Heinrich Sohnrey
Hütte und Schloß
Heinrich Sohnrey

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Neuntes Kapitel.

Der Holzvogt trifft, ohne zu schießen.

»Gestern abend hat die meuterische Versammlung stattgefunden, sagt er!«

»Wohl, Herr Graf, gestern Abend im Winkelkruge.«

»Und er hat hinter den Wirtshausfenstern gestanden?«

»Wohl, Herr Graf, in Eis und Schnee, daß mir die Zähne im Munde klapperten.«

»Und Lindemann, sagt er, hätte den Sozialdemokraten hereingeschleppt?« 152

»Wohl, Herr Graf! Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß dieser Lindenhüttenmann, der vor den Augen der Welt so fein den Frommen und Gerechten zu spielen weiß, den schwarzen Jerx am Faden hat. Die beiden, das mögen der Herr Graf mir nur glauben, stecken schon lange unter einer Decke.«

Der Graf, der hinter der reichbesetzten Frühstückstafel saß, ohne etwas zu essen und zu trinken, kehrte dem Holzvogt, der mit seinem ständigen Katzenbuckel zwischen Tür und Frühstückstafel stand, bald ein furchtbar lachendes, bald ein furchtbar starres Gesicht zu und sagte: »Bockler, er hat sich mir immer als ein brauchbarer und zuverlässiger Mann erwiesen; sorge er dafür, daß mir die schwarze Pest wieder aus dem Dorfe kommt. Als dieser Lindemann gestern aus meinem Zimmer ging, war ich zuletzt beinah irre an ihm geworden, und ich wußte bis heute morgen nicht recht, was ich denn eigentlich von ihm halten solle. Ist ein komplizierter Mensch, sagte ich mir. Nun weiß ich, er ist ein gefährlicher Mensch, ein staatsgefährlicher Mensch, denn ein Mensch mit einem solch merkwürdig anständigen Gesicht ist tausendmal gefährlicher als so einer, dem die Schurkerei gleich faustdick auf der Stirn steht. Bockler, ich danke ihm, daß er 153 so wachsam war. Nur schaffe er mir die schwarze Pest aus dem Dorfe, eh' sie mir noch das ganze Volk ansteckt. Wir haben Leute genug im Dorfe. Können nicht leben, müssen mir kommen, halte er strenge Musterung, er wird ja seine Pappenheimer kennen, und wen er für angesteckt hält, den tue er unerbittlich hinaus. Im übrigen, wie heißt es da in der Bibel? ›Man drücke die Leute mit harter Arbeit, daß sie zu schaffen haben und sich nicht kehren an lose Reden.‹ Der Oberförster ist ein tüchtiger Beamter, gewiß, aber zu schlapp, viel zu schlapp. Auch die beiden Unterförster viel zu schlapp. Bockler, darum gebe ich ihm Macht, zu tun, was er für nötig hält, denn jede Saumseligkeit und jede Nachgiebigkeit in solcher Sache würde sich schwer rächen.«

»Wohl, Herr Graf!« sagte Bockler, und seine Augen blitzten.

»Vor allem,« rief der Graf mit seinem lachenden Gesicht dem Holzvogt noch einmal nach, »schaffe er mir diesen Halunken Lindemann aus dem Walde!« Und als sein Gesicht schon wieder in der Totenstarre lag, fügte er noch hinzu: »Es ist besser, daß einer verdirbt, denn daß am letzten Ende alle verderben.«

»Wohl, Herr Graf!« antwortete Bockler in seinem unterwürfigen Wolfstone und 154 katzenbuckelte sich rücklings zur Tür hinaus, denn er wußte schon, wie man sich von vornehmen Leuten verabschiedet.

Als Bockler nach seinem Hause zurückkam, frühstückte er gleich auch noch einmal, aber bei verhängtem Fenster und verschlossener Tür; denn das Wildpret, das ihm seine stumpfe Frau auftrug, war nicht für jedermanns Augen.

Nur die Kämmekarline saß noch mit dabei, denn wollte sie einmal was Gutes essen, brauchte sie nur ins Holzvogthaus zu gehen, da konnte sie sich's aussuchen. Dachte sie dann an ihre sieben Kämmejahre, wurde ihr jeder geraubte Bissen ganz süß im Munde, süß von den Gefühlen der Rache. Die Rache war ihre Zuckerdose, die nicht leer wurde. So war es denn auch eine der größten Freuden ihres Lebens, als Bockler ihr von seinem Morgenbesuche im Schlosse erzählte und des Grafen Urteil über Lindemann auftischte.

»Siehste, endlich trifft der Schuß!« triumphierte sie, und das hätte schon lange kommen müssen, denn der schwarze Zigarrenmacher wäre Bockler nicht hundertmal so gefährlich wie der »so ehrliche« Lindenhüttenmann. »Erstmals sind alle Holzarbeiter ganz auf seiner Seite, nicht wahr? Und dannemal vergißt er dir nicht, daß 155 du ihn um den schönen Holzhauerposten und doch eigentlich auch um die schönen Berechtigungen gebracht hast. Daß er im stillen darauf brennt, wieder in den Sattel zu kommen, aus dem du ihn geworfen hast, das ist doch klar – nicht wahr? Siehste! Und wenn er auch so 'rum geht, so geduldig und so ruhig – da drinnen ist der Kessel, in dem's kocht. Und er wartet nur, bis er denkt, jetzt ist es Zeit, jetzt kannste den Holzvogt aber 'raus schmeißen aus dem Sattel – nicht wahr? Na, siehste – und darum auch die ganze Freundschaft und Herrlichkeit mit allen Holzarbeitern. Er weiß, daß er sie einmal braucht, wenn's gilt, und ich sage dir, er hat sein Fuder schon lange voll. Und wenn's wo knallt, kennt er die Flinte. Und ich hätte keine Ruhe mehr, bliebe der Mensch nur auch noch einen Tag länger im Holze. Es könnte kommen, daß diese ehrlichen Lindenhüttenleute zum zweitenmale über uns . . . na, ich sage weiter nichts!«

»Wohl!« schmatzte Bockler und warf einen entmarkten Knochen unter den Tisch und säbelte sich noch ein großes Stück von dem Rehrücken herunter und rief mit dicken Backen: »Ha, eben darum ist's aus, darum muß'r 'raus, ganz 'raus aus 'm Holze, der Hund!« 156

* * *

In der Lindenhütte war über Nacht die Uhr stehen geblieben, Lindemann darum schon ein paar Stunden vor der Zeit munter geworden. Er stand auf, brachte die Uhr wieder in Ordnung, legte sich noch einmal in die Butze, fand indes keinen Schlaf mehr und stand abermals auf. Es war auch, als wenn ihn eine geheime Angst und Unruhe plagte. Er beruhigte seine Frau, die ebenfalls aufstehen wollte, machte Feuer im Ofen an und kochte sich einen Eichelkaffee. Des Krüsels bedurfte er nicht, denn der Schnee leuchtete durch die beiden kleinen Fenster. Er trank, aß ein Stück Brot dazu, spähte durchs Fenster und sagte: »Es ist so schön schneehell, daß ich schon ein gut Stück voran sein kann, wenn die andern kommen. Da wir heute im Akkord klaftern, so lohnt sich's auch. Und nötig ist's.« Er schnallte sich den Riemen um den blauen, geflickten Leinenkittel, steckte sich das Frühstücksbrot in den »Busen«, trat noch einmal an die Butze und sagte in seiner herzlichen Weise: »Ruh dich nur noch ein paar Stunden, Lorchen, du kannst's brauchen und du hast's verdient.«

Dann nahm er die Axt aus der Dielecke und schritt rüstig durch den bleichen Wintermorgen dem Hilgenholze zu. Nur einige schreiende Krähen kreuzten seinen Weg, sonst war alles still. 157

Aber waren das nicht frische Fußstapfen, die vor ihm hingingen? Lindemann bemerkte sie erst, als er sich schon am Galgenberge befand. Er stutzte und schüttelte verwundert den Kopf. Sollte es schon ein Holzhauer sein? Aber dieser Fuß! Er stutzte wieder und dachte unwillkürlich an den Pferdefuß. Sollte es nicht am Ende der Holzvogt sein, der, wie so manchmal schon, in aller Frühe ausgegangen war, um sich einen Grafendank zu verdienen und einen Holzhäckler oder Kienapfelpflücker abzufangen? Da die Spur erst vom Galgenberge aus sichtbar war, so unterlag es für Lindemann bald keinem Zweifel mehr, daß es Bockler war, denn er hatte den gewöhnlichen Weg vom Dorfe her vermieden. Und da sah er nun auch immer deutlicher den Pferdefuß.

Lindemanns Gesicht war düster geworden, und er seufzte unwillkürlich tief auf, als er das Hilgenholz erreicht hatte, an dem so viel Kummer und Sorgen hingen, so viel Grimm und Groll haftete.

Ein getragenes Raunen und Rauschen ging weithin durch den Wald, die Wipfel schüttelten sich, und es war, als fielen ununterbrochen feine dunkle Schleier herab. Lindemann ging wie immer in tiefem Grübeln und hörte den Wald 158 in tausend Stimmen rufen; es waren vertraute und friedliche Stimmen, und es waren fremde und drohende Stimmen. Wie seine Gedanken von der Tiefe in die Höhe und von der Höhe wieder in die Tiefe gingen, so wechselten auch die Stimmen und Gesichter des Waldes: Erst grüßten und ermunterten sie ihn, dann warnten sie, dann drohten und schreckten sie gar; erst winkten die alten Buchen, nun schüttelten sie die Köpfe über ihn; ja, eine riesenhafte alte Eiche, die ganz allein unter den Buchen am Wege stand, drohte breit über ihn zu fallen, daß es ihm auf einmal eiskalt über den Rücken lief. –

Eben war er an die Planken gekommen, wo seine Kinder vor etlichen Tagen die Kämmekarline getroffen hatten, als plötzlich, wie ein Nachtgespenst – einen Augenblick dachte Lindemann unwillkürlich an den spukenden »alten Herrn« – der Holzvogt, die Flinte an der Schulter, aus dem Tannendickicht trat, der sich an den Buchenhochwald schloß. Er schob den Daumen unter den Flintenriemen und rief höhnisch: »Aha, schon so früh am Platze?«

»Jedenfalls nicht früher als du!« antwortete Lindemann ganz gelassen.

»Aber wer so früh geht, wird den Holzvogt natürlich nicht so früh erwartet haben,« bemerkte 159 Bockler mit verkniffenem Munde und zwinkernden Blicken.

Lindemann sah ihn groß und scharf an. »Wenn du deinen eigenen Worten glaubtest, würdest du gewiß nicht so voreilig aus den Tannen heraus gekommen sein. Ich denke, wir sollten uns beide nachgerade schon kennen.«

»Wohl, du bist ja der ehrliche Lindemann!«

»Gott sei Dank, bin ich das, was ich mit Gottes Hilfe auch bis an mein Ende zu bleiben hoffe!« rief Lindemann mit lautem Tone und setzte seinen Weg fort, indem er seine Axt unwillkürlich von der Schulter nahm.

Bockler nahm darauf die Flinte von der Schulter und ging schnell einige Schritte vor. »Daß ich's dir nur gleich sage, Lindemann, 's trifft sich ja so gut, du kannst dir den weitern Weg sparen, kannst dir's von jetzt an wirklich bequemer machen, aber wirklich ganz bequem.«

Lindemann fühlte die boshaften Worte wie einen körperlichen Angriff, blieb stehen und sah Bockler fast erschrocken an. »Mensch, was soll das heißen?«

»Ich bin kein Mensch, verstehste!«

»Da hast du leider Gottes recht. Doch was soll es heißen, daß du mich hier aufhältst?«

»Das soll heißen, daß der Herr Graf deine 160 Ehrlichkeit nicht mehr braucht, da für dich nichts mehr zu tun ist im gräflichen Holze. Er meint, du könntest nun hingehen und Zigarren machen.«

»Bockler, es muß ein höllisches Vergnügen sein, einen armen Mann so zu ängsten und zu quälen.«

»Hier handelt sich's aber diesmal nicht um ein Vergnügen, sondern um einen Befehl des Herrn Grafen!« antwortete der Holzvogt, indem er eine stolze und steife Haltung annahm.

Die Bäume rauschten, ein schauerliches Ächzen und Dröhnen ging durch die starken Stämme; hie und da stürzten schwere Schneemassen von den Zweigen. Fern im Grunde ertönte das unheimliche heisere Bellen eines Fuchses, während über den Buchen in weiten Abständen krächzende Raben flogen.

»Bockler,« preßte Lindemann in verändertem, dumpfem Tone heraus, »was hab' ich dir getan, daß du mich so elend machst? Denkst du nicht an die Zeit zurück, da wir noch eine Sorge hatten, an einem Baume sägten, aus einem Kruge tranken? Bockler, mach mich nicht so unglücklich, daß ich in dieser harten Winterszeit sollte gänzlich arbeitslos werden. Ach, du lachst! Hast du kein Herz in der Brust? Ist nicht ein Fünkchen Menschenliebe darin? Ha, dies Teufelslachen! 161 Was jammere ich auch? Ist doch von dem Fuchse, der da schreit, und von den Raben, die da fliegen, eher Barmherzigkeit zu erhoffen, als von so einem Satan! Bockler« – und Vater Lindemann reckte sich jetzt in leidenschaftlicher Erregung auf, »sie nennen dich den Satan – und – du bist es auch!«

»Wohl! Nur daß ich noch keine Hölle habe, sonst solltest du der erste sein, der mit mir hinunter müßte!« höhnte Bockler mit grinsendem Gesichte.

»Du irrst dich über dich selbst, längst hast du das Hilgenholz zur Hölle gemacht!« rief Lindemann und nahm die Axt in die linke Hand, um die rechte drohend gegen den Holzvogt zu erheben. »Unser Herr Graf weiß nicht, was er tut, denn unser Leben ist ihm fremd, und seine Augen und seine Ohren sind zu schwach, daß er auch das Garn nicht einmal sieht, in das du Satan ihn gewickelt hast. Ha du, dir soll dein Lachen noch vergehen, wie dieser Schnee vergeht und vielleicht noch eh er vergeht. Es wäre denn kein lebendiger Gott im Himmel mehr. Ja, du trägst eine Flinte, zum Lohne für deine Satansdienste. Gib aber nur acht, daß der Herr Graf so taub bleibt und nicht einmal fragt: was denn die Flinte so manchen frühen Morgen 162 im fernen Grund des Hilgenholzes ausgerichtet hat.« – –

Der Holzvogt zuckte zusammen, seine Gestalt nahm unwillkürlich eine schleichende Haltung an, während er die Flinte mit beiden Händen packte und schußfertig hielt. »Du drohst mir?« schrie er mit wutheiserer Stimme. »Habt ihr ehrlichen Lindenleute nicht meinen Vater und meine Schwester in Schimpf und Schande gestürzt? Nun willst du's auch mit mir probieren? Ha, noch ein Wort, und ich mache dich stumm für immer!«

»Du irrst dich, Bockler,« antwortete Lindemann im Davongehen in nachdrücklichem Tone, »es waren dein Vater und deine Schwester selber, die das taten; – eben so wie – – – du es selber bist!«

Lindemann hörte hinter sich ein unheimliches Knacken, wandte sich abermals und sah, wie der Holzvogt auf ihn angelegt hatte. Da richtete er sich groß auf, daß die Brust frei hervortrat, und nahm die Axt wieder in die Linke, während er mit der Rechten auf die Brust wies. »Ja, mach' meinem Erdenjammer ein Ende, schieß zu, Unglückseliger, und sieh, wie du mit Gott zurechtkommst!«

Diese furchtlose Herzhaftigkeit verblüffte Bockler, er sah um sich herum und ließ die Flinte sinken. »Für diesmal nicht,« ächzte er, 163 »aber hüte dich vor mir! Noch ein Drohen – und du bist still für immer und ewig.«

»Bockler, denk' an den lebendigen Gott im Himmel, von dem du Barmherzigkeit erhoffst!« rief Lindemann.

Da schrie der Holzwächter mit wild rollenden Augen: »Was schert mich dein Gott im Himmel! Ich brauche seine Barmherzigkeit nicht!«

Lindemann blieb stehen und blickte den Unhold starr an. »Wehe dir!« rief er aus tiefster Brust, »Entsetzen über Entsetzen ergreift mich! Bäume fallt zwischen uns!«

Und indem er nun rasch hinwegging, rief er noch zu dem starr an einen Baum sich lehnenden Waldteufel hinüber: »Als Kind hatte ich mich einst zur Nachtzeit im Hilgenholze verirrt. Erschreckliches Getier kroch um mich her – aber so hat mir nicht gegraut wie jetzt – Gott steh' mir bei und – dir!«

Es war, als ob eine finstere Wolke sich zwischen die Männer wälzte. Sie sahen einander nicht mehr. Dichte dunkle Nebel wallten durch die hohen Bäume herab, als wollten sie den Graus verhüllen. Ein jäher Windstoß brach aus dem zerreißenden schweren Gewölk und fuhr heulend, rasselnd und brausend über den schwankenden Wald dahin. 164

Schaudernd stand Vater Lindemann am Saume. »Das ist der Teufel, der grüßt den Holzvogt!« dachte er und watete querfeldüber, daß er niemand begegne, auf Hilgenthal zu.

Noch lag über dem Dorfe das schwere Morgendunkel, als er unter der rauschenden Linde ankam. Starr richtete sich sein Auge auf das armselige, teure Häuschen, hinter dessen Fenstern das matte Krüsellicht schimmerte, der fleißigen Lore am Spinnrocken leuchtend. »O Lore, Lore, was wirst du sagen?« – Er drückte sich den Ärmel auf die Augen und rang schwer mit sich, der arme, von größter Sorge ergriffene Mann.

Jetzt knirschten Männertritte von unten herauf, und ein von heftigem Husten übertöntes Stimmengemurmel ward vernehmbar.

Lindemann trat dicht hinter den Baum und lehnte sich mit der Stirn daran.

Die Schritte kamen näher, und jämmerlich tönte das Husten in den dunklen Morgen.

Lindemann erkannte seinen alten Freund Jopau und keuchte vor sich hin: »Armer, armer Jopau, dein garstiger Husten ist in der frostigen Gefängniszelle auch nicht besser geworden; aber halte nur aus – der Bote vom Grabe ist ein Retter aus der Not.«

Jetzt blieben die Leute stehen, einer lief hinauf, 165 klopfte ans Fenster und rief: »Hanfriederpate! Hanfriederpate!« Es war Fritz Bonder.

Alsbald tauchte Mutter Lindemann hinter dem Fenster auf, drückte Flicken und Hede ein wenig beiseite und entgegnete: »Kind, der Vater ist schon lange fort. Die Uhr war stehen geblieben, und es litt ihn nicht mehr zu Hause.«

»Dann geh's Euch gut, Lorepate!« rief Fritz. »Ja, dir auch, Fritz,« erwiderte Mutter Lindemann, »und sei auch schön bedankt für das Vorkommen. Siehst du unsern Vater, so grüß' ihn, und er solle sich nur nicht ganz zunichte machen.« –

Lindemann lehnte am Baume. Das Blut erstarrte ihm in den Adern – er konnte sich nicht regen und nicht bewegen.

Nun waren die Genossen schon oben in der Straße; er hörte sie noch, hörte noch das Husten des alten Jopau. Der Atem drohte ihm stehen zu bleiben. Mochte die Linde noch so tröstlich rauschen – diesmal hörte er es lange nicht. 166


 << zurück weiter >>