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13. Kapitel

Eine eisige Zurückhaltung war in dem leichten Kopfneigen, mit welchem Lady Tarkington den beinahe demütig zuvorkommenden Gruß Hertas erwiderte.

»Ich danke Ihnen für Ihre Liebenswürdigkeit, mein Fräulein, aber ich möchte Ihre kostbare Zeit nicht länger in Anspruch nehmen. Auch habe ich einiges mit meinem Sohne zu besprechen.«

Herta preßte die Lippen zusammen. So kühl auch das Benehmen der Engländerin gegen sie während der letzten Tage bereits gewesen war, eine so beleidigende Herablassung, wie sie sich heute in ihrer Haltung und ihrer Redeweise offenbarte, hatte sie ihr bisher doch nicht zu zeigen gewagt.

Aber sie erwiderte nichts und verließ sofort das Zimmer. Von der Schwelle her allerdings warf sie noch einen Blick auf Randolf, und es war etwas so Aufreizendes in dem Blitzen ihrer Augen, daß dem jungen Manne das Blut ins Gesicht stieg, und daß er sich seiner Mutter mit einem Gesichtsausdruck zuwandte, der deutlich genug verriet, daß er in dem bevorstehenden Kampf um seine Liebe zum Äußersten entschlossen sei.

»Wie befindest du dich, Randolf?« fragte Lady Tarkington, indem sie sich einen der kleinen Sessel nahe zu dem Lehnstuhl ihres Sohnes heranzog. »Ich hoffe gut. Der Professor hat uns ja die tröstlichste Auskunft über deinen Zustand gegeben. Und ich freue mich, daß wir nun nicht länger genötigt sein werden, die Gastfreundschaft dieser Dame in Anspruch zu nehmen.«

»Was soll das heißen, Mutter? Du denkst doch nicht daran, daß ich jetzt reisen soll?«

»Gewiß. Es ist dringend notwendig. Und ich habe bereits alle Vorbereitungen getroffen. Wir können morgen früh die Stadt verlassen, und du brauchst nicht zu fürchten, daß dir dabei irgendwelche Strapazen zugemutet werden.«

»Aber ich begreife diese Übereilung nicht. Es liegt meiner Meinung nach durchaus kein Grund dazu vor. Und ich fürchte, daß wir Fräulein von Lindow damit ernstlich verletzen werden.«

»Selbst wenn es so wäre, könnte ich darum meine Dispositionen nicht ändern. Ich kann mich deinem Vater nicht länger entziehen; denn die Nachrichten, die ich in den letzten Tagen über sein Befinden erhalten habe, lauten durchaus nicht so günstig, wie ich es wünschen möchte. Ich würde also unter allen Umständen genötigt gewesen sein, abzureisen, und es ist doch selbstverständlich, daß ich Ruth nicht allein hier hätte zurücklassen können.«

»Wer spricht auch davon, Mutter? Aber du sagst doch selbst, daß der Professor sich günstig über meinen Zustand geäußert hat. Ich kann also eurer Pflege recht gut entraten, und ich werde in einigen Wochen jedenfalls so weit hergestellt sein, um euch folgen zu können.«

»Du weigerst dich also, uns jetzt zu begleiten?«

»Ja, Mutter, da ich den Grund nicht einsehe – –«

»Nun wohl, so zwingst du mich also, ihn dir zu nennen. Laß mich ganz offen sein, mein Sohn. Ich wünsche nicht, daß du auch nur eine Stunde länger, als es unumgänglich notwendig ist, unter dem Dache dieses Hauses verweilst.«

»Und was veranlaßt dich zu solchem Wunsche, Mutter?«

»Die Beobachtungen, die ich zu meinem Schmerz und – ich will es unumwunden aussprechen – zu meiner Entrüstung, während meines Hierseins machen mußte. Mir scheint, du warst mehr als einmal nahe daran, zu vergessen, daß du mit Ruth verlobt bist.«

»Ich habe es nicht vergessen, Mutter –« sagte er, indem er vor dem durchdringenden Blick ihrer scharfen, grauen Augen unwillkürlich die Lider senkte. Und nach einem kleinen Zaudern fügte er, all seinen Mut zusammennehmend, hinzu: »Ich habe es nicht vergessen; denn ich habe ja so schwer, so furchtbar schwer darunter gelitten.«

Die Züge des ernsten Matronenantlitzes wurden so hart und starr, wie wenn sie in Stein geschnitten gewesen wären.

»Was heißt das? Ist es schon so weit gekommen? Du hast diesem Mädchen, für das du den ganzen Inhalt ihres Lebens ausmachst, in deinem Herzen bereits die Treue gebrochen?«

»Ich konnte nicht anders, Mutter! Du darfst mir keinen Vorwurf daraus machen. Denn es ist über mich gekommen, ohne daß ich irgend etwas dazu getan hätte. Was vermögen wir gegen die Gewalt einer Leidenschaft, die uns ergreift, ohne daß unser Wille dabei überhaupt in Frage käme?«

»Das sind törichte Redensarten, Randolf, und verbrecherische obendrein. Ich danke Gott, daß es noch nicht zu spät ist, diesem Unglück vorzubeugen. Denn ich hoffe, du hast nicht die Brutalität gehabt, der armen Ruth eine Andeutung davon zu machen.«

»Ich habe ihr noch nichts gesagt, Mutter, aber ich bin entschlossen, es noch heute zu tun. Sie hat ein Recht darauf, die ganze Wahrheit zu erfahren. Und ich fühle mich auch nicht stark genug, diese klägliche Komödie noch länger durchzuführen.«

»Aber ein Mädchenherz zu zertreten, fühlst du dich stark genug. Wahrhaftig, ich hätte dir nimmermehr eine solche Gewissenlosigkeit zugetraut. Denn mein Glaube an deine Ehrenhaftigkeit war bis zu diesem Augenblick unerschütterlich. Welche Künste muß dies dämonische Weib angewendet haben, um das aus dir zu machen!«

Eine feine Röte breitete sich über das bleiche Gesicht des jungen Mannes.

»Ich bitte dich, Mutter, – was auch immer du an harten und ungerechten Worten für meine Handlungsweise haben magst, ich werde sie geduldig hinnehmen. Nur Herta darfst du nicht beleidigen. Ich schwöre dir, daß sie nichts getan hat, um mich an sich zu fesseln und mich meiner sogenannten Pflicht abwendig zu machen. Ja, sie hat erst in dieser Stunde alles getan, was in ihren Kräften stand, um mich zur Erfüllung dieser Pflicht zu bestimmen.«

Ein sarkastisches Lächeln zuckte um Lady Tarkingtons schmale Lippen.

»Wirklich? Hat sie das getan? Und du bist natürlich noch der leichtgläubige Knabe, der sich durch solche Weiberkniffe täuschen läßt? Nun wohl, lassen wir sie zunächst aus dem Spiel, denn es kommt meiner Meinung nach nicht darauf an, was sie wünscht oder nicht wünscht, sondern einzig darauf, was du als Mann von Ehre zu tun hast. Ruth hat dein Wort, und da sie nichts getan hat, was dir ein Recht darauf gäbe, dein Verlöbnis zu lösen, so wirst du ihr dieses Wort halten, und du würdest geradezu ein Verbrechen begehen, wenn du sie jemals ahnen ließest, mit welchen Absichten du dich in einer Stunde unsinniger Verblendung getragen.«

Sie hatte es im Ton eines strengen Befehls gesprochen, in jenem Ton, den sie gewöhnt war, gegen ihre Untergebenen anzuschlagen, und vor dem seit Jahrzehnten alles zitterte, was von ihr abhängig war. Auch ihre Söhne hatten sich bisher noch immer widerspruchslos gefügt, wenn sie in solchem Tone zu ihnen sprach. Heute aber zum erstenmal versagte ihre Macht.

Sie, die so stolz war auf ihre Menschenkenntnis, hatte sich diesmal in der Wahl ihrer Mittel gründlich vergriffen. Und sie hatte die Klugheit ihrer Gegnerin unterschätzt.

Gerade, weil sie vorausgesehen hatte, daß man Randolf wie einen ungehorsamen Knaben behandeln würde, um ihn zu seiner Pflicht zurückzuführen, hatte Herta vorhin mit ihrem Zweifel an seiner Mannhaftigkeit seinen Trotz aufgestachelt.

Hätte sie sich in ihrer Berechnung getäuscht, und hätte Lady Tarkington jene warmen Herzenstöne angeschlagen, denen ein in ehrfurchtsvoller Liebe zu seiner Mutter aufgewachsener Mann nur selten zu widerstehen vermag, so würde er vielleicht wieder wankend geworden sein in seinen Entschlüssen.

Statt dessen aber hatte sie es mit dem alten Mittel versucht, und hatte damit die Wunde getroffen, die ihm der Stachel in Hertas Worten beigebracht. Mit Bestürzung mußte sie sehen, daß er sich zum erstenmal gegen ihren Willen auflehnte, daß er ihr offen den Gehorsam kündigte, und daß dabei auch auf seinem Gesicht ein Zug von Härte erschien, den sie bis dahin kaum jemals darauf wahrgenommen, und der es für einen Moment dem ihrigen merkwürdig ähnlich machte.

»Nein, Mutter, ich werde nicht tun, was du von mir verlangst. Eine Ehrlosigkeit beginge ich ja erst dann, wenn ich mich deinen Wünschen fügte. Denn ehrlos ist allein die Lüge. Und eine schmachvolle Lüge wäre es, wenn ich Ruth noch länger in dem Glauben lassen könnte, daß ihr mein Herz gehört.«

Das Überraschende dieses energischen Widerstandes brachte die sonst so beherrschte Lady für einen Moment um ihre vornehme Haltung.

»Du bist ganz und gar von Sinnen«, rief sie. »Und ich fürchte beinahe, daß der Professor bei seiner Untersuchung deinem Geisteszustand nicht die nötige Aufmerksamkeit zugewendet hat. Denn du könntest nicht so sprechen, wenn du bei klarer Besinnung wärest. Vielleicht ist es besser, wenn ich dir Zeit lasse, mit dir selber zu Rate zu gehen, und wenn ich unterdessen einige Worte mit diesem Fräulein von Lindow spreche.«

Da richtete er sich mit einer heftigen Bewegung aus seinen Kissen auf.

»Das wirst du nicht tun. Ich verbiete es dir auf das bestimmteste. Ich bin kein Knabe mehr und gestatte niemand, bestimmend in mein Leben einzugreifen – auch dir nicht, Mutter! Du könntest ja meine körperliche Schwäche mißbrauchen, um mein Lebensglück zu zerstören, aber du würdest damit unabsehbares Unheil anrichten und würdest Grund genug haben, es bitter zu bereuen.«

Lady Tarkington war niemals weichen Gemütes gewesen; aber in den Worten ihres Sohnes und noch mehr in dem Tone, mit dem sie gesprochen waren, lag doch etwas, das ihr ans Herz griff. Denn die Liebe zu diesem Sohne war vielleicht die einzige zärtliche Regung, die sie nach einem Leben voll bitterer Enttäuschungen noch in ihrer Seele bewahrt hatte. Und sie war überdies klug genug, einzusehen, daß sie sich doch vielleicht auf einem falschen Wege befand, und daß sie nicht wohl daran tat, ihn durch herrisches Eingreifen bis zum äußersten zu treiben.

»Aber zwingst du mich denn nicht, Vorsehung für dich zu spielen?« fragte sie in milderem Tone. »Hast du denn wirklich erwartet, ich könnte es ruhig geschehen lassen, daß du nicht nur die Seelenruhe eines anderen unschuldigen Wesens, sondern auch deine eigene Ehre, deine gesellschaftliche Stellung, deine ganze Zukunft diesem Weibe zum Opfer bringst, das du nicht einmal kennst, nicht kennen kannst, und zu dem dich nichts anderes hinzieht, als eine äußerliche und sehr vergängliche Schönheit?«

»Du bist im Irrtum, Mutter! Ich kenne sie. Es bedarf nicht immer erst eines monatelangen Verkehrs, um uns einen Blick in das Herz eines anderen tun zu lassen. Ich weiß, daß sie das edelste, hochsinnigste Geschöpf auf Erden ist, und daß ich ihren Besitz wahrlich nicht zu teuer bezahlt hätte, wenn ich ihn wirklich, wie du sagst, mit einem Verzicht auf meine gesellschaftliche Stellung erkaufen müßte.«

»Das ist die Sprache eines Verliebten, und sie kann mich natürlich nicht wundernehmen. Aber du wirst nicht von mir verlangen, daß ich mich durch solche phantastische Überschwenglichkeiten überzeugen lasse. Es würde dir nicht gelingen, auch wenn mir diese Familie Lindow völlig fremd wäre, und wenn ich nicht von der ersten Stunde an gewußt hätte, in eine wie unwürdige Umgebung der verhängnisvolle Zufall dich geführt hat.«

Sie war entschlossen, zu ihrem letzten Hilfsmittel zu greifen, zu einem Mittel, das sie sich mit klugem Bedacht für den äußersten Fall aufgespart hatte, weil sie recht gut wußte, daß sie keine Waffen mehr besaß, wenn es versagte.

»Was heißt das, Mutter«, fragte er betroffen. »Hertas Familie war dir nicht mehr fremd? Du glaubst dich berechtigt, sie unwürdig zu nennen. Und doch hast du bisher darüber geschwiegen?«

»Ich hätte nicht davon sprechen können, mein Sohn, ohne ein Geheimnis preiszugeben, das eine Mutter wahrlich nicht ohne die zwingendste Notwendigkeit opfert. Denn es handelt sich dabei um deinen Bruder Herbert, und um eine Verirrung, von der, wie ich glaubte, durch mich niemals ein anderes menschliches Wesen etwas erfahren sollte.«

Ihre Andeutungen waren für Randolf noch immer vollkommen unverständlich.

»Um eine Verirrung meines Bruders, zu der die Familie des Fräulein von Lindow in irgendwelcher Beziehung steht?«

»Ja. Du weißt, daß wir Herbert, der ja dereinst den stolzen Namen unserer Familie tragen soll, und auf dem deshalb alle unsere Hoffnungen ruhen, vor einigen Jahren plötzlich aus Deutschland abrufen mußten, wo er sich zu Studienzwecken aufhielt, und daß er gegen seine Neigung und gegen unsere eigentlichen Pläne eine Offizierstelle in der indischen Armee annahm. Du warst damals nicht weniger erstaunt als alle Welt über diese plötzliche Veränderung. Aber wir ließen dich nicht ahnen, welches ihre eigentlichen Beweggründe seien. Daß Herbert hier in Deutschland in eine schmutzige Skandalaffäre verwickelt war, die eine Zeitlang seine Ehre rettungslos zu vernichten drohte, konnten wir dir ja nicht sagen.«

»Um Gottes willen, Mutter, welche entsetzlichen Dinge sind es, die ich da erfahre? Was konnte Herbert getan haben, er, der liebenswürdigste und ritterlichste aller Menschen, die ich kenne?«

»Wohl war er liebenswürdig und ritterlich, aber er war auch leichtfertig und jeder Verführung zugänglich. Und du hast ja nun an dir selbst erfahren, wie unwiderstehlich die Macht der Verführung ist, der er gleich dir ausgesetzt war.«

Randolf Stounton wurde totenblaß. Seine Augen öffneten sich weit in einem Ausdruck wahrhaft tödlicher Angst, und seine Lippen bebten.

»Ich verstehe nicht, Mutter«, stammelte er heiser. »Du willst doch damit nicht etwa sagen, daß es Herta von Lindow war, die meinem Bruder – –«

»Ich weiß nichts Bestimmtes über die Art der Beziehungen, in denen Herbert zu diesem Mädchen gestanden haben mag. Aber ich weiß, daß es ihr Vater war, der die Rolle des Mephisto in jener unseligen Angelegenheit spielte. Du mußt es mir erlassen, dir alle Einzelheiten der traurigen Affäre zu wiederholen. Genug, daß man aus unserem Sohne einen gewissenlosen Spieler gemacht hatte, und daß man ihn dazu brachte, auch ein Fälscher zu werden – in keiner anderen Absicht, als um ihn dann zu einem Opfer unaufhörlicher Erpressungen werden zu lassen. Wir werden dem Himmel niemals genug danken können für die gnädige Fügung, die es uns ersparte, den Stammhalter unseres Geschlechts als einen Ehrlosen vor den Schranken des Gerichts zu sehen. Und einzig jener gnädigen Fügung hatte es auch dieser Elende zu verdanken, daß er straflos ausging.«

»Und es ist der Vater Hertas, von dem du sprichst? Es gibt keine Möglichkeit, daß nur eine Namensgleichheit dich täuscht?«

»Nein, mein Sohn, es gibt keine. Wohl hielt ich selbst anfänglich es für unmöglich, daß das Schicksal die Grausamkeit gehabt haben sollte, auch dich in die Netze dieser verworfenen Gesellschaft zu ziehen. Aber meine Täuschung war leider nur von kurzer Dauer. Die Erkundigungen, die ich gleich nach meiner Ankunft über die Herkunft und die Familienverhältnisse des Fräulein von Lindow einzog, bestätigten unwiderleglich, daß sie die Tochter des Mannes ist, dessen schurkische Anschläge unserer Familie schon einmal verhängnisvoll geworden waren.«

»Und warum hast du mir nicht wenigstens gleich eine Andeutung gemacht? O mein Gott, hättest du es doch getan!«

»Ich wollte dich schonen, Randolf; denn der Arzt hatte uns ja so dringend eingeschärft, dir jede Aufregung zu ersparen. Und dann, wie hätte ich auch ahnen können, daß es schon so schlimm mit dir stand? Ich sah ja, in welcher Gefahr du dich befandest, aber ich glaubte, daß die Anwesenheit deiner Braut doch das Schlimmste abwenden würde. Und nun, da du alles weißt, nun wirst du dich nicht länger dagegen sträuben, dieses unselige Haus zu verlassen – nicht wahr?«

Der Patient war matt in die Kissen zurückgesunken, und die namenlose Traurigkeit, die sich in seinen Zügen spiegelte, ließ ihn plötzlich wieder sehr krank und hinfällig erscheinen.

»Ja, Mutter,« sagte er leise, »sobald ich stark genug bin, werden wir reisen. Aber du darfst mich jetzt nicht länger quälen. Und du mußt mir gestatten, allein zu bleiben. Ich kann jetzt keines Menschen Gegenwart ertragen, nicht einmal die deine.«

»Ich werde Ruth zu dir schicken, mein Sohn – ihr wird es leichter gelingen als mir, dich auf andere Gedanken zu bringen.«

Aber er wehrte mit ängstlicher Entschiedenheit ab.

»Nein, nein, sie am wenigsten, Mutter!« sagte er, »ich fühle mich zu angegriffen, um jemand um mich zu haben. Sage ihr, was du willst, nur halte sie mir für heute fern. Wenn du ein wenig Mitleid mit mir hast, wirst du mir die Erfüllung dieses Wunsches nicht versagen.«

Lady Tarkington neigte sich über ihren bedauernswerten Sohn herab und küßte seine Stirn.

»Ich werde tun, was du von mir verlangst, Randolf! Und ich rechne darauf, daß du nicht weniger tapfer bist, als es bis heute alle Tarkingtons waren. Wenn ich später wiederkomme, wirst du diese Enttäuschung überwunden haben. Du bist es dir selbst und bist es der Ehre deines Namens schuldig.«

»Ich werde es versuchen, Mutter«, sagte er, während es wie der matte Ansatz zu einem Lächeln um seine Mundwinkel zuckte. »Aber du darfst nicht vor dem Abend wiederkommen, das mußt du mir versprechen.«

»Ich verspreche es«, sagte sie, indem sie sanft seine heißen Hände drückte.

Und dann ging sie leise hinaus, weil sie seinen Anblick nicht länger ertragen konnte, und weil sie ihm nicht zeigen wollte, wie tief sie trotz ihrer scheinbaren Härte mit ihm litt.


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