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Namensänderung

Am 24. Februar des Jahres 1796 hatte Napoleon Bonaparte seine Verlobung mit der Witwe Detascher-Beauharnais bekanntgegeben. Am 7. März wurde er zum Oberkommandierenden der Italienarmee Es ist zu einem historischen Gemeinplatze geworden, daß Josephine Napoleon das Oberkommando der Italienarmee als Mitgift in die Ehe gebracht habe, der unüberprüft übernommen und weitergegeben wird. An seinem Entstehen hat zweifellos Josephine selber ihr Teil, die erst dem Verliebten, allerdings ohne Erfolg, die Meinung hatte beibringen wollen, daß sie ihm die Rangerhöhung bewirkt habe, und die hernach der Behauptung, sie habe ihm so den Weg zum Aufstiege bereitet, nicht widersprochen hat. In Wirklichkeit hatte Barras nur als eines der fünf Direktoriumsmitglieder über die von Carnot vorzuschlagende Ernennung mit abzustimmen, und daß er auch ohne Josephine dem Helfer in den Vendémiairetagen seine Stimme gegeben hätte, unterliegt kaum einem Zweifel. Der Vorschlag, Bonaparte mit diesem wichtigen Kommando zu betrauen, erfolgte in der Tat auf einen von ihm ausgearbeiteten Feldzugsplan hin, den berühmten Plan der Kampagne in Italien. ernannt. Zwei Tage später, um zehn Uhr abends, wurde Josephine vor dem vom Schlaf aufgestörten Maire des zweiten Arrondissements in einem nur von ein paar Talgkerzen erleuchteten, kaum möblierten Amtslokal mit Bonaparte getraut. Die ganze Zeremonie bestand in der Aufnahme eines Protokolls, dessen Verlesung und den Unterschriften. Zeugen für die Braut waren Barras und Tallien, für Napoleon Bonaparte sein augenblicklicher Adjutant und ein Mann namens Calmelet, der von ihm und vor allem von der geschäftereichen Josephine mit der Durchführung von allerlei Geschäften betraut wurde. Bemerkenswert an dem Ehekontrakte ist, daß Josephine sich fast um fünf Jahre jünger gemacht und Bonaparte seinem Alter anderthalb Jahre hinzugefügt hatte, so daß sie hier beide als achtundzwanzig Jahre alt figurieren. Napoleon Bonaparte hatte allerdings seinen Weg nach Frankreich als Knabe schon mit einer Fälschung seines Alters beginnen müssen, durch die ihm die Aufnahme in die Militärschule möglich gemacht worden war, – und seitdem nahm man es in der Familie Bonaparte mit der Angabe von Jahreszahlen, ob sie nun Geburtstage oder Dienstjahre bedeuteten, ganz und gar nicht mehr genau. Zum Beispiel haben die drei Brüder Joseph, Napoleon und Lucien gelegentlich ihrer Eheschließungen alle das gleiche Geburtsjahr 1768 angegeben.

Während Bonaparte seine Verheiratung möglichst bekanntzumachen suchte und sogar der Regierung offiziell davon Mitteilung zukommen ließ, scheint die jeder Feierlichkeit bare Eilfertigkeit der Eheschließung ganz nach dem Sinne Josephinens gewesen zu sein, die es nun mit ihrem Bräutigam hielt, wie viele Jahre zuvor die Beauharnais es mit ihr gehalten hatten. Daß auch von der Bonaparteschen Familie, deren Existenz ihr bisher noch nicht viel Kopfzerbrechens gemacht hatte, sich vorläufig kein Mitglied gezeigt noch einen Brief geschrieben hatte (obwohl sie Lucien bereits in Gesellschaft mehrmals begegnet war), empfand sie als ihren Absichten durchaus entsprechend, die dahingingen, aus ihrer Umwandlung von der Exvicomtesse de Beauharnais in eine Madame Bonaparte so wenig Wesens als nur irgend möglich zu machen. Übrigens hatte sie der nunmehr zu ihrem Gatten gewordene General des öfteren eifrig mit einer Menge von Daten und Ortsangaben der alten Adelsherkunft seiner Familie versichert – aber sie hatte vorderhand noch weit mehr Gefühl für den Klang von Namen denn für Genealogie. Und den Namen Buonaparte hatte in der Welt, die für sie die Welt geworden war, vor der Vendémiaire-Geschichte sicher keiner je gehört. Und gar Napoleon. Es dauerte Jahre, bis sie sich an dieses Monstrum von Namen gewöhnen konnte.

Das Haus in der Rue Chantereine würde sie ja wohl jetzt mit ihm teilen müssen; aber vorerst würde er ja nicht viel in Paris sein: in zwei Tagen sollte er zu seiner Armee abgehen. Am Abend der Trauung gab es noch ein ganz kleines Essen ohne viel Aufhebens, gerade nur mit den Trauzeugen. Barras war einer davon und mußte natürlich dabei sein, – und Josephinens leicht zu kränkendes Herz ließ Gedanken nicht aufkommen wie etwa den, daß sie noch eine sehr kurze Zeit vorher ein letztes Mal einem der intimen Feste Barras' präsidiert hatte.

Zwei Tage und zwei Nächte blieb Bonaparte mit Josephinen. Es ist nichts über diese achtundvierzig Stunden berichtet. In dem Vorraum des Schlafzimmers im Hause in der Rue Chantereine, in dem Bonaparte am 11. März Josephine das letzte Mal umarmte, war ein Panneau, der einen Adler, einen Blitz in den Fängen tragend, darstellte.


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