Peter Rosegger
Das Sünderglöckel
Peter Rosegger

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Vorwort.

In alten Zeiten soll die Sitte gewesen sein, daß des Abends spät, wenn die Kinder schlafen gegangen waren, über der Stadt ein Glöcklein läutete.

Es wurde geläutet zur Mahnung und Warnung den Zechern, Bälgern und Schleichern, den Versuchten und Verirrten und allerhand Sündern. Dann wurde es auch geläutet bei Gerichten und Hochgerichten, bei feindlichen Überfällen und Elementarereignissen und endlich an Buß- und Versöhnungstagen zum Weckruf den Versumpften und zum Troste den Verzagten. Das Sünderglöckel war es genannt – Und das soll diesmal unser Zeichen sein.

Die einzelnen Stücke dieses Buches – alle dem einen Grundgedanken entstammend – sind an verschiedenen Stellen erschienen. Sie wurden nun gleichsam wie Erzstücke gesammelt, um die kleine Glocke daraus zu gießen. Ist Edelmetall dabei, so mag das Sünderglöckel zeitweise einen milden Klang geben, so wie Fest- und Hochzeitsglocken läuten. Nicht immer wird es zart sein. Wahrheit ist ein gar lauteres Metall und hat einen hellen Klang. Wem sie aber zu hell und grell ins Ohr klingen sollte, der denke daran, daß der Mann, der so eifrig das Glöcklein schwingt, – auch für sich selber läutet. Und sollten diese Klänge bisweilen so seltsam sein, daß mancher sagt: Dergleichen habe ich noch nicht gehört! – so möge er einmal auslugen, ob nicht irgendwo eine große Torheit tagt, denn in diesem Falle läutet das Sünderglöckel ganz wütend. Die kleinen Torheiten schweigt man tot, aber die großen muß man zu Schanden läuten.

Krieglach, im Sommer 1903.

R.

 


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