Levin Schücking
Eine dunkle Tat
Levin Schücking

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Zweites Kapitel

Der Frühling war ins Land gekommen, auf jene unmerkliche und durchaus nicht angenehme Art, wie er sich in Westfalen ankündigt, wo das im ganzen milde Klima des Winters bis tief in die Sommermonate hinein herrschend bleibt. Schnee, der gleich wieder zerschmolz, warmer Sonnenschein am Mittage, eine naßkalte Luft am Abend und Morgen machten die Tage unangenehm und der Wind, der bald aus dieser, bald aus jener Ecke wehte, ließ fürs erste keine günstige Aenderung hoffen.

Es war an einem Nachmittage, der sich durch seine Freundlichkeit vor vielen jüngst vergangenen auszeichnete, als ein Reiter, von einem Bedienten gefolgt, des Weges zog, der aus dem Innern des Landes nach dem Rheine und seitwärts ab nach dem Herrenhause von Diependahl führte. Der Reisende schien einen langen Weg zurückgelegt zu haben, denn sein Tier war nicht allein, ebenso wie er selbst, stark von Kot bespritzt, sondern schritt auch matt und müde voran, ohne durch die Sporen seines Herrn viel aufgeregter zu werden. Dieser war eine sehr kräftige und sehr hohe Figur, mit gebräunten aber nicht unschönen Zügen, obwohl sie vor Wetter und Wind wenig geschont und etwas abgespannt schienen. Auch lag eine starke Narbe über die linke Wange, halb bedeckt von dem schwarzgefärbten und gesteiften Schnurrbart, der rechts und links, an den Enden wie eine Nadel spitz gedreht, weiter als die Breite des Gesichts vorragte. Der Reiter trug einen hellblauen Uniformrock mit orangegelben Aufschlägen, an dessen Tressen Kundige erkannt hätten, daß sein Inhaber den Grad eines Leutnants in der ***schen Armee bekleidete; außerdem einen dreieckigen Hut, unter dem ein langer und zierlich geflochtener Zopf über den Rücken niederhing, während über dem National ein kleiner Federbusch nickte. Beinkleider von weißem Hirschleder und hohe Reiterstiefel vollendeten den Anzug; außerdem war der Fremde bewaffnet und führte einen schweren Mantelsack hinten auf dem Sattelkissen. Auch der Bediente stak in der steifen und unzweckmäßigen Uniform, in der die Helden jener guten alten Zeit ihre eingeschnürte Figur zur Schau trugen; meist lang aufgeschossene Burschen, einer gerade wie der andre, bildeten sie die verkörperten Alexandriner des Kriegstheaters, während die Damen jener Tage in den runden Fischbeingestellen ihrer Vertugadins das Rondeau vorstellten, dessen zierliches und galantes Lächeln, versetzt mit einem Anhauch von anmutiger Neckerei, auf ihren Lippen schwebte.

»Peter,« sagte der Offizier, sich auf seinem Pferde zurückwendend, »komm einmal heran!«

Der Soldat stachelte seinen Gaul vor: »Befehlen Herr Leutnant!«

»Hör' Bursche, wir wissen nicht, zu welchen Leuten wir kommen; sei einmal kein Esel, sondern besonnen und vorsichtig; halt dich stille, aber mach Augen und Ohren auf; verstehst du mich? Mach dich an irgendeins der Mädchen, die viel bei der Herrschaft ist, bei Tische aufwartet oder irgendwo sonst ein Wort aufschnappt.«

»Ich will schon kundschaften,« sagte der Soldat.

»Wenn man dich die Nacht über fern von mir einquartieren will, so leid es nicht; sag', ich wäre gewohnt, dich nachts in meiner Nähe zu haben; hab' auch ein Auge auf die Pistolen und sorg', daß das Pulver auf der Pfanne nicht feucht wird. Laß die Sättel heute nacht auf den Pferden.«

»Befehlen Herr Leutnant!«

»Das wird das alte Kastell sein; es ist wüst, wie es scheint, aber es wird sich schon etwas daraus machen lassen; die Lage ist nicht übel.«

Die Hufe der Pferde schlugen die Planken einer Brücke und gleich darauf das unebene und höckerige Pflaster des Hofes von Diependahl.

Der lange Junker Philipp stand in Hemdärmeln und baute im Scheine der sinkenden Abendsonne mit einem Beile Tannenstämmchen zu Bohnenstangen zurecht; als er die beiden Reiter geradeswegs auf den Hof zukommen sah, sprang er erschrocken in das Herrenhaus.

Der Freiherr von Katterbach, dem wie ein Damoklesschwert ein Urteil der pfälzischen Hofkammer in Untersuchungssachen wegen seiner Angriffe auf den von Driesch überm Haupte schwebte und der nur den Trost hatte, den auch Damokles sich nachgerade gemacht haben mag, daß das Schwert doch immer hing und nie fiel – war die Nachricht, daß zwei bewaffnete Reiter, einem Militärkommando so ähnlich wie ein Ei dem andern, auf seinem Hofe hielten, höchst unangenehm. Er wanderte gerade ruhig durch den Flur, um in ein gegenüberliegendes Zimmer zu gehen, als Philipp durch die offene Haustür hereinsprang, ihn am Aermel faßte und leise zuflüsterte: »Zwei Dragoner, Vetter; da, sie sind schon abgestiegen!« Der Freiherr stieß einen Fluch aus. »Philipp, hol' die Knechte und die Halfner zusammen – denen wollen wir heimleuchten!«

Die beiden Fremden hatten ihre Pferde an ein Gartengitter gebunden und traten über die beiden Stufen, die ins Haus führten. Philipp, der sich nicht in Hemdärmeln mit einem Beile in der Hand überraschen lassen wollte, sprang hinter den geöffneten Flügel der Haustür, während der Hofrat mit untergeschlagenen Armen schweigend dastand, die Runzeln seines Gesichts in eine durchaus nicht gastliche Physiognomie verzog und die Ankommenden erwartete.

Sporen und Säbel klirrten auf der Flur; der Leutnant machte einen militärischen Gruß und verlangte den Hofrat Freiherrn von Katterbach zu sprechen.

»Der bin ich; was will Er?«

Der Offizier stotterte; sein Kopf machte einige schwankende Bewegungen, unmerklich, aber doch bezeichnend bei Leuten, die ihrer selbst, des Eindrucks, den ihre Worte machen oder ihrer Sache nicht sicher sind, und blickte etwas scheu bald den Hofrat, bald die Wände an.

»Kommt Er von Düsseldorf?« sagte dieser.

»Von Düsseldorf? nein; ich habe in eignen Angelegenheiten mit Ihnen – mit Ihm –« korrigierte er sich, um nicht höflicher zu sein als der Hausherr, »ein Geschäft abzumachen.«

»Treten Sie hier herein,« versetzte Katterbach freundlicher und führte den Fremden in ein Zimmer.

Philipp lauschte hinter der Tür; der Soldat, der gleich beim Eintreten sein Kundschafteramt auszuüben begonnen hatte, bemerkte ihn.

»Ein Kerl in Hemdärmeln mit einem blanken Beile hinter der Tür!« murmelte er, »den muß ich aufs Korn nehmen.« Er fing an, wie eine Schildwacht in der Flur auf und ab zu gehen.

Philipp wollte abwarten, bis der Fremde sich fortbegebe. Endlich ward es ihm zu lange; drüben im Zimmer hörte er einen lauten Wortwechsel sich erheben. Er trat hervor.

»Heda, guter Freund, was wollt' Er da hinter der Tür?« sagte Peter und trat ihm in den Weg.

»Hat Er hier zu fragen?«

»Ganz ohne Frage!«

»Pack' Er sich aus dem Wege! Was will Er hier, was hat Er hier zu tun? da ist die Tür.«

»Sieh einer den Jüngling an,« versetzte der Soldat, »will mir die Tür zeigen! Nein, mach Er, daß Er fort kommt, es wird Zeit für Ihn. Er kann seiner Wege gehen, lange Entenflinte, und jetzt werf' Er das Beil fort!«

Ein heftiger Stoß vor die Brust und eine Maulschelle waren Philipps Antwort für den Unverschämten; dann sprang er mit einem Satze aus dem Bereiche seiner Arme und in das Zimmer, worin er die Streitenden hörte. Als Philipp eintrat, wurden beide stumm; der Hofrat sah ihn an mit einem Gesicht, vor dem selbst Philipp, der ihrer mehrere kannte, erschrak, so daß er augenblicklich Folge leistete, als Katterbach ihm zurief: »Laß uns allein, Philipp!«

Der Junker warf nun erst einen Blick auf den Leutnant, der stocksteif, das Kinn in seine Halsbinde zurückzwängend, in militärischer Haltung dastand; dann sprang er, weil er keine Lust hatte, wieder an Peter vorüberzugehen, durch das Fenster in den Hof.

Die beiden drinnen mußten sehr ernsthafte Angelegenheiten zu verhandeln haben. Philipp blickte, als er draußen stand, durch das Fenster zurück; der Leutnant schien gar kein Auge für ihn gehabt zu haben, und es war doch gewiß auffallend, daß ein Mensch ohne Rock, mit einem Beile bewaffnet, in ein Empfangszimmer stürzt und gleich darauf durchs Fenster wieder hinausspringt, statt durch die Tür zurückzugehen. Der Junker konnte gar nicht, begreifen, was im Werke sei. Den Hofrat sah er aufstehen und das Fenster schließen; dann, wie er gestikulierend im Zimmer auf und ab ging und der Fremde es sich in einem Lehnsessel bequem machte; das war alles, was er erspähen konnte.

Als Philipp, zur Abendtafel gerufen, in das Speisezimmer trat, sah er den Offizier neben seiner Braut am Tische sitzen. Der Hofrat blickte düster und schweigsam in seine Suppe, Josina war unbefangen und trug die Kosten der Unterhaltung; im Wesen des Fremden zeigte sich eine gesuchte Leichtigkeit und Sicherheit, die ihm etwas Gezwungenes gab; er sprach anfangs wenig, gegen das Ende der Mahlzeit mehr, denn er schien nach und nach Gefallen an seiner Nachbarin zu finden; ihre kleinen Koketterien mußten ihn anziehen und ihre großartige Naivität entzückte ihn endlich so, daß er häufig in ein lautes Gelächter ausbrach. Philipp fand desto weniger Behagen daran; er maß den Fremden mit sehr unfreundlichen Blicken, ließ diese dann auf seine Braut übergleiten und trat ihr endlich ein- oder zweimal nachdrücklich auf den Fuß, wobei er sich heftig räusperte.

Josina merkte es nicht.

Die Tafel war aufgehoben, Herr von Katterbach ließ dem Offizier ein Schlafzimmer anweisen, auch die Dame zog sich zurück, und Philipp platzte nun heraus: »Wer alle Teufel, ist der Mensch und was will er, Vetter? ich habe die größte Lust, ihn beim Kragen zu fassen und die Treppe hinunterzuwerfen!«

»Um Gottes willen, plag' du mich auch heute noch!« versetzte Herr von Katterbach, legte die Hände auf den Rücken und schritt im Zimmer auf und ab. Nach einer Weile nahm er ein Licht und ging zur Tür hinaus. Philipp war wieder allein – allein mit seinem Rätsel.

Die Freiin Josina hatte ihr Nachthäubchen aufgesetzt und wollte sich gerade niederlegen, als an die Tür ihrer Schlafkammer gepocht wurde.

»Wer ist da?« rief sie erschrocken, warf einen Pudermantel um und faßte den Riegel der Tür.

»Ma soeur!« versetzte es heftig und rauh; »mach auf!«

»Bist du's? was willst du noch?« sie öffnete; »was gibt's, alter Bär?«

Der Hofrat trat ein, stellte sein Licht auf die Kommode unter dem Spiegel, warf sich in einen Armsessel und fing heftig an zu weinen.

Josina hatte das nie und wahrscheinlich auch kein andrer Sterblicher je gesehen; desto mehr schnitt ihr der Anblick durchs Herz, und wie roh der Ton auch war, in dem die beiden Geschwister sonst zu verkehren pflegten, so erwachte doch in ihrer Brust, was in der jedes weiblichen Wesens lebendig bleibt, so sehr es das Alltagsleben zurückgedrängt haben mag, die Zärtlichkeit für den Bruder. Sie hätte sich gern an seinen Hals geworfen, um dem ersten Drange ihrer wiedererwachenden Liebe zu folgen, aber beide waren solcher Liebkosungen seit Jahren zu entwöhnt, als daß sie es wagte. Sie stand vor ihm, die Hände ineinander schlagend, vor Schrecken erbleichend und rief: »Mon frère, mon frère, was ist dir, was fehlt dir?«

»Josina,« sagte er, ein gewaltiges Schluchzen, das ihn übermannt hatte, niederkämpfend; »Josina, ich bin ein unglücklicher Mensch! Ich bin vor Gott und der Welt verloren!« Sein Schluchzen ward heftiger; ein Zittern erschütterte seine ganze robuste und schwere Gestalt.

»Um Gottes willen, so sprich doch, Andreas, was ist dir zugestoßen?«

Der Freiherr von Katterbach rang nach Fassung, aber er fand in keinem Winkel seines Gemüts einen innern Halt, an dem er sich hätte aufrichten können; er lag wie ohnmächtig in dem Sessel und schnappte nach Luft. Josina lief nach einer Silberbüchse mit Odeurs und hielt sie ihrem Bruder unter die Nase, mit bebender Hand und zitternd von Schrecken und Spannung, welches Ereignis diesen, wie es schien, so eisenfesten und verwegenen Mann niederwerfen, welcher Eindruck auf diesen rohen und steinharten Zügen ein so scheußliches Gepräge von Schmerz, Wut und Hoffnungslosigkeit zurückgelassen haben mochte.

»Fort mit dem Zeuge,« sagte er, ihren Arm von sich stoßend und zu seiner alten Roheit zurückkehrend, als ob er nur darin sich selber und seine Kraft wiederfinde.

»Wie stehst du mit Philipp? Vertragt ihr euch?« fuhr er nach einer Weile fort.

»Er ist ein erträglicher Mensch,« versetzte sie, »etwas rüde, ungeschickt und ohne viel Verstand, aber gutmütig.«

»Er ist ein Esel,« sagte der Hofrat, immer mehr zu Kräften kommend. »Du sollst dir ihn aus dem Kopfe schlagen; du mußt den Offizier heiraten.«

»Den wildfremden Menschen?«

»Ja, den, wildfremd oder nicht; und wenn er ein Spitzbube wär', müßtest du es, oder eine Bettlerin werden. Grad' heraus, Josina, ich – ich habe meine Güter nicht mit Recht im Besitz – der Fremde verlangt sie; ich kann, ich darf es nicht bei den Gerichten anhängig werden lassen; deshalb habe ich mich mit ihm verglichen, er nimmt deine Hand und wir bleiben zusammen hier; ich behalte die Verwaltung und er ist Eigentümer der Güter; – in die Einkünfte teilen wir uns.«

»Und ich und Philipp sollen das Opfer von euerm saubern Vergleich werden?« rief Josina, einen Schritt zurückfahrend.

»Larifari! Philipp und Opfer! Siehst du oder sieht er aus, als könntet ihr ein Opfer vorstellen? Wenn du mich verstanden hast, so bist du selbst klug genug, dich nicht weiter zu sperren. Betrage dich morgen danach.«

Josina wußte keinen Einwurf zu machen; sie wußte auch eigentlich selber nicht, ob ihr der Vergleich mehr angenehm oder mehr unangenehm sei, und in Ermanglung einer bessern Antwort fing sie an zu weinen.

»Der Fremde gefällt mir auch schon wohl,« schluchzte sie, »aber ich habe doch Philipp einmal mein Wort gegeben.«

»Und ich werde ihm den Laufpaß geben.«

Der Hofrat erhob sich und nahm sein Licht wieder, Josina schluchzte heftiger.

»Hör',« sagte Herr von Katterbach, sich zu ihr umwendend und wie von Mitleiden ergriffen; »wenn du ihn gar nicht magst, nachdem du ihn näher hast kennen gelernt – dann – ich will alles aufbieten – vielleicht find' ich doch Beweise, mit denen wir ihn uns vom Halse schaffen!«

»So,« fuhr Josina auf und stampfte heftig auf den Boden, »daß ich um alle beide komme! Das laß dir nicht einfallen!«

Unterdes ließ sich der fremde Offizier auf seinem Schlafzimmer von seinem Bedienten die knappe Uniform und die Reiterstiefel abziehen; als er die Füße von ihrer schweren Bekleidung befreit fühlte, lief er im Zimmer auf und ab, sprang und hüpfte bald auf dem einen, bald auf dem andern Beine in die Höhe und legte eine ausgelassene Freude an den Tag.

»Peter, das ist einmal scharmant gegangen!« rief er aus, »scharmant! aber ich bin auch im Feuer gewesen. Anfangs ward der alte Löwe so weiß, wie's sein Kazikengesicht in seinem Leben nie gewesen ist, und dann brüllte er vor Wut und Angst; aber ich hielt ihn fest an der Stange, fest wie einen stetigen Klepper. Hast du die Dame vom Hause gesehen?«

»Einmal, so im Vorübergehen!«

»Das ist meine Braut.«

»Braut! Alle Wetter,« schrie Peter, »das ist schon abgemacht? Nun, da hat der Herr Leutnant eine Katze im Sack gekauft. Uebrigens ist es eine schöne Person, die Sie da angeworben haben.«

»Schön und so sanft wie ein Lamm und so kindlich unschuldig wie ein Engel!«

»Herr Leutnant ist schon völlig angeschossen; aber mich soll der Teufel holen, wenn sie nicht Haare auf den Zähnen hat, wie die alte Marketenderlisbeth!«

»Wieso, woher weißt du das, Schlingel?«

»Weil ich sie habe in der Küche die Mägde kujonieren hören, als ob es Hundevieh wäre!«

»Weiter nichts? die mögen's danach gemacht haben!«

»Aber,« fragte Peter schüchtern und neugierig zugleich, »wie ist es denn nur so schnell zugegangen?«

»Höre, Bursch, es ist doch eine unangenehme Sache, jemanden geradeswegs von Haus und Hof zu treiben, auch wenn man in seinem Rechte ist! Ich kann dir sagen, es wurde mir schwül zumute, als ich den armen Teufel sich winden und krümmen sah in seiner Angst. Der Schweiß trat mir auf die Stirne und, als er mit einem annehmbaren Vergleiche herausrückte, griff ich zu, um nur die Szene zu Ende zu bringen. Und nun weißt du, Peter, wenn große Herren einen Vergleich schließen, dann gibt der eine dem andern seine Schwester oder seine Tochter als Unterpfand oder als Handgeld in den Kauf, und so haben wir's auch gemacht! Peterlein, Peterlein,« er stemmte seine Hände ihm auf den Rücken und hüpfte vom Boden auf, »ich bin ein Hoch- und Wohlgeborener Freiherr des heiligen römischen Reichs – juchhe!« Der Hoch- und Wohlgeborene machte einen Satz über Peters Schultern fort, die sich geduldig niederbückten, daß der Zopf dem Burschen an die Stirn flog.

»Peter, ich will dich noch heute zu Amt und Würden bringen; was willst du werden?«

»Stallmeister!«

»Nein, das geht nicht; Pferde werden scheu, wenn sie Esel sehen.«

»Kellermeister!«

»Den Bock zum Gärtner machen! Ich will meinen Wein selber trinken, du Narr! Denke dir etwas andres aus!«

»Jägermeister!«

»Den haben nur die Fürsten; aber Hundejunge, wie stände dir das an? Gelt, Peterlein, das wäre so ein Aemtchen für dich? Ich will dir eine mit Silber beschlagene Karbatsche machen lassen und alle Tage nach Tische sollst du eine Stunde lang damit auf dem Hofe klatschen dürfen. Alle Martini ein neu Wams und wöchentlich nur einmal, Sonnabends morgens präzis um zehn Uhr einige Hiebe; Kerl, das wird ein Leben sein! Nun, pack' dich, ich will schlafen.«

Der lustige Leutnant warf sich ins Bett.

»Peter!« rief er dann den Abgehenden zurück, »bist du bös?«

»Befehlen, Herr Leutnant?« sagte der Beförderte, in steifer Haltung vor das Bett tretend.

»Es war ja Spaß, Pinsel; geh nur, du sollst Stallmeister werden; bist du nun zufrieden? Gute Nacht!«


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