Wilhelm von Polenz
Der Pfarrer von Breitendorf Zweiter Band
Wilhelm von Polenz

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IV.

Gegen sieben Uhr abends hatte Gerland Fröschels Brief erhalten, um acht Uhr bereits saß er im Wagen des Gärtnergewendbauers; – die Fahrt ging nach Annenbad.

Er befand sich in einer Aufregung sondergleichen; die Gedanken wogten wild, wie sein fieberisch erregtes Blut. Tausenderlei drängte sich gleichzeitig von allen Seiten – Gleichgiltiges und Banales eingemengt in ernsteste Erwägungen. Und gerade der Kontrast zwischen den albernen Fratzen seiner Phantasie und dem furchtbaren Ernste des Ereignisses hatte etwas unheimlich Beängstigendes.

Ein Gedanke hob sich wie ein schreckliches Haupt aus der tobenden See seiner Gefühle: wie würde er Fröschel finden? –

Im Innersten hegte Gerland die Überzeugung, daß er zu spät komme. Wer einen solchen Brief geschrieben, der hatte auch nicht gezaudert, auf das Wort die That folgen zu lassen.

Er versuchte es, sich den Freund zu vergegenwärtigen. Und mit einem Male stand der kleine Diakonus vor ihm mit dem kränklich müden Ausdrucke in seinem Knabengesichte. Wie mochte dieses Gesicht jetzt aussehen?

Der entsetzliche Gedanke beherrschte ihn ganz. – Ob er's mit Gift – mit der Pistole – ausgeführt, oder gar? – Eine häßliche Neugier hielt ihn in dämonischem Banne. –

Tief über das Geschehnis in seiner ganzen Bedeutung nachzudenken, dazu war Gerland bisher gar nicht gekommen. Wie ein Schlag hatte es ihn getroffen, betäubend; zur Empfindung wirklichen Schmerzes war er noch viel zu zerfahren.

Einmal versuchte er zu beten; aber eine Welle fremdartiger Gefühle wusch diesen Versuch hinweg. Dann zog er Fröschels Brief wieder hervor, seine Aufmerksamkeit zwingend, las er das Schreiben von neuem – versuchte in den geheimsten Sinn jedes einzelnen Satzes einzudringen.

Als er geendet, war er hoffnungslos; er wußte es jetzt bestimmt, er konnte nur einen Toten finden. So furchtbar der Gedanke war, Gerland fing bereits an, sich an ihn zu gewöhnen, ja mit ihm als einer Thatsache zu rechnen.

Aufsehen würde dieser Fall machen – außerordentliches Aufsehen – der Selbstmord eines Geistlichen! Was für Vermutungen und Kontroversen – wieviel müßiges Gerede und Geschreibe, würde sich an dieses Ereignis knüpfen. –

Daß Fröschel ihm seinen schriftlichen Nachlaß übertragen, erfüllte Gerland im geheimen doch mit Stolz. Zugleich war er im höchsten Grade auf den Inhalt dieses Nachlasses gespannt.

Ob die Mutter schon wußte, was sich ereignet hatte – und wie würde sie es ertragen?

Und als er sich den Schmerz dieser Mutter um solch einen Sohn vergegenwärtigte, wurde dem Geistlichen mit einem Male die Größe des Verlustes klar, den auch er erlitten hatte. –

Die Pferde waren gut gelaufen; der Bauernknecht hatte, aus Ersparnisrücksichten, oder weil es ihn kitzelte, eine behördliche Verordnung zu übertreten, keine Laterne angezündet. Im Walde war es dunkel, wie im Keller, aber die Pferde fanden ihren Weg.

Endlich war der Wald zu Ende, im Thale blitzten lichte Punkte auf – Annenbad. Bald hielt der Wagen vor dem Diakonat.

Gerland musterte die Front des Hauses – durch verschlossene Läden blitzte ein Lichtstreif. Er zog an der Hausklingel – seine Nerven waren so erregt, daß ihn der bloße Klang erzittern machte. Lange mußte er warten, dann öffnete ein weibliches Wesen mit mürrischem Gesichte.

Die Frage, die ihm in diesem Augenblicke auf den Lippen lag, wagte Gerland nicht zu stellen. Er fragte: »Sind schon Leute gekommen?«

Die Frau war offenbar aus dem Schlafe gestört; ärgerlich gab sie zur Antwort, es wären Herren oben.

Gerland stolperte die dunkle Stiege hinauf und klingelte zaghaft an der Vorzimmerthür. Sein Blut hämmerte so heftig, daß er die einzelnen Herzschlage zu hören vermeinte.

Polani war's, der ihm öffnete.

»Wie steht's?« fragte Gerland noch in der Thür.

»Hoffnungslos! – Der Arzt hat ihn aufgegeben.«

Die Thür zum Wohnzimmer war offen geblieben. Gerland sah einen Mann in Hemdsärmeln; ohne zu fragen nahm er an, daß es der Arzt sei. – Sich weiter umblickend, erkannte er im Hintergründe des Zimmers, auf dem Sofa ausgestreckt, eine Gestalt – halbzugedeckt.

Gerland trat näher – zagend – kaum wagte er hinzublicken. – Der Kopf schien unversehrt, die Züge geisterhaft bleich und gedehnt, wie bei einem Toten.

»Er lebt noch?« fragte Gerland. Der Arzt, ein älterer, graubärtiger Mann, nickte.

»Wie –« Gerland stockte – er wußte nicht, auf welche Weise er das ausdrücken sollte. »Wie – hat er's denn ausgeführt?« fragte er schließlich.

»Mit dem Revolver,« erwiderte der Arzt. »Zweimal in die Brust – der eine Schuß ungefährlich – wahrscheinlich der erste, der andere durch die Lunge. Innere Verblutung! – Noch in dieser Nacht wird's zu Ende sein.«

Gerland war tief erschüttert. Merkwürdigerweise rührte ihn am meisten der Gedanke, daß Fröschel gerade in diesem Zimmer das Ende gefunden. Sein Blick suchte die frommen Bilder an der Wand; dort hingen sie: Geburt, Kreuzigung, Auferstehung, Himmelfahrt, schauten mit ernsten Augen herab auf den Sterbenden. Zu seinen Häupten erhob sich das große, schwarze Ebenholzkruzifix mit dem weißen Elfenbeinkorpus. – Gerland entsann sich des Gespräches, das er mit Fröschel in eben diesem Zimmer gehabt, und jener anderen Auseinandersetzung mit der Mutter. Bei diesen Erinnerungen übermannte ihn die Rührung; er ging in eine Ecke des Zimmers und weinte sich aus. –

Jemand trat hinter ihn; eine Hand legte sich auf seine Schulter – es war Polani. Er ergriff Gerlands Rechte und drückte sie. Mit einem Blick gen Himmel meinte Polani: »Es ist sehr traurig, lieber Gerland – sehr traurig.«

»Ist die Mutter unterrichtet?«

»Ich habe telegraphiert, daß er gefährlich erkrankt sei. Die ganze Wahrheit konnte ich ihr doch nicht mitteilen. – Ich fürchte, die Frau wird das nicht überleben. Es ist traurig – tief traurig! – Übrigens, eine Frage, lieber Gerland: auf welchem Wege haben Sie denn eigentlich davon erfahren?«

»Er hat an mich geschrieben.«

»Wer?«

»Nun – Fröschel. Der Brief datiert von gestern; ich erhielt ihn heute abend und fuhr sofort hierher.«

»Und – da hat er ihnen wohl Mitteilung gemacht – in dem Briefe – von seiner Absicht?« –

»Jawohl!«

»Haben Sie den Brief bei sich, Gerland?«

»Allerdings!«

»Darf ich ihn lesen?«

Gerland zog das Schreiben hervor und reichte es dem Amtsbruder.

Während Polani in dem Brief vertieft stand, trat Gerland zu dem Arzte. »Ist er bei Bewußtsein?« fragte er mit gedämpfter Stimme.

»Nein!« war die Antwort.

»Glauben Sie, daß er viel gelitten hat, Herr Doktor?«

»Während der ersten Stunden jedenfalls.«

»Wann hat er 's denn ausgeführt?«

»Am frühen Morgen wahrscheinlich. Gefunden wurde er erst im Laufe des Nachmittags. Das Quartier war leer, niemand hatte die Schüsse gehört. Mir ist erst vor einigen Stunden die Meldung zugekommen, sofort kam ich herüber. Ein hiesiger Kollege hatte bereits die Kugel entfernt, sie saß im Rücken unter der Haut, Aber es ist alles umsonst; der Blutverlust, während der Stunden, wo er hier gelegen, ist zu groß gewesen.«

»Ist er seitdem noch einmal zu vollem Bewußtsein gekommen?«

»Jawohl – vorhin, während der Operation – so sagte mir der Kollege.«

Der Arzt widmete sich jetzt wieder dem Kranken, maß den Puls und sah nach den Bandagen.

Unter den Händen des Doktors schlug Fröschel plötzlich die Augen auf, groß und glänzend. Gerland stellte sich so auf, daß er in das Gesichtsfeld des Liegenden kam; aber Fröschel schien ihn nicht zu erkennen, wenigstens deutete keine Veränderung der Mienen darauf.

»Darf ich ihn anreden?« wandte sich Gerland flüsternd an den Arzt.

»Immerzu! – Aber es wird keinen Erfolg haben.«

Gerland rief einigemale den Namen des Freundes mit deutlicher Stimme. Der starre Gesichtsausdruck blieb unverändert – und dabei diese glänzenden Augen mit dem eigentümlich durchdringenden, tiefen Blicke – ein unheimliches Phänomen.

Der Arzt bereitete eine Eiskompresse für die Stirn und legte sie auf, dann nahm er den Schirm von der Lampe, der bis dahin das Licht gedämpft hatte, und ließ den vollen blendenden Strahl dem Liegenden in die Augen fallen.

Jetzt schlossen sich die Augenlider, zwinkernd, und öffneten sich wieder. Durch die Muskeln um Mund und Nase ging ein Zittern, die Finger begannen zu spielen. Es war klar, das Bewußtsein begann sich einzustellen.

Gerland erneuerte seine Versuche, des Sterbenden Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Nach längerer Zeit schien sich etwas wie Verständnis in den Zügen zu regen. Der Mund öffnete sich, aber ein Ton kam nicht hervor. In der Kehle arbeitete es, wie man deutlich am Muskelspiel des Kehlkopfes erkennen konnte. Der Sterbende machte Anstrengungen zu sprechen. Die Nasenlöcher vibrierten, die Augäpfel schienen herausdringen zu wollen.

Gerland trat dicht an das Lager heran und beugte sich über den Freund. Dann sagte er, jede Silbe betonend: »Ich bin's, lieber Fröschel, dein Freund Gerland aus Breitendorf. – Verstehst du mich?« – Gerland wartete. Etwas wie Verständnis glaubte er aus den Mienen des Liegenden herauslesen zu können. Er fuhr fort: »Hast du noch irgend was auf dem Herzen – einen Wunsch – lieber Freund?«

Weiter kam Gerland nicht, denn jetzt bereitete sich offenbar etwas Außerordentliches in dem Zustande des Sterbenden vor; die Augen verdrehten sich, die Hand kämpfte in die Decken, die Gesichtszüge verzerrten sich, wie im furchtbarstem Schmerze.

»Helfen Sie stützen!« rief der Arzt, und schob dem Sterbenden den Arm unter den Rücken. Gerland griff zu. Ein paarmal hob und senkte sich Fröschels Brust; ein Röcheln, scharf wie ein Rasseln, drang aus dem weit geöffneten Munde, dann ein Ruck durch den ganzen Körper – und ein dunkler Strahl schoß aus dem Munde, so daß Gerland entsetzt einen Schritt zurücksprang. – Eine zweite und eine dritte Ergießung erfolgten. Dann sank der Körper zurück, schlaff, ganz besudelt mit Blut, die Züge entstellt, die Augen weit offen, mit verdrehten Pupillen ins Leere starrend.

»Das ist der exitus,« sagte der Arzt, zog den Arm unter dem zusammengebrochenen Körper hervor und erhob sich.

Gerland stand bebend. – In so entsetzlicher Gestalt war ihm der Tod noch nie in den Weg getreten. Der jammervolle Anblick schnitt ihm ins Herz, und doch war er wie gebannt; er konnte das Auge nicht von der entstellten Masse wenden.

Der Arzt hatte die Hand des liegenden Körpers ergriffen; wie es schien, forschte er noch einmal nach dem Pulsschlage. Gerland hing an den Zügen des Mannes, die nichts als sachliches Interesse wiederspiegelten.

Nach einiger Zeit legte der Arzt die Hand auf die Brust zurück, mit einer gewissen feierlichen Sorgfalt.

»Tot?« fragte Polani.

Jener nickte und machte sich darüber, seine Kleidung zu reinigen.

Gerland stand wie betäubt. Wie aus weiter Ferne klangen die Worte Polanis, der dicht neben ihm stand, an sein Ohr: »Kommen Sie, Gerland – wir wollen ihm die Augen zudrücken.«

Er überließ es dem anderen, diesen letzten Liebesdienst vorzunehmen. Wie ein Traum erschien es ihm, daß Polani an der Leiche niederkniete. Jetzt beten! – Das hätte für ihn gar keinen Sinn gehabt.

Der Arzt rief ihn in die Wirklichkeit zurück. Er hatte seine Sachen zusammengepackt und erklärte, daß er nach der Kreisstadt zurückwolle. Es sei bereits ein Uhr vorüber, meinte er, nach der Uhr sehend; dann warf er noch ein weißes Tuch über die Leiche und entfernte sich.

Polani und Gerland blieben allein bei dem Toten zurück.

Eine Zeit lang schwiegen beide, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend.

»Die Sache wird sehr viel unliebsames Aufsehen machen,« stieß Polani plötzlich hervor.

Gerlands Gedanken hatten sich in ganz anderen Sphären bewegt.

»Sehr unliebsames Aufsehen wird die Sache machen,« wiederholte Polani. »Man wird mir vorwerfen, ich hätte es als erster Geistlicher an der gehörigen Wachsamkeit fehlen lassen. Aber ich bitte einen Menschen, wer konnte denn so etwas ahnen! Daß er nicht positiv, ja daß er ziemlich frei sei in seinen Anschauungen, das wußte man ja. Und ich habe mich's keine Mühe verdrießen lassen, ihn auf den rechten Weg zu führen – im Vereine mit seiner Mutter – dafür habe ich Zeugen. Sie müssen das auch wissen, Gerland.«

Polani seufzte.

Gerland vermochte kein Mitleid mit dem andern aufzubringen. Ja, er konnte sich nicht helfen; Polani war ihm in diesem Augenblicke widerlich.

»Rätselhaft bleibt die Sache doch!« fuhr Polani fort, nichts ahnend von den Empfindungen, die er in dem anderen wachgerufen. »Der Brief an Sie, Gerland, nimmt auf Gespräche Bezug. – Hat er Ihnen denn jemals Andeutungen gemacht über sein Vorhaben?« –

»Hätte er es doch gethan! – Er läge vielleicht jetzt nicht hier.« –

»Und die Manuskripte, von denen er spricht. – Wollen Sie denn nicht nach denen sehen, lieber Gerland? Vielleicht könnten die uns Aufschluß geben über seine eigentlichen Beweggründe.« –

Die Manuskripte! – Gerland hatte in der Erregung der letzten Stunden den Auftrag seines Freundes gänzlich vergessen.

Der Schreibtisch war bald entdeckt, nebenan im Arbeitszimmer.

Vor diesem Schreibtische sitzend, schien Fröschel die That ausgeführt zu haben. Man hatte ihn am Boden neben dem Stuhle zusammengekauert aufgefunden. Auf der Platte lag ein versiegelter Brief: »Nur von meiner Mutter zu eröffnen!« – stand darauf geschrieben.

In dem obersten Fache der rechten Seite – genau wie es der Tote geschrieben – fanden sie die Manuskripte. Eine Anzahl dünner Hefte und loser Bogen in einem Umschlage zusammengeschnürt.

Gerland nahm das Paket an sich und versenkte es in eine Tasche.

* * *

Polani war gegangen. Gerland hatte ihm noch die Treppe hinab geleuchtet, dann kehrte er in das Zimmer zurück.

Endlich allein mit der Leiche des Freundes! –

Er konnte es sich nicht versagen, das Tuch abermals von dem Körper zu heben. Einige Blutspuren verdarben ihm den Anblick. Suchend blickte er im Zimmer umher; Wasser und Schwamm waren zur Hand, und so machte er sich daran, das Gesicht zu reinigen. Dann breitete er das Tuch nur so weit wieder über den Körper, daß der Kopf unverhüllt blieb.

Gerland versenkte sich ganz in den Anblick dieser Züge; die Spuren des Schmerzes waren bereits daraus gewichen. Der Anblick war friedlich. Das Gesicht hatte den Ausdruck kindlicher Zufriedenheit angenommen, der dem Charakter des Verstorbenen doch so fremd gewesen. –

Der Geistliche kniete nieder. Anfangs sprach er angelernte Formeln, wie sie ihm aus seiner Praxis an Sterbebetten und Totenlagern im Gedächtnisse waren – allmählich aber nahm sein Gebet höheren Schwung; bis es in eine Ansprache an den Toten selbst überging.

Wie zu einem Gegenwärtigen sprach er, den Blick auf diese friedlichen Züge gerichtet, die nur von leichtem Schlummer umfangen schienen.

»Lieber Freund,« sagte er, »du bist nun gegangen. Mich allein fandest du würdig, dein Geheimnis zu erfahren; du wußtest wohl, daß ich fähig sei, dich zu verstehen. Wenn du jetzt ein Geist bist – wenn etwas mehr von dir geblieben ist, als das, was hier liegt – seiest du wo du seiest – gieb mir ein Zeichen! – Teile dich mit – verrate mir auf irgend einem Wege das, was du weißt, damit ich nicht in dieser Finsternis weiter tappen muß, in der wir hier gelassen sind. – Bei unserer Freundschaft beschwöre ich dich, gieb mir ein Zeichen!« –

Hier hielt er inne: die Anstrengung, die er gemacht, war außerordentlich. Seine Seele hatte er ausgeschickt, um die des Freundes zu suchen. Für Augenblicke gab er sich der Empfindung hin, jener müsse ihn gehört haben – müsse sich ihm mitteilen.

Eine Erscheinung würde ihn nicht erstaunt haben – sein Auge, sein Ohr wartete auf irgend eine außerordentliche Enthüllung.

Alles blieb stumm. Das Gesicht des Toten lag unbewegt in starrer Ruhe. –

Gerland kam zurück aus seiner Extase zur Nüchternheit. Die Wellen des Empfindens ebbten ruhiger. –

Es gab keine Brücke nach jener unbekannten Welt. Wir besaßen keine Organe, um uns mit der großen Sphynx des Jenseits zu verständigen.

Die heilige Schrift überlieferte zwar allerhand Wunderberichte: die Auferweckung der Toten und die große Verheißung der Auferstehung alles Fleisches.

Herrliche Worte. Trost und Labsal für den, der sie glaubte.

Und hier lag das große Dilemma; glauben mußte man können. – Diese wunderbare Verheißungen versanken wie die Herrlichkeit einer Märchenwelt für den Zweifler. Glauben, – oder, ohne diese süße Musik mit dem Leben fertig werden, das war die Alternative.

Und in diesem Konflikte war der Tote zu Grunde gegangen. –

Gerland erhob sich, er zog das Paket hervor und löste den Faden. Beim Scheine der Lampe, die das Gesicht des Toten geisterhaft beschien, las er Bekenntnis um Bekenntnis, das jener dem Papiere anvertraut hatte. –

Und da ward es ihm wahrhaftig, als dränge eine Stimme von jenseits des Grabes zu ihm herüber. –



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