Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Beschluß

des Herausgebers.

So hat der Dichter die Geschichte seines Lebens geendigt, wir finden keine Liebesgedichte mehr von seiner Hand, die wahrscheinlich verloren gegangen sind, wenn sie nicht noch irgend wo einst angetroffen werden; die Sammlung des Manesse hat aber noch zwei Stücke unter seinem Namen ernsteren Inhalt, über den Verfall der Zeit, welche ihm abzusprechen wohl zu weit getriebner Zweifel sein möchte. Es ist nicht unmöglich, daß in der unkritischen Sammlung des Manesse hie und da ein Gedicht des Ulrich sich unter andern Namen findet. Ich setze die oben erwähnen beiden Gedichte zum Schlusse hieher.

 
59)
         

Leute und Land, die möchten mit Genaden sein,
Nur zwei viel kleine Worte, mein und Dein,
Die regen große Wunder auf der Erde,
Wie gehn sie ängstende und wüthende überall,
Und treibe all die Welt umme als einen Ball,
Ich wähne ihres Krieges nimmer Ende werde:
Die böse Geitzigkeit
Die wächset alles umme sich daher seit Evens Zeit,
Und irret alle Herzen und alle Reiche,
Jedwede Hand und Zunge
Die meinen und minnen nichts als Falsch und Aenderunge
Lehre und Folge liegen öffentliche.

Gelücke das geht wunderliche auf und abe,
Man findet es viel leichter als man es behabe.
Es wanket, wenn man es nicht wohl besorget,
Wen es beschweren will, dem gibt es vor der Zeit,
Und nimmt auch vor der Zeit wieder was es verleiht,
Es dummet den, dem es zu viel geborget,
Freude gibt die Schmerzen,
Vor daß wir ohne Schwere sein des Leibes und des Herzen
Findet Wahn, wohl das gläsene Glücke,
Das hat kranke Veste,
Wenn es uns unter die Augen spielt und scheint allerbeste
So brichet es viel leichte in kleine Stücke.

 
60)
             

Wo nun Freude? Wo nun Ehre?
Wo nun Folgen guter Lehre?
Welt, du trauerst all zu sehre,
Dein Lob geht an einem Stabe,
Hübschheit war sonst deine Krone,
Da man rang nach Weibes Lohne
Ohne Falsch mit Züchten schone,
Die hast du geworfen abe:
Reiner Weibe gütlich Grüssen
Kann wohl schwere Sorge büßen;
Von dem Haupte zu den Füssen
Du fährst in schwacher Tugende Habe.

Weib, dein Name uns Freude mehret,
Gott hat dich mit Selden geehret,
Die wird nimmermehr versehret,
Du bist aller Wonne ein Dach:
Weib, du sollt Unweibheit meiden,
Und laß dich die Schande neiden,
Sonst mag nichts dein Lob verschneiden,
Geh der Scham mit Züchten nach:
Willt aber du Falsch für Tugende Minnen,
Des wird die Schande mit dir innen,
Sie läßt dich Unpreis gewinnen,
Flieh den Matt ich sage dir Schach!

Ritterschaft, wie steht dein Orden?
Sage an, wem ist deine Würde worden,
Man sah dich in Tugenden-Horden.
Damals war dein Lob viel ganz:
Das klagen nun die edeln Frauen,
Daß man deinen Schild soll schauen
Also ganz und unverhauen;
Wo ist dein Turney, wo dein Tanz?
Du miß dein Leben bas in der Maße,
Da dich die Schande in Ehren lasse,
Ihre Gewalt fährt auf der Straße,
Setze auf wieder der Ehren Kranz!


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