Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Sechsundzwanzigstes Capitel.

Der Turney wird gestört.

Als der andre Tag kam, sang man eine schöne Messe Gott zu Ehren, darnach sah man den Waisen herzogen: er führte ein starkes Speer, sein Helm leuchtete, um den war ein weiter Kranz von dreizehn Federn, daran viel Silberblätter hingen, sein Schild war schwarz, darauf ein silberner Leo, des Krone von Gold war, und mit edlem Gesteine geziert, sein Wappenrock war ein kohlenschwarzer Sammt, darauf waren viele silberne Löwen gestreut, eben so gefärbt war die Decke, an seinem Speer hing ein Banner, das war wie sein Schild. Mit ihm ritt da der Bote der Ehre, die schöne Magd, sie hatte ihm die guten Banner in die Hand gegeben, er diente sein Leben lang um den Dank der Frauen. Wohl siebenzig Ritter kamen geziemirt mit ihm. Ich und Herr Chadolt kamen mit der Tyost zusammen, daß man die Splitter fliegen sah, ich stach ihm von seinem Halse das Choller, von seiner Tyost erklang laut mein Helm.

Ich nahm ein ander Speer, und gegen mich kam die schöne Magd, der Bote der Ehre, sie sprach: ich sage Euch, der Waise mag nicht mehr stechen, denn ihn schmerzt die rechte Hand, sein Daumen ist aus dem Gliede. Ich sprach: schöne Magd, es ist mir herzlich leid. Damit ritt ich weiter in den Ring, wo mich mancher biedre Mann bestand; da kamen Herr Parcifal, Herr Gawan, Herr Iwein und Herr Tristan zu mir, jeglicher sprach: wie nun, Herr, soll Niemand hie stechen, als Ihr? So sagt uns, warum wir mit Euch hergekommen sind; Ihr sollt uns auch stechen lassen. Da nahmen sie mir zornig den Schild aus der Hand und banden mir den Helm ab, und sprachen: König, es sei Euch lieb oder leid, Ihr verstecht heute kein Speer mehr. Ich sprach: ich will es gerne lassen, so bindet Ihr den Helm auf, Herr Tristan, Herr Parcifal und Herr Ruther, nehmt aber Herrn Lanzelot und Herrn Ereck, auch Herrn Segremors mit Euch.

Sie freuten sich des Urlaubes und banden gleich ihre Helme auf. Ha! was man nun schöner Tyoste fand! Man hörte nichts als Speerkrachen. Mein Herr Ereck von Talbingen war an dem Tage kühn, er verstach fünfzehn Speer, Herr Segremors von Arnstein verstach da viel großen Speer, Herr Lanzelot von Spiegelberg that da ritterlich, mein Herr Tristan von Lebenberg gewann an dem Tage vieles Lob, denn keiner that es besser als er, der werthe Ruther von Lindeniz zeigte sich wacker, einen Ritter, Herrn Rimbat von Metters stach er nieder: mein Herr Parcifal von Lüenz verschwendete viele Speer, mehr als ein andrer Ritter, er stach da den Herrn Dieterich von Smida nieder, daß er bis auf den Abend sinnlos lag. Wohl siebenzig Rittern stachen mit den sechsen.

Da ich sah, daß um die sechs ein Gedrang anfing, ließ ich Herrn Gawan von Lichtenstein und Herrn Iwein von Landesere sagen, daß sie auf den Ring kommen sollten, da hörte man Speere krachen und Schilde tönen, Flöten, Pauken, Posaunen und Schallmeien klangen laut, daß Niemand hören mochte, oft rannten zweie einen an. So wahrte die Freude bis die finstre Nacht kam, da fuhren sie in ihr Gemach, viele waren müde, vielen waren von Tyosten die Arme wund und geschwollen oder schwarz und blau.

Am andern Morgen kamen sie wieder wonniglich geziemiret, es wurde wieder von manchem minnegehrenden Manne gut gethan, auch war meine Hand nicht müßig. In diesem Buche ist aber schon so viel von Tyostiren gesagt, daß ich es hie abkürzen will. Dieses Ritterspiel währte bis zum fünften Tage.

Am Abend des fünften Tages kam ein Bote zu mir geritten, der mich höflich grüßte und sprach: König Artus, wenn es sein möchte, sollte ich heimlich mit Euch von meinem Herren sprechen. Ich ritt von den Leuten, da sagte er: König Artus, der Fürste Friederich hat Euch durch mich entboten, daß er drei Speer mit Euch hie in dem Turney verstechen will, er bittet Euch, daß Ihr um ihn das Tyostiren laßt, denn er hat viel Unmuße, Ihr sollt den Turney theilen lassen und mit dem Tyostiren endigen.

Ich sprach: was er gebietet, dazu bin ich bereit, du sollst alle Ritter züchtig bitten, daß sie um ihn das Tyostiren lassen.

Da ritt der Bote in den Ring, wo viele Ritter hielten, er sprach: ich will Euch allen hie eine Botschaft von meinem Herren sagen, dem werthen Fürsten Friederich, er bittet Euch, daß Ihr das Tyostiren lasset und turnieren mögt, denn er hat große Unmuße, er muß von hinnen, und so verdürbe der Turney gar, das wäre ihm leid, denn er mochte in gern sehen.

Da sprach der Schenke von Habechsbach: will Euer Herr denn hie selber Wappen tragen, so theilen wir den Turney auf ihn und auf den König, denn kämen beide in eine Schar, so hätten die andern gar verloren. Der Bote sprach: das weiß ich nicht, nur hörte ich ihn sagen, daß er den Turnei gerne sehen wollte, kann ich Euch darin dienen, so will ich es erfahren, ob er selbst will Wappen tragen und Euch noch heut die Botschaft bringen. Da sprachen alle Ritter: wir sollen morgen früh zur Kirche kommen und du den Turney theilen.

So schieden wir uns mit Freuden. Als der andere Tag aufbrach, ritt des Fürsten aus Oesterreich Bote schnell zu mir, der grüßte mich von seinem Herren und sprach: Mein Herr entbietet Euch seine Dienste und läßt Euch heimlich melden, er wolle selber Wappen tragen, und mit Euch drei Speer um die reinen Weib verstechen, er will unter dem Banner der Brüzel hier sein, mit denen will er Euch bestehen, Ihr müßt gute Hülfe haben, oder er besiegt Euch all, denn ich habe ihn noch nie so hochgemuth gesehen, einer Frauen wegen ist sein Muth erhaben.

Ich sprach: wenn mir Gott gnädig ist, mag ich wohl vor ihm genesen. Es war am Morgen früh, und wir fuhren alle zur Kirchen, nach der Messe versammelten wir uns alle in einem schönen Garten, da theilte man den Turney.

Ich war selb zehnde gekommen, da mehrte sich meine Schar von denen die an der Tafelrunde Statt gewonnen hatten, deren waren dreizehn, zu meiner Schar fiel auch der Schenke von Habechsbach und Herr Chadolt der biedre Waise, wie auch Herr Heinrich von Lichtenstein und Herr Otte von Haselowe. Gegen mich ward geschaffen Herr Heinrich und Herr Wernhart, zu ihnen fiel des Fürsten Gesinde aus Oesterreich mit ihrer Schar, der Herr Otte von Missowe und Herr Chol von Vrounhöven, auch Herr Rapot von Falkenberg, ein zorniger Mann.

Als der Turney getheilet war, zogen wir auf das Feld, man scharte sich dort und hie, da wurden vier Scharen gemacht. Der Fürsten Gesinde aus Oesterreich scharte sich, und zu denen der biedre Mann von Missowe, sie sollten den Turney anheben. Ihnen ritt eine schöne Schar nach, darin war der Herr Chol von Vrounhoven, die Brüzel ritten auch mit, auch der unfröhliche Herr Rapot von Falkenberg.

Zu meiner Schar kam Herr Chadolt, Waise genannt, nach meiner Schar stapfte die des von Habechsbach, in der auch Herr Heinrich von Lichtenstein ritt und Herr Otte von Haselowe. Da gewann, als wir zusammen stapften, Herr Chadolt Waise zwei Roß, die Roß verloren Herr Pilgerin von Capellen und Herr Reimbot von Newalin.

Da kam schnell herzugeritten der Bote des Fürsten aus Oesterreich, es war noch am Morgen früh, schnell ritt er zu den Brüzeln und ihrer Schar; als er die beiden Brüder sah, sprach er mit blöder Weise: Ihr sollt Euer Turniren lassen, so gebietet mein Herr, er kann Euch nicht helfen, ich habe ihn noch nie so ungemuth gesehen, er klagt aus der Maßen, ich darf aber nicht sagen warum, es ist eine so gar schwache Geschichte.

Die Brüzel sprachen: es ist uns leid, habt Ihr's den Rittern gesagt, die vor uns in der Schar reiten? Sagt ihnen, was unser Herr uns entboten hat und laßt sie die Helm abbinden, da er ungemuth ist. Da ritt der Bote zu dem Gesinde seines Herrn und sagte ihnen, was er jenen gesagt hatte, es war ihnen herzlich leid, und sie banden die Helme ab. Da ich sie die Helme abbinden sah, sprach ich zu meinen Gefährten: sie binden dort gar die Helme ab, mich wundert, was ihnen geschehen sei, laßt uns das bald erfahren.

Da sandte ich einen Knecht hin, durch den wir erfuhren, daß es ihnen der Fürst entboten habe. Da zogen sie in die Stadt, und der Turney endete sich so.

Ich war von Herzen unfroh und begehrte nun nach Chrumbenowe. Als ich am Morgen nach Wien ritt, kam mir ein Knappe entgegen, der sprach: mein Herr hat Euch seinen Dienst entboten, der hochgeborne Fürst Friederich aus Oesterreich, Ihr möchtet nach Hintberg zu ihm reiten, und miedet die Reise nach Wien, er will Euch gerne sehen. Ich sprach: ich reite mit Euch, denn ich thue, was er will.

So ritt ich gegen Hintberg, und Herr Tristan von Lebenberg ritt mit mir. Zu Hintberg kam mir mancher edle Ritter entgegen und grüßte mich freundlich, auch der reiche Fürst aus Oesterreich, welcher sprach: König Artus, seid mir in meinem Hause willkommen, ich sehe Euch hie gerne.

Er nahm mich freundlich bei der Hand und führte mich in ein Fenster, wo er sitzen ging, der biedre Fürst ließ es nicht, ich mußte zu ihm sitzen, dann sprach der Hochgeborne: Sagt an, Ihr wollt nach Böheim fahren? Das dünket mich nicht gut, glaubt, der König von Böheim trägt zu mir Haß, und wolltet Ihr nun zu ihm fahren, so finge er Euch, aus Haß zu mir, deßhalb sollt Ihr hie bleiben, das gebiete ich Euch bei meinen Hulden. – »Herr, ich bin Euch unterthan und muß um Euch thun und lassen, was Ihr wollt, nur, herzelieber Herre, seht, wie ich meine Ehre bewahre, wenn ich zu dem Turney nicht komme.« – Er sprach: daran will ich Euch bewahren, denn ich lasse von meinem Lande Keinen dahin reiten, denn ich will nicht, daß der König da mit Pfand sich gegen mich vergehe, darum turniret anderswo.

So schied ich von meinem Herren und mußte das Turniren zu Chrumbenowe sein lassen, dessen ich herzlich unfroh war: doch war da die Ritterschaft gut; denn Herr Chadolt Waise verwendete sie nach Ehren.


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