürnberg gedruckt. Wolfgang Vogel, der Pfarrer zu Eltersdorf, der die Wiedertaufe annahm, erregte seine Gemeinde und die Bauern der ganzen Gegend. Er ließ sie in den neuen täuferischen Bund wider alle Obrigkeit geloben, und lehrte die Nähe des zeitlichen Reiches Gottes, und wie den Wiedergetauften das Schwert der Gerechtigkeit in die Hand gegeben sei. Die hier Verbündeten hingen mit Mühlhausen zusammen. Ebendaselbst. Der Rath sandte an die auch zu Poppenreuth wieder versammelten Bauern den lutherischen Prediger Carl Reß hinaus, sie zu stillen, er mußte sich aber vor ihnen verbergen, wollte er anders leben bleiben. Dennoch gelang es dem Rath, den eigentlichen Ausbruch in seinem Gebiet nieder zu halten.

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Nicht so gut sich zu verstellen, wie Casimir, nicht so gut nach dem Wind zu steuern, wie der Nürnberger Rath, verstand der Bischof Wigand von Bamberg.

Der Bischof schrieb nicht nur die kläglichsten Briefe an den schwäbischen Bund und alle Fürsten um Hülfe wider sein Volk, mit dem er so eben einen gütlichen Vergleich beschworen hatte, sondern er machte es selbst seinen Unterthanen bald zu klar, wie er absichtlich die Verhandlungen mit der Landschaft in die Länge ziehe; ja er suchte sich heimlich in der Nähe der Stadt, damit er der Landschaft imponiren könnte, mit Kriegsvolk so zu stärken, daß das Aus- und Einreiten z. B. im Schloß Giech, den Bauern und den Landtagsverordneten bedenklich erschien. Er mußte den Bauern zugestehen, daß sie in das Schloß Giech einige Mann legten; diese ließen aber bald mehr Bauern herein, sie übermannten die bischöfliche Besatzung und brannten das Schloß aus. Sie wollten den Bischof nöthigen, mit den verheißenen Vertragsbewilligungen sie nicht länger herum zu ziehen, und der Artikel der Franken, der allen Schlössern den Krieg erklärte, kam ihnen gelegen zur Hand. Alle bambergischen Bauern waren auf an allen Enden des Bisthums, zu gleicher Zeit die Schlösser zu brechen, die so zahlreich in ihre schönen Obst- und Wiesenthäler von den Bergspitzen herabragten. Wenig über acht Tage brauchten sie, um die ganze Landschaft von hohen Edelsitzen zu säubern. Es mag ein wundersamer Anblick für das Auge des Volkes gewesen sein, wenn Nachts oft zehn, zwanzig, dreißig Schlösser zumal ausglühend ihren rothen Schein herab warfen in die tiefen Felsenthäler, über die dunkeln Matten der fränkischen Schweiz hin. Es waren mehr als 70 an der Zahl, auf den Bergen und in der Ebene, die so schnell zu Ruinen wurden. Ihre Namen aufzuzählen, ist nicht nöthig, da alle in den Staub sanken, ohne Unterschied alle, bis auf die schöne Burg Neidek, welche die Nürnberger Rathsboten retteten, durch die Vorstellung, daß dieses feste Haus an der Gränze dem Landvolk selbst in Kriegszeiten zur Flüchtung von Hab und Leuten unentbehrlich sei, eben so zum Widerstand gegen auswärtige Feinde; außer Streitberg und Rabenstein, weil beide dem Markgrafen von Brandenburg gehörten; außer Hauseck, das Nürnberg gehörte und um so mehr geschont wurde, da aus Unvorsicht, wider den Befehl der 361Hauptleute zu Bamberg, der nürnbergische Wildenfels im Gebirg gebrochen worden war; außer Marloffstein, das dem Nürnberger Patrizier Pfinzing durch Scheinkauf schnell übergeben wurde; außer Veldenstein, das Albrecht Rotsmann, der Pfleger, ritterlich vertheidigte. So eifrig als die Bauern, brachen die Bürger mit an den ihnen lästigen festen Häusern: »sie wollten, daß die Edelleute sie selbst verließen, in die Städte zögen, und gleich andern Landesbürgern Lasten und Gaben trügen.« Einzelne Edle trugen auch hier ihre Schlösser selber ab. Den Klöstern ging es ebenso: die Bauern thaten sie alle ab. Sie thaten nur dasselbe, was gleich, ihnen nach, die Fürsten anderswo, nur mit ein Bischen mehr Form, thaten.

Von der Altenburg aus, wohin sich der Bischof mit seinen Kriegsleuten geflüchtet, sah er mit Entsetzen die in Flammen aussterbenden Schlösser, hörte mit Grauen das falsche Gerücht, wie die Bauern die Herren dieser Schlösser persönlich gemartert haben und noch martern. Plötzlich war aus der Stadt Bamberg, was von fremden Räthen, Vermittlern, Domherren da war, verschwunden; sie flohen nach allen Seiten. Büchsenschüsse der Bürger und Bauern folgten ihnen, Moriz von Bibra wurde sogar gefangen genommen, und aus allen benachbarten Dörfern herein brachen sie in die Stadt. Bald widerte das wilde Treiben der Hereingekommenen die Bürger an. Einer rieth, sie durch eine Musterung vor der Stadt wieder auswärts zu schaffen. So geschah es. Wie das Landvolk außen war mit den Bürgern, 6000 gewaffnete Männer; wurden nur die Bürger wieder eingelassen, aber kein Bauer mehr. Unter dem obersten Hauptmann Hans Hartlieb legten sich die Bauern vor die Altenburg, zuerst bei der Ziegelhütte, dann in der Ebene bei Hallstadt, während drei andere Haufen an den Gränzen des Bisthums lagen; der eine bei Höchstätt an der Aisch und dreifachen Ebrach; der andere bei Ebermannstadt und Kirchehrenbach, an der Wiesent und Aufseeß; der dritte unter Peter Hoffmann zu Zedliz bei Lichtenfels am Main. Der Bischof that auf's Neue, als ob es ihm Ernst wäre, mit der Landschaft und den Haufen zu handeln, und einen Verfassungsvertrag abzuschließen.

So sehen wir denn den Volksaufstand auf allen Hauptpunkten ausgebrochen. Nimmt man das Land von den Quellen des Neckars 362und der Donau bis zum Main als das Centrum, so lehnt er seinen nördlichen Flügel an den Harz, seinen südlichen an die julischen Alpen und in ganz besonderem Sinn, wie sich noch zeigen wird, an die Republik Venedig: Die Vorhut dehnt sich vom Oberrhein zum Niederrhein an beiden Ufern des Stromes. Es war eine Zeit, »wo es aller Obrigkeit nicht Lachens galt.« Sebastian Franke. Das, wovon eine Vorahnung seit lange auf Vielen lag, war gekommen: der Boden erbebte weithin, die Flammen schlugen daraus hervor, und mit mächtigem Athem wehten Haß und Rache und Grimm, Fanatismus und Vaterlandsliebe mit einander im Bunde, diese Flammen zuerst über Klöster und Stifter, dann hinauf auf die Burgen des Adels und weiter an die Stühle der Fürsten, und wie zu fürchten stand, zuletzt über alles Bestehende.

Und wie 400 Jahre zuvor der Krieg Gottes, der Befreiungszug zum heiligen Grabe, den Vater von Weib und Kind, von Haus und Hof, den Sohn von den Eltern, den Priester vom Altar, den Mönch aus seinem Kloster, den Landmann vom Pflug, den Bürger von seinem Gewerbe hinweg in die Waffen rief und fortriß: so verließen auch jetzt wieder Tausende und aber Tausende Haus und Hof, Acker und Weinberg, Handel, Gewerb und Handthierung, und nahmen die Waffen und zogen aus in den neuen heiligen Krieg des Volkes, zum Grabe, darin die Freiheit begraben lag.

Und wie damals unter der Fahne des Kreuzes der Begeisterung dem Heldenmuth und dem edelsten Willen für das Höchste, voraus und hintendrein die Gemeinheit zog, viel wildes, müssiges, liederliches Gesindel, das Gefolge jeden Krieges, mit wüstem Tollen, mit Raub, Nothzwang und Mord: so mischte sich unter der neuen evangelischen Fahne des Kreuzes Rohheit, Raub- und Tobsucht unter den Heereszug der Volkssache, und entweihte mannigfach das strafende Schwert des Volks- und Gottesgerichtes: mit dem Schuldigen litt die Unschuld, wie im Gewittersturm der Natur.

Noch aber war es Zeit, dem Aeußersten auszuweichen, wenn die Herren das Billige zugestanden, nur die drückendsten Anmaßungen aufgaben: Mäßigung, Entgegenkommen konnte den Fortgang des immer wilder fortrollenden Verderbens hemmen. Das Gegentheil 363geschah: und als das Blut schuldiger Großen in den Feuerstrom floß, und dieser höher und höher raste und wogte, und die Schlösser zu hunderten auf den Bergen wie Wachs schmolzen, und die festen Thürme der alten Herrlichkeit bersteten und stürzten, und hier die aus ihren brennenden Burgen und Klöstern verjagte, geächtete Aristokratie durch Wald und Schlucht der Siegeslärm und der Glanz blutdürstiger Bauernspieße schreckte, dort die jetzt noch Geborgenen, Entfernteren keine Woche, keinen Tag mehr sich sicher sahen und fühlten, daß es nicht auch über ihr Hab und Gut, über sie und die Ihrigen käme: da sahen die Einen in dem allgemeinen großen Brand ein Reinigungsfeuer, die Andern einen Höllenbrand. Wie der ehrbare Rath zu Nürnberg, so sprach auch der Churfürst von Sachsen: »Es ist ein Gottesgericht, ein Strafgericht für die Sünden, welche weltliche und geistliche Fürsten und Herren auf sich geladen durch Härte und Tyrannei gegen ihre Unterthanen und durch Verhinderung des Evangeliums.« –

Während so die gewaltsame Umwälzung draußen vorwärts ging, machten in der Stille eines Sitzungssaals noch einmal die Besseren im Volke den Versuch, im ruhigen Geleis der Berathung, der Uebereinkunft dem Vaterlande zu helfen.



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