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Achtzehntes Kapitel.

An einem hellen Oktobertage treffen wir Salve als Schiffer auf der Brigg Eine Brigg hat zwei Masten, Fockmast und Großmast, welche mit Marsen und Rahen getakelt sind. »Apollo« wieder draußen auf der See. Er führte eine Bauholzladung nach Pürmurende.

Als er erst seine Seemannseitelkeit beiseite gesetzt, war er mit seinem alten aus den Fugen gegangenen Fahrzeug recht wohl zufrieden – schon deshalb, weil es sein Fahrzeug war. Die Besatzung bestand alles in allem in sieben Mann aus Tromö und Notterö, wo er selbst seinen Aufenthalt genommen. Die Leute hielten dafür, daß sie zu einem strengen Mann an Bord gekommen seien, doch merkten sie zugleich, daß er sie anständig behandelte. Sie hatten schon mancherlei erfahren: allein nun sahen sie gleich bei der ersten Fahrt, daß sie mit einem unglaublichen Waghals segelten, dessen einziges Dichten und Trachten darauf gerichtet war, vorwärts zu kommen und möglichst viele Touren zu machen, ehe das Eis gegen die Weihnachtszeit hin dem Geschäft Einhalt gebot. Er segelte in schwerem Sturm aus, und auf die geäußerten Bedenken antwortete er nur in aller Munterkeit, dazu sei der Wind ja da, um mit ihm vorwärts zu kommen.

Der »Apollo« ging mit einem halben Schleier unter Segel und Nils Buvaagen saß am Steuerrade. Salve hatte ihn in Arendal wieder getroffen und überredet, mitzufahren.

Was ihn an diesem Manne besonders fesselte, war die unerschütterliche Heiterkeit und die Liebe, mit der er Weib und Kind umfaßte: kaum gönnte er sich die Portionen an Bord. Oft stand Salve bei ihm und lauschte seinen naiven Erzählungen von den zahllosen Widerwärtigkeiten, die er überstanden.

Der barsche Kapitän, der von Empfindsamkeit soweit entfernt schien wie vom Mond – der Kapitän beneidete seinen Rudergast: er dürstete nach der Heiterkeit, die dieser Mann besaß, und brütete beständig darüber, daß er dies hätte auch haben können –, wenn er nur treuherzig dumm genug gewesen wäre, alles zu glauben. Aber leider war er nun einmal nicht blind geboren. Elisabeth hatte – dies war mehr als bewiesen – ihre beste und erste Empfindung dem Marineoffizier geschenkt, und nachher, ja nachher wäre er vielleicht gut genug gewesen.

Mehr als sonst hatte er das nagende Gefühl, wie niedrig und häßlich seine Denkart gegen die jenes Mannes abstach, in dessen Gemüt sicherlich alles das emporgestiegen wäre, was zu gunsten Elisabeths gesprochen hätte; er bewunderte den einfältigen Nils, der so ruhig reiste und so heiter heimkam, ohne daß sich auch der mindeste Zweifel in sein Herz schlich. Er stellte sich denselben vor, wie er mit einer gewissen Würde in seinem Hause saß, ein Kind auf jedem Knie, während die übrigen an ihm herumhingen und -kletterten.

Solche Betrachtungen beschäftigen ihn, während er ungewöhnlich lang und oft stehen bleibend aus der Decklast auf und ab ging; und dieser Gedanke warf einen Schimmer auf sein Gesicht, als er sich entschloß, von Pürmurende nach Amsterdam zu gehen, um Elisabeth zu sehen.


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