Ludwig Thoma
Satiren
Ludwig Thoma

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16

Frau Mathilde Käsebier an Frau Kommerzienrat Wilhelmine Liekefett in Neukölln.

Firenze, 25 febbraio.

Sweet Darling!

Heute schreibe ich dir, so beseligt und glücklich wie noch nie. Denke dir nur, Bonciani hat es durchgesetzt, dass ich zur Abendgesellschaft beim Principe Orsini eingeladen wurde, eine Ehre, nach der die vornehmsten Mitglieder der deutschen Kolonie vergeblich schmachten!

Ach! Wie vollkommen wäre erst mein Glück, wenn ich mit dir an der Seite unseres Gentiluomo in den hohen Saal eintreten dürfte! Ich habe meine absinthfarbene Charmeuse mit Perlstickerei mitgenommen. Du kennst ja das Kleid und kannst dir denken, wie froh ich bin, dass ich diese Eingebung hatte, und meine Schwägerin wird mir auch meinen Schmuck schicken, den ich ihr zum Aufheben gab. Ich wollte ihn ja unbedingt mitnehmen, aber Fritz widersprach so heftig, dass ich nachgab. Nun muss ich ihn nachkommen lassen. Darling, ich kann dir gar nicht beschreiben, wie ich mich freue, dass ich durch eine Fügung des Himmels Eingang in diese exklusivsten Kreise gefunden habe.

Wir bleiben nun auf jeden Fall noch länger hier, obwohl Fritz sehr drängt, dass wir so bald als möglich über Rom und Neapel nach Hause fahren; aber ich lasse mir unter keinen Umständen diese wundervolle Gelegenheit rauben, mit der altissima nobiltà Verbindungen anzuknüpfen, die doch nur ganz, ganz wenige Menschenkinder finden.

Mit den Sehenswürdigkeiten bin ich ohnehin so ziemlich fertig und ich kann mich vollkommen dem gesellschaftlichen Leben hier widmen und Bonciani sagt, dass eine Einladung bei Orsini mir die Tore aller Palazzi öffnet und dass ich mich darauf gefasst machen muss, die begehrteste Persönlichkeit zu werden. Es sei nur schade, sagt er, dass die Saison bereits zu Ende geht. Aber die Gesellschaft bei Orsini gilt immer noch als Clou und jedenfalls lasse ich mir hier noch eine Gesellschaftstoilette anfertigen. Was sagst du zu schwarzem Samt und Goldbrokat? Mein französisches Jackenkostüm ist todschick geworden und hat gestern in den Cascinen Aufsehen erregt.

Zwei Damen in einem eleganten offenen Wagen haben sich nach mir umgedreht und Bonciani sagte mir, es sei eine Principessa Colonna mit ihrer Schwester gewesen und er hätte mich sogleich vorgestellt, aber leider fuhren sie schon in die Stadt zurück und wir konnten doch auch nicht umkehren und sie einholen.

Ach, Darling, das Leben ist doch schön!

Wenn ich nun ein bisschen in den Strudel des Highlife untertauche, muss Lilly eben allein die Museen besuchen und ich finde es sogar sehr gut, wenn sie selbstständig an ihrer künstlerischen Bildung weiterarbeitet.

Sie hat an meiner Seite alles Wesentliche gesehen und kann nun noch etwas mehr ins Detail gehen.

Fritz nimmt mich – gottlob – gar nicht in Anspruch. Er sitzt Tag – und Nacht! – mit einem Berliner Professor zusammen und ist selig, dass er hier deutsche Kneiper gefunden hat.

Nun – chacun à son goût!

Übermorgen – Darling!

Es klingt fast wie ein Märchen, dass man bei der uralten Familie Orsini zu Gast sein soll, in einem salone, in dem schon die berühmtesten Leute des Cinquecento mit ihren grandes dames geweilt haben.

Der Principe Strozzi wird, wie Bonciani sagt, ganz bestimmt auch dort sein, und da er ein Vetter von ihm ist, werde ich mit ihn in nahe Fühlung kommen.

Che combinazione grandiosa!

Good by, sweet darling! Voglimi bene! Addio con tutta anima.

La tua
Mathilde.


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