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13.
Es fängt an schwül zu werden.

Erich, Sabine und Johannes machten sich auf den Weg nach der Stadt, sie gingen auf dem diesseitigen Ufer des Flusses, und der Mathes holte sie mit dem Kahne über. Sie langten noch eher zu Hause an, als der Weinbauer daselbst eintraf. Es war finster geworden, Sabine hatte Licht gebracht, und Erich hatte beschlossen, nicht wie er Sabinen gesagt hatte, morgen, sondern noch heute mit dem Weinbauern zu sprechen und Sabinens Hand von ihm zu begehren. Der Alte kam und Johannes verließ das Zimmer, er ging hinaus in den Garten und setzte sich in eine Laube.

Nach wenigen Minuten erschien auch Sabine im Garten, sie faltete die Hände, blickte schweigend zum Himmel, sie schien ein stummes Gebet empor zu schicken, dann setzte sie sich still auf ein Bänkchen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen, als wolle sie nichts von der Außenwelt sehen und nur vor ihrer Sele stumme Bilder vorüber ziehen lassen. Da hörte sie in ihrer Nähe Tritte, sie sprang auf, und eine Gestalt, die sie im Finstern nicht erkennen konnte, stand vor ihr. Aber auch Johannes hatte den Herbeischleichenden bemerkt und sich ungesehn hinter das Gebüsch geschlichen, wo Sabine saß.

»Wer ist da?« sagte Sabine zusammenschreckend, aber leise, sie glaubte die Gestalt Erichs zu sehen, dennoch überlief sie ein Schauer, als sie weiter fragte: »Erich, bist Du's?«

»Ich bin's,« flüsterte die Gestalt, »ich bin Erich. Bleibe, Sabine, warum willst Du mir entfliehen?«

»Erich, was willst Du? Warum bist Du nicht drinnen beim Vater?«

»Weil ich Dich hier im Garten wußte, geliebtes Kind. Bleibe bei mir, der Ort ist so still, setze Dich zu mir und wehre meiner Liebe nicht. Du weißt, wie heiß ich Dich liebe, willst Du mir eine schöne Stunde mißgönnen?«

Die Gestalt zog Sabinen zu sich nieder auf die Bank, das Mädchen bebte, ihre Brust hob sich, und angstvoll entgegnete sie:

»Ach, Erich, so bist Du ja sonst nicht!«

»Laß uns Alles vergessen, was sonst geschehn ist, wenn Du mich wahrhaft liebst, so zeige es mir jetzt, laß auch die letzte Schranke fallen, die meinem Glücke wehren will, sei ganz mein –«

»Erich, ich kann Dir nicht widerstehn, schone mein!«

»Laß diese Furcht, geliebtes Kind. Wenn Du mir widerstehst, so glaube ich, daß Du mich nie geliebt hast.«

Eben wollte die Gestalt das Mädchen heftiger umschlingen, da riß diese sich los und rief:

»Nein! Nein! Du bist nicht Erich!«

»Ich bin's, bleib', Sabine!«

In diesem Augenblicke sprang Johannes aus seinem Versteck:

»Du bist nicht Erich, Verräther!«

Ein Faustschlag fiel auf die Brust seines Gegners, daß dieser zurücktaumelte. Johannes sprang wieder auf ihn zu, packte ihn bei der Brust und erkannte Bernhard. Wüthend riß er den vor Schrecken Sprachlosen mit sich fort zum Ufer, Bernhard aber faßte ihn jetzt um den Leib, sie rangen einige Augenblicke mit einander, da strauchelte der Maler und fiel zu Boden. Im Nu setzte Johannes das Knie auf seine Brust und rief mit gedämpfter Stimme:

»Wenn ich Dich jetzt loslasse, so steigst Du in den Kahn und ruderst davon! Widerstrebst Du nur eine Minute, so mache ich Lärm, und dann wartet ein ander Loos Deiner! Ich behandle Dich so gelind, um den Ruf Sabinens zu schonen, aber von nun an nimm Dich in acht! Jetzt entflieh, Nichtswürdiger!«

Bernhard sprang vom Boden auf, er biß die Zähne knirschend zusammen, sein Verfolger, der auf seiner Brust gekniet, hatte ihm fast den Athem erstickt, er bebte am ganzen Leib vor Wut, krampfhaft ballten sich seine Hände. Hurtig sprang er in den Kahn, und als er ihn einige Ruderstöße vom Ufer entfernt hatte, rief er mit bebendem Lachen zurück:

»Das Maaß ist voll, alberner Tugendwächter! Von nun an gilt's: Leben um Leben!« –

Alles dies war das Werk weniger Minuten gewesen. Johannes eilte zurück zu Sabinen, die halb bewußtlos auf die Bank niedergesunken war, und indem er ihr Mut einsprach und sie bat, nur um Alles jetzt ruhig zu sein, führte er sie ins Haus, woselbst sie unter Thränen von ihm fort eilte, während er selbst seinen Platz vor der Thür nahm, um das Resultat von Erichs Besprechung mit dem Weinbauern abzuwarten.

Wir müssen jetzt um eine Viertelstunde zurückgehen, um über diesen letzten Punkt gehörig berichten zu können.

Erich hatte sich gleich nach des Weinbauern Heimkehr an diesen heran gemacht, und ihm in einfachen, herzlichen Worten seine Bitte vorgetragen.

»Geben Sie mir,« schloß er, »Ihre Sabine, Sie sollen einen dankbaren Sohn an mir haben!«

Der Weinbauer sah ihn erstarrt vor Verwunderung an, er legte seine kurze Pfeife aus dem Munde, durchmaß schweigend und mit großen Schritten das Zimmer, dann stand er vor Erich stille und sagte, indem er ihm fest in die Augen sah:

»Herr Helldorf, nichts für ungut, aber – das geht nicht!«

Erich war darauf nicht gefaßt gewesen, Stolz und Entrüstung erfüllten ihn plötzlich, aber es galt ja die Erringung eines so theuren Gutes, er überwand sich daher und legte dem Alten die Bitte noch einmal, und zwar noch dringender ans Herz. Dieser aber blieb bei seinem ersten Ausspruche, Erichs Unmut wuchs, der Starrheit des Weinbauern gegenüber, von Sekunde zu Sekunde, er verlangte Gründe der Weigerung.

»Gründe?« sagte der Weinbauer, »gut, ich will Ihnen meine Gründe sagen. Erstens sind Sie zu jung, und die Sabine hat auch noch Zeit; zweitens sind Sie zu vornehm, die Sabine ist ein Bauernkind, und so hat die Sache keinen Schick. Sie würden sich des Mädchens überall zu schämen haben, und die Sabine würde ihr Lebtag unglücklich sein. Lassen Sie mich ausreden! Was Sie da sagen, Sie wollten mir ein dankbarer Sohn sein, so klingt das gar schön, ist aber nichts. Sie würden mich in Ewigkeit für einen dummen Bauern halten, und ein Bauer bin ich und will ich bleiben, hab' ich auch keinen Herrenverstand, so hab' ich doch auch meinen Kopf und meine gesunden Sinne. Ich sag's Ihnen grad heraus, ich wünsche mir keinen Tochtermann wie Sie sind, ich hab' nichts gegen Ihre Person, aber für den Sohn dank' ich. Das wär' mir schön, wenn ich immer müßt' den Hut abziehn und unterthänig sagen: Herr Sohn, haben Sie die Gnade! Oder: Wenn's der gnädige Herr Sohn nicht für ungut nehmen! Auf Dergleichen bin ich nicht eingeübt, hab' auch keine Lust mir's anzugewöhnen. Lassen Sie mich ausreden! Sie haben weder Amt noch Stellung in der Welt, und weil Sie das nicht haben, dünkt's Ihnen nicht schwer, ein Bauernkind zu sich heraufzuziehen, hernach aber werden Sie die Sache satt kriegen, Sie werden selbstständig schaffen wollen, Sie werden einen Platz einnehmen, wo Sie das ungehindert können, damit zugleich werden Sie in die große Welt eintreten müssen, und da wird hernach die Zeit kommen, wo Sie das arme Bauermädel zum Henker wünschen werden!«

»Nein, Alter, seid versichert, daß ich das nicht werde! Allerdings denke ich mir einst einen selbstständigen Wirkungskreis zu gründen, und erfreulich soll es für mich sein, wenn er sich weit und umfassend ausdehnt, aber bei alledem wird mein ›Eintreten in die Welt‹, wie Ihr es nennt, nie von der Art sein, daß ich meine Sabine darüber vergessen könnte, geschweige, daß sie mir hinderlich werden könnte. Ach, wüßtet Ihr, guter Mann, wie ich Sabinen liebe, so würdet Ihr keinen Zweifel an unserem einstigen Glücke hegen. Ich weiß, daß ich sie glücklich machen kann, ich will von ihrer einfachen und schönen Natürlichkeit nicht einen Hauch verwischen, und will ihr, wenn sie es verlangt, durch meine Liebe so viel von dem schenken, was die Menschen Bildung nennen, als ich kann. Aufrichtig gestanden – ich sage das nur Euch zum Troste, denn ich will meine Sabine nicht anders als sie ist.«

»Das geht ja, als hättet Ihr sie schon! Macht Euch keine vergeblichen Hoffnungen, ich geh' nicht ab von meinem Entschlusse, denn ich weiß, daß aus Dergleichen nichts Gutes entstehen kann. Ich kenne die Welt! Gleiches soll sich zu Gleichem gesellen, anders wird's nicht recht, die Erfahrung hab' ich mein Lebtag gemacht. Lassen Sie mich ausreden! Wenn ich mich jetzt beschwatzen ließ und gäb' Euch junges Volk zusammen, ja da wär' für eine Zeitlang die Freude groß. Aber hernach, wenn ich anfragen käm' nach Jahren – ja Prosit die Mahlzeit, da hätten wir's Elend! Und dazu, Herr Helldorf, ist mir die Sabine zu schade, da freien Sie lieber das gnädige Fräulein, die Gräfin da vom Schlosse, die paßt eher für einen reichen Mann wie Sie sind! Jetzt aber lassen Sie die Sache ruhn –«

»Ihr bleibt nicht bei der Sache,« rief Erich heftig, indem er den Weinbauer dies Mal nicht ausreden ließ; »ich forderte von Euch Sabinens Hand, und ich verbitte mir auf jedes andre Verhältniß anzuspielen. Die Gräfin geht weder mich noch Euch an, und Ihr habt meinen Stolz schon genug verletzt durch Eure Weigerung!«

»So, hab' ich das? Hoho, werter Herr, unsereins hat auch seinen Stolz, Sie brauchen nicht zu glauben, daß Sie mir eine Ehre anthun durch Ihr Anerbieten. Wenn ich aber von der Gräfin sprach, so habe ich auch meine Gründe. Herr Helldorf, ich hab' Sie oft genug gewarnt, daß Sie sich mit der Herrschaft da vom Schlosse nicht einlassen sollten. Sie haben nicht drauf gehört – gut, ich bin ein dummer Bauer! Aber wahr bleibt doch wahr, und, wer in den Bereich von den Leuten tritt, der kriegt sein Antheil vom Unglück mit ab, denn die da sind gezeichnet.

Jetzt hören Sie zu, was ich Ihnen sagen will. Da ist der Mathes, der hat auch daran glauben müssen, der hat's mit der Else gehalten, die Else aber war des Grafen Kind! Da haben Sie's! Wundern Sie sich? Die Else war des Grafen Tochter, der hat in seiner Jugend ein armes Mädchen unglücklich gemacht, das ist gestorben, die Else ist übrig geblieben – auch sie war gezeichnet, das Unglück stirbt in dem Hause nicht aus. Der Müller, der das Kind zu sich genommen hatte, ist verschwunden, wer weiß ob er eines ehrlichen Todes gestorben ist. Der alte Graf ist besessen, die junge Gräfin kommt auch nicht so davon. Sie gehen in dem Hause ein und aus, Sie werden auch nicht leer ausgehn. Das sind Albernheiten, nicht wahr? aber lassen Sie mich ausreden.

Sehn Sie und so denk' ich: Große Herrn haben's schwer rechtschaffen zu bleiben, man muß sich also hüten, ihnen Gelegenheit zu geben, daß sie ihre Rechtschaffenheit verlieren. Von Ihnen, Herr Helldorf, weiß ich nichts Uebles, ich kann aber auch nicht wissen, was Sie hinter sich haben, und wenn ich's wüßte, so könnte ich mit meinen Gedanken kaum unterscheiden, was Recht und Unrecht gewesen ist. Denn in der großen Welt richtet man mit andern Sinnen, als unsereins thut. Ich aber will für die Sabine einen Mann, den ich von Jugend auf kenne, von dem ich weiß, wie viel er hat, wie viel er erwerben kann, wenn er fleißig schafft, dem ich den Kopf zurecht setzen kann, wenn er dumme Streiche macht, kurzum einen Mann, der hier in der Gegend geboren ist, der hier bleibt, und dessen Wirkungskreis ich übersehen kann. Aber einen Herrn, der, wenn ich ihm sag', wie ich's will, mich über die Schulter ansieht und spricht: Halt's Maul, Bauer, das verstehst Du nicht! So einen Tochtermann kann ich nicht brauchen!«

Der Alte hatte heftig gestikulirt und war in Hitze geraten, er schritt jetzt wieder mit mächtigen Schritten durch's Zimmer. Erich war in großer Aufregung, er that sich die äußerste Gewalt an, um nicht loszubrechen, denn er fühlte sich von der Schroffheit des Alten vielfach beleidigt. Sabinens Bild trat mit flehender Geberde vor ihn, und der Gedanke durch erneute Heftigkeit die Starrheit des Alten vielleicht noch zu vermehren, war zu drohend, als daß er nicht Alles hätte aufbieten sollen, ruhig zu bleiben.

»Wir geraten in einen unnötigen Eifer, lieber Weinbauer,« sagte er, »und freilich ist es Euch nicht zu verdenken, wenn Ihr jede Ueberlegung zu Rate zieht, ehe Ihr Euer Kleinod, Eure Sabine, fortgebt. Ich ehre das, und seid versichert, daß kein Unwürdiger sie von Euch erbittet; wenn Ihr mich erst länger kennen werdet, hoffe ich, daß Ihr Nichts an mir sollt auszusetzen haben, und wie ich Euch in Ehren zu halten habe, das weiß ich längst. Ihr seid nur auswendig so strenge, ich habe schon Gelegenheit gehabt, Euch von einer sanftmütigen Seite kennen zu lernen, und zwar auch in Betreff von Menschen, die sich lieb hatten, weil das Geschick sie für einander bestimmt hatte. Denkt daran, wie Ihr über den Mathes und die Else urtheiltet, da vertheidigtet Ihr das unglückliche Par –«

»Hoho!« rief der Weinbauer, »das ist ganz was Andres! Wenn's Unglück da ist, da richtet man nichts mehr aus mit Verdammen und Schelten, oder wenn Einem auch anfangs die Galle überläuft, hernach denkt man drüber nach, und sucht zu entschuldigen, was man kann. Aber wenn man's Unglück kommen sieht und kann's verhindern, da wär' man ein Narr, gradaus hineinzurennen, da ist man rüstig, daß man's abwehrt, und läßt sich nichts vormachen.«

»Und wenn ich Euch nun sage, daß auch Sabine nicht ohne mich leben kann?«

»So werd' ich ihr zeigen, wie man's macht, ich kann's!«

»Und kurz und gut, Ihr verweigert mir Sabinens Hand?«

»Und kurz und gut, ja, das thu ich!«

Erich war auf dem Gipfel der Entrüstung, denn das Benehmen des Weinbauern war allerdings von der Art, daß auch ein Mensch von geringerem Selbstbewußtsein davon entflammt werden mußte! In höhnischem, ja geringschätzigem Tone hatte er die letzten Worte gesprochen, dann ging er, die Hände auf dem Rücken, pfeifend im Zimmer umher, sah bald zum Fenster hinaus, blickte bald in einen Schrank, er machte sich mit der gleichgültigsten Miene allerlei zu schaffen, und that, als wäre Erich gar nicht im Zimmer.

»Gut denn,« rief Erich höchst aufgebracht, »ich habe Alles versucht, was jetzt geschieht, habt Ihr Euch selber zuzuschreiben!«

Er konnte nicht mehr an sich halten, so sehr auch durch seine Sele ein banger Ton, gleich Sabinens Stimme, klagte und bat, daß er nicht heftig werden solle. Das Scheidewort war ausgesprochen, von nun an gab es keine Brücke mehr zu dem Herzen des Alten. Erich fühlte das und zuckte schmerzlich zusammen, aber es war nun einmal geschehn, und für den Augenblick überwog seine Entrüstung.

Des Weinbauern Gleichgültigkeit und Ruhe war aber nur eine gemachte gewesen, die letzten Worte Erichs entzündeten seine ganze Wut. Bebend vor Zorn fragte er ihn, was er damit sagen wolle? Erich verschmähte es aber, jetzt noch ein Wort zu verlieren, und schritt nun seinerseits mit angenommener Kaltblütigkeit aus dem Zimmer.

Draußen stand Johannes, der das Hauptsächlichste der Unterhaltung gehört hatte, dieser nahm den Freund schweigend am Arme und führte ihn fort. Erich war noch in heftiger Aufregung, er hatte Mühe sich zu beruhigen, und als er es endlich erlangt hatte, trat ihm doch die ganze Trostlosigkeit seiner Liebe zu Sabinen wieder vor die Sele.

»Was nun thun?« seufzte er, »es ist Alles vorbei, mit dem Alten komme ich niemals wieder in ein erträgliches Verhältniß!«

»Ich weiß einen Ausweg,« sagte Johannes zögernd, »es ist ein gewagter Schritt, und es gehört Entschiedenheit dazu: Du entfliehst mit Sabinen!«

Das Wort war ausgesprochen und fuhr wie ein blendend heller Blitzstrahl, der, obgleich erschreckend, doch zugleich beleuchtend, die ganze finstre Umgebung erhellt, durch Erichs Sele. Johannes wollte dem Freunde auch den Angriff Bernhards auf Sabinen nicht verschweigen, er erzählte ihm Alles, stellte ihm vor, wie so Vieles sich jetzt drohend um ihn dränge; Beate werde, so meinte er, es sich durchaus nicht nehmen lassen, thätig einzugreifen; vom Weinbauer sei eher etwas in Betreff Sabinens zu fürchten, als zu hoffen; Bernhard habe allen Willen ihm zu schaden, und Corona habe durchaus noch nicht mit ihm abgeschlossen. Er müsse daher Sabinen entführen, sich schnell mit ihr trauen lassen, und sie in Sicherheit bringen, dies sei der einzige Ausweg. Er wußte diesen Schritt so beredt als notwendig dazustellen, er versprach selbst thätig Alles dazu anzuordnen, daß Erich, dem nach dem ersten Auflodern, einige Zweifel gekommen waren, endlich daran festhielt, es schien ihm der einzige Hoffnungsanker zu sein, und die Aussicht auf den so schnellen Besitz Sabinens entflammte alle seine Lebensgeister.

Es sei dies auch Alles nur um Sabinens willen, meinte Johannes ferner; sei diese erst geborgen und sein Eigenthum, dann könne er ja doch noch zurückkehren und allen feindlichen Verhältnissen männlich entgegentreten. Es brauchte kaum der Ueberredung mehr, Erich hatte bereits seinen Entschluß gefaßt, aber an Einem fehlte es noch – an Sabinens Einwilligung. Es wurde abgemacht, daß Johannes am nächsten Morgen mit einem Briefe Erichs zu ihr gehen solle, denn dieser selbst durfte des Alten wegen das Haus nicht mehr betreten, und was der Brief nicht bewirken könne, das sollten Johannes' Worte und Vorstellungen thun. Beide waren der besten Hoffnung, daß ihr Plan sich werde ausführen lassen, und Erich jubelte im tiefsten Herzen, sein Kleinod, das die Menschen ihm vorenthalten wollten, mit Gewalt und List ihnen zu entreißen.

In großer Aufregung waren die Freunde nach Heimbach zurückgekommen, Johannes versprach gleich mit Tagesanbruch zu Erich zu kommen, um das Weitere zu besprechen, denn für den Augenblick durchkreuzten wol zehn Pläne auf einmal ihre Gedanken.

Erich fand im Hause Alles still und schlummernd, nur in der Kammer, worin die gestorbene Muhme lag, schwelte noch ein mattes Nachtlämpchen. Die Menschen stellen auch da noch gern ihr Lämpchen auf, wo das Geschick längst die Lichter ausgelöscht hat.

Als Erich auf sein Zimmer gegangen war, fand er auf dem Tische eine Karte liegen, darauf stand der Name: Arthur Mac Kenneth. Es war der Name des ehemaligen Verlobten Corona's. Wie war er hergekommen? Hatte er sonst Etwas gesagt? Wollte er wieder kommen? Alles schlief im Hause, Niemand konnte heut mehr darüber Auskunft geben.

*


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