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Drittes Kapitel.
Werbung zwischen Tod und Leben.

Junker Otto war in Begleitung eines jungen Mönches aus dem nahen Walde getreten und nähert sich der Stelle, wo der Pächter seiner harrte.

Er war in fieberhafte Erregung, schritt bald hastig aus, bald blieb er stehen, und schon seine Gebärden verrieten, dass er mit dem Mönche eine geheimnisvolle Sache leidenschaftlich besprach.

»Keine Zeit verloren!« rief er eben: »Dränge Dich in ihre Nähe, wenn sich der Zug der Brandstelle nähert. Sag', Du hättest Auftrag vom Bischof – ihr Beichtvater wird Dir Raum geben – dann bringst du meine Vorschläge noch einmal an! Noch habe sie die Wahl, sag', zwischen Leben und Tod – zwischen grässlichem Feuertod und Lust und Herrlichkeit an meiner Seite! Ein Wort von ihr – dass sie mein sein wolle – und Gnade und Freiheit sind für sie bereit; – noch ein Wort von ihr, dass sie aufgegeben, ihr schöner Leib fahre dahin, von Rauch und Feuer verschlungen!«

Diese mit gepresster Stimme wildbewegt gesprochenen Worte wurden von dem bald stärker, bald schwächer tönenden Gesang der Mönche begleitet, in welchen sich dann und wann der dumpfe Donner eines über den Bergen hängenden Gewitters gesellte.

»Ich eile«, sagte der Mann im Mönchsgewand, »die süße Beute aus Molochsarmen zu befreien!«

»Vollführ' es, Meister im Berücken – und Dienst gegen Dienst – der nächste Raub einer Sabinerin komme Dir zu Statten!«

Der Mönch entfernte sich in demselben Augenblicke, in welchem Lotfahr, und der Eiche hervortretend, sich bemerkbar machen wollte.

»Verzeiht, mein Herr und Junker«, sagte er jetzt, indem ihn dieser bei einer Wendung zur Seite gewahrte.

»Er schon zurück …?« sagte der Junker betroffen für sich.

»Da bin ich wieder«, fuhr Lotfahr fort: »Etwas früher, als ihr vermeint – aber ich sehnte mich nach Hause – und der Auftrag ist ordentlich ausgerichtet.«

»Dann ist's gut«, bemerkte der Junker kurz und dachte: ‚Er scheint noch nichts zu wissen.'

»Hier ist der Brief des Grafen. Das Rittergut ist feil; doch will er von den Forsten einen Teil für seine Jagd behalten.«

»An den Forsten lag mir viel; doch wird der Handel sich noch machen lassen. Für jetzt habt meinen Dank, Herr Lotfahr – hier einen kleinen Nachtrag meines Dankes …«

»Nein – kein Geld mehr, Junker …«

»Nun, so will ich es auf andere Weise vergüten. Gehabt Euch wohl!«

»Nur noch ein Wort …«

»Nicht gern – was gibt's?« rief der Junker ungeduldig.

»Eine Bitte für eine Unglückliche – eine Verwandte …«

»Für wen?« fragte der Junker finster.

»Für meine arme Base – die eben, wie man sagt, wegen Zauberei zum Scheiterhaufen geführt wird …«

Man hat ihm nur die halbe Wahrheit gesagt, dachte der Junker und setzte dann laut hinzu: »Nun ja. Es verhält sich so. Die Base ist der Zauberei überführt, ist verurteilt – wird verbrannt – Ihr werdet das Gericht in seinem Laufe nicht aufhalten und die Verbrecherin retten wollen!«

»Ich kann nicht glauben …«

»Wo die besten Männer, geistliche und weltliche Rechtsgelehrte gesprochen, da ist's wohl schicklich, dass man ihnen glaube!« polterte der Junker hart.

Auf den Knien flehte jetzt Lotfahr: »Junker – lasst Gnade für Recht ergehen – lasst die Arme leben – so lange wenigstens leben, bis Euer Vater aus dem Krieg heimkehrt!«

»Die Lotfahr – Eure Base will ich sagen – ist verloren – sie rettet niemand als vielleicht ein Wunder ihrer Zauberei. Es gibt ein solches Wunder! Sie versuche es!«

Mit diesen heftig hervorgestoßenen Worten entfernte sich der Junker …

Langsam erhob sich Lotfahr von dem Boden, er erlag beinah' der Last seiner Wehmut.

»Um der Zauberei willen soll sie verbrannt werden, und Zauberei soll ihr helfen!« sagte Tobias, sich nähernd und Lofahr am Arme nehmend. »Kommt und lasst uns gehen«, fuhr er fort: »Ihr seid so still auf einmal …«

»Ich denk' an meine Base – und hab' mein eigenes Weib vor Augen … Ich denk' an Balzers Kinder im Turm – und seh' meine eigenen Kinder vor mir stehen …«

Im Moment lag Tobias schluchzend vor seinen Füßen und fasste seine Hände.

»Was ist Dir?« fragte der Pächter.

»Nichts – nichts«, sagte Tobias, sich wieder aufrichtend: »O, gehen wir …«

Der Gesang der Mönche tönte nah und näher.

»Ich bin wie ein Kind«, sagte Lotfahr, am Arme Tobias' nach dem Dorf hin schreitend – »Die Glieder wie zerschlagen. Ich weiß nicht, wie mir ist … Ja, komm' – ja komm zu meinen Lieben! …«


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