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Neuntes Kapitel

Nur einen Augenblick lang am nächsten Tag, als die Sonne über Fluß und Föhren strahlte, fühlte Ralph sich unglücklich, und das war – einen Augenblick lang – beim Abschied von Woodbury.

»Ich weiß gar nicht, was eigentlich los ist, Ralph«, sagte Woodbury. »Es ist mir scheußlich, so allein weiterzumachen. Glauben Sie, daß das sehr anständig ist, was Sie da mit mir machen, alter Junge? Wissen Sie noch, wie miserabel herunter Sie waren in New York? Glauben Sie, Sie werden mir in die Augen schauen können, wenn Sie wieder zurück sind, nachdem Sie mich so haben sitzen lassen?«

Dieser Augenblick war vergessen, als Joe freundlich rief: »Setzen Sie sich in die Mitte des Kanus, Ralph. Ich glaube, da werden Sie's am bequemsten haben. Oder wollen Sie vielleicht lieber den Motor bedienen?«

Ungläubig schaute Ralph sich um und sah Woodburys Karawane, seine eigene Karawane, sein eigenes Boot, Wes und die Crees den Mantrap River hinabgleiten, während er selbst flußaufwärts fuhr mit einem Mann, den er gestern abend das erstemal gesehen hatte, flußaufwärts einem unbekannten, unwahrscheinlichen Lande zu.

Er entdeckte, daß Joe seine Expedition ganz anders leitete. Die Bemannung bestand nur aus ihm und einem einzigen Indianer, und nie ereiferte sich dieser magere Mann in Sweater und Overalls, nie schrie er, seine Befehle gab er nur als Anregungen. Und während Woodbury seine Augen nicht vom Motor abgewendet hatte – so als ob er angestrengt an einer Radierung arbeitete – spielte Joe Easter mit den Schrauben, tippte uninteressiert auf den Vergaser, und alles ging glatt und mühelos.

In seinem neuen Kanuheim, Bettzeug und Koffer, Flinte und Angelzeug vor sich, saß Ralph zwischen dem fremden Joe Easter und dem noch fremderen Lawrence Jackfish, diesem geschmeidigen, schlauäugigen Cree mit dem Glasperlenband um den Wildwesthut. Unglaublich war das alles. Er war nicht hier. Er konnte gar nicht hier sein. Es war ja nicht wahr …

Woodbury hatte oft behauptet, das Motorgeräusch mache es ihm unmöglich, zu hören, was Charley sagte. Es mußte ihm viel Freude bereitet haben, unwillig den Motor zu stoppen und zu brummen: »Ach, was zum Teufel wollen Sie sagen?« Aber Joe schien trotz des Motorsummens hören zu können, denn während sie den freien glitzernden Fluß hinauffegten, brachte er mit ein oder zwei harmlosen Fragen Ralph zum Reden – und Ralph redete!

Für gewöhnlich nichts weniger als gesprächig, war er heute wie ein kleiner Junge, dessen wichtige Fragen und Theorien eine Woche lang von einem ungeduldigen Verwandten zurückgedämmt worden waren. Er drehte sich auf seinem Platz in der Mitte des Boots um und ließ allen den Gedanken und Erinnerungen, die Woodbury so geärgert hatten, freien Lauf.

London – war Joe je außer Landes gewesen? Nie? London! Die Bibliothek im Inner Temple, Türme, alte Rasenflächen … Trafalgar Square am Waffenstillstandstag, zehntausend Menschen in eine Einheit des Schweigens gebannt … Seitenstraßenschaufenster mit den Schokoladeschildern, die englischer sind als Westminster … Der schwarze Eichenkamin in der Cock Tavern … Berkeley Square an einem Frühlingsnachmittag, hübsche Frauen, die zum Tee in ein düsteres altes Herzoginnenhaus schwirren … Piccadilly Circus in einem Erbsensuppennebel, der rotgesichtige Polizist, der wie von einer inneren Flamme leuchtet … Dann die Doverklippen, wie man sie bei der Rückkehr aus Frankreich sieht; und die stämmigen, kräftigen Träger nach den schrill kreischenden Porteurs in Calais.

Was meinte Joe – was würde geschehen, wenn dieses riesige Land keine Pelze mehr für die Trapper hätte; wenn der Ackerbau käme und die vielbesprochenen Goldbergwerke in Betrieb genommen würden?

Religion – was dachte ein Mann wie Joe von Beten, Tag um Tag allein auf den Winterfahrten – von Beten und der Hand des Allmächtigen in der Wildnis?

Musik – das Theater – Bilder – interessierte Joe sich dafür, wenn er zum Wareneinkauf nach Winnipeg kam? Fehlten sie ihm in Mantrap Landing?

Die ganze Zeit dachte Ralph laut, ließ er, nach diesen Wochen voll Albernheit, seinen Geist durch die Verwicklungen und Gegensätze laufen, die er liebte. Joe schien nicht gelangweilt zu sein. Eine Weile fand Ralph nichts Törichtes daran, sich unter den dahintreibenden Wolken in überschwenglichen Reden zu ergehen. Aber am späten Nachmittag kam der Geist der Stunde und des Ortes über ihn, und glückselig schwieg er. Der Mantrap River hatte sich zu einem See verbreitert. Goldgrünes Licht lag auf den hellen Pappelstämmen, den grauen Felsen, dem polierten Schild des Wassers mit nachdenklichen, langen Schatten. Zwei weite Bogen waren ihr Kielwasser, ungebrochen und ungekräuselt in Kristall geschnitten; und hinter ihnen stieg der Vollmond auf, groß, in fast unerträglich ruhiger Schönheit.

Ehrfürchtig schweigend gingen sie an Land und kochten den Abendtee. Gelassen heiter saßen sie auf der Erde und rauchten.

»Das habe ich gesucht!« sagte Ralph.

»Das freut mich!« Diese ernste Freundlichkeit Joe Easters gehörte zu der stillen Stunde. Sie sahen einen Fisch aus dem Wasser springen. Die sich weitenden Ringe waren aus gelbem Feuer. Joe meditierte:

»Die Wälder können sehr schön sein, wenn man nicht an ihnen herumnörgelt. Aber ich habe nette Zeiten auch in den Städten gehabt. Ich gehe nicht viel in diese Konzerte, von denen Sie erzählen. Aber das Sousa-Orchester habe ich doch einmal gehört. In Minneapolis war das. Ja, damals war ich ganz auf dem Hund. Und ein feines Billardmatch habe ich gesehen. Aber das Komischste, was mir dort passiert ist – Sagen Sie, haben Sie sich schon mal die Fingernägel maniküren lassen?«

»Wieso, ja, manchmal.«

Ralph wunderte sich. Freilich ließen Joes rissige Nägel nicht auf besonderes Interesse für Maniküre schließen.

»Ich habe es auch gemacht, einmal. Eine komische Sache war das. Das ist damals gewesen, wie ich in Minneapolis war, vor einem Jahr ungefähr. Ich dachte mir, ich könnte mir auch mal Rasieren und Haarschneiden in einem ganz feinen Laden leisten, und da bin ich, auf die Gefahr hin, daß sie mich rausschmeißen, ins Ranleagh Hotel gegangen. Elegante Bude – alles voller Gold und Marmor überall. Fabelhaft! Friseurladen unten im Keller, aber was für ein Friseurladen! Lauter weiße Kacheln mit so goldenem Krimskrams an der Decke und ein riesiger großer Tisch mit Magazinen, und Klubsessel zum Warten, und zwei Schwarze, die einen abbürsten und einem den Hut wegluchsen, und gerade wenn man sich umschaut und meint, sie haben ihn geklaut, sind sie wieder da und überreichen ihn mit einem Diener, als ob man der Herzog von York wäre!

»Ja, also, mein Friseur, so ein kleiner, magerer Floh – aber der Junge hatte was los; mein altes borstiges Fell hat er glattgekriegt wie Samt. Und was er sonst noch alles mit mir getrieben hat! Mich mit Parfüm angespritzt! Mir das Gesicht massiert – davon sollte ich garantiert einen Teint wie Lilian Russell bekommen, nur gehalten hat's nicht. Dann hat er mir den Kopf gewaschen – dabei habe ich den Tabakziegel wiedergefunden, der mir vor vier Jahren verlorengegangen war. Aber – die Sache war so: Wie ich mich niedersetze, sagt er zu mir: ›Schuhe?‹ ›Freilich‹, sag' ich. ›Schuhe!‹ brüllt er, als ob er sich auf den Daumennagel gehauen hätte, und ein Negerjunge springt auf wie aus der Kanone geschossen und schliddert über den Boden und hat schon meinen Fuß. Ich habe mich nicht getraut hinunterzuschauen, um zu sehen, was er sich über meine Schuhe denkt. ›Waschen?‹ sagt der Friseur. ›Gut‹, sag' ich. ›Ultrabestrahlung?‹ fragt er. ›Ich weiß zwar nicht, was das ist‹, sag' ich, ›aber ich komm' nicht oft in die Zivilisation, und ich will mal sehen, was dran ist. Also, ich werd' ein feiner Mann‹, sag' ich. ›Wenn ich hier rauskomm', wird man mich sicher auffordern, Direktor von irgendeiner Bank zu werden.‹

»Er war ein bißchen verlegen geworden, das konnte man sehen. Ich hatte ihn alle Bluffs auflegen lassen. Er dachte, er könnte mich mit den Strahlen unterkriegen, aber ich war ihm nicht auf den Leim gegangen. Dann ist ihm eine Idee gekommen. Er kichert und zwinkert dem Brillantinejüngling beim nächsten Sessel zu und sagt zärtlich: ›Maniküre?‹

»›Klar‹, sage ich, bevor ich überhaupt recht weiß, was er meint. Und bevor ich ihn zurückhalten kann, kommt schon aus dem nächsten Zimmer ein Mädel heraus – also das hübscheste Mädel, das Sie überhaupt gesehen haben! – goldenes Haar, Bubikopf, schön wie ein Bild, Wangen wie Pfirsich und Rahm und eine tadellose Figur und ein entzückendes Lächeln, und bevor ich dran denken kann, was ich sagen soll, setzt sie sich schon neben mich und nimmt meine riesige alte Pfote in ihre weiche kleine Hand und –

»Na, ich hätte mich zu Tode schämen können, daß ich sie meine Tatzen bearbeiten lasse – und dann, Joe Easter läßt sich im Laden die Nägel schneiden vor allen Leuten! Angenommen, Curly Evans (das ist der Bezirkspolizist hier in unserem Distrikt – bißchen wild manchmal und vielleicht bißchen leichtsinnig, aber ein guter Freund von mir, richtiges Rauhbein, Sie werden ihn mögen) – angenommen, Curly würde reinkommen und mich dabei sehen! Das hätte ich mein ganzes Leben lang zu hören bekommen! Und ich wußte auch nicht, wie lange es dauern wird, bis von der Maniküre nichts mehr zu sehen ist. Angenommen, ich käme nach Mantrap zurück und würde eine Partie Poker machen, mit Curly und Pop Buck und ein paar von den Trappern, zum Beispiel Pete Renchoux, und angenommen, ich wäre gerade am Teilen, da würde Curly sagen, feierlich – ich höre ihn so, als ob er in der Kirche den Bibeltext lesen würde: ›Brüder, unser innig geliebter Hundedieb, Joe Easter, hat sich maniküren lassen, dieweil er ferne von uns war. Zu guter Letzt –‹«

Curly Evans hypothetische Vermutungen über Joes weitere Ausschweifungen waren nicht gerade anständig.

»Na,« seufzte Joe weiter, »da war ich auf Mord und Tod gefaßt – gefaßt? – ich bin ja wirklich gestorben vor Scham und Verlegenheit, daß dieses Mädel – so an die zweiundzwanzig war sie – sich meine Pfote anschaut. Wie ein gekochter Schinken!

»Ich sagte zu ihr: ›Ich glaube nicht, daß Sie Lust haben, an dem Giraffenhuf zu arbeiten‹, sage ich, ›und ich muß Ihnen recht geben. Sie brauchen nicht im Zoo zu arbeiten.‹

»Na, wie sie mich da angelächelt hat – so wie wenn die Sonne am Träumenden See aufgeht – und so ein nettes, verflucht anständiges Lächeln noch dazu – und dann sagt sie zu mir: ›Oh, es ist so viel netter, die Hand von einem richtigen männlichen Mann zu machen –‹

»Ich konnte spüren, wie mein Friseur heimlich lachte, und wurde ein bißchen traurig, und rot geworden muß ich sein bis runter zur Uhrkette. Und wissen Sie – ihre Stimme – wie eine Lerche hat sie sich angehört – ich weiß, das alles klingt ganz dumm, aber sie war wirklich so.

»›So viel netter,‹ sagte sie, ›einmal eine ordentliche rauhe Hand zu machen, statt allen den fetten Reisenden und‹ – sie hat's ihm richtig gegeben – ›den pomadeköpfigen, parfümstinkenden Friseuren!‹

»Herrje, man konnte ordentlich spüren, wie der elektrische Strom durch meinen Friseur ging, eine Million Volts. Vielleicht hat er die ganze Zeit während der übrigen Schönheitsbehandlung noch weitergeschwafelt! (Drei Dollar und fünfundsechzig Cent hat der Spaß gekostet!)

»Ich aber, mir ist nichts eingefallen, was ich ihr hätte sagen können. Alverna (ich habe nachher erfahren, daß sie so heißt – hübscher Name, finden Sie nicht? – bißchen sonderbar vielleicht, klingt aber nett, und nicht so gewöhnlich – Al–ver–na!) – sie hatte mich mit ihrer feinen Stimme und ihrer Schlagfertigkeit und allem so verlegen gemacht, daß ich nicht zu ihr reden konnte, genau so, wie ich mich nicht trauen würde, in der Kirche nach vorne zu gehen und dem Priester zu sagen, daß er ein Lügner ist.

»Als der Friseur mir alles verzapft hatte, was sie in ihrem Katalog hatten, und noch ein paar Sachen mehr, die er, glaub' ich, extra für mich vom Fleck weg erfunden hat – ich hab' nie rausbekommen, ob es ein Zufall war, daß er mir den Talkumpuder über die Nase geschmiert hat, oder ob es mit zur Behandlung gehört – na ja – also wie er mit allem durch war, hatte sie meine Klauen noch nicht ganz fertig. Sie wird es wohl ziemlich schwer gefunden haben. Gott, hab' ich mich geschämt! Aber der Friseur hat mich weggeschickt, und ich mußte mit ihr zu ihrem Platz gehen. Wie ein Fisch, der einem ausgehungerten Hundegespann vorgeworfen wird, so ein Gefühl hatt' ich, als ich aus meinem sicheren Sessel rausmußte, und aus dem großen schönen Mantel, in den sie mich gesteckt hatten, und ihr in das andere Zimmer nachlaufen mußte, über den glatten Kachelboden, vorbei an allen geschleckten Jungen, die sich rasieren ließen und die Haare schneiden, und den Friseuren und allen den Schafsköpfen, und mich an den hübschen kleinen Tisch setzen … Ein Kalender war an der Wand dahinter, mit einem Bild, zwei Kätzchen in einem Korb.

»Also, wir kamen ins Gespräch. Sie hatte es großartig raus, einem über die Schüchternheit wegzuhelfen. Sie sah einen an – nicht herausfordernd, sondern so, als ob sie Vertrauen zu einem hätte und einen für einen großartigen Kerl hielte – und, na, mit einemmal erzählte ich ihr alles vom Pelzeinkauf, und was für ein nettes Haus ich in Mantrap Landing hätte, und so. Und sie erzählte mir, daß sie eine Waise ist – Vater gestorben, wie sie noch ganz klein war, und die Mutter erst im letzten Jahr; sie und zwei andere Mädels hatten zusammen eine kleine Wohnung. Und erzählte mir, wie verrückt sie ist auf Musik und so weiter – ganz wie Sie.

»Sie war jetzt mit dem Graben und Sprengen ziemlich fertig, und ich –

»Ich war vor Verlegenheit ganz steif. Ich hatte nur einen Wunsch – sie wiederzusehen. Ich konnte aber doch nicht am nächsten Tag wieder zum Maniküren kommen – das kann man nicht jeden Tag tun, so wie sich einen Rausch antrinken.

»Ich wollte sie fragen, ob sie mit mir zu Abend essen gehen möchte oder sonst was, aber ich traute mich nicht. Es war wie beim ersten Schwimmen im Frühling hier oben, wenn das Eis eben zergangen ist und man dasteht und sich's am Ufer überlegt, und so tut, als ob man reinspringen wollte – und dann schau dich würdevoll um und geh würdevoll nach Haus, so als wenn du die Gewohnheit hättest, nackt spazierenzugehen!

»Und sie war fertig und sagte: ›Ich glaube, das ist alles‹, und ich stand auf und drückte mich von einem Fuß auf den anderen und dachte nach, ob ich ihr außer der Rechnung noch etwas geben könnte. Aber ich hatte Angst, daß es sie beleidigen würde, ich glaube, ich hab' ausgesehen wie ein Riesenrhinozeros, und dann sagte ich guten Tag.

»Na, sie lächelte ein bißchen, wie wenn sie mich ganz gern hätte, und sagte, ganz fein: ›Ich hoffe, ich werde Sie noch einmal sehen, bevor Sie wieder nach dem Norden gehen. Ich möchte noch gern etwas über den Leithund von Ihnen hören.‹ Und ich platzte raus: ›Kommen Sie und essen Sie heut' abend mit mir zusammen!‹

»Wie ein grüner Junge!

»Aber gekommen ist sie. Abendessen? Ein Bankett war das! Es war Nektar und wie das Zeug heißt. Sie erklärte mir, wie ich bestellen soll – wir gingen schnurstracks ins Hotel Ranleagh – herrlicher, riesig großer Saal mit lauter langen roten Vorhängen und Bildern an den Wänden, über Geschichte und so weiter – Alverna sagte, es würde alles in Ordnung sein, es wäre ganz gleich, daß ich keinen Abendanzug hätte.

»Und sie lehrte mich eine Menge neue Sachen essen. Joe Easter, Avogatobirnensalat einschaufelnd (haben Sie das mal probiert? – war nicht besonders gut – bißchen dumpfigen Geschmack hatte es), und Hummer Newburg, und Nieren, die der Kellner – er machte sie direkt vor uns, auf dem Tisch, in einer Wärmpfanne!

»Aber, ich möchte Ihnen erzählen, wie ungerecht man sein kann. Wissen Sie, einen Augenblick, wie sie mich das alles bestellen ließ, war ich neugierig – sie war noch viel hübscher, als ich gedacht hatte; ihr Kleid, sehr fesch, Seide war's, glaube ich, ließ gerade ein bißchen von ihrem Hals sehen – sie war so hübsch, daß man einen Schrecken bekam, und lieb und fein und alles; aber eine Minute war ich neugierig, ob sie mich für einen Haufen teures Essen drankriegen wollte. Und, Ralph, das hat mir ein bißchen weh getan; es war mir gar nicht ums Geld, aber ich hatte sie so bewundert –

»Na, also, als sie mir den ganzen Kram zum Essen geraten hatte und ich sagte: ›Und Sie nehmen dasselbe?‹, da legte sie nur die Hand auf die Brust und sagte: ›Nein. Wenn ich bekommen kann, was ich möchte, ich möcht' ein großes Steak, eine richtige Männerportion, haben und eine Waggonladung gebratene Kartoffeln! Ich könnte vor Hunger schreien! Alles, was ich zu Mittag hatte, war 'ne Crêmeschnitte und 'ne Tasse Kaffee. Mehr könnt' ich mir nicht leisten. Von dem, was ich verdiene, könnt' ich nicht mal einen Goldfisch ernähren. Und ich lasse mich nicht viel von Herren ausführen – wirklich, das mach' ich nicht!‹

»Wissen Sie! So aufrichtig und ehrlich und alles – ich war ganz verliebt in sie! Kleine Alverna!«

»Was ist aus ihr geworden?« fragte Ralph, als Joe in Träume versank. »Haben Sie noch einmal etwas von ihr gehört?«

»O ja! Ich hab' sie geheiratet, am nächsten Tag. Sie werden sie morgen sehen.«


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