Carl Spitteler
Balladen
Carl Spitteler

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Hildebrand.

       

Der Domprobst von Palermo, mit Namen Benedikt,
Führt' ins Gebirg spazieren das geistliche Konvikt.

Wie sie mit frommem Murmeln erklommen einen Wald,
Zeigte der Probst ehrfürchtig auf eine Mönchsgestalt,
Die, eine Holzaxt schwingend mit angestrengter Kraft,
Poliert' und schnitzt' und spitzte einen bäumigen Eschenschaft.

»Hosianna!« rief der Domprobst, »seht diesen Zimmermann,
Merkt wohl auf seine Arbeit und nehmt ein Gleichnis dran.
Ihr schaut den heiligen Vater, den Fürsten Hildebrand,
Der, schnöd aus Rom vertrieben, den Fuß hiehergewandt.
Ein Saracene hätte die Frevelthat gerächt,
Eheu! der Zorn ist heidnisch, dem Christen ziemt er schlecht.
Ecce! schaut ihn, den Dulder, wie er, in Gott gebückt,
Dem Feinde sanft vergebend, Rebstecken friedlich stückt.«

Der Heil'ge holte Atem und wischte sich die Stirn:
»Freund, was Du da gepredigt, hat weder Schwanz noch Hirn.
Zwar hab' ich manchen Becher vor Zeiten gern geleert,
Doch mit der Kunst des Winzens den Kopf mir nie beschwert.
Schmeck! das gibt eine Lanze, zwar etwas plump geschnitzt.
Gott gebe, daß sie nächstens dem Feind im Nacken sitzt.
Ein Jebusiter, welcher, wenn man sein Recht ihm stiehlt,
Statt wacker sich zu wehren, nach Davids Schoße schielt.
Die Kirche ruht auf Christo, der Satan ist besiegt;
Dem Feind will ich vergeben, wenn er am Boden liegt.«


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