Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Siebenundzwanzigstes Capitel.

Ulrich singt das Lob seiner Frauen.

Der Sommer nahm ein Ende, und es kam der kalte Winter, drum sah man manchen Mann traurig, das ist aber wunderlich, wer immer zur Winterzeit trauert, und wem nur der Sommer Freude gibt, der lebt wie die Vögelein, wenn mit dem Sommer sein hoher Muth vergeht, ein solcher heißet wohl mit Recht Wettersorger; von denen bin ich Keiner, denn meine Freude liegt an einem Weibe, die mir für alles Trauern gut ist, ihr zu Dienste sang ich diese Lied:

 
41)
         

Er ist wieder kommen mit Gewalte
Den der Maie erst vertrieben,
Sommer-Wonne ist ihm entronnen balde,
Die ist vor ihm nicht belieben.
Doch sollen wir das nur mäßig klagen,
Da die Sonne
Uns des Maien Wonne
Wieder bringt in kurzen Tagen.

Wenn der Winter hoch Gemüthe schwendet,
Der muß ofte traurig sein,
Mir hat hohen Muth ein Weib gesendet,
Davon ist stets das Herze mein,
Wie es wittert froh, froh, froh,
Von ihrer Güte
Steiget mein Gemüthe
Vor der lichten Sonne hoh.

Schöne von ihrer Güte ist meine Fraue,
Sie ist von ihrer Schöne gut,
Wenn ich in ihre spielenden Augen schaue
Mich, so blüht mein hoher Muth,
Rechte als in des Maien Zeit
Thun die Rosen,
Ihr gütliches Kosen
Mir viel hohe Freude leiht.

Ihr viel lieblich, gütlich, löblich Grüßen
Thut mir hohe Freude kund,
Süsse Wort die können süßlich süßen
Ihren viel süßen rothen Mund,
Was sich Munde mir mochten weisen
Meine Stunde,
Gebührt doch ihrem Munde
Vor allen um Röthe Preisen.

Sie hat ihre Weibheit viel wohl behütet
Vor unfraulicher That,
Wohl ihr, daß sie mir so gütlich gütet,
Davon mein Muth hohe staht,
Sie ist mir süßer denne was seie
In dem Muthe,
Lieb vor allem Gute,
So ist ihr mein Herze bei.

Wie sie sei gefärbt die Wohlgemuthe,
Das sei Euch nun kund gethan,
Braun und roth ist die viel reine Gute,
Von den Farben so gethan,
Daß nie Engel schöner ward
Anzuschauen,
Man muß sie eine Frauen
Nennen von ihrer hohen Art.

Lieblicher Bräune, Rosenröthe roth,
Schnees Weiße hat ihr Leib,
Ihre Gebehrde ist meines Trauerns Tod,
Sie ist von Tugenden ein gut Weib,
Ihr Leib ist des Herzens mein
Höchste Wonne,
Meiner Freuden Sonne
Ist ihr roth weiß brauner Schein.

Mein Sinn rieth mir mehr zu singen. Da dachte ich an der Minnen Klage, wie sie der Tag von ihrem Herzenlieb scheidet, davon sang ich neue Lied. Ich gedachte aber: meine Meister haben gesungen, daß ihnen die Wächter mit dem Wecken weh gethan haben, was ich doch nicht glauben kann, denn ein hochgeboren witzig Weib wird wohl keinen Bauern um ihr Geheimniß wissen lassen, man hat keine edlen Wächter, Bauern kann man nichts vertrauen, denn sie verschweigen nicht, edle Art kann schweigen, drum soll sie Geheimnisse wissen; das muß eine arme Frau sein, die den Morgen fürchtet und nicht eine Magd gewinnen kann, die es hindert, daß ihr Freund gesehen werde: auch ist es wohl geschehen, daß ein edles Weib bei ihrem Freunde betagt ist, und er ist doch verborgen worden. Von diesen Dingen sang ich Lied in einer süßen Tageweise hoch:

 
42)
         

Eine schöne Maget
Sprach: viel liebe Fraue mein,
Wohl auf, es taget,
Schauet gegen dem Fensterlein,
Wie der Tag aufgeht, der Wächter von der Zinnen
Ist gegangen, euer Freund soll von hinnen,
Ich fürchte er sei zu lange hie.

Die Fraue gut
Seufzte und küßte ihren lieben Mann,
Der Hochgemuth
Sprach: gut Fraue wohlgethan,
Der Tag ist hoch auf, ich kann nicht kommen hinnen,
Magst du mich verbergen irgend hie innen,
Das ist mein Rath und auch mein Begehr.

Und möchte ich dich
Verbergen in den Augen mein,
Freund, das thäte ich,
Das kann leider nicht sein,
Willt du hie in dieser Kemenat beleiben,
Diesen Tag mit Freuden wohl vertreiben?
Darinne ich dich wohl verhehl.

Nu birge mich
Wie du willt, viel schönes Weib,
Doch daß ich
Sonder Wehr nicht verliere den Leib,
Wird mein jemand hie inne, so sollt du's mir melden,
Komm' ich zu Wehr, es muß sein Leib entgelten,
Der mich mit Streite nicht vermeidt.

So ward versparrt
Wer viel mannlich Hochgemuth,
Und wohl bewahrt
Von der reinen Süßen gut,
Wie pflag sie sein den Tag die süße Minnigliche,
So daß er ward hohes Muthes reiche,
So kurzen Tag gewann er nie.

Die Nacht kam do,
So hub sich der Minne Spiel,
So und so
Ward von ihnen getrautet viel,
Ich wähne nie Weibe wurde bas mit liebem Manne
Denne ihr war: o weh, da mußt er von danne,
Davon hub großer Jammer sich.

Urlaub genommen
Ward mit Küssen an der Stund;
Schier wieder kommen!
Bat ihn ihr süßer rother Mund.
Er sprach: ich thu's, du bist meiner Augen Wonne,
Meines Herzens spielende Maien-Sonne,
Meine Freuden-Gebe, meine Selden Wehr.

Die Tagelied sang mancher, die ich bei der Winterszeit sang. Der Sommer kam wieder und brachte manchen schönen Tag mit sich, da dachte ich an meine Fraue, ob ich ihr Gesinde sollte sein, in ihres reinen Herzens Grunde, davon sang ich die Lied:

 
43)
         

Gut Weib, meiner Freuden Lehre
Tugendreiche Fraue mein,
Wisse, das mich jammerte sehre
Nach dem reinen Herzen dein,
Da sollt du mich hausen in,
In dem süßen Paradies ich gerne bin.

Darin hätt' ich gut Gemüthe,
Mit der Weibheit Freuden viel,
Deine viel hochgelobte Güte
Spielt da ehrenvolle Spiel,
Mit den Tugenden alle Zeit,
Wohl mir, wohl mir, wenn mir deine Güte Haus da leiht.

Thu auf, ich klopfe an mit Worten,
Laß mich ein, so bist du gut,
Schließ auf schier mir die Pforten,
Bei mir hie ist so hoher Muth,
Der auch gerne dienet dir,
Er ist dir hold mit Treuen, das glaube mir.

Er hat das viel wohl genossen,
Daß er dir ist also huld,
Ich hab' ihn zu dir geschlossen
In mein Herze, wo er duld't
Wonnevoller Freude viel;
Er thut dir da, liebe Fraue, was er will.

Hoher Muth gewann mit Weibe
Nie so manche Freude groß,
Ich hab ihn bei deinem Leibe
Ofte funden decke-bloß,
Da küßt er wohl tausend Stund
Deinen kleinen heißen rothen süßen Mund.

Gütlich Trauten, Küßen süße,
Drucken Brust an Brüstelein,
Diese liebe süße Unmüße
Treibet in dem Herzen mein
Mit dir, reine Fraue gut,
Dein guter Freund, mein minnegehrende Muth.

Wenn er sich eine Freude dichtet
In dem Herzen mein mit dir,
Arme und Bein er danne flichtet
Ihm und dir, dir und mir,
Hin und her, und so und so,
Das thut herziglichen wohl und machet froh.

Nach diesen Lieden dacht ich an das süße Weib, die ich nie vergaß, und ich sang ihr wieder diese Lied:

 
44)
         

Fraue mein, Gott gebe dir guten Morgen,
Guten Tag, viel freudenreiche Nacht,
Gott behüte dich vor all den Sorgen,
Davon dein Leib werde in Trauern bracht,
Bist du froh, so bin ich hohes Muthes,
Mir ist zu hohem Muthe nichts so Gutes,
Als daß du seist herzlichen froh.

Du hast ein liebes Lieb vor allen Dingen,
Das ist mir so herzenslieb als dir,
Nach des Hulden will ich immer ringen,
Nie nichts ward so rechte Liebes mir
Als dein Leib, das bring' ich dich wohl inne,
Fraue, meine Herzens Königinne,
Thut mir dein Leib wohl, so bist du gut.

Liebe Fraue, liebeste aller Weibe,
Dein Leib ist mir in dem Herzen mein,
So ist dein reines Herze in seinem Leibe,
Welchem soll es danne näher sein?
Das kann ich vor Liebe nicht bescheiden;
Es ist uns so rechte nahe beiden,
Daß sein unser keiner nie vergaß.

Lieb vor allem Liebe so dir, Fraue,
Dein viel süßer minniglicher Leib,
An demselben Liebe ich mein Lieb schaue,
Das bist du, viel reines sel'ges Weib,
Mein Leib trägt dein Herze, das ihn lehret
Tugenden viel, des seid ihr beide geehret,
Wohl mich des, daß ich Euch da dienen soll.

Gut Weib, ich will dienen ritterleiche
Dir auf den viel herzelieben Wahn,
Daß ich noch komme in das Himmelreiche
Zu dir, wo nie Mannes Leib ward eingethan,
Das ist dein Herze, wo deiner Tugenden Fraue,
Wachsen drinne aus der Güte Thaue,
Laß mich ein, ich thu dir sanfte da,
    Dahin will ich und nirgend anders wo, komm
    Ich darein, es ist uns beiden Fromm.

Die Lied däuchten den Weisen gut. Wenn sie mich verlacht, meine liebe Fraue, so bin ich froh, ihr kußlich Mund kann so lachen, daß mir mein Muth aufsteigt, recht wie die lichte Sonne thut, wenn sie auf von den Bergen geht; ihre Augen haben die Sitte, daß sie ihrem Munde mit lachen, und ihr Lachen steht ihnen so schöne, daß ein Mann alles Trauern lassen müßte, wenn ihre Augen ihn anlachten; davon sang ich ihr die Lied:

 
45)
               

Wonniglichen hohe mein Gemüthe
Steht, des habe meine Fraue Dank,
Die mir mit ihrer mannigfaltigen Güte
Meinen Muth stets hohe zwang,
Die viel Reine, Süße thut mir so,
Daß ich bin in aller Zeit von Herzen froh,

Die viel Gute zweierhande Lachen
Lachet, die ich nennen will,
Die kann sie so minnigliche machen,
Daß sie sind mein Herzensspiel
Wenn ich ihr süsses Lachen eines soll
Sehen, so ist mir in dem Herzen wohl.

Eines sie mit rosenfarbnem Munde
Kann, das ist so minniglich,
Daß ein Mann darinne Freude funde,
Der sonst nie ward freudenreich,
Sie ist der minnegehrenden Maien-Mond,
In ihrem Lachen Freuden-Hort, der süße, wohnt.

Lachen kann meine tugendreiche Fraue
Mit ihren spielenden Augen so,
Wenne ich mich darinne rechte schaue,
Daß ich bin von Herzen froh,
Wen ihre Augen gütlich lachen an,
Der muß immer sein ein freudenreicher Mann.

Mit ihren spielenden Augen lachen schone
Kann die reine Süße wohl,
Drum trag' ich der hohen Freuden Krone,
Wie ihre Augen Thaues voll
Werden aus ihres reinen Herzens Grund,
Von ihrem Lachen gleich so werde ich minnewund.

Ihr viel klein weißer Hals, ihr Kinne,
Mund, Braun, Wängel, Augenlicht,
Ist der Minne Spiegel, da man inne
Mancher hande Wonne sicht,
Sollt' ich den süßen Spiegel sehen
Zu aller Zeit, mir könnte nimmer bas geschehen.

Wollte Gott; daß ich ihren Hals, ihre Brüste,
Augen, Kinne, Wängel, Mund,
Mit ihrem Willen heimlich küssen müßte
Hundert tausend tausend Stund!
Mancher spricht, das wäre mir allzu viel,
Der mit Weiben nicht kann spiel'n der Minne Spiel.

Nach diesen Lieden wurde ich froh, ich dachte: ein biedrer Ritter mag ein edles Weib erwerben, das haben alle Weisen gesagt, und so möchte mir auch geschehen, alles Trauern vergäße ich, wenn sich ihr beiläge. Da geschah mir ein lieblich Lied, daß ich meiner Frau einmal in ihre Augen sah, da sprach ihr rosenfarbner Mund gegen mich ein süßes Wort, das ist meine Selde, dieweil ich lebe, das Wort that mir so wohl, daß ich mich des heut noch freue, dieß Wort läßt mich nicht trauern. So wie sie es aus ihrem Munde ließ, so ging es süßlich zu Thal in meines Herzens Grund, da vertrieb es all mein Weh, und sprach: sei froh, da meine Fraue mich aus ihrem Munde hergesandt hat! Ich sprach: nun sei mir willkommen, du minnigliches Wort bist meiner Freuden Trost! Es rieth die Liebe meinem Herzen, davon diese Lied zu singen:

 
46)
         

Ich bin hohes Muthes
Hoher Muth mir sanfte thut,
Nie nicht ward so gutes
Als mit Züchten hoher Muth,
Hochgeborne schöne Weib
Mag viel wohl erwerben hochgemuthen Ritters Leib

Ein Weib mich behütet
Hat vor Trauern meine Zeit,
Gütlich sie mir gütet,
An ihr liegt alle meine Freud
Ich bin durch sie hochgemuth,
So ist die viel Schöne von ihren hohen Tugenden gut.

Mit rothem süßen Munde
Sprach die Gute wider mich
Ein Wort zu einer Stunde,
Des muß mein Leib freuen sich,
Lächelnd ihr Mund das Wort sprach,
Als ich in ihre lichten spielenden süßen Augen sach.

Ihre gut weibliche Güte
Nahm es aus ihres Herzens Grund,
Freude, hoch Gemüthe
Blüht mir an derselben Stund,
Da sie sprach das süße Wort,
Das mir immer ist für meiner hohen Freuden Hort.

Mit ihren Worten süßen
Machet sie mich hochgemuth,
Ihr Urlaub, ihr Grüßen,
Mir vor Schulden sanfte thut,
Ich bin alles des gewährt
Mit der Tugendreichen, das mein Leib zu Freuden beehrt.

Ich hab' von ihr Ehre,
Ich hab' von ihr hohen Muth,
Dannoch hab' ich mehre
Von ihr, das mir sanfte thut,
Freude, Wonne, Rittersleben,
Das hat sie zum Lohne mir umme meinen Dienst gegeben.

Ich hab' von der Guten
Leib, Gut, Ehre gehrenden Sinn,
Der viel Wohlgemuthen
Ritter ich mit Treuen bin,
Was sie will, das will auch ich,
Sie ist gewaltig Königinne immer über mich.


 << zurück weiter >>