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Drittes Kapitel.

»Wie geht es Ihnen, mein guter Herr Oldenbuck? und ich hoffe, Ihr junger Herr, der Kapitän M'Intyre, befindet sich besser? – Ach! es ist eine schlimme Geschichte, wenn junge Herren sich gegenseitig Bleikugeln in den Leib jagen.«

»Geschichten, wo es sich um Blei handelt, sind immer sehr gefährlich, Herr Dusterschieler, aber ich schätze mich glücklich, von meinem Freunde Sir Arthur zu erfahren, daß Sie sich einem besseren Gewerbe gewidmet haben und ein Goldsucher geworden sind.«

»Ach, Herr Oldenbuck, mein guter und sehr geehrter Herr Gönner hätte über die kleine Geschichte nicht ein Wort ertschählen sollen – denn wenn ich auch feste Tschuversicht hege – ja sicherlich – tschu der Klugheit, Vorsicht und Verschwiegenheit des guten Herrn Oldenbuck und tschu seiner großen Freundschaft tschum guten Sir Arthur Wardour, so ist es doch, mein Himmel! ein schwerwiegendes Geheimnis.«

»Und wiegt sogar noch schwerer als alles Metall zusammen, das wir mit seiner Hilfe finden können, fürchte ich,« antwortete Oldbuck.

»Das kommt gantsch darauf an, wieviel Glauben und Geduld Sie dem großartigen Ekschperiment entgegenbringen. Wenn Sie sich mit Sir Arthur tschusammentun wollen, der selber hundertundfunftschig Pfund hineinstecken will – sehen Sie, hier ist eine von Ihren schmutschigen Fairporter Banknoten – stecken Sie auch hundertundfunftschig Pfund in diesen schmutschigen Noten hinein, und Sie werden das pure lautre blanke Gold und Silber dafür herausbekommen, wer weiß wie viel!«

»Nicht eine Guinea für Sie,« sagte der Altertümler. »Aber hören Sie, Herr Dusterschieler, wenn wir nun, ohne noch einmal den niesenden Kobold mit irgendwelchem Räucherwerk zu belästigen, uns insgesamt auf den Weg machten und bei hellem Tageslicht und mit gutem Gewissen ans Werk gingen und weiter kein Veschwörungswerkzeug mitnähmen als ein paar derbe gute Hacken und Spaten und den Boden der Kapelle von St. Ruth ordentlich durchsuchten, von einem Ende zum andern, und so uns über das Vorhandensein dieses vermeintlichen Schatzes vergewisserten, ohne vor allen Dingen uns weitere Ausgaben zu machen – die Ruinen gehören ja Sir Arthur selber, also kann nichts dagegen eingewendet werden – meinen Sie, wir würden Erfolg haben, wenn wir die Sache in dieser Weise bewerkstelligten?«

»Bah! Nicht ein wintschiges Stücklein Kupfer werden Sie finden – aber Sir Arthur wird tun, was ihm beliebt – ich habe ihm getscheigt, wie es sich machen läßt – wie es mit Sicherheit tschu machen ist – und wie er die große Summe Geldes finden kann, die er zu seinen Unternehmungen braucht – ich habe ihm das Ekschperiment getscheigt – wenn er nicht daran tschu glauben geruht, guter Herr Oldenbuck, so ist es nichts für Hermann Dusterschieler – er büßt nur das Gold ein und das Silber – das is alles.«

Sir Arthur Wardour warf einen eingeschüchterten Blick auf Oldbuck, der besonders, wenn er anwesend war, trotz ihrer häufigen Meinungsverschiedenheit einen großen Einfluß auf das Urteil des Barons hatte. Sir Arthur fühlte, was er freilich nicht gern eingestanden hätte, daß sein Geist dem des Altertümlers überlegen war. Er achtete ihn als einen klugen, scharfsinnigen, sarkastischen Mann, fürchtete sich vor seiner satirischen Ader und hatte Zutrauen zu der allgemeinen Vernünftigkeit seiner Ansichten.

Er sah ihn daher an, als wollte er ihn vorher um Nachsicht bitten, ehe er sich seiner Leichtgläubigkeit überließe. Dusterschieler erkannte, daß ihm sein auf den Leim gegangener Gimpel entgehen würde, wenn er nicht auf den Ratgeber des Barons einen günstigen Eindruck machen könne.

»Ich weiß, mein guter Meister Oldenbuck, es ist ein eitles Beginnen, tschu Ihnen tschu sprechen von den Geischtern und den Kobolden. Aber sehen Sie dieses sonderbare Horn an, ich weiß, Sie kennen alle Merkwürdigkeiten von allen Ländern und wissen, daß das große Horn von Oldenburg, das noch im Museum von Kopenhagen aufbewahrt wird, dem Hertschog von Oldenburg von einer Waldfee gegeben worden ist. Nun könnt ich aber Ihnen wohl keine Fisimatenten vormachen, wenn ich auch wollte, da Sie ja alle Merkwürdigkeiten so gut kennen, und da ist das Horn voll von Müntschen – wäre es eine Schachtel oder ein Kästchen gewesen, so hätte ich nichts gesagt.«

»Daß das ein Horn ist,« sagte Oldbuck, »bestärkt allerdings Ihre Ansicht. – Bei unkultivierten Völkern war es als ein von der Natur geliefertes Gefäß sehr in Gebrauch. Und dieses Horn hier,« fuhr er fort, und rieb es am Ärmel, »ist eine sonderbare und ehrwürdige Reliquie und sollte ohne Zweifel eine cornucopia, oder ein Füllhorn sein für irgendwen, ob aber für den Schwarzkünstler oder seinen Gönner, muß wohl dahingestellt bleiben.«

»Nun, Herr Oldenbuck, ich finde Sie immer noch schwer zum Glauben zu bewegen – aber lassen Sie mich Ihnen versichern, die Mönche verstanden das Magisterium.«

»Wir wollen uns nicht weiter auf das Magisterium einlassen, Herr Dusterschieler, sondern ein wenig an den Magistrat denken. Wissen Sie auch, daß diese Beschäftigung von Ihnen gegen das Gesetz Schottlands verstößt, und daß wir beide, Sir Arthur und ich, Mitglieder des Friedensgerichts sind?«

»Mein Himmel! was tut das tschur Sache, wo ich doch alles Gute tue, was ich kann?«

»Es muß Ihnen bekannt sein, daß die Abschaffung der grausamen Gesetze gegen Hexerei und Zauberei keinen Einfluß hatten auf die abergläubischen Neigungen der Menschheit und daß der Aberglauben nach wie vor in der Welt blieb. Damit nun aber diese Gefühle nicht von gerissenen betrügerischen Personen gewinnsüchtig ausgenutzt werden sollen, besteht der Gesetzesparagraph, daß wer in okkulter Wissenschaft oder geheimen Künsten bewandert zu sein vorgibt und behauptet, daß er Güter, die verloren, gestohlen oder verborgen sind, zu entdecken und ans Licht zu bringen vermöge, an den Pranger gestellt und mit Gefängnis bestraft werden soll als gemeiner Schwindler und Betrüger.«

»Und so steht's im Gesetsch?« fragte Dusterschieler bestürzt.

»Sie sollen selber den Paragraphen lesen,« erwiderte der Altertümler.

»Dann, meine Herren, will ich mich empfehlen, das ist alles. Ich habe keine Luscht, an Ihrem sogenannten Pranger tschu stehen – das ist eine sehr schlechte Methode, Luft tschu schnappen, mein ich, und Ihre Gefängnisse hab ich noch viel mehr im Magen, wo man überhaupt nicht Luft schnappen kann.«

»Wenn das Ihr Geschmack ist, Herr Dusterschieler,« sagte der Altertümler, »dann rat ich Ihnen, bleiben Sie, wo Sie sind, denn ich könnte Sie nicht weglassen, es sei denn, Sie gingen mit dem Büttel – und damit nicht genug, ich erwarte sogar, daß Sie uns zu den Ruinen von St. Ruth jetzt gleich begleiten und uns den Platz zeigen, wo Sie den Schatz zu finden denken.«

»Mein Himmel, Herr Oldenbuck! Was ist das für eine Behandlung gegenüber Ihrem alten Freunde, wo ich Ihnen doch klar und deutlich sage, daß, wenn Sie jetscht gehen, Sie auch nicht ein schäbiges Fünfgroschenstück von einem Schatsche finden werden.«

»Ich will aber das Experiment trotzdem versuchen, und Ihr Lohn soll je nach dem Erfolge abgemessen werden – immer natürlich, sofern Sir Arthur es gestattet.«

Sir Arthur hatte während dieses Gesprächs sehr verlegen dreingeschaut, wie, um eine volkstümliche Wendung zu gebrauchen, ein Greis, der sich nicht zu helfen weiß. Oldbucks hartnäckiges Mißtrauen zwang ihn fast dazu, Dusterschieler des Betrugs zu verdächtigen, und die Art und Weise, wie der Adept sich verteidigte, zeigte weniger Entschlossenheit noch, als er selbst ihm zugetraut hatte. Dennoch wollte er ihn nicht völlig aufgeben.

»Herr Oldbuck,« sagte der Baron, »Sie sind im höchsten Maße ungerecht gegen Herrn Dusterschieler. Er hat es unternommen, diese Entdeckung vermittels seiner Kunst zu bewerkstelligen, und Sie verlangen, daß er's bei Gefahr einer Bestrafung machen soll, ohne daß Sie ihm die Anwendung irgendwelcher derartiger Vorbereitungen erlauben, die er für die eigentlichen Mittel hält, zu Erfolgen zu gelangen.«

»Das habe ich nicht direkt gesagt – ich habe nur verlangt, daß er mit dabei ist, wenn wir die Untersuchung vornehmen, und bei uns bleibt, bis wir fertig sind. Ich trau ihm nicht über den Weg, und was jetzt vielleicht noch in St. Ruth versteckt ist, verschwindet vielleicht sonst einstweilen, ehe wir hinkommen.«

»Nun, meine Herren,« sagte Dusterschieler mürrisch, »ich will keinen Einwand machen und mit Ihnen gehen, aber ich sage Ihnen von vornherein, Sie werden nicht soviel finden, daß sichs verlohnt hätte, auch nur tschwantschick Schritt von Ihrer Tür sich tschu entfernen.«

Fräulein Wardour erhielt den Bescheid, daß sie in Monkbarns bleiben möge, bis der Vater von einer kurzen Ausfahrt zurück sein werde. Die junge Dame konnte sich diesen Bescheid nicht recht mit dem von ihr vermuteten Ausgang der Unterredung zwischen den beiden Herren zusammenreimen, aber es blieb ihr vorderhand nichts weiter übrig, als sich in den sehr unangenehmen Zustand banger Spannung zu schicken.

Die Fahrt der Schatzsucher war trübselig genug. Dusterschieler verharrte in finsterem, dickköpfigem Schweigen und dachte zugleich über enttäuschte Hoffnungen und drohende Bestrafung nach. Sir Arthur, dessen goldene Träume allmählich verblaßt waren, betrachtete in düsterer Versunkenheit die Schwierigkeiten seiner Lage; und Oldbuck, der erkannte, daß eine derartige Einmischung in die Angelegenheiten seines Nachbars den Baron eine tatsächliche und wirksame Unterstützung zu erwarten berechtigte, sann mißvergnügt darüber nach, wie weit er wohl oder übel die Börse werde öffnen müssen.

So war jeder für sich in unbehagliches Grübeln versunken, und es wurde kaum ein Wort gesprochen, bis sie den kleinen Gasthof »Zu den vier Pferdehufen« erreichten. Hier verschafften sie sich die nötige Hilfsmannschaft und das Werkzeug zum Graben, und während sie noch hiermit beschäftigt waren, trat plötzlich der alte Bettler Edie Ochiltree zu ihnen.

»Der Herr segne Euer Ehren!« begann der Blaurock, mit dem echten und rechten Greinen des Schnorrers, – »und langes Leben sei Ihnen beschert – es freut mich, daß ich höre, wie bald Kapitän M'Intyre sich wieder erholen wird. – Vergessen Sie an diesem Tage nicht Ihren alten Bettler!«

»Na selbstverständlich, alte ehrliche Haut!« versetzte der Altertümler. »Ihr habt Euch ja nicht wieder sehen lassen in Monkbarns, seit dem Abenteuer am Strande. – Hier habt Ihr was, daß Ihr Euch Schnupftabak kaufen könnt –« und er suchte in der Tasche herum und zog dabei gleichzeitig das Horn hervor, in dem die Münzen waren.

»Ei, und da ist auch was, wo ich ihn hineinstecken kann,« sagte der Bettler, das Widderhorn betrachtend, – »das Horn ist ein alter Bekannter von mir – das alte Schnupftabakshorn möcht ich unter tausenden wiedererkennen – habe es selber manches Jahr bei mir getragen, bis ich es gegen diese Dose hier dem alten Georg Glen, dem Bergwerker von Witershins, abgetreten habe – er war wie versessen drauf.«

»Was Ihr sagt!« rief Oldbuck. »Also umgetauscht habt Ihrs mit einem Bergarbeiter? Aber ich glaube wohl, so gut gefüllt habt Ihrs noch nie zuvor gesehen?« Und er öffnete es und zeigte ihm die Münzen.

»Freilich wohl, das können Sie mir glauben, Monkbarns, wie es noch mein war, ist nie mehr drin gewesen, als meinetwegen für einen Fünfer schwarzer Schnupftabak.«

»Sie können sich nun denken,« sagte Oldbuck, indem er sich an Sir Arthur wandte, »wem Sie den guten Fund in jener Nacht, verdanken. Dieses Füllhorn stammt von einem Grubenarbeiter, und damit sind wir doch wohl einem Freund von uns beiden ziemlich nahe – ich hoffe, wir haben heute morgen ebensoviel Glück, ohne daß wir was dafür zu bezahlen brauchen.«

»Und wo wollen Euer Ehren heute hin,« fragte der Bettler, »mit den Hacken und Spaten? – Potzblitz, das ist doch wieder so ein Streich von Ihnen, Monkbarns, und wenn Sie erlauben, ich geh mit Ihnen – ich will doch sehen, was da los ist.«

Die Gesellschaft war bald bei den Ruinen der Abtei angelangt, und als sie in der Kapelle waren, machten sie Halt, um zu erwägen, was sie zunächst beginnen sollten. Einstweilen wandte sich der Altertümler an den Schwarzkünstler.

»Bitte, Herr Dusterschieler, was raten Sie uns in dieser Angelegenheit? – Haben wir Aussicht auf Erfolg, wenn wir von Osten nach Westen graben, oder sollen wir von Westen nach Osten graben? – oder wollen Sie uns helfen mit Ihrer dreieckigen Phiole voll Maitau oder mit Ihrer Wünschelrute vom Haselstrauch?«

»Herr Oldenbuck,« sagte Dusterschieler verbissen, »ich habe Ihnen schon gesagt, Sie werden gar kein Glück haben mit Ihrer Arbeit, und ich werde für mich selber schon einen Weg finden, Ihnen für die Höflichkeiten tschu danken, die Sie mir erweisen – ja, das werde ich gantsch gewiß.«

»Wenn Euer Ehren den Boden umgraben wollen,« sagte der alte Edie, »und auf den Rat eines alten Kerls hören wollen, so würd ich unter dem alten großen Stein da anfangen, wo in der Mitte draus die Figur ausgestreckt eingegraben ist.«

»Ich habe Grund, diesen Vorschlag selber für gut zu halten,« sagte der Baron.

»Ich habe nichts dagegen einzuwenden,« sagte Oldbuck. »Es war nichts Ungewöhnliches, Schätze in den Grabstätten Verstorbener zu verbergen – dafür gibt es viele Beispiele.«

Der Grabstein, derselbe, unter dem Sir Arthur und der Deutsche die Münzen gefunden hatten, wurde noch einmal zur Seite gehoben, und die Erde gab leicht der Hacke und dem Spaten Raum.

»Hier ist schon gegraben worden,« sagte Edie, »das hackt sich so leicht. Ich kenn mich aus darauf.«

Die Arbeiter waren jetzt soweit, daß sie die Seiten des Grabes erkannten, die durch vier Seitenwände gefestigt waren in Form eines Parallelogramms, das wahrscheinlich zur Aufnahme des Sarges bestimmt war.

»Es verlohnt schon der Mühe,« sagte der Altertümler zu Sir Arthur, »in der Arbeit fortzufahren, wär's auch bloß aus Neugierde. Möchte doch wissen, auf wessen Grabmal sie eine so ungewöhnliche Sorgfalt verwendet haben.«

»Das Wappen auf dem Schild,« sagte Sir Arthur mit einem Seufzer, »ist dasselbe, wie es auf dem Turme Schwarzrocks sich befindet, der der Sage nach von Malcolm dem Usurpator erbaut worden ist. Niemand weiß, wo er begraben worden ist, und es besteht eine alte Prophezeiung in unserer Familie, daß uns nichts Gutes bevorstände, wenn sein Grab gefunden würde.«

»Weiß ich,« sagte der Bettler, »habs oft gehört, wie ich noch ein kleiner Junge war:

Wenn einst das Grab gefunden wird
Von Malcolm mit dem schwarzen Rock,
Verloren und gewonnen wird
Dann Schloß und Land von Knockwinnock.«

Oldbuck hatte die Brille aufgesetzt und war an dem Grabmal niedergekniet und verfolgte halb mit dem Auge, halb mit dem Finger die verwitterten Inschriften auf dem Bildnis des abgeschiedenen Kriegers.

»Das ist das Wappen von Knockwinnock, ganz gewiß,« rief er, »verbunden mit dem Wappen von Wardour.«

»Richard, genannt Wardour mit der Roten Hand,« sagte Sir Arthur, »heiratete Sibylle Knockwinnock, die Erbin der sächsischen Familie, und durch diese Verbindung erhielt das Schloß im Jahre des Herrn 1150 den Namen Wardour.«

Inzwischen fuhren die Arbeiter fort, zu graben, und hatten schon etwa fünf Fuß tief gegraben. Als die Arbeit des Aushebens immer mühsamer wurde, so fingen sie an, der Sache überdrüssig zu werden.

»Wir sind bis auf den Grund,« sagte einer – »und ein Sarg ist nicht da, noch sonst etwas – hier ist schon irgendwer, der's versteht, vor uns dabei gewesen.«

Und der Arbeiter kletterte aus dem Grabe heraus.

»Halt, Bursche,« sagte Edie und kletterte an seine Stelle hinunter, »ich will mal sehn, was ein alter Bettler noch kann – ihr versteht euch wohl aufs Suchen, aber das Finden ist nicht eure Sache.«

Sobald er ins Grab gestiegen war, stieß er seinen Stock wuchtig in den Boden – die Spitze stieß auf Widerstand, und der Bettler rief wie ein schottischer Schuljunge, der etwas findet: »Geteilt wird nicht – alles mein und nichts dem Nachbarn!«

Jedermann, vom niedergeschlagenen Baron bis zum finsteren Adepten, ward jetzt von Neugierde ergriffen, und alles drängte sich um das Grab. Die Arbeiter, die in ihrer eintönigen und anscheinend hoffnungslosen Beschäftigung schon ermattet waren, nahmen das Werkzeug wieder zur Hand und gruben mit dem Eifer der Erwartung weiter. Bald stießen ihre Spaten auf eine harte Holzfläche, die, als die Erde weggeräumt war, die Form einer Kiste zeigte, aber weit kleiner als ein Sarg. Nun griffen alle Hände zu, sie aus dem Grabe zu heben, und alle riefen, wie schwer sie sei und schätzten sogleich ihren Wert.

Als die Kiste außen niedergesetzt worden war, wurde der Deckel mit einer Hacke aufgebrochen. Nun zeigte sich zuerst eine Decke von rauher Leinwand. Dann kam eine Menge Werg zum Vorschein und darunter eine Unzahl Silberstücke. Eine so unerwartete und überraschende Entdeckung wurde mit allgemeinem Jubel begrüßt.

Der Baron warf die Hände zum Himmel empor und schlug die Augen auf, in dem stummen Entzücken eines Mannes, der aus unsäglicher Not erlöst wird. Oldbuck wollte fast seinen Augen nicht trauen und hob ein Stück Silber nach dem anderen auf. Sie hatten weder Inschrift noch Prägung bis auf eines, das spanisch zu sein schien. Er konnte an dem hohen Werte und der Echtheit des Schatzes, der vor ihm lag, nicht zweifeln. Er mußte zugeben, daß Sir Arthur hier etwa tausend Pfund an rohem Metall gefunden habe.

Sir Arthur versprach nun den Arbeitern einen reichen Lohn für ihre Mühe und begann sich schon den Kopf zu zerbrechen, wie dieser reiche Fund am besten nach Knockwinnock zu schaffen sei – da zupfte ihn der Schwarzkünstler am Ärmel. Er hatte sich inzwischen von seinem Erstaunen erholt, brachte demütig seine Glückwünsche dar und wandte sich dann mit einer Miene des Triumphes an Oldbuck.

»Ich habe Ihnen gesagt, mein guter Freund Herr Oldenbuck, ich würde eine Gelegenheit suchen, Ihnen für Ihre Höflichkeit tschu danken, meinen Sie nicht, dah ich jetscht sehr eine gute Gelegenheit gefunden habe, Dank abtschustatten?«

»Herr Dusterschieler, wollen Sie etwa behaupten, Sie hätten irgendwelches Verdienst an unserem guten Erfolg? Sie vergessen, daß Sie uns alle Hilfe abschlugen und uns den Dienst Ihrer Wissenschaft verweigerten. Mann! Und Sie sind auch hier ohne Ihre Waffen, mit denen Sie den Kampf bestehen wollten, den Sie nun für uns mit einem Male gewonnen haben wollen. Sie haben nichts von Ihren Künsten angewendet: Zauber, Siegel, Talisman, Amulett, Pentakulum, magische Spiegel und geomantische Figuren – alles ist unterblieben. Wo sind Ihre Periapten und Ihre Abrakadabras, Mann? Wo Ihr Farnsamen und Ihr Eisenkraut?

Wo Ihre Kröten, Krähen, Drachen, Panther,
Wo Sonne, Mond und Firmament und Sphäre,
Wo Lato, Azoch, Zernick, Schibrit, Hautrit,
Wo Brühen, Säfte und Materien,
Bei deren bloßen Namen man verrückt wird?«

Die Antwort des Adepten auf die Tirade des Altertümlers ist dem folgenden Kapitel vorbehalten.


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