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Neuntes Kapitel.
So enden sie.

Der Tag, an welchem die Weihe der Familiengruft stattfinden sollte, war herangekommen.

Trotzdem man von dem Vorhaben wenig hatte verlauten lassen, kam doch eine Anzahl Menschen, um dem Akte beizuwohnen.

Die Feier war erhebend und herzbewegend.

Im ersten Grabe, bestimmt für die unglückliche Lotfahr, stand ein prachtvoller Sarg, welchen der Graf hatte hineinstellen lassen. Der Sarg war mit einem Lorbeerkranz und unzähligen Blumen geziert. Dass der Sarg die irdischen Reste der Brigitte Lotfahr barg, hatte der Graf niemand als dem Priester vertraut, der ja seinen Segensspruch danach einrichten musste. Der Familie Lotfahr wollte er die Wahrheit erst gestehen, wenn sie etwas ruhiger geworden; denn hätte er erzählt, wie die gerichtliche Kommission die Leiche der Unglücklichen gefunden, wie sie sogar nach sprechenden Zeichen annahm – die Lotfahr sei während einer langen Ohnmacht, also lebend begraben worden – die stille, rührende Feier wäre in einen Akt herzzerreißenden, wilden, maßlosen Schmerzes verwandelt worden …

Graf von Starrenberg behielt also das schmerzliche Geheimnis vorläufig noch für sich, begleitete und tröstete die bewegte Familie noch bis nach Hause und eilte dann der Starrenburg zu, um den Gang des neu aufgenommenen Prozesses nun mit aller Kraft und Rücksichtslosigkeit zu betreiben.

Nicht weit von der Burg kam ihm sein Schlossamtmann eilig und zu Pferd entgegen und brachte ihm eine fast unglaublich klingende Nachricht.

Braggen hatte sich in seinem Gefängnis auf die schaudererregendste Weise selbst um das Leben gebracht – und der Junker hatte auf eine bis jetzt unbekannte Weise die Flucht ergriffen.

Ein Brief des Junkers, der zurückgelassen war, lautete:

»Ich gehe, um freiwillig ein Ende meines Lebens zu suchen. Ich gehe in den Krieg – und wenn ich auch unter fremdem Namen falle, ich werde wenigstens meiner Ahnen würdig sterben. Vater – mein letztes Lebewohl! …«

Der Graf starrte lange auf die Zeilen des Briefes, winkte dann dem Schlossamtmann, das angebotene Pferd selber zurückzureiten, und ging gesenkten Hauptes, langsamen Schrittes und sprachlos den Berg hinauf … Er sprach auch den ganzen Tag keine Silbe mehr …

 

Ende

 


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