Wilhelm Meinhold
Die Bernsteinhexe Maria Schweidler
Wilhelm Meinhold

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

10. Kapitel

Wie wir nach Wolgast reisen und daselbsten gute Kaufmannschaft halten

Zwei Tage darauf, sagt mein Töchterlein, die alte Ilse aber meint drei Tage (und weiß ich nit, was wahr ist), seind wir endiglichen zur Stadt gewest, angesehen Meister Rothoog die Kiste nit eher fertig hatte. Mein Töchterlein deckete ein Stück von meiner seligen Frau ihrem Brautkleid darüber, so die Kaiserlichen zwar zerfetzet, doch als sie es darauf wohl draußen liegenlassen, von dem Winde in den Pfarrzaun war getrieben, wo wir es wiederfunden. War auch schon vorher ziemlich unlieblich, sonst, achte ich, hätten sie es wohl mit sich geführet. – Umb der Kisten willen aber nahmen wir die alte Ilse gleich mit, so selbige tragen mußte, und da Bernstein eine fast leichte Ware ist, gläubete sie es leichtlich, daß nur etwas Eßbar in selbiger vorhanden sei. Setzeten also bei Tagesanbrucht mit Gott unsern Stecken vor uns. Bei dem ZitzeDorf auf der Hälfte des Weges zwischen Koserow und Wolgast, jetzt Zinnowitz genannt. lief ein Hase vor uns über den Weg, was nichts Gutes bedeuten soll, ach ja! – Als wir darauf gen Bannemin kamen, fragete ich einen Kerl, ob es wahr sei, daß hier eine Mutter ihr eigen Kind für Hunger geschlachtet, wie ich vernommen. Er sagte ja und nannte das alte Weib Zisesche. Der liebe Gott aber hätte sich für solchem Greuel entsetzet, und es hätte ihr doch nicht geholfen, maßen sie sich so sehr bei dem Essen gespeiet, daß sie davon den Geist aufgegeben. Sonsten, meinte er, stünd es im Kapsel schon etwas besser, dieweil der liebe Gott sie reichlich mit Fischen, sowohl in der Sehe als im Achterwasser gesegnet. Doch wären auch hier viel Leute für Hunger gestorben.

Als wir nun über die Fähre kamen, sprachen wir auf den Schloßplatz bei Sehms ein, so ein Krüger ist, welcher uns verzählete, daß die Pest noch immer nit ganz in der Stadt aufgehöret, worüber ich fast erschrake, zumalen er auch noch viele andere Greuel und Leiden dieser betrübten Zeit, so hier und an anderen Orten geschehen, uns für Augen stellete, exempli causa von der großen Hungersnot im Land zu Rügen, wo viele Menschen für Hunger so schwarz wie die Mohren geworden, ein wunderlich Ding, so es wahr ist, und möchte man daraus fast schließen, wie die ersten Mohren entstanden seind.Auch Mieraelius im alten Pommerlande, V.171, 12, gedenket dieses Umstandes, sagt aber bloß: »Die nach Stralsund überliefen, waren ganz schwarz vom erlittenen Hunger anzusehen.« Daher wohl die seltsame Übertreibung des Wirts und der noch seltsamere Schluß unseres Autors. Aber das lassen wir jetzt in seinen Würden. Summa: Als Meister Sehms uns verzählet, was er Neues wußte, und wir daraus zu unserm Troste sahen, daß der Herr uns nicht allein heimgesuchet in dieser schweren Zeit, riefe ich ihn in eine Kammer und fragete ihn, ob es hier nicht wo Gelegenheit hätte, ein Stück Bernstein zu versilbern, so mein Töchterlein an der Sehe gefunden. Aber er sagte erstlich nein, darauf aber, sich besinnend, hub er an: »Halt, laß Er sehen. Denn es seind hier beim Schloßwirt Niclas Grecken zwo holländische fürnehme Kaufleute in Herberge, als Dieterich von Pehnen und Jakob Kiekebusch, welche Teer und Bretter kaufen, item Schiffholz und Balken. Vielleicht, daß diese auch auf Seinen Bernstein feilschen. Doch geh Er selbsten auf das Schloß, denn ich weiß nit mehr vor gewiß, ob sie heute noch hier seind.« Solliches tate ich auch, obwohl ich bei dem Manne noch nichts verzehret, angesehen ich erst absehen wöllte, wie's mit dem Handel abliefe, und die Witten, so der Kirchen gehörten, bis solange versparen. Komme also auf den Schloßhof – Aber, du lieber Gott, wie war auch Sr. Fürstlichen Gnaden Haus seit kurzer Zeit fast zur Wüstenei worden. Den Marstall und das Jagdhaus hatten anno 1628 die Dänen gebrochen, item viele Zimmer im Schlosse geruinieret, und in Sr. Fürstlichen Gnaden, des Herzogen Philippi, Lokament, wo er mich anno 22 mit meinem Töchterlein, wie man weiter unten lesen wird, so mildiglich getraktieret, hausete jetzt der Schloßwirt Niclas Graeke, und waren all die schönen Tapezereien, worauf die Wallfahrt Sr. Fürstlichen Gnaden, weiland Bagislai X., gen Jerusalem fürgestellet war, herausgerissen und die Wände grau und garstig.Vgl. Hellers Chronik der Stadt Wolgast, S. 42 ff. – Zur Zeit ist das Schloß eine gänzliche Ruine, und nur noch mehrere große, mit Kreuzgewölben versehene Keller sind vorhanden, in welchen die dortigen Kaufleute zum Teil ihre Warenniederlagen haben. Solliches sahe mit betrübtem Herzen, frage darumb alsobald nach den Kaufleuten, welche hinter dem Tische saßen und schon Abschiedszeche hielten, dieweil ihr Reisegeräte allbereits umb sie lag, umb damit nach Stettin aufzubrechen. Als nun der eine von der Zeche aufsprange, ein kleiner Kerl mit einem gar stattlichen Wanst und einem schwarzen Pflaster über der Nasen, und mich fragete, was ich wölle, nahme ich ihn abseiten in ein Fenster und sagete, daß ich schönen Bernstein hätte und ob er gesonnen, mir solchen zu versilbern, was er gleich zu tun versprach. Und nachdem er seinem Gesellen etwas ins Ohr gemurmelt, wurd er fast lieblich aussehen und reichte mir auch erst den Krug, bevorab wir in meine Herberge gingen. Tat ihm also recht wacker Bescheid, da ich, wie obbemeldet, noch nüchtern war, so daß mir gleich baß umbs Herze wurde. (Du lieber Gott, was gehet doch über einen guten Trunk, so es mit Maßen geschieht!) Darauf schritten wir in meine Herberge, und mußte die Magd die Kiste abseiten in ein Kämmerlein tragen. Doch hatte ich selbige kaum aufgetan und das Kleid davon gezogen, als der Mann (so Dietrich von Pehnen war, wie er mir unterwegs gesaget) für Freuden die Hände in die Höhe hub und sagete, daß er solchen Segen an Bernstein noch niemals nit gesehen und wie ich dazu gekommen. Antwortete also, daß ihn mein Töchterlein an der Sehe gefunden, worüber er sich sehr verwunderte, daß es hier so viel Bernstein hätte, und mir gleich vor die ganze Kiste 300 Fl. bote. War für Freuden über solchen Bot außer mir, doch ließ mir nichtes merken, besondern feilschte mit ihme bis auf 500 Fl., und söllte ich nur mit ins Schloß kommen und dorten gleich mein Geld haben. Bestellete dahero gleich bei dem Wirt einen Krug Bier und vor mein Töchterlein ein gutes Mittagbrot und machte mich mit dem Manne und der Magd, so die Kiste truge, wieder ins Schloß auf, bittende, er wölle aber, umb gemeiner Verwundrung willen, nichtes nicht von meinem großen Segen zu dem Wirt oder sonst zu männiglich hier in der Stadt sagen und mir mein Geld sonderlich aufzählen, maßen man auch nit wissen könnte, ob mir die Schnapphanichen nicht unterwegs aufpaßten, wenn sie solches erführen, welches der Mann auch tät. Denn er mürmelte gleich seinem Gesellen wieder ins Ohr, worauf dieser seinen ledernen Rock auftät, item sein Wams und seine Hosen, und sich ein Kätzlein von seinem Wams schnellete, so trefflich gespicket war und er ihme reichete. Summa: Es währete nit lange, so hatte ich meinen Reichtum in der Taschen, und bate der Mann noch überdies, wenn ich wieder Bernstein hätte, sölle ich ja gen Amsterdam an ihn schreiben, was ich auch zu tun versprach. Aber der gute Kerl ist, wie ich hernachmals erfahren, in Stettin an der Pest mit seinem Gesellen verstorben, welches ich ihm nicht gewünschet.Auch Micraelius gedenket dieser holländischen Handelsleute, a. a. O., V., S. 71, behauptet aber, die Ursache ihres Todes sei zweifelhaft gewesen, und habe der Stadtphysikus in Stettin einen eigenen medizinalischen Diskurs darüber geschrieben. Darauf wäre ich bald in große Ungelegenheit kommen. Denn da ich mich sehnete, auf meine Knie zu fallen, und die Zeit nit abwarten konnte, wo ich meine Herberge erreichet, lief ich die Schloßtreppe bei vier Stufen hinauf und trat in ein klein Gemach, wo ich mich für dem Herrn demütigte. Aber der Wirt Niclas Graeke folgte mir alsbald und vermeinete, daß ich ein Dieb sei, und wollte mich festhalten, wußte dahero nicht anders loszukommen, als daß ich fürgabe, ich wäre trunken worden von dem Wein, so mir die fremden Kaufleute gespendet (denn er hatte gesehen, welchen trefflichen Zug ich getan), angesehen ich heute morgen noch nüchtern gewesen und hätte mir ein Kämmerlein aufgesucht, umb ein wenig zu schlummern, welche Lüge er auch gläubete (so es anders ein Lüge war; denn ich war ja auch in Wahrheit trunken, obgleich nit vom Wein, sondern von Dank und Andacht zu meinem Schöpfer) und mich derohalben laufenließ. –

Doch nun muß ich erstlich meine Historie mit Sr. Fürstlichen Gnaden verzählen, wie mir oben fürgenommen. Als ich anno 22 von ungefährlich mit meim Töchterlein, so damals ein Kind bei 12 Jahren war, hier in Wolgast in dem Schloßgarten lustwandelte und ihr die schönen Blumen zeigete, so darinnen herfürgewachsen waren, begab es sich, als wir umb ein Buschwerk lenketen, daß wir meinen gnädigen Herrn Herzog Philippum Julium mit Sr. Fürstlichen Gnaden, dem Herzogen Bogislaff, so hier zum Besuche lag, auf einem Hügel stehen und disputieren sahen, wannenhero wir schon umbkehren wollten. Da aber meine gnädige Herren alsbald fürbaß schritten, der Schloßbrücken zu, besahen wir uns den Hügel, wo dieselben gestanden, und erhobe mein klein Mädken alsbald ein laut Freudengeschrei, angesehen sie einen kostbaren Siegelring an der Erden liegen sahe, so Ihro Fürstliche Gnaden ohn Zweifel verloren. Ich sagete dannenhero: »Komme, wir wollen unsere gnädigen Herren ganz eilend nachgehen, und sagstu auf lateinisch: ›Serenissimi principes, quis vestrum hunc annulum deperdidit?‹ (Denn wie oben bemeldet, hatte ich mit ihr die lateinische Sprach seit ihrem siebenten Jahr traktieret.) Und sagt nun einer: ›Ego‹, so gibstu ihm den Ring. Item fräget er dich auf lateinisch, wem du gehörest, so sei nit blöde und sprich: ›Ego sum filia pastoris Coserowiensis.‹ Siehe, so werden Ihre Fürstliche Gnaden ein Wohlgefallen an dir haben, denn es seind beide freundliche Leute, insonderheit aber der große, welcher unser gnädiger Landesherr Philippus Julius selbsten ist.«

Solliches versprach sie zu tun; doch da sie im Weiterschreiten merklich zitterte, redete ich ihr noch mehr zu und versprach ihr ein neues Kleid, so sie es täte, angesehen sie schon als ein klein Kind viel umb schöne Kleider gegeben. Als wir dahero auf den Schloßhof kommen, blieb ich bei der Statue Sr. Fürstlichen Gnaden, des Herzogen Ernst Ludewig, stehen und blies ihr ein, nunmehro dreust nachzulaufen, da Ihre F. G. nur wenige Schritte für uns gingen und sich schon gegen die große Haupttüre wendeten. Solliches tät sie auch, blieb aber plötzlich stehen und wollte wieder umbkehren, weil sie sich vor den Sporen Ihrer Fürstlichen Gnaden gefürchtet, wie sie nachgehende sagete, maßen dieselben fast heftig geknarret und gerastert.

Dieses sahe aber meine gnädige Frau, die Herzoginne Agnes, aus dem offenen Fenster, in welchem sie lage, und rief Sr. Fürstlichen Gnaden zu: »Mein Herre, es ist ein klein Mädchen hinter Euch, so Euch sprechen will, wie es mir scheinet!« Worauf Se. Fürstliche Gnaden sich gleich niedlich lächelnd umwendete, so daß meinem kleinen Mädken der Mut alsobald wiederkehrete und sie, den Ring in die Höhe haltend, auf lateinisch sagete, wie ihr geboten. Darüber verwunderten sich beide Fürsten über die Maßen, und nachdem Se. Fürstliche Gnaden, mein gnädiger Herzog Philippus, sich an den Finger gefühlet, antwortete er: »Dulcissima puella, ego perdidi!«, worauf sie ihm solchen reichete. Davor klopfete er ihr die Wangen und fragte abermals: »Sed quaenam es et unde venis?« Worauf sie dreust ihre Antwort tät und zugleich nach mir an der Statuen mit dem Finger wiese, worauf Seine Fürstliche Gnaden mir winketen, näher zu kommen. Dieses alles hatte auch meine gnädige Frau aus dem Fenster mitgesehen, war aber mit einem Male weg. Doch kam sie schon zurücke, ehe ich noch zu meinen gnädigen Herrn demütig herangetreten, winkete alsbald meinem Töchterlein und hielt ihr eine Blinsche aus dem Fenster, welche sie haben sollte. Da ich ihr zuredete, lief sie auch hinan, aber Ihre Fürstliche Gnaden kunnte nit so tief niederlangen und sie nit so hoch über sich, umb selbige zu greifen, wannenhero meine gnädige Frau ihr gebot, sie sölle in das Schloß kommen, und da sie sich ängstlich nach mir umbschauete, mich auch heranwinkete, wie mein gnädiger Herr selbsten, der alsobald die kleine scheue Magd bei der Hand fassete und mit Sr. Fürstlichen Gnaden, dem Herzogen Bogislaff, voraufging. Meine gnädige Frau kam uns aber allbereits bei der Türen entgegen, liebkosete und umbfing mein klein Töchterlein, so daß sie bald dreust wurde und die Blische aß. Nachdem nun mein gnädiger Herr noch gefraget, wie ich hieße, item warumb ich seltsamerweis meinem Töchterlein die lateinische Sprache gelernet, antwortete ich, daß ich gar viel von einem Vetter in Köln von der Schurmannin gehöretAnna Maria Schurmann, geb. zu Köln am 5. November 1607, gest. zu Wiewardin, den 5. Mai 1678, war nach dem übereinstimmenden Zeugnis ihrer Zeitgenossen ein Wunder der Gelehrsamkeit und vielleicht das gelehrteste Weib, das je auf Erden lebte. Der Franzose Nandé urteilt von ihr: Keine malt besser, keine bildet besser in Erz, Wachs und Holz. In der Stickerei übertrifft sie alle. Nicht mit den europäischen Sprachen zufrieden, versteht sie hebräisch, arabisch, syrisch und schreibt ein Latein, daß kein Mann, der sein Leben darauf verwendet, es besser kann. Man weiß nicht, in welcher Art der Gelehrsamkeit sie sich am meisten ausgezeichnet., und da ich ein fast refflich Ingenium bei meinem Kinde verspüret, auch in meiner einsamen Pfarren genugsam Zeit dazu gehabt, hätte ich nit angestanden, sie von Jugend auf fürzunehmen und zu unterweisen, maßen ich keine Knäblein beim Leben hätte. Darüber verwunderten sich Ihre Fürstliche Gnaden und taten annoch einige lateinische Fragen an selbige, welche sie auch beantwortete, ohne daß ich ihr etwas einbliese, worauf mein gnädiger Herr, Herzog Philippus, auf deutsch sagete: »Wenn du groß geworden bist und einmal heiraten wilt, so sag's mir, dann solltu von mir wieder einen Ring haben und was sonsten noch vor eine Braut gehöret, denn du hast mir heute einen guten Dienst getan, angesehen mir dieser Ring ein groß Kleinod ist, da ich ihn von meiner Frauen empfangen.« Ich blies ihr darauf ein, Sr. Fürstlichen Gnaden vor solches Versprechen die Hand zu küssen, was sie auch tät.

(Aber ach, du allerliebster Gott, versprechen und halten sind zweierlei Ding! Wo ist jetzt Se. Fürstliche Gnaden? Darumb laß mich immer bedenken: Nur du bist allein wahrhaftig, und was du zusagst, hältstu gewiß. Psalm 33,4. Amen.)

Item als Se. Fürstliche Gnaden nunmehro auch nach mir und meiner Pfarre gekundschaftet und gehöret, daß ich altadligen Geschlechtes und mein Salarium fast zu schwach sei, rief sie dero Kanzler, D. Rungium, der draußen an dem Sonnenzeiger stund und schauete, aus dem Fenster und befahle ihme, daß ich vom Kloster zu Pudagla, item von dem Kammergut Ernsthof, eine Beilage haben sollte, wie oben bemeldet. Aber Gott sei's geklagt, habe selbige niemalen erhalten, obwohl das Instrumentum donationis mir bald hernach auch durch Sr. Fürstlichen Gnaden Kanzler gesendet ward.

Darauf gab es vor mich auch Blinschen, item ein Glas welchen Wein aus einem gemalten Wappenglas, worauf ich demütig mit meinem Töchterlein meinen Abtritt nahm. –

Umb nun aber wieder auf meine Kaufmannschaft zu kommen, so kann männiglich vor sich selbsten abnehmen, welche Freude mein Kind empfanden als ich ihr die schöne Dukaten und Gulden wiese, so ich vor den Bernstein erhalten. Der Magd aber sagten wir, daß wir solchen Segen ererbet durch meinen Bruder in Holland, und nachdem wir abermals dem Herrn auf unsern Knien gedanket und unser Mittagsbrot verzehret, hielten wir gute Kaufmannschaft an Fleisch, Brot, Salz, Stockfisch, item an Kleidern, angesehen ich vor uns drei von dem Wandschneider die Winternotdurft besorgete. Vor mein Töchterlein aber kaufte noch absonderlich eine gestrickte Haarhaube und ein rotseidin Leibichen mit schwarzem Schurzfleck und weißem Rock, item ein fein Ohrgehänge, da sie fast heftig darumb bat, und nachdem ich auch bei dem Schuster die Notdurft bestellet, machten wir uns endiglichen, da es fast schon dunkel ward, auf den Heimweg, kunnten aber fast nit alles tragen, so wir eingekaufet. Derohalben mußte uns ein Bauer von Bannemin helfen, so auch zur Stadt gewesen war, und als ich von ihm erforschet, daß der Kerl, so mir die Schnede Brot gegeben, ein Katenmann namens Pantermehl gewest und an der Dorfstraßen wohne, schobe ich ihm zweo Brote in seine Haustüre, als wir davor gekommen, ohne daß er es gemerket, und zogen darauf unserer Straßen bei gutem Mondschein weiter, so daß wir auch mit Gotts Hülfe umb 10 Uhren abends zu Hause anlangeten. Dem andern Kerl hatte ich auch vor seine Mühe ein Brot geben, obwohl er es nit verdient, angesehen er nit weiter als bis zum Zitze mit uns gehen wollte. Doch laß ihn laufen, hab's ja auch nit verdienet, daß mich der Herr so gesegnet!


 << zurück weiter >>