Carl Spitteler
Balladen
Carl Spitteler

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Das Dämchen.

   

Ein Dämchen aus der großen Stadt,
Das nirgends Rast und Ruhe hat,
Mit Nervenleiden scherzte,
Fuhr nach Ostende jeden Lenz,
Im Herbst nach Nizza und Florenz,
Mißhandelnd Möps' und Aerzte.

Da kam ein Schreiben vom Notar,
Das sprach von Saldo sonderbar,
Von Rubeln, Mark und Gulden.
Ihr Bankkassier war durchgebrannt,
Ihr blieb ein magres Hüflein Land
Und eine Handvoll Schulden.

O weh, du schöne Nervenzeit!
Zum Kuckuck ist die Herrlichkeit,
Die Badekur beendet.
Um neun Uhr fährt der nächste Zug,
Ein Koffer ist gepackt im Flug,
Der andere gepfändet.

Nun läuft sie, wie es hinkt und geht,
Von Morgen früh bis Abends spät
Nach Kunden und nach Stunden.
Doch kaum im Bett mit Einem Bein,
So schläft sie mammutsmüde ein,
Hat Ruhe jetzt gefunden.


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