Ulrich von Lichtenstein
Frauendienst
Ulrich von Lichtenstein

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Fünftes Capitel.

Ulrich sendet seiner Fraun ein Büchlein.

Nun suchte ich im Lande Ritterschaft, und es gelang mir so wohl, daß ich mit rechter Tyoste einen werthen Ritter niederstach, weßhalb mich auch nachher meine Frau rühmte. Mir gelang es den Sommer wohl, recht als einen guten Frauen-Ritter, und ich sage Euch von meinen Thaten nicht mehr, daß Ihr nicht sprechen sollt, ich wolle mich selber rühmen.

Als nun der Winter kam, mußte ich die Ritterschaft lassen, da dichtete ich Lied und eine Botschaft und sandte es meiner Niftel, die es ihr bald hinwieder sandte. Die Gute kannte den Boten und hieß ihn willkommen: Gnade, sprach er, meine Fraue, ich habe Euch ein Büchlein gebracht, das sollt Ihr zu Nacht lesen, denn dadrinn steht ein gutes Gebet. Die Süße nahm das Büchlein und wähnte, das ein Gebet drinn stünde, sie schaute es an hie und dort und fand nur süße Rede drinn geschrieben. Nun hört an, wie das Büchlein sprach:

 
Das erste Büchlein.
                               

Deines Glückes wallte Gott
Viel kleines Buch, getreuer Bot
Daß du seliglich hinfahrst
Und deine Zucht wohl bewahrst
Mit Rede, wie ein Mann zu Hofe soll,
Und kannst du da geberden wohl,
Des hab' ich Fromm, du Ehre,
Ohne Zweifel immermehre:
Zu also seliglicher Arbeit
Magst du gerne sein bereit,
Schönen Augen dienen sei dein Wille,
Der, die heimlich in der Stille
Man dich läßt zu Hofe sehen,
Und kannst du Frauen recht spähen,
So ist sie, der ich dich hab' gesandt,
(Der immer dienen muß meine Hand),
Die Reine, die Süße, die Gute genannt,
Und zur Besten auserkannt,
Die ich erkenne über alle Land,
Des sei vor Gott meine Selde Pfand.

Ach, dürftest du von mir
Gnädiglich künden ihr
Gruß und all den Dienst mein,
Möcht' es wohl mit Fugen sein,
(Und wär sein nicht ein Theil zu viel
Und über meines Maßes Ziel)
Solltest du es der Guten sagen,
Wie nahe ich sie hab' getragen
Nun lange in meinem Muthe,
Gott gebe mir's zu Gute;
Und wie ich gar für alle Weib
Das Herze mein und all den Leib,
Den Muth, die Sinne und all mein Leben,
Ihr zu leben habe gegeben,
Die mein Herz allererst entschloß,
Und darin allererste schoß
Die Gedanken der Minne
Und sehr sehnende Sinne,
Das that sie alleine,
Sie Süße, sie Reine,
Sie Hohe, sie Werthe,
Die wertheste auf der Erde
Von rechter Weibes Würdigkeit,
Das nehm' ich wohl auf meinen Eid,
Daß sie gar ohne arge List
Mit mannichen werthen Tugenden ist. –
Auch magst du wohl der Guten sagen
Und nimmer daran verzagen,
Daß ich auf ihre Gnade zwar
Hoch in Freuden fliegend fahr,
Seit der seliglichen Stund,
Daß ich ihr thät ein wenig kund,
(Doch minder denn ich wollte
Und denn mein Wille wollte)
Meinen begehrenden Willen, den ich trage
Gegen ihre Gnade manche Tage,
Und daß ich auf ihrer Gnade Gewinn
Ihr Ritter immer gerne bin,
Das mag mir ihre Güte erlauben wohl,
So wie sie von rechte soll,
Seit ich von Kinde her ihr Knecht
Bin gewesen, so hat sie Recht,
Daß sie mich lasse ihren Ritter sein,
Ich thu ihr den Dienest-Schein,
Des sich ihr Preis nimmer darf schamen,
Es muß in ihrem viel werthen Namen
Immer mehre sein gethan,
Was Dienstes ich nur dienen kann,
Darzu dien' ihr mein neuer Sang;
Dünk' aber ich sie darzu krank
Von meinen dummen jungen Tagen,
Daß ich die Bürde nicht möge tragen,
Wie sie viel Gute zu mir sprach
Neulich, da ich sie jüngest sach,
Um meinetwillen ihr doch sage,
Wie dumm ich sei der Tage,
Ich sei doch wohl so sinnegreis,
Daß ich behalte wohl Ritters Preis,
Und wenn sie's zu Dienste nehmen will, – –
Bote, ich darf dir nicht so viel
Empfehlen als ich wollte,
Wenn ich mit Hulden sollte:
So viel vertrau' ich dir,
Bringst du liebe Mähre mir,
So steht fürwahr meine Freude hoh
Und bin auch immermehre froh,
Lieber Bote, nun wirb also. – –

– »Was ihr gebietet, das sei gethan,
Könnte ich, wie ich Willen han
Eure Botschaft werben,
Ich ließ sie nicht verderben,
Möcht' ich sie wohl vollenden,
Möcht' ich davon nicht wenden,
Weiß Gott, keine Unmuße mein.
Nun laßt mit euren Hulden sein,
Daß ich euch meine Angest sage,
Die ich gegen diesen Dingen trage.
Ich weiß wohl, wie es zu Hofe geht,
Die Frau Melde spähend geht
Und nimmt euch alle Dinge wahr,
Da würde ich zu Spotte gar,
Denn ich bin unhofebern,
Dieß ist meine meiste Schwere:
So rechte reine Weibeshand,
Die ihr mir ofte vor habt genannt,
Wie dürfte ich die doch rühren an?
Und wär' ich, wie ihr, ein Mann,
(Das ich leider nicht bin)
Und hätt' ich tausend Manne Sinn,
Ich müßte die Fahrt besorgen wohl,
Niemand mir das verweisen soll;
Denn, zürnet sie der Botschaft,
Sie hat die Gewalt und auch die Kraft,
So wohl erkenne ich Frauen-Zorn,
Daß ich das Leben habe verlorn,
Sie gebietet über mich zuhand
In ihrem Zorn, daß ich verbrannt
Werde auf einem Roste;
Wer kommt mir da zu Troste?
Oder mir geschieht zu leiden
Von ihr ein solches Schneiden,
Das nimmermehr heilet,
Bas dann geviertheilet,
Klein, wie das in der Sonne fährt,
Ist mir vielleicht allda bescheert:
Soll aber es mir so wohl ergahn,
Daß ich doch noch Hoffnung han,
Daß sie sich Zornes maße
Und mich zur Rede lasse, –
Wie ich ihr meine Rede sage,
Gleich von demselben Tage
Muß ich die Finstre bauen,
(Darauf mag ich wohl trauen)
Es heiße Lade, es heiße Schrein,
Daß ich da muß verschlossen sein
Wie in dem Kerkere,
Von so gethaner Schwere
Mag ich wohl verderben,
Und was ich sollte werben,
Das ist davon verdorben gar,
Wie ich auch immer wohl da fahr.« –
»Deine Angest ist gar ohne alle Noth,
Wer sollte auch gerne in den Tod
Seinen lieben Boten senden?
Mein Haupt wollt' ich verpfänden,
Hätt' ich wider sie missethan,
(Des ich Willen nie gewann)
Daß sie ihre Zucht nicht bräche,
Das sie die Arges spräche,
Du sollt mir gelauben das,
Es wird dir entboten das,
Danne ob du wärst des Kaisers Kind,
So rechte groß ihre Tugend sind;
Was soll die größer Ehre,
Was wolltest zu Selden mehre.
Denn die heimlich dir
Geschehen wird von ihr?
Und sollt' ich, gleich dir, nahe sein
Der lieben werthen Frauen mein,
Dafür nahm' ich nicht den Gral,
Den der kühne werthe Parcifal
Mit ritterliche Arbeit
Also kummerlich erstreit,
Ich nähme dieselbe Würde alldo
Für kein Königreich anderswo,
Und hätte führwahr ihren Minne-Sold
Lieber denn all der Heiden-Sold;
Was aber du verschweigen sollt.

Könnt' ich's auf dein Schweigen wagen,
Wollt' ich dir noch ein Geheimniß sagen,
Um ein Wünschen, das ich han
Nun viel manniche Zeit gethan
Mit Herzen und mit Munde
Von getreuen Herzens Grunde,
Des könnt' ich mich nicht maßen,
Es niemals unterlassen:
Seit ich zu Boten gedachte dein,
Wünschte ich, daß ich du sollte sein,
Alsbald als du kommst alldar,
Und ihre weißen Hände klar
Dich beginnen zu wenden
Von Güte in manchen Enden,
Und sie an dich kehrt dicke
Ihre heimlich spielenden Blicke,
Und an dich gewendet ihr rother Mund,
So an derselben Stund
Wollt' ich darab ein Küßchen stehlen
(Das sollt aber du mit Treuen hehlen),
Sollt' ich es mit Heil bringen von dann,
Wer wäre ich danne, ich selig Mann!
Ich wäre freudenreiche,
Den Engeln viel geleiche
Ohne Zweifel immer weh.
O weh des und immer weh!
Daß ich die Fahrt nun lassen soll!
Das thut mir anders denne wohl!
Doch streichen, ohne Lüge, dahin
Mein Herz und alle meine Sinn,
Und reden meines Willens viel,
Doch immer üben rechtes Ziel,
Nur wie's ihren Ehren wohl geziemt:
Mein Herz sich fürbas nicht nimmt
Keinen Wunsch durch Minne-Rath
Als der ihren Ehren rechte staht:
Hat aber mich mein dummer Gedank
An Stehlen oder an anderm Krank
Verleitet gegen der Frauen mein,
Bote, das soll verschwiegen sein
Und nicht zu Mähre werden bracht,
Denn ich sein, weiß Gott, nie gedacht,
Mir wär' der Gedanke allzuviel,
Nimmer ich so dummen will,
Noch meine Fuge kränken
Mit Wünschen noch mit Denken
Mich nimmer vergahen,
Ihr heimlich zu nahen
Ohne Urlaub freventlich.« –
»Herre, ist sie so tugendlich,
Wie Ihr mir ofte habt gesagt,
So bin ich des viel unverzagt.
Ich versuche, wie es mir auch ergeh,
Wie es um ihre Gnade steh,
Und will die Fahrt nicht länger sparen.
Gott muß Euer Gelücke an mir bewahren,
Wünscht mir Heil und Glückes nah,
Find' ich nicht große Gnade da,
So kann ich Nein, so kann ich Ja.

Gnade, Fraue gnadenreich,
Gnadet mir gnädiglich,
Gnade bei Gewalte wohl geziemt.
Wenn Eure Gnade gnädiglich vernimmt,
Was ich Euren Gnaden sagen soll,
So ist Eure Güte gnadenvoll:
Mich hat auf Gnade hergesandt,
Der Gnade begehrt von Eurer Hand,
Und entbeut Euch, here Fraun mein,
Gruß und all den Dienest sein,
Auf Eure Gnade viel sehr,
Euer eigner Mann, mein Herr,
Und wählt Euch, Fraue für alle Weib,
Daß ihr so recht über seinen Leib
Fraue und Gebieterin seid:
Dawider hat sein Herze Streit,
Und will dem nimmermehr abstahn,
Es sei Euch gerne unterthan
Mit der reinen Eigenschaft,
Die man da heißet Treuen-Kraft;
Der Streit ist ungescheiden
Immer zwischen ihnen beiden,
Dem Herzen und dem Leibe,
Daß nie keinem Weibe,
So gerne noch so schone
Nach minniglichem Lohne
Ein Herze und ein Leib
Gedient, als Euch, selig Weib,
Ich hab den Muth an ihm erkannt
(Der mich zu Boten hat gesandt),
Und erkenne das in seinem Herzen wohl,
Womit ein Ritter immer soll
Sein innigliches Meinen
Lauterliche bescheinen,
Das hat er Willen und Muth
Euch zu leisten, Fraue gut,
Auch hab ich des seine Sicherheit,
Die höchste Würde und Seligkeit,
Die er von der Welt begehrt,
Daß er der wäre damit gewährt,
Wann Ihr geruhen wollt,
Daß er Euch dienen sollt;
Der Genaden wär doch nicht zu viel,
(Mit Hulden ich das sprechen will)
Es entrühmt Euch, Fraue reine,
Wenig unde kleine,
Und mindert Euer Gnaden Hort,
Minder viel denne um ein Wort.
Nun laßt ihn einen Heiden sein,
Den getreuen lieben Herren mein,
So nehmt doch seines getreuen Dienstes wahr,
Den er ohne Falsch so rechte gar
Euch zu Dienste hat gewandt,
Hättet Ihr den Recht erkannt,
Er deuchte Euch wohl Gnaden werth,
In der Maße als er begehrt,
Und beliebe doch Euer werther Nam
Ohne Schaden und ohne Scham.
Was schadet der blumenreiche Haide
An ihrer Augenweide
Und an ihrem lichten Glanz,
Wenn man zu einem Kranz
Ein Theil ihrer Blumen brichet,
Auch wähn' ich Niemand weiser sprechet,
Daß es Schade möge sein,
Wenn einem Feuer ein Feuerlein
Nur um Leuchten wird genommen,
Es schadet nimmer und mag frommen.
Nun erscheinet ihm, reine Fraue gut,
Wie auch die Sonne dem Monden thut,
Den entzündet sie wie ein Licht
Und schadet doch ihrem Scheine nicht:
Seit es ihm so hohe frommt,
Und Euch nicht zu Schaden kommt,
Wenn Ihr Euch unterwindet sein,
Des getreuen lieben Herren mein,
Und soll das Eure Gnade sein,
So ist Eure Gnade wohl der Schein,
Den er fürwahr wohl heißen mag
Freudenschein und Seldentag.
Nun laßt mich, selig Fraue gut,
Durch Euren reinen süßen Muth
Meinem Herren bringen hin
Von Euren Gnaden den Gewinn,
Daß ich, kömmt er mit Frag' mir nah,
Mit Freude müsse sprechen: Ja,
Genade ist nun endlich da! –

Gnade, Fraue, wenn ich han
Gegen Eurer Gnaden was missethan,
Das ich Euch durch fremde Hand
Und ohne Urlaub hab' gesandt
Meinen Muth und meine Botschaft,
Das gebot mir der Liebe Kraft
Und die Treue, die ich trage
Gegen Euren Hulden manche Tage:
Hat mein Bot unrecht gebeten,
Ich will ihn nimmer des vertreten,
Nein, er leide Buße darumme,
Wie mit Recht ein Dumme,
Hat er irgend was begehet,
Des ich Euch nicht dünke werth
Beide zu nieden, oder zu krank,
Hat er ohne meinen Dank
Gemuthet, selige Fraue mein,
Daß ihr mich laßt Euch zu Dienste sein,
Durfte er je so hohe bitten
Ein Weib mit also reinen Sitten,
Spräche ich dann: Fraue, das ist mir leid; –
Daran beginge ich große Unstätigkeit,
Denn sollt' ich es mit Eid beschwören
Und die Wahrheit nicht verkehren,
So spräch ich: Leib und Gut und Leben
Wollt' ich lieber geben,
Als daß er vermieden das Bitten,
Denn ich will sie selber bitten
Immer all' die Weil ich lebe
Ich erwerbe an Euch dieselbe Gebe,
Es ist mein immerwehrendes Begehr,
Soll ich mit Schilde und mit Speer
Je Ritters Preis erjagen,
Wird je Feuer aus Helmen geschlagen
Und verhauen Schildes Rand
Mit Schwertes Schwang von meiner Hand,
Wird jemals so von mir gestritten,
Daß der Boinder wird geritten,
Mit rechter Hurt alldar gezielt, –
Wird solches nicht vor mir gespielt,
Das Ritterschaft geheißen mag,
So erleb' ich nimmer lieben Tag,
Wenn ich nicht mag erleben,
Daß ich den Preis muß geben,
Fraue, Euren Hulden,
Und will auch gerne dulden
Um Eures Preises Ehre
Die Wage immer mehre,
Wo man nach Peise ringet,
Wie mir darin gelinget.
Ich erwerbe Würde oder Scham,
Des sei geteuert Euer Nam,
Wird jemals der Preis dann mein,
So muß es Euch zu Preise sein,
Denn er wird durch Euch erjagt;
Auch bin ich des viel unverzagt,
Was Frauengnade sei genannt,
Es möge an Euch meine dienende Hand
Bei meinen jugendlichen Tagen
Viel seligliche noch erjagen,
Es liegt an Euch alleine
Der Trost den ich da meine
Und aller meiner Freuder Erjag,
Darzu mein osterlicher Tag,
Das weiß der wohl, dem Niemand nimmer nicht lügen mag.

Da die tugendreiche Fraue das Büchlein gelesen, sprach sie zum Boten: sag' an, wer hat dich hergesendet, du sollst mir die Wahrheit gestehen, um wen bist du hergeritten? Um meine Fraue, sprach er. Wenn deine Fraue dich hergesandt hat, antwortete sie, so sag' mir auf deine Treue, weißt du, was hier geschrieben steht? – »Viel hochgelobte Fraun, das ist mir, weiß Gott, unbekannt, meine Fraue sagte nicht anders, als es stünde ein Gebet dadrin, auch hat sie einen Brief mitgeschickt, aber es ist mir auch ganz unbekannt, was der sagt, sie hieß mich bloß ihn übergeben, drum nehmt ihn hin; Ihr wißt, ich kann wohl eine Botschaft werden, so jung ich auch noch bin, und auch verschweigen, was ich nicht reden soll. –

Ihre weiße Hand empfing den Brief, sie sprach zum Boten: Freund, du sollt hie bleiben. Darauf ging die Wohlgemuthe und las heimlich den Brief, indem stunden diese Lied:

 
3) Eine lange Weise.
       

Fraue selig, Fraue mein,
An deinem Dienst ich nie verzage,
Wie du willt, so will ich sein,
Dabei so merke was ich sage,
Fraue, ich weiß wohl, wenn mir deinen Freundes-Gruß
Nicht verdienen meine besten jungen Tage,
Daß ich in Sorgen alten muß.

Mein Herze gibt mir weisen Rath,
Wie dumm es von den Jahren sei,
Daß ich ihr, die Tugende hat,
Sei mit stetem Dienste bei,
Da es mir so steten Nath mit Treuen sagt,
Des doch mir der Leib, der Muth mir ward frei,
So folge ich ihm auch gar unverzagt.

Da ich erst Sinn gewann,
Da rieth mir das Herze mein,
Wenn ich jemals würde ein Mann,
So sollte ich ihr zu Diensten sein,
Nun ist mir kommen die Zeit, daß ich ihr dienen soll
Nun helfe mir Gott, daß ich ihr thu den Dienest-Schein,
Davon ich Leides mich erhol.

Sie ist über meinen Leib
Fraue, und auch des Herzens mein,
Sie viel wunder werthes Weib.
Nun, wessen sollte ich wohl lieber sein?
Wollte sie den Dienest mein und meinen Sang;
Wo würde immer mir so großer Gnadeschein?
Wo fünde ich so rechte hohen Dank?

Wo möchte mir so hohe kommen
Mein Dienst und all' mein Arbeit?
Denn die ich habe genommen,
Die hat Schöne und Würdigkeit.
Hoher Muth, du zwingest mir den Leib zu hoch;
Doch ist dir das Herze mein darzu bereit,
Denn es stets die niedre Minne floch.

Niedre Minne, an Freuden todt
Ist der, dem sie angesieget,
Gibt die hohe sehnende Noth,
Doch wohl ihm, der derselben pfliget,
Sie gibt Sorge, doch ist die Sorge seliglich;
Fraue, daß dich die Sorge mein so geringe wiget,
Davon so sorge ich stetiglich.

Der Bote blieb zween Tage, darnach sandte nach ihm meine Fraue und sprach: nimm hin das Büchlein und bring' es deiner Frauen wieder, ich hab' es oft gelesen, zwar steht ein gut Gebet drin, aber ich will's doch nicht behalten. Der Bote nahm das Büchlein und bracht es seiner Frauen wieder, die thät es auf und fand mehr drinn geschrieben, als erst drinn stand, da sandte sie es mir sogleich, und als ich das Geschriebene sah, wurde mein Herz froh und ich gedachte: Vielleicht hat sie mir hie etwas entboten, wovon ich immer hohen Muth tragen muß, o sie ist so gut, vielleicht hat sie mir einen Freundes-Gruß entboten, wovon ich immer in Freuden muß leben.

Mein Schreiber war nicht bei mir, der mir meine heimlichen Briefe las und mir auch die meinigen schrieb, davon blieb das Büchlein zehn Tage ungelesen, es kam aber diese ganze Zeit nicht aus meinem Busen; wenn ich des Nachts schlief, lag es nahe bei mir, denn ich wähnte, es stünde von meiner Frau etwas drin, das mich froh machen würde. In der Zeit kam mein Schreiber, ich nahm ihn in ein heimliches Zimmer und bat ihn lesen, was da geschrieben stand. Es stand aber dieses geschrieben:

       

Mancher Mann spricht, daß ihn sein Herz nicht belehrt,
Wenn er von einem fremden Dinge Sinne zu gewinnen begehrt:
Wer wünscht, was er nicht soll,
Der hat sich selbst versaget wohl!
Wer wünscht, was er nicht soll.
Der hat sich selbst versaget wohl;
Wer wünscht, was er nicht soll,
Der hat sich selbst versaget wohl.

Da mir dies gelesen ward, ward mir weh und nicht wohl, ich sprach: doch muß mir alles gut dünken, was mir die Süße thut, für alles muß ich ihr danken, da ich mich ihr einmal übergeben habe, immer muß ich ihr dienen, sie thue mir wohl oder übel, ihr und keiner andern will ich alle meine Jahr verzinsen; so jung ich auch bin, weiß ich doch, daß ich kein andres Weib finde, von der mein Herz so viel Freude empfangen könnte und drum will ich ihr wieder mit etwas dienen, sobald nur der Winter verendet ist.


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