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10.
Die Trümmer der Weilburg.

Erich mochte noch nicht zur Ruhe gehn, die Ereignisse des Tages und die Erzählung des Weinbauern hatten seinen Geist mächtig aufgeregt. Die Gestalten der Muhme und des Mathes hatten ein ganz neues Interesse bei ihm gewonnen. Hier, in der untersten Schicht des Volkes hatte er einen kleinen Kreis von Menschen kennen gelernt, in welchem der ganze Ernst des Lebens gewaltet, in welchem der ganze Umfang menschlichen Jammers und Leidens zur Erscheinung gekommen war. In trübselige und bange Empfindungen versetzt, schritt er ein Stück zum Dorfe hinaus. –

»So braust denn,« dachte er, »der Vernichtungssturm des Schicksals unaufhaltsam über den Häuptern der Sterblichen einher? All unser Denken und Empfinden ist nur der leichte Schaum, nur ein Tropfen, der zerrinnt in der Riesenwelle, die ein Orkan peitscht und gegen das Ufer schleudert, wo er im dürren unfruchtbaren Sande verloren geht. Muß denn die kleinste, verzeihlichste Schwäche der menschlichen Natur wachsend zur verheerenden Lawine von Schuld und Vergehen anwachsen, und, Alles mit sich fortreißend im tobenden Sturze, dahinrollen zum Ziele ewiger Vernichtung? Glaubt der Mensch gebüßt zu haben, was er verfehlt, ja war sein Fehler selbst noch schön und edel zu nennen, und glaubt er mit stolzer Kraft überwunden zu haben, um geläutert das Ziel seines Lebens zu erringen, dann tritt mit ehernem Richterschwert das Geschick vor ihn und ruft ihm zu: Du glaubst gebüßt, Du glaubst überwunden zuhaben? Thor, der Du bist! Dich selbst hattest Du zum Richter gestellt, Du richtetest Dich mild nach Deinem Gefühl, nach Deinem Gutdünken – hier stehe ich, ein andrer Richter, mir bist Du Sühnung schuldig! Du richtetest nach menschlichen, ich nach ewigen Gesetzen. Gott, mein Gott, ist es so? Dann wehe mir und meiner Liebe, dann ist sie, der ich die Freundschaft opferte, das Samenkorn, aus dem mir Fluch und Vernichtung erwachsen muß. O Sabine, und Du, mein Johannes, bin ich in Eure Kreise getreten, um die zarten Fäden, die das Glück den Sterblichen spinnt, Euch zu zerreißen, und Euch mit mir zu ziehen in eine Bahn, auf der Tausende vor mir dahinschritten, um in umnebelter Ferne ein blühendes Land zu erreichen, und nicht wieder kehrten, weil es nur ein ausgespanntes Trugbild vor dem Abgrund war! Ihr reinen, geliebten Selen, könnt' ich Euch fern halten von all dem Elend!« –

In solchen Gedanken war er verloren, als er sich plötzlich im Finstern am Arme gefaßt fühlte. Er fuhr aus und rief: »Wer ist da?« –

»Still,« antwortete eine Stimme, »machet keinen Lärm. Kommt noch mit bis dahin, wo der Wald dicht steht, da sag' ich Euch meinen Namen.«

»Ich gehe nicht mit, bevor Du mir Deinen Namen sagst. Es ist finster, wer steht mir für Deine Absichten?«

»Ich thu Euch kein Leid, und bitt' Euch, kommt. Ihr sollt mein Gesicht nachher bei Licht sehen.«

»Keinen Schritt. Erst kommst Du mit mir, und zeigst mir Deine Gestalt da, wo ich sie sehn will, dann werde ich weiter überlegen, ob ich mit Dir gehe oder nicht.«

Erich hatte bei diesen Worten die Gestalt fest angefaßt, um sie mit sich fort zu ziehen. Sie hatte ihre Worte nur leise geflüstert, und er hielt es nicht für unmöglich, daß er den Maler vor sich habe. Die Gestalt aber suchte sich los zu machen und entgegnete flüsternd wie vorher:

»Ich hab' ja kein Arges mit Euch vor, ich geb' Euch mein Wort. Und wenn Ihr denn meinen Namen durchaus wissen wollt, ich bin der Mathes.«

»Der Mathes bist Du? Was willst Du von mir?«

»Ich hab' eine Bitte an Euch, aber Ihr müßt mir folgen, und fragt mich nicht, als bis wir an Ort und Stelle sind, ich kann's vorher nicht herausbringen, was ich zu sagen hab'.«

»Wohin soll der Weg gehn?«

»Da nach dem alten Gemäuer hinauf. Und daß Ihr nur nicht denkt, ich könnt' Etwas im Schilde führen, will ich Euch gleich sagen, daß ich Euch ein Bild zeigen will – pst! es hat's doch Niemand gehört?«

»Dasselbe Gemälde, welches früher in der Kapelle hing?« fragte Erich, der jetzt aufmerksamer wurde.

»Dasselbe, von dem die Leute sagen, es wär' verhext.«

»Komm, ich folge Dir.«

Erich schritt neben Mathes her, den Bergweg empor. Es war undurchdringliche Finsterniß um sie her, Erich hatte Mühe auf dem Wege zu bleiben. Einige Mal war's ihm, als sähe er eine andre Gestalt an sich vorüber huschen, und der Argwohn stieg in ihm auf, Mathes sei vielleicht dennoch im Solde des Malers. Er machte sich auf Alles gefaßt und spannte seine ganze Achtsamkeit an, um für jeden Angriff wenigstens die Kraft seiner Arme als Waffe benutzen zu können. Einige Mal strauchelte er über Baumwurzeln und stieß sich an Stämmen, Mathes aber faßte ihn unter den Arm und führte ihn darauf sichrer.

Sie mußten jetzt auf der Höhe der Burg sein, als Mathes rief:

»Jetzt rechts! Haltet Euch an mir fest.«

Er stieg darauf einige Stufen langsam hinan, damit Erich behutsam folgen könne, hier und dort waren schon Mauerreste zu bemerken. Durch diese nun ging der Weg, behutsam und umhertappend, dann durch Gestrüpp und Strauchwerk noch eine Reihe von Stufen hinauf. –

»Halt,« rief Mathes, »keinen Schritt links!«

Erich sah um sich, sie standen auf einer engen Steinplatte, die nur für zwei Menschen Raum bot, links hob sich die himmelhohe Mauerwand von verwitterten Quadersteinen, rechts aber zeigte das ungewisse Sternenlicht einen unermeßlichen Luftraum, unten senkte sich steil und grade hinab die Grundsteinmauer der Burg, und darunter der ebenso steile Felsen, auf welchen sie gebaut war. Von fern glänzte der Strom wie ein stahlgraues Metallband, von den schwarzen Umrissen der Berge umgeben, und der Wind rauschte empor aus den Wipfeln der Bäume in der gähnenden, schwarzen Tiefe. Sie standen auf einer schwindelnden Höhe.

»Mathes, wohin führst Du mich?« fragte Erich schaudernd.

»Haltet Euch nur fest an mir,« sagte Mathes, indem er einen Schlüssel zog und ein kleines Pförtchen öffnete; »wir sind gleich am Ziele.«

Erich mußte sich bücken, und Mathes schob ihn hinein. Sogleich machte dieser Licht und zündete eine Fackel an. Erich sah sich in einem sehr engen Raume, welcher zu einem Zimmer eingerichtet war. Der Raum war kaum fünf Schritte lang und ebenso breit, zwischen rohen, verwitterten Mauern, über welche oben Bretter gelegt waren zum Schutze vor dem Regen. Ein Fenster war nicht sichtbar und das ganze Mobiliar dieser Wohnung bestand in einem roh zusammengefügten Bett, über welches trocknes Laub und Stroh gebreitet war; einem Tisch von derselben Art und einigen irdenen Gerätschaften für den Gebrauch des Kochens. In einer Ecke war ein niedriger Herd, auf welchem die Asche noch glimmte.

»Das ist meine Wohnung,« sagte Mathes.

»Laß uns eilen wieder hinauszukommen,« entgegnete Erich, »der Kienrauch der Fackel benimmt mir fast den Athem. Das Bild sehe ich auch nirgends hier, also ist hier wol nicht das Ziel unsrer Wanderung.«

»Gleich gehn wir weiter,« sagte Mathes, »da nehmt aber noch einen Schluck Rum, daß Euch hernach in dem Kellergewölbe nicht friert.«

Er holte aus einer Ecke eine Flasche, Erich mußte einen Zug daraus thun, und er setzte sie nach ihm an den Mund. Darauf nahm er die Fackel, öffnete eine zweite Pforte, und sie standen wieder im Freien, mitten unter Schutt und zertrümmerten Mauern, die hier zackig sich emporhoben in die Luft, dort mit halb zerfallnen Fensterreihen und Thoren sich umherzogen und ein großes, finstres Labyrinth um die beiden nächtlichen Wandrer bildeten. Fledermäuse und Mauerfalken schwirrten, aufgeschreckt durch das Licht der Fackel, aus ihren dumpfen Höhlen, und stoben mit Geschrei wieder auseinander, wenn sie in die Flamme geraten waren und sich die Flügel versengt hatten.

Mathes schien hier jeden Stein zu kennen, er schritt voran, ließ links einen starken runden, noch wohlerhaltenen Thurm liegen, und wandte sich hinunter zwischen zwei vom Rauch geschwärzten Pfeilerreihen zu einem großen Portale. Dies war der Ort, wo die Kapelle stand, die nun neu erbaut werden sollte. Es war wenig davon übrig, doch schien die Flamme weniger gehaust zu haben, als die Wucht des stürzenden Gewölbes. Heiligenbilder, theils verstümmelt, theils noch erhalten, standen noch an den Wänden, vorzüglich erhalten war eine Gruppe kniender Figuren in Rüstungen, die einen Sarkophag von schwarzem Marmor, auf einem fünf Fuß hohen Piedestal von demselben Stein, umgaben. Ueber demselben sah man an der Wand ein großes Quadrat mit dunklen Umrissen, hier mußte der Platz jenes Bildes gewesen sein.

Mathes schritt weiter, und sein Gefährte konnte sich eines leisen Schauers nicht erwehren, als er, von dem roten Schein der Fackel beleuchtet, diese Todesstätte einstiger Größe durchwanderte. Mehrere Stufen schritten sie abwärts und Mathes leuchtete in einen finsteren bedeckten Gang hinein. Erich gebot ihm die Fackel höher zu halten, um die Architektur eines Portals genauer zu betrachten. Brombeergesträuch und dichter Epheu überhing das alte Weilburg'sche Wappen, in Sandstein ausgehauen, drüber aber war ein abscheuliches Dämonengesicht von einer andern Steinart, augenscheinlich viel später, eingefügt. –

»Nehmt jetzt die Fackel,« sagte Mathes, »und schreitet voran den Gang hinab, damit Euch der Rauch nicht ins Gesicht schlägt, ich folge nach.«

Sie schritten mehrere Folgen verfallner Stufen hinab, dann ging der unterirdische Gang eben fort. Mathes schob den Riegel einer ziemlich großen eisernen Thür auf, und sie standen in einem hochgewölbten Kellerraum. Hier hatte die Menschenhand nicht mehr Stein auf Stein gethürmt zur Wolkenhöhe, nein, sie hatte sich tief eingewühlt in den Urfelsen der Natur. Es war eine dumpfe, ungesunde Luft in diesem Raume, und von der feuchten Decke fielen unaufhörlich Tropfen nieder. Mathes schritt nach einer Ecke hin und beleuchtete ein Gemälde, welches an der Wand lehnte.

Erich überlief ein Schauer, als er dieses Bildes ansichtig wurde. Ein Mann in der Haustracht jener Rittertage, mit wild verworrenem Har, blutunterlaufnen Augen und gräßlich verzerrten Zügen, steht mit aufgehobnem Schwerte da, und vor ihm kniet eine weibliche Gestalt, mit gebundnen Händen und erwartet den Todesstreich, der auf ihren weißen Nacken fallen soll. In ihren Mienen lag alle Unschuld ausgeprägt, die erhobenen Augen blickten flehend zu dem empor, dessen Streich sie eben niederstrecken sollte, um ihren Mund aber lag Todesangst und Schauder ausgegossen. –

Erich erstarrte. Das waren die Züge Coronas, nur nicht so edel und ruhig groß, hier hatte die Kunst sich im Grauenhaften zu sehr gefallen. Die übrigen Figuren des Bildes waren weniger bedeutend, es waren ihrer noch drei. Rechts stand ein Mönch mit krampfhaft gefaltenen Händen und zum Himmel gewendeten Augen, er schien die That, welche eben ausgeführt wurde, als ein gottseliges Werk zu preisen; links, etwas im Hintergrunde lag die Leiche eines schönen Jünglings am Boden, ein Diener mit einer Leuchte stand neben ihm und bedeckte entsetzt das Gesicht mit der Hand.

Der dumpfe Raum, in welchem das Bild aufgestellt war, und die grelle, unstete Fackelbeleuchtung, machten den Eindruck desselben noch schauriger. Erich starrte lange, mit fast angehaltenem Athem auf dasselbe hin, ein tiefer Seufzer des Mathes aber weckte ihn aus seiner Bettachtung.

»Die Leute sagen Böses von dem Bilde,« fing er an, »ich glaub's aber nicht, und hab's von der Wand gerissen, als die Kapelle zu brennen anfing, weil ich dabei – immer an Jemand denken muß, der – jetzt schon todt ist. Jetzt will ich Sie aber um Etwas bitten.« –

Er gab Erich die Fackel und lehnte das Bild von der Wand, worauf er die hölzerne Hinterwand desselben, welche sich verschoben hatte, aufthat und einige Pergamente daraus hervor nahm. Es waren zehn beschriebene Blätter, die er Erich reichte mit den Worten:

»Da nehmt das, und thut mir den Gefallen, les't es und sagt mir, was drin steht, und ob was von dem Mädchen dort darin vorkommt.«

»Hier ist eben nicht der Ort dazu, Mathes,« entgegnete Erich, »die Luft ist hier im höchsten Grade ungesund und drückend, gieb mir die Pergamente mit, ich will sie zu Hause lesen,«

»Nehmt sie denn mit, aber bewahrt sie gut.«

»Verlaß Dich drauf. Aber, Mathes, was willst Du mit dem Bilde hier? Du wirst es nicht behalten dürfen, denn es gehört dem Grafen, der beschlossen hat es aufsuchen zu lassen.«

»Still!« rief Mathes, indem er sich erschrocken umsah, »ich hörte Tritte!«

Wirklich waren in diesem Augenblick Tritte zu vernehmen und zwar auf demselben Gange, auf welchem Beide hierher gekommen waren. Schnell stieß Mathes die Fackel auf den Boden und löschte sie aus, dann stürzte er sich auf die Thür und schob einen Riegel vor. Erich wollte durchaus nachsehen, wer ihnen gefolgt sei, sein Führer aber faßte ihn bei der Hand und zog ihn, im Finstern tappend, mit sich fort zu einer andern Pforte.

»Redet jetzt nichts und tretet leise auf!« rief er. Darauf führte er ihn auf einem andern ebenso dumpfigen, und in der Finsterniß noch beschwerlicheren, Wege fort, bis sie endlich wieder den gestirnten Himmel über sich sahen. Erich athmete tief auf, die ganze erlebte Situation kam ihm wie ein schwerer erschütternder Traum vor. Sie standen jetzt auf der entgegengesetzten Seite des Thurmes und bemerkten, gedeckt von den Schatten des Gemäuers und Strauchwerks, zwei andre Gestalten, die einander begegneten.

»Wer da?« fragte die eine.

»So frage auch ich!« entgegnete die andre, in deren Stimme Erich sogleich den Maler erkannte. »Laßt mich meiner Wege gehn,« fuhr Bernhard fort, »sie sind wahrscheinlich nicht die Eurigen. Oder seid Ihr Einer, der in fremden Geldbeuteln spekulirt, so sag' ich Euch, daß die Mühe bei mir verloren wäre, ich führe Nichts bei mir, als ein Messer für alle Fälle – dies zur Warnung!«

»Ihr bleibt durchaus unangefochten, ich habe Nichts mit Euch zu schaffen. Eure Stimme aber scheint mir bekannt, seid Ihr nicht ein Maler? Ich glaube Euch schon gesehn und gehört zu haben. Aber Ihr war't damals ein lustiger Gesell, was thut Ihr hier an diesem Orte,in der Nacht?«

»Ich kann dieselbe Frage an Euch richten. Ihr kennt mich also?«

»Vielleicht. Hattet Ihr nicht früher einen Reisegefährten, es war am Rhein, Ihr sanget in lustiger Gesellschaft, ich sah Euch nur einen Abend beisammen, am andern Morgen wart Ihr schon davon, als ich nach Euch fragte.«

»Ihr könntet recht haben, doch wo meint Ihr, uns gesehn zu haben?«

»In Bingen.«

»Das stimmt allerdings.«

»Derselbe ist noch Euer Gefährte und Freund?«

Erich konnte nichts mehr verstehen, denn die Unterredung wurde leiser geführt, aber eine Entdeckung hatte er gemacht, die ihm mit neuer Besorgniß erfüllte. Er hatte, oder glaubte vielmehr in jener andern Gestalt, der Stimme nach zu urtheilen, den früheren Verlobten Coronas erkannt zu haben. Beide Gestalten gingen mit einander fort, verschwanden im Dunkeln, und nach einer Weile bemerkte Erich aus einem Fenster in der halben Höhe des Thurmes Licht schimmern.

»Was die Zwei nur hier machen wollen?« sagte Mathes leise.

»Kennst Du sie?« fragte Erich.

»Der Eine ist der Maler, der ist schon in der Gegend bekannt, wie ein bunter Hund, hier oben aber hab' ich ihn noch nicht gesehn. Den Andern kenn' ich nicht bei Namen, er ist gar nicht aus dieser Gegend, kommt nun aber schon die dritte Nacht hier herauf. Da oben auf dem Thurme hab' ich ihm eine Wohnung zurecht machen müssen, wie die meinige, da sitzt er die ganze Nacht und schreibt und liest. Wenn der etwa dem Bilde nachstellen will, so steh ich für nichts! Am End' ist er uns heut nachgeschlichen – gut, ich steh' Wache. Aber nun müßt Ihr machen, daß Ihr wieder 'nunter kommt in's Dorf, und bewahrt gar die Blätter gut.« –

Erich sprach nichts mehr, er ließ sich von seinem Führer hinab geleiten. Dieser verabschiedete sich dann und stieg wieder empor zu dem alten Gemäuer.

Mitternacht war längst vorüber, als Erich wieder vor seinem Hause stand, die Hähne im Dorfe krähten bereits. Trübe Ahnungen erfüllten ihn, ihm war's, als zöge sich nun ein finstres Gewölk über seinem Himmel zusammen, und er wäre am liebsten weit in die Welt geflohen. Aber diese Gegend umfaßte ja auch so viel Liebes, das ihm angehörte, und über das er zu wachen hatte, und der Gedanke, Allem, was ihm auch feindlich sich gegenüberstellen wolle, männlich entgegenzutreten, gewann die Oberhand in ihm. Er verschloß die mitgebrachten Pergamentblätter, unvermögend, sie in dieser Stunde zu lesen, und von der Erschöpfung, nach so viel Aufregungen dieses bunten, vielfach bewegten Tages, bewältigt, verfiel er in einen festen, tiefen Schlaf, bis weit in den Morgen hinein.

*


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