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28. Kapitel.

Vielleicht eine Woche später segelte eine Brigg durch die Straße Bab al-Mandab. Das Fahrzeug war sehr schmuck gebaut, und vom Mast wehte die deutsche Handelsflagge. Auch ohne diese Flagge mußte man sehen, daß die Brigg ein Handels- nicht aber ein Kriegsfahrzeug sei, doch standen auf dem Deck vier Kanonen, die dem Schiff ein kriegerisches Aussehen gaben.

Das Vorhandensein der Geschütze ließ sich aus dem Umstand erklären, daß die Sicherheit in jenen Meeresteilen auch heute noch eine nicht sehr große ist Besonders muß ein Kapitän, der sich mit Küstenhandel beschäftigt darauf sehen, gut bewaffnet zu sein, denn er kommt mit Menschen in Berührung, denen nie ganz zu trauen ist und die imstande sind, durch Verrat sich eines Fahrzeugs zu bemächtigen, um die Ladung desselben in die Hand zu bekommen.

Die Sonne brannte heiß hernieder, zwar wehte eine leichte Brise, doch war die Wärme so stark, daß die Bemannung der Brigg unter den aufgespannten Segeln lag und sich fast sämtlicher Kleidung entledigt hatte. Der Steuermann, er hatte das Steuer mittels eines Taus angebunden, saß im Schatten eines Teppichs, den er über sich im Tauwerk befestigt hatte.

Auch dem Kapitän schien es in seiner Kajüte zu schwül zu werden. Er kam langsam heraufgestiegen, warf einen kurzen Blick über das Deck, einen zweiten an den Horizont und ging zum Steuermann.

Dieser schien sich, dem vorgeschriebenen Respekt gemäß, erheben zu wollen, der Kapitän aber winkte ihm, sitzen zu bleiben und ließ sich neben ihm nieder.

»Verteufelte Hitze!« sagte er nach kurzer Seemannsart – »Wahr!« nickte der Steuermann zustimmend – »Ich lob mir den Norden«, fuhr der Kapitän nach einer kurzen Pause fort, »aber da muß es dem Reeder einfallen, uns nach dieser Küste zu senden. Ich bin begierig, zu erfahren, ob wir da wirklich die guten Geschäfte machen werden, die er sich einbildet.« – »Der Dolmetscher glaubt es ja!« – »Aber gerade das ärgert mich, daß man hier einen Dolmetscher braucht. Wer dieses verteufelte Arabisch gelernt hätte, der brauchte sich nicht in die Gefahr zu begeben, von diesem fremden Volk betrogen zu werden. Aber da schau, dort kommt einer gesegelt! Was mag er für ein Landsmann sein?«

Die Brigg hielt gerade nach Süden, und in dieser Richtung erblickten die beiden jetzt einen Punkt, der ein Fahrzeug sein mußte. Der Steuermann griff zu dem Fernrohr, das neben ihm lag, zog es aus, setzte es an das Auge und blickte lange und aufmerksam hindurch. Er schien sich nicht klarzuwerden und meinte endlich:

»So ein Ding ist mir noch nicht unter die Augen gekommen. Sieh selbst hindurch!«

Jetzt bediente sich auch der Kapitän des Rohres. Er hatte sich eher eine Ansicht gebildet, denn er sagte mit verächtlichem Lächeln:

»Dies muß ein arabisches Fahrzeug sein. In einer Stunde haben wir es erreicht, dann wollen wir es einmal anreden.«

Auch die Matrosen hatten das fremde Segel erblickt und behielten es aufmerksam im Auge. Die beiden Fahrzeuge näherten sich einander immer mehr, bis man von der Brigg aus ohne Fernrohr erkennen konnte, daß der Fremde nur einen einzigen Mast hatte, der schief nach vorn befestigt war und zwei eigentümlich geformte Segel trug. Auf seinem Deck standen Männer in Turbanen, die ihrerseits die Brigg ebenso musterten, wie sie von dieser aus beobachtet wurden.

»Soll ich feuern lassen?« fragte der Steuermann. – »Ja. Schick mir den Dolmetscher her.«

Der Steuermann trat an eine der Kanonen und winkte zu gleicher Zeit dem Mann, der, in arabischer Tracht gekleidet, vorn am Spriet auf einer Matte saß und eine lange Pfeife rauchte. Dieser erhob sich langsam und begab sich nach dem Steuer. Dort beschattete er seine Augen mit der Hand, warf einen langen Blick auf das andere Fahrzeug und fragte den Kapitän:

»Du willst ihn anreden?« – »Ja«, lautete die Antwort. – »Was willst du von ihm wissen?« – »Zunächst, was für ein Fahrzeug es ist.« – »Das kannst du bereits von mir erfahren. Es ist ein Wachtschiff des Gouverneurs von Seila.« – »Also eine Art von Kriegsschiff?« – »Ja. Die Leute sind alle bewaffnet.« – »Wozu dienen diese Art Schiffe?« – »Gewöhnlich dienen sie dem Handel oder dem Transport wie andere Fahrzeuge, und nur auf ganz seltene Veranlassung hin werden sie mit Kriegern bemannt Es muß in Seila etwas Wichtiges passiert sein.« – »Das müssen wir erfahren, da wir ja nach Seila wollen. Du wirst die Fragen, die ich stelle, und die Antworten, die ich erhalte, genau übersetzen.«

Jetzt waren sich die Schiffe so nahe gekommen, daß man gegenseitig die Gesichtszüge erkennen konnte. Eben war der Steuermann im Begriff, durch einen Kanonenschuß das Zeichen zu geben, daß der Araber beidrehen solle, um angesprochen werden zu können, als vom Verdeck desselben eine Flintensalve erscholl. Er also selbst forderte die Brigg auf, die Segel fallen zu lassen.

Der Kapitän lachte laut auf. Es gab ihm Spaß, daß dieses Fahrzeug sich ihm gegenüber das Ansehen eines Kriegsschiffes gab.

»Hörst du es?« rief er dem Steuermann zu. »Dieser Knirps gibt uns Befehle! Laß den Schuß stecken. Wir wollen ihm Gehorsam leisten, und ich bin neugierig, was er von uns verlangen wird. Dreht bei, Jungens!«

Das anbefohlene Manöver wurde ausgeführt die Brigg verlor den Wind und machte eine Schwenkung. Der Araber tat dasselbe und lag nun fast Seite an Seite mit dem Deutschen. Er hatte vielleicht fünfzehn Bewaffnete an Bord. Der Kapitän stand auf einer Erhöhung und fragte mit erhobener Stimme:

»Wie heißt dieses Schiff?« – »Seejungfer!« übersetzte der Dolmetscher die Antwort des Kapitäns. – »Wo ist es her?« – »Aus Kiel.« – »Wo liegt diese Stadt?« – »In Deutschland.« – »Das muß ein kleines, armseliges Ländchen sein, denn ich kenne es nicht«, meinte der Araber stolz. »Was habt Ihr geladen?« – »Handelsware.« – »Und Menschen?« – »Nein. Wir haben keine Passagiere.« »Auch keine entlaufenen Sklaven?« – »Nein.« – »Ich werde auf euer Schiff kommen, um zu sehen, ob ihr die Wahrheit redet.«

Das war dem deutschen Kapitän denn doch zu viel. Er ließ fragen:

»Wer bist du denn?« – »Ich bin ein Kapitän des Sultans von Seila.« – »In Seila gibt es einen Gouverneur, aber keinen Sultan. Ich habe weder ihm noch einem seiner Diener zu gehorchen.« – »So weigerst du dich, dein Schiff untersuchen zu lassen?« – »Ja, du hast nicht das Recht dazu. Umgekehrt wäre es richtiger. Wenn ich dein Fahrzeug betreten wollte, könntest du es mir nicht verweigern.« – »Ich würde dir es doch verbieten, denn ich bin ein Krieger«, antwortete der Araber in verächtlichem Ton. »Ich werde dich zwingen, mich und meine Leute an Bord zu lassen, um dein Schiff durchzusuchen.« – »Wie willst du dies anfangen?« – »Zähle meine Leute«, antwortete der andere stolz. »Ich werde ihnen befehlen, Löcher in dein Schiff zu schießen, wenn du mir nicht gehorchst!«

Da konnte sich der Deutsche eines lauten Lachens, in das alle seine Leute einstimmten, nicht enthalten und ließ durch den Dolmetscher antworten:

»Deine Kugeln gehen nicht durch das Holz meines Schiffes, sie tun uns keinen Schaden, ich jedoch habe Kanonen, mit denen ich dich sofort in den Grund bohren würde.« – »Allah ist groß, er würde dich daran zu hindern wissen und deine Kugeln gegen dich selbst richten. Du kommst mir verdächtig vor. Ich werde dein Schiff arretieren und es nach Seila bringen.« – »Weshalb bin ich dir verdächtig?« – »Wir suchen Sklaven, die aus Harrar entflohen sind, du verweigerst es uns, dein Schiff untersuchen zu lassen, folglich hast du diese Sklaven an Bord.« – »Sie sind nicht bei mir. Sie können gar nicht bei mir sein, denn ich komme vom Norden und bin noch nicht an eurer Küste gewesen.« – »Das sagst du, aber ich glaube es nicht. Ich werde mit einem Tau dein Schiff an das meinige befestigen und dich nach Seila bringen. Dort mag der Gouverneur es untersuchen.«

Das war eine geradezu wahnsinnig lächerliche Drohung, darum antwortete der Kapitän:

»Ich glaube, daß sich dein Verstand nicht ganz in Ordnung befindet. Wie wolltest du mich zwingen, dein Tau an Bord zu nehmen. Deutschland ist ein großes Reich, was ist dein Seila dagegen? Unsere Könige sind mächtig, die geringsten ihrer haben mehr gesehen und gelernt, als dein Gouverneur, wie soll es dir gelingen, mich zu arretieren? Ich lache darüber.« – »Lache du jetzt, aber dein Lachen wird sich in Weinen verkehren. Ich befehle dir, drei meiner Leute zu empfangen, die dir das Tau an Bord bringen werden.«

Der Kapitän besann sich. Er war, wie fast ein jeder deutsche Seemann, Freund eines guten Juxes, hier nun gab es Gelegenheit zu einem solchen, und darum sagte er nach einer Weile, während welcher er seinen Leuten listig zugenickt hatte:

»Gut, ich will dir den Willen tun, ich will das Tau an Bord nehmen, aber nicht, weil ich dir zu gehorchen hätte, sondern um dir zu beweisen, welch eine Dummheit du begehst, indem du es wagst, mir Befehle zu erteilen und mein Schiff arretieren zu wollen. Sende deine Leute, du magst mich in das Schlepptau nehmen.«

Auf einen befehlenden Wink des Arabers stiegen jetzt drei seiner Männer in ein Boot und nahmen das Tau auf, das sie an Bord der Brigg brachten und dort am Bug befestigten. Sie benahmen sich dabei ganz wie die Herren des Schiffes und gaben das Zeichen, daß die Fahrt nun beginnen könne.

»Verdammt schlaue Kerle!« lachte der Steuermann. »Ihr Tau ist ja viel zu schwach, um uns schleppen zu können, es muß zerreißen.« – »Aber es ist stark genug, um sie von uns schleppen zu lassen«, meinte der Kapitän. »Warte nur, bis sie sich in Fahrt befinden.«

Der Araber zog seine Segel auf und wandte sich nach Süden. Der Wind legte sich in die Leinwand. Das Schiff setzte sich in Bewegung und zog das Tau scharf an. Es hätte zerreißen müssen, wenn es nicht Absicht des Deutschen gewesen wäre, dem Spaß noch eine andere Seite abzugewinnen.

»Holla, die Segel auf!« kommandierte er. »Wir müssen ihnen behilflich sein.«

Einige Minuten später befand sich die Brigg in voller Fahrt, und da sie schneller segelte als der Araber, mußte sie mit ihm zusammenstoßen. Der Deutsche wandte sich nun durch seinen Dolmetscher an die drei Araber

»Ruft euren Leuten zu, schneller zu segeln, sonst fahre ich sie in die See!«

Sie schüttelten die Köpfe, sie wagten es nicht, ihrem Anführer einen Befehl zu geben, dieser jedoch bemerkte die Gefahr und rief zurück:

»Fahrt langsamer, ihr Schurken! Seht ihr denn nicht, daß wir zusammenstoßen!« – »Segle du schneller, du Narr!« antwortete der Kapitän. »Nimm kein Fahrzeug ins Schlepptau, wenn es dir überlegen ist!«

Noch einige Augenblicke, und der Zusammenstoß mußte erfolgen. Da griff der Kapitän selbst in das Steuer, um die Richtung ein wenig zu ändern.

»Übersegeln will ich sie nicht, aber eine Lehre will ich ihnen doch geben«, sagte er. »Holla, Jungens, aufgepaßt! Kappt alles fremde Zeug, was an unserem Bord erscheint!«

Jetzt hatte die Brigg den Araber erreicht, der ein sehr niedriges Deck hatte. Sie stieß daher nicht auf die Mitte seines breiten Hinterteils, sondern ihr Bugspriet ging hart an demselben vorüber, aber die Katastrophe war dennoch kräftig genug, um den Mohammedanern später als Lehre dienen zu können.

Das Steuerbord des Deutschen schliff nämlich fest und scharf an dem Backbord des Arabers weg und riß ihm alles Takelwerk fort. Die beiden Rahen des letzteren verfitzten sich in dem festen Tauwerk des ersteren und wurden von den Matrosen, die schnell bei der Hand waren, gekappt. Im nächsten Augenblick befand sich der Deutsche vor dem Araber, statt hinter demselben. Das Schlepptau spannte sich wieder und zog, da es am Hinterteil des letzteren befestigt war, diesen herum, so daß er wandte und sein Vorderteil nach hinten kam.

Auf dem Deck des Deutschen erscholl ein vielstimmiges Gelächter, von demjenigen des Arabers aber hörte man gerade das Gegenteil. Seine Rahen waren zerhackt und seine Segel herabgerissen, sein laufendes Tauwerk hing in Fetzen, und das Schiff drohte in seiner verkehrten Lage zu kentern und unterzugehen. Der Anführer fluchte und wetterte, seine Leute brüllten und heulten. Anstatt ihr Tau, womit sie an den Deutschen befestigt waren, zu kappen und dadurch von ihm frei zu kommen, schossen sie ihre Flinten auf ihn ab, aber keine Kugel richtete irgendeinen Schaden an.

Da trat einer der drei, die sich an Bord der Brigg befanden, zu dem Kapitän und ließ ihm durch den Dolmetscher sagen:

»Ich befehle dir, anzuhalten und unser Fahrzeug auszubessern!«

Das hieß denn doch, die Anmaßung und Lächerlichkeit auf die Spitze zu treiben.

»Du hast mir nichts zu befehlen!« antwortete der Kapitän.

Da zog der Mann das Messer, das er im Gürtel hatte, und drohte:

»Wenn du mir nicht sogleich gehorchst, so werde ich dich züchtigen! Bist du ein Moslem?« – »Nein, ein Christ.« – »So hast du mir Gehorsam zu leisten, Hund!« – »Ah, Hund, sagst du? Da hast du die Antwort!«

Der Kapitän holte aus und gab dem Araber eine Ohrfeige, die so stark war, daß dieser sofort niederstürzte und sich überkugelte. Die beiden anderen zogen jetzt auch ihre Messer und wollten sich auf den Kapitän werfen, kamen aber dabei sehr an den Unrechten. Er besaß nämlich eine echte deutsche Seemannsfaust, das heißt eine Hand hart wie Stahl. Mit zwei raschen Hieben hatte er sie kampfunfähig gemacht

»Jungens, bindet mir einmal dieser Kerle an die Masten!« gebot darauf der Kapitän. »Wir wollen sie einmal lehren, was es heißt einen Deutschen einen Hund zu nennen!«

Diesem Befehl wurde sehr gern und schleunigst Folge geleistet Die Matrosen nahmen den Arabern die Waffen und banden sie so fest, daß sie sich nicht zu rühren vermochten.

Unterdessen war die Lage des arabischen Fahrzeugs gefährlicher geworden. Es wurde von der Brigg am Hinterteil gezogen und begann, da es einen niedrigen Bord hatte, bereits Wasser zu schöpfen.

»Haltet an, ihr Schurken!« brüllte da der Anführer. »Seht ihr denn nicht daß wir ertrinken müssen, wenn ihr nicht gehorcht?« – »Mir ist's gleich, ob ihr ersauft oder nicht«, antwortete der Deutsche. »Kappt euer Tau, wenn ihr euch retten wollt!« – »Ich darf es nicht zerhacken, es gehört nicht mir, sondern dem Gouverneur!« – »Nun, so schluckt für den Gouverneur Seewasser, bis ihr platzt!« – »Wir selbst können ja das Tau kappen«, meinte der Steuermann. – »Fällt mir nicht ein!« antwortete der Kapitän. »Ich gebe ihnen eine Lehre und rühre keine Hand für sie. Ich bin noch nie in diesen Breiten gewesen, aber ich habe sehr viel von der Arroganz dieser Menschen gehört. Diese Sklaven und Diener, diese Speichellecker kleiner, obskurer Potentaten und Beamten, denken Wunder wer sie sind. Jeder Andersgläubige gilt für einen Hund, dessen Berührung sie verunreinigt. Ich verstehe ihre Sprache nicht und kenne auch ihre Gebräuche nicht, aber meine Gebräuche sollen sie kennenlernen. Wir sind es unserer deutschen Flagge schuldig, uns bei ihnen in Respekt zu setzen.« – »Aber wir fahren ja nach Seila und werden also mit dem Gouverneur in Berührung kommen!« – »Nun, was weiter?« – »Er wird sich rächen!« – »Er mag es nur versuchen!«

In diesem Augenblick ertönte ein vielstimmiger Schrei. Das arabische Fahrzeug hatte sich so weit zur Seite geneigt, daß es zu sinken drohte. Es schluckte Wasser, und zwar so viel, daß es sich nicht wieder aufrichten konnte.

»Seid ihr denn wirklich so erbärmlich dumm? Kappt doch endlich das Tau!« ließ ihnen der Kapitän durch den Dolmetscher zurufen.

Sie aber waren so verwirrt, daß sie ihm nicht folgten, sondern in das Wasser sprangen und auf die Brigg zuschwammen.

»Werft ihnen Taue zu, daß sie herauf können!« gebot nun der Kapitän. »Sie haben die Komödie begonnen und mögen sie auch zu Ende spielen. Aber laßt sie auf dem Vorderdeck zusammentreten und richtet die Geschütze auf sie.«

Es gelang wirklich, die Araber alle an Bord zu bringen, worauf der Dolmetscher ihnen die Weisung gab, sich nach dem Vorderdeck zu begeben. Sie gehorchten, nur der Anführer weigerte sich. Er trat auf den Kapitän zu und fragte:

»Bist du der Befehlshaber dieses Schiffes?« – »Ja.« – »So bist du mein Gefangener. Ich werde dich streng bestrafen lassen.«

Der Deutsche blickte ihm lächelnd in das braune, hagere Gesicht und antwortete:

»Mache dich nicht lächerlich! Ich habe in deine erste Albernheit eingewilligt, und nun siehst du, was du davon hast. So wird es dir auch weitergehen, wenn du es nicht aufgibst, dich als Herr zu gebärden. Kennst du die Völkergesetze?« – »Ich brauche sie nicht zu kennen. Ich kenne den Koran und die Gesetze des Propheten.« – »Ich habe mich weder nach dem Koran, noch nach deinem Propheten zu richten. Ich gehe nach dem Völkerrecht, und das wird von allen Seefahrern anerkannt. Dieses Schiff ist deutscher Grund und Boden; wer sich bei mir an Bord befindet, hat mir zu gehorchen. Ich bin Herr über Leben und Tod, verstehst du wohl. Ich werde jede Anmaßung und jeden Widerstand sehr streng bestrafen.« – »Das wirst du nicht wagen!« sagte der Araber stolz. – »Warum nicht?« – »Weil ich ein Vetter des Gouverneurs bin.« – »Das gilt nichts! Auf meinem Schiff bin ich König und Kaiser, Sultan und Großmogul; dein Gouverneur ist mir vollständig gleichgültig. Ich segle zwar nach Seila, aber ich stehe unter dem Schutz meiner Flagge und werde nicht dulden, daß man mir feindselig begegnet.« – »Ah, du fährst nach Seila? So wirst du uns Rechenschaft gegen, vorher aber unser Fahrzeug retten.« – »Ich sehe, daß du unverbesserlich bist, und darum werde ich dir zeigen, daß ich das tue, was mir gefällt. Vielleicht wäre dein Schiff zu retten, ich aber erkläre, daß sich das meinige in Gefahr befindet, so lange es mit dem deinigen zusammenhängt! Ich muß mich selbst vor Schaden bewahren.«

Damit griff der Kapitän zum Beil und durchhieb das Schlepptau, so daß das arabische Fahrzeug nun sich selbst überlassen blieb. Da trat der andere zornig auf ihn zu und rief:

»Was wagst du, Hund? Du opferst mein Schiff, und jetzt sehe ich auch, daß du meine drei Krieger gefesselt hast! Hätte ich mein Gewehr mitgenommen, so würde ich dich erschießen wie einen Schakal, aber mein Messer wird dir zeigen, wer hier Herr ist!«

Der Araber zog wirklich das Messer ans dem Gürtel, in demselben Augenblick aber traf ihn die gewaltige Faust des Deutschen so, daß er zusammenbrach. Als das die übrigen Araber sahen, machten sie Miene, ihren Anführer zu befreien, aber der Dolmetscher rief ihnen zu:

»Um des Propheten willen, bleibt ruhig, sonst werdet ihr erschossen, die Kanonen sind auf euch gerichtet. Dieser Mann ist Herr des Schiffes, was er befiehlt, das geschieht Euer Leben ist in seine Hand gegeben.«

Jetzt erst begriffen die braunen Kerle ihre Lage und bequemten sich dazu, auf allen Widerstand zu verzichten. Ihr Anführer wurde gefesselt und unter Deck gebracht Ihnen nahm man alle Waffen ab und steckte sie darauf in den Kielraum, wohin auch ihre drei Gefährten geschafft wurden, die bis jetzt am Mast befestigt gewesen waren.

»Du wagst viel!« sagte der Dolmetscher zum Kapitän. »Der Gouverneur wird wirklich Rechenschaft von dir verlangen.« »Du irrst«, antwortete der Deutsche lächelnd. »Ich werde Rechenschaft von ihm verlangen, denn seine Diener haben gegen die Gesetze gehandelt und mich persönlich beleidigt« – »Aber selbst wenn er dich nicht bestrafen kann, wirst du doch großen Schaden haben. Der Gouverneur wird dir verbieten, zu handeln und deine Waren zu verkaufen.« – »Das werde ich abwarten. Verbietet er es mir wirklich, so weiß ich bereits genau, was ich tun muß, um diesen Schaden ersetzt zu bekommen.«

Um der Gefangenen sicher zu sein, stellte er einen der Matrosen als Wachtposten vor den Kielraum und sah dem Kommenden ohne Sorge entgegen.

Da Seila keinen Hafen besitzt und die Schiffe auf der dortigen Reede ankern müssen, zu der die Einfahrt wegen der vorliegenden Felsen eine schwierige ist so mußte die Brigg, die die Nähe der Stadt erreicht hatte, während der Nacht lavieren und konnte erst am Morgen den Eingang gewinnen. Sie begrüßte die Stadt mit Kanonenschüssen und ließ die Anker fallen.


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