Julius Wolff
Das schwarze Weib
Julius Wolff

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Siebzehntes Kapitel.

Am Morgen nach der Einnahme von Schloß Löwenstein herrschte im Lager der Neckartaler, die nach dem Abmarsch Florian Geyers noch auf der Walstatt zurückgeblieben waren, große Aufregung. Judika war verschwunden. Sie, die stets Pünktliche, erschien nicht zur Stunde des Aufbruchs, und niemand wußte von ihr. Um Löwenstein herum lagen im näheren und weiteren Abstand eine Anzahl von Dörfern, einzelnen Gehöften und Mühlen, in die sich viele von den Bauern für die Nacht einquartiert hatten, und die man nun nach der Vermißten absuchte, ohne sie zu finden. Damit ging viel Zeit verloren, aber die Bauern wollten nicht ohne ihr schwarzes Weib weiterziehen, denn sie hingen so treu an der tapferen Gefährtin, glaubten so fest an sie, daß ihnen die rechte Zuversicht des Sieges fehlte, wenn sie Judikas hehre Gestalt ihnen nicht zum Kampf voranschreiten sahen, ihre anfeuernde Stimme nicht hörten und ihnen der ermutigende Blick der dunklen Augen, der ihre Waffen zu segnen schien, nicht begegnete. Sie gaben sich den widersprechendsten und abenteuerlichsten Vermutungen über Judikas Verbleib hin, und die meisten fürchteten, daß sie von einem Unglück betroffen oder ihr ein Leid zugefügt worden sei. Es ging das unverbürgte Gerücht, daß von seiten der Junkerschaft auf sie gefahndet würde und ein hoher Preis für ihre Ergreifung gesetzt wäre. Konnte sich nicht irgendwo ein Lump finden, der niederträchtig genug wäre, sich den Sündenlohn verdienen zu wollen, indem er sie den ausgesandten Häschern verriet? Lauernde Blicke und argwöhnische Fragen irrten von Mann zu Mann.

In der größten Unruhe war Jäcklein, zumal die beiden Bauern, die er mit der heimlichen Beobachtung Judikas betraut hatte, gleichfalls fehlten, was übrigens ihren Genossen nicht auffiel, weil ein solches Abschweifen einzelner öfter vorkam und auch jene beiden nicht die einzigen waren, die sich heute beim Sammeln nicht eingefunden hatten. Ihm fuhr der Gedanke durch den Kopf. sollten sich die Schufte abseits vom Lager an der unter ihre Aufsicht Gestellten vergriffen haben und nun nicht wagen zu ihm zurückzukehren? Aber sie kannten ihren Hauptmann und mußten wissen, daß er sie doch über kurz oder lang wiederfinden und dann unzweifelhaft umbringen würde, wenn sie sich Ungebührliches gegen Judika erlaubt hätten. Er bereute, ihnen den Auftrag erteilt und statt dessen nicht selber besser acht auf die ihm Unentbehrliche gegeben zu haben, denn ihr Verschwinden erfüllte ihn mit ernster Sorge, wenn er sich auch bemühte, diese soviel wie möglich zu verbergen und alle von ihm Auskunft Fordernden mit kurzen Worten und erheuchelter Gleichgültigkeit zur Geduld ermahnte. Als aber alles Warten auf Judika und alles Spüren nach ihr vergeblich blieb, befahl er gegen Mittag den Abmarsch, den die Bauern in gedrückter Stimmung und mit immer noch zögernden Schritten antraten, im Walde noch, durch den sie nun dahinzogen, nach der Verlorenen ausspähend und ab und zu laut ihren Namen hineinrufend, daß es weithin schallte. Eine Antwort kam nicht zurück.

Jäcklein hielt sich seitwärts vom Haufen, unausgesetzt nach Gründen für Judikas abschiedlose Trennung von ihm forschend. Daß diese eine unfreiwillige, durch äußere zwingende Umstände herbeigeführte sei, glaubte er nicht, und plötzlich fiel es ihm wie Schuppen von den Augen: sie ist mit Florian Geyer auf und davon!

Diese Entdeckung war ihm so fürchterlich, daß er sich gar nicht darein finden konnte und wollte und, bevor er sich der niederschlagenden Erkenntnis völlig ergab, noch nach einer anderen harmloseren Erklärung ihrer Abwesenheit suchte. Judika war gegen den Überfall des Klosters Lichtenstern gewesen mit dem Hinzufügen, daß sie keinesfalls Zeugin der voraussichtlich sich dort ereignenden Greuel und Schandtaten sein wollte. Vielleicht hatte sie sich nur deshalb auf einen oder zwei Tage vom Haufen entfernt, am Ende war sie gar nach Lichtenstern vorausgeeilt, um die Nonnen zu warnen und zur Flucht zu veranlassen. Das würde sich ja heut' an Ort und Stelle zeigen, aber viel Wahrscheinlichkeit hatte es nicht für sich, denn sonst hätte sie wenigstens die eine Absicht, das Kloster zu umgehen, wenn auch nur als Vorwand zur Ausführung der anderen, es zu warnen, Jäcklein mitgeteilt und ihm gesagt, wo sie wieder mit ihm zusammentreffen würde.

So blieb ihm doch nur der dringende Verdacht übrig, den ihm die Eifersucht auf Florian Geyer eingab. Wenn er sich Judikas Verhalten gegen diesen und ihre Begegnungen mit ihm aus der Erinnerung vergegenwärtigte, so erschien ihm die Annahme, daß sie der mannhaften, in seinem Auftreten bestrickenden, in seinem Äußern von der Natur sehr bevorzugten Ritter im Herzen geneigt war, so gut wie erwiesen. Erst hatte sie Jäcklein auf dem Marsche von Unterschüpf nach Bütthard sehr bestimmt erklärt, sie wolle nicht, daß dem Burgherrn auf Giebelstadt ein Leid geschähe. Dann hatte sie diesem in Herchsheim mit großer Entschlossenheit das Leben gerettet und später ihre Bekanntschaft mit ihm in einem langen und, wie es Jäcklein vorgekommen war, sehr vertrauten Gespräch erneuert. In Schönthal hatte sie zuerst seinen Namen Jäcklein zugeflüstert, als es sich um die Wahl des obersten Feldhauptmanns handelte. Und endlich hatte sie sich in Löwenstein nach Beerdigung der Gefallenen zu einer geheimen Unterredung mit Florian aus dem Lager entfernt, und danach hatte Jäcklein sie nicht mehr gesehen. Bei allen gelegentlichen oder absichtlichen Zusammenkünften der beiden war Jäcklein oft der sehr freundschaftliche Ton ausgefallen, in welchem sie miteinander sprachen, und er hatte auch manchen Blick stillen Einverständnisses unter ihnen bemerkt, – lauter Wahrnehmungen und Eindrücke, aus denen er auf das Bestehen eines besonders guten Verhältnisses zwischen beiden schließen zu müssen glaubte. Kein Wunder also, daß ihn eine immer stärker werdende Eifersucht auf den offenbar Begünstigten erfaßte.

In der für ihn unumstößlichen Gewißheit nun, daß Judika mit Florian gezogen war, sah Jäcklein ein, daß sie für ihn selber verloren war, wenn es ihm nicht gelänge, die jetzt Vereinten wieder zu trennen, zu welchem Zwecke ihm kein Mittel zu schlecht sein wurde. Es lag in seinem unbändigen Charakter, daß er am liebsten gradaus durch Dick und Dünn auf sein Ziel losging, nie beschwert von Gewissenszweifeln über die Art und Weise der Beseitigung von im Wege befindlichen Hindernissen. Jeder Widerstand, mochte er von lebenden Wesen oder von leblosen Dingen und natürlichen Verhältnissen herrühren, reizte ihn, forderte seine trotzige Kraft heraus und steigerte die über alles hinwegschreitende Rücksichtslosigkeit seiner Anstrengungen, den eigenen Willen durchzusetzen, bis zum Frevelhaften und Verbrecherischen.

Wäre ihm in der grimmigen Stimmung, die ihn zur Stunde beherrschte, Florian zur Hand gewesen, so hätte er diesem sofort auf den Kopf Schuld gegeben, ihm Judika abspenstig gemacht und entführt zu haben, und hätte Rechenschaft von ihm gefordert, was sicher zu einem heftigen, am Ende blutigen Streit zwischen den beiden Männern geführt hätte. Da er ihn aber vorläufig nicht zur Rede stellen, sein eingebildetes Recht auf Judika nicht Auge in Auge gegen ihn verfechten konnte, so sann er auf Anstiftungen, den Gegner hinterrücks und schon von fern zu dessen Schaden zu treffen.

Judika mit Gewalt und gegen ihren Willen sich zurückholen zu wollen, durfte er sich nicht unterfangen. Sie hatte eine zu starke, eine zu mutige, der vollen Unabhängigkeit zu bedürftige Seele, um sich irgendeinem Zwange zu fügen. Und Florian oder Judika zu einer freiwilligen Entsagung zu bewegen, hatte Jäcklein nicht die geringste Aussicht. Konnte er aber sie nicht ihm entreißen, so glückte es vielleicht, ihn von ihr zu scheiden. Mochte sie sich in einem Haufen des Heeres befinden, in welchem sie wollte, niemals und unter keinen Umständen würde sie sich dem großen Ganzen entziehen, niemals sich von der Sache der Bauern lossagen, niemals vom Kampf um die Freiheit lassen. Dagegen gab es eine Möglichkeit, Florian Geyer aus dem Heere zu entfernen, wenn man ihn verdächtigte, daß er es mit der Erkämpfung der Freiheit und der Wohlfahrt des Volkes doch nicht ernst und ehrlich meinte, sondern seine Standesgenossen und deren Vorrechte zu schonen und die Gehaßten vor der verdienten Rache zu bewahren trachtete. Dann wurde er vielleicht seiner Befehlshaberstelle enthoben, oder der Gehorsam wurde ihm verweigert; im Bauernheere, das damit freilich seinen tüchtigsten und kriegserfahrensten Führer verlor, konnte seines Bleibens nicht mehr sein, und dann, dann war er von Judika und Judika von ihm getrennt.

Der Entschluß, diese Hinterlist zu gebrauchen, reifte schnell in Jäcklein, und er begann den versteckten Angriff damit, daß er die Saat des Mißtrauens gegen Florian in einzelnen kleinen Körnern ausstreute, indem er sich auf dem Marsche wie zufällig bald hier, bald dort unter seine Leute mischte, diesem und jenem zweideutige Worte hinwarf und allerhand verständliche Anspielungen machte, wie schade es wäre, daß sich Florian mit seiner schwarzen Schar und den Rotenburgern von ihnen getrennt hätte und Schloß Weinsberg, seinem Freunde Helfenstein zuliebe, nicht mit stürmen wollte, wie er ja auch schon mit dem Grafen Ludwig von Löwenstein viel zu glimpflich umgegangen wäre und überhaupt den hochmütigen Junkern immer und überall noch viel zu sehr die Stange hielte. Diese und ähnliche Äußerungen des Ränkeschmiedes fielen bei den Bauern nicht ins Wasser, sondern wurden von ihnen gierig aufgefangen und geflissentlich weitergetragen. Anfangs staunten sie zwar, daß der tapfere Mann, der freiwillig und als erster ritterlicher Mitstreiter freudig begrüßt zu ihnen gekommen war, nun auf einmal ein lauer und falscher Bundesgenosse sein sollte, aber in ihrem nur allzu leicht erregbaren Argwohn gegen jeden Adligen ließen sie sich doch von den Einflüsterungen dessen, dem sie am meisten vertrauten und der ja den Ritter aus seinem fortwährenden, durch die gleichgestellte Führerschaft bedingten Verkehr mit ihm besser kennen mußte als sie, betören, tauschten nun auch ihre Beobachtungen über Florian und was sie an ihm auszusetzen fanden, unter sich aus, tadelten und schalten ihn, und Jäcklein freute sich, wie das gesäte Unkraut keimte, Wurzel schlug und wuchernd um sich griff.

Seine Gedanken über Judika gingen andere Wege. Hatte er sie immer schon mit sehnsüchtigen Blicken betrachtet und bewundert, so stand ihm ihre Schönheit jetzt, da sie ihm körperlich entrückt war, mit einer all sein Denken und Wünschen nach sich ziehenden Gewalt doppelt begehrenswert vor dem geistigen Auge, und seine ungezügelte Einbildungskraft schuf ihm ein entzückendes, sinnberauschendes Bild von der Gesamtheit wie von den Einzelheiten ihrer reizvollen Erscheinung. Wann und auf welche Weise es ihm gelingen werde, ihre Neigung zu gewinnen und ihres Besitzes froh zu werden, konnte er sich selber noch nicht vorstellen, aber auf dieses Glück verzichten wollte er nicht, nun und nimmermehr!

Hier, unter den Augen von Tausenden, im Waffengetriebe, Lagerleben und ruhelosen Umherschweifen, wo seine Umsicht und Tätigkeit beständig von anderen Sorgen in Anspruch genommen wurde, fand er nicht Zeit und Gelegenheit zu Minnedienst und Liebeswerben und mußte sich darauf beschränken, der, für die er gern das Größte getan hätte, was in seiner Macht stand, kleine Aufmerksamkeiten zu erweisen und geringfügige Bequemlichkeiten zu verschaffen, für die sie ihm kaum dankte. Alle ernsteren Bemühungen mit Wort und Tat um ihre Gunst hatte sie von jeher kühl und streng zurückgewiesen und ihm dabei deutlich zu verstehen gegeben, daß er sich keine Hoffnung zu machen habe, ja daß er ihr zuwider sei.

Warum war sie so spröde? Verschmähte sie nur ihn, oder wollte sie überhaupt vom Manne nichts wissen? So hatte er sich schon manchmal gefragt. Und wenn er ihr dann in die großen, dunklen Augen schaute, die so träumerisch blicken, so schwärmerisch leuchten, so zornig blitzen konnten, wenn er sie begeistert und begeisternd zu den Bauern reden hörte, daß sie für ihr schwarzes Weib durch Feuer und Wasser gehen wollten, und wenn er sie mit heftig bewegter Kraft furchtlos kämpfen sah, so hatte er es sich nie denken können, daß dieses in seinen Lebensäußerungen und Betätigungen sonst so leidenschaftliche junge Weib ein kaltes, für Liebe und Sehnsucht unempfindliches und unempfängliches Herz im Busen tragen sollte. Nun aber zeigte es sich ja, was er mit allem Tifteln und Trösten sich selber nicht mehr ausreden konnte, daß ihr Herz sich doch einem Manne zuwandte, für einen anderen schlug. Daß dieser andere ein Ritter war, einer von denen, die sie zu demütigen oder zu verderben geschworen hatte, die sich besser und höher dünkten als er, der schlichte Bauersmann, obwohl auch aus einem freien Geschlecht, so alt, vielleicht noch älter als das des Ritters, das erfüllte ihn mit einer Bitterkeit, die ihm die Qualen der Eifersucht wie ein brennendes, ätzendes Gift verschärfte.

Es war in Jäckleins Leben das erstemal, daß sich etwas so stark und dauernd seinem Wunsch und Willen widersetzte wie das Erringen von Judikas Liebe. Doch er war nicht der Mann, dieses Versagen wie eine Schickung ruhig und müßig hinzunehmen. Alle Kräfte, die ihm zu Gebote standen, wollte er walten und wirken lassen, das heißersehnte Ziel zu erreichen. Fügsam und schmiegsam oder unbeugsam und unabweisbar wollte er sich um Judikas Huld bewerben, seine guten Seiten im besten Lichte vor ihr zeigen, seine schlechten Eigenschaften vor ihr beherrschen, wollte ihr Herz rühren oder zwingen, ihren Besitz erschmeicheln oder ertrotzen. Mit Florian aber, den er nun haßte bis aufs Blut, wollte er um das schöne Weib kämpfen, mit List und Tücke, deren erste, spitze Pfeile er bereits auf ihn abgedrückt hatte, oder mit blanker Waffe Mann gegen Mann. Dann mochte der Tod entscheiden, wem von beiden die Geliebte gehören sollte. Und wenn auch das fehlschlug und keiner dem anderen das Leben nehmen konnte, so sollte Judikas Tod dem Ding ein Ende machen, denn eher würde er sie morden als in den Armen des andern lassen. –

Aus diesen verzweifelten Gedanken weckten den finster Dahinschreitenden die friedlichen Klänge der Vesperglocke von Lichtenstern, die durch den Wald aus dem Tal heraufschallten, ehe die Heranziehenden des Klosters ansichtig wurden. Aber nach der Stärke des Tones mußte es schon nahe sein, und das fromme Geläut wurde mit einem wilden Geheul der Bauern beantwortet, die sich schon wieder auf Plündern und Schwelgen freuten.

Schnell war Jäcklein an der Spitze des Haufens, und laut, mit erhobener Faust und drohendem Blick gebot er: »Keiner betritt das Kloster, ehe ich nicht mit der Äbtissin gesprochen habe!«

Wenn sie noch dort ist, die Äbtissin! fügte er in Gedanken hinzu. Er hatte den Befehl gegeben in der Befürchtung, die Bauern könnten die Nonnen stumm machen, ehe er sie nach Judika fragen konnte.

Bald war man vor den Mauern des Klosters, das malerisch in dem waldumkränzten Tale lag, angelangt, und Jäcklein begehrte für sich allein Einlaß. Die Pförtnerin öffnete ihm und führte ihn zu der betagten Äbtissin, die den bewaffneten Eindringling ohne Zeichen von Überraschung oder Furcht wie einen erwarteten Gast empfing.

Judika war nicht hier gewesen, aber man wußte bereits alles, was sich in Löwenstein zugetragen hatte, und war auf eine Brandschatzung durch die Bauern gefaßt. Die jüngeren Nonnen waren geflohen und hatten die Schätze und Kleinodien, die das Kloster aus reichen Schenkungen und Vermächtnissen von alter Zeit her besaß, mitgenommen, soviel sie tragen konnten. Was noch vorhanden war, sowie die Vorräte an Lebensmitteln und Getränk stellte die Äbtissin, die mit wenigen Conventualinnen pflichttreu und gottvertrauend an der geweihten Stätte zurückgeblieben war, dem Führer der Bauern in stiller Ergebung in ihr Schicksal zur Verfügung. Jäcklein war betroffen von der Ähnlichkeit der würdevollen Frau mit seiner Mutter. In der Erinnerung an diese blickte er scheu, mit einem Gefühl von Beschämung der, deren klösterlichen Frieden zu stören er gekommen war, in die klaren Augen und das mild ernste Gesicht mit den faltenreichen Zügen, dankte ihr mit kurzen, höflichen Worten und versprach ihr, sie mit den übrigen, ihr an Jahren nahestehenden Schwestern unter seinen persönlichen Schutz zu nehmen.

Er hatte hier, und nicht ohne Grund, auf eine reiche Beute an goldenen und silbernen Kirchengeräten mit wertvollen Juwelen gehofft. Die waren nun fort und vor ihm gerettet. Lebensmittel waren ihm ja für seine Leute stets willkommen, aber mit dem Getränk würde es gewiß nur schwach bestellt sein. Die Nonnen tranken Wasser oder Milch, und einen wohlgefüllte Weinkeller wie bei den üppigen Zisterziensern in der Abtei Schönthal würde man hier schwerlich finden. Er sah voraus, daß die allzeit Durstigen da draußen das Kloster für diese Enttäuschung schwer büßen lassen würden, was er, so gern er es der guten Domina zuliebe getan hätte, nicht verhindern konnte.

Als er in Begleitung der Äbtissin und ihrer Gefährtinnen wieder aus der Pforte trat, sagte er zu den dort ungeduldig Harrenden: »So! nun tut, was ihr nicht lassen könnt; aber diese Frauen hier tastet niemand an!«

Ungestüm drängten die Beutegierigen in das Kloster hinein, es in allen Räumen zu durchsuchen. –

Am Morgen starrten nur noch öde Mauern wie klagend emporgestreckte Arme zum blauen Himmel empor; innen war nichts mehr als Schutt und Asche.


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