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2. Unsere Kleidung

Die Pracht des Anzugs tut es nicht alleine,
Mit deiner Art muß sie in Einklang sein.

a) Die Art der Kleidung

vielleicht der schwierigste Punkt unserer Kleidung ist das Wie, eine Klippe, an der alle, die eines ausgebildeten Geschmackes oder eines bestimmten Formen- und Farbengefühles ermangeln, rettungslos scheitern werden.

Noch viel zu wenig erkannt und geübt ist die unleugbare Vornehmheit der Einfachheit, auf die wir hier mit allem Nachdruck hinweisen wollen, als den Zauberstab, der Wunder zu wirken vermag. Feiner Geschmack weiß auch den schlichtesten Anzug so harmonisch zusammenzustimmen, daß der anmutende Eindruck sich ganz von selbst ergibt, sei es nun durch die Feinheit und Gediegenheit der Stoffe, die unauffällige Vornehmheit aller notwendigen Zutaten oder sonst irgendwelche geschickte Kunstgriffe.

Mit reichgefüllter Börse kann man ja freilich mühelos sowohl den prächtigsten wie den gediegen vornehmsten Anzug zusammenstellen, allein die große Mehrzahl hat mit mäßigen oder beschränkten Mitteln zu rechnen, und da erst recht soll sich das wahre Geschick bewähren.

Als vornehmstes Gebot in der Bekleidungsfrage gilt Ordnung. Nähnadel und Bürste müssen ihres Amtes getreulich walten, denn ein ungehärteter Hut oder Kleidersaum, Wäsche oder Krausen von fraglicher Sauberkeit, zerstoßene Rocksäume, ausgefranste Ränder und Knopflöcher, lose Knöpfe, abgerissene Bänder oder Schleifen, befleckte Ärmel, ausgeweitete Gummizüge, schiefgelaufene Stiefelhaken, aufgegangene Handschuhnähte usf. verraten sträfliche Unordnung und Gleichgültigkeit und sind scharfer Verurteilung gewiß.

Ordnung und Sauberkeit sind die Grundfesten deines Anzuges, sie schmücken auch das bescheidenste Kleid mit echtem Glanz.

Der Anzug ist um deinetwillen vorhanden, nicht du um des Anzuges willen, das beachte; im umgekehrten Falle wird er dein Tyrann.

Nur Emporkömmlinge und unfeine Naturen legen Wert auf Prunk und Pracht, wirkliche Vornehmheit weiß durch Einfachheit zu wirken und verleiht auch der unbedeutendsten Äußerlichkeit den Abglanz innerer Harmonie.

Zierlich kann und darf der Anzug sein, doch verletze kein Zusammenhäufen auffallenden Zierats das prüfende Auge. Du selbst sollst aus deiner Hülle herausblicken, nicht die Wachspuppe des Konfektionärs oder das Modebild deiner Schneiderin. Ein vielgebrauchtes Kleid mit unbefangener Würde, ein neues wie ein längstgewohntes zu tragen, das ist es, was uns hinaushebt über die despotische Herrschaft der Kleiderfrage.

b) Die Beschaffenheit der Kleidung.

Hinsichtlich der Beschaffenheit unserer Kleidung haben verschiedene Faktoren mitzusprechen, vor allem natürlich die äußere Erscheinung; außerdem Jugend und Alter, Größe, Körperform, die verfügbaren Mittel, Gelegenheit und Jahreszeit.

Immer ist die Persönlichkeit maßgebend; demgemäß passen für kleine Figuren keine auffallend langen oder gar Schleppkleider, für junge Mädchen keine reichen, schweren Stoffe, diese gebühren der stattlich einherschreitenden älteren Dame, indes der Jugend leichte, schmiegsame Gewandung wohl ansteht.

Für kleine Personen eignet sich am besten zierlicher Kleiderschnitt ohne allzuviel verwirrendes kleinliches Gekrause, weiche Farben, klein karierte Stoffe. Große Karos, (viereckige Würfel) und breite Streifen, lange Taillenschöße und hohe Falbelröcke hingegen verschieben die Körperform ins Groteske.

Große, schlanke Erscheinungen haben mehr Bedacht auf passenden Faltenwurf als auf glattgespannte Röcke und Taillen zu nehmen, hier wirken Blusen und drapierte oder Faltenröcke gut, Streifen und diskrete Muster; alles Große, ins Auge Fallende ist unschön und wirkt ermüdend.

Sehr schlanken Personen sind helle Stoffe als voller wirkend zu empfehlen, während dunkle Farben schmäler erscheinen lassen.

Der warmen Jahreszeit sind helle Farben und luftige Stoffe vorbehalten, der kalten schwere, dicke, warme Stoffe und dunkle Farben; diese Verschiedenheit soll auch im Ausputz, in der Wahl der Handschuhe, des Hutes zum Ausdruck kommen. Alles Winterliche ist schwerer, kompakter, von festerer Beschaffenheit. Der Strohhut soll nicht allzufrüh und nicht allzuspät getragen werden; zum langen Überzieher oder Mantel paßt er nicht.

Für Damen gilt der Satz: der Morgenanzug sei bequem, doch sauber und einfach; er unterscheide sich genau von der Tagestoilette und darf bei Tische keinesfalls getragen werden.

Zum Gesellschaftsanzug wählen Damen ihr bestes Gewand; für die Straße einen passenden einfachen Anzug von gutem Schnitt und ruhiger, unauffälliger Farbe.

Als Hauskleid mag ein herabgerücktes besseres Kleid immerhin Verwendung finden, doch ohne Verzierung, einfach zurechtgemacht, praktisch und festanliegend, dann versieht es nochmals ganz gut seinen Dienst, erspart Anschaffungskosten und sieht nett und gefällig aus.

Der Hausfrau sei Einfachheit auch im Empfangszimmer ans Herz gelegt; ihr Anzug soll feingestimmt und korrekt sein, dies schuldet sie ihren Gästen; gesuchter Putz hingegen würde sie gleichsam in einen Wettbewerb mit denselben stellen.

Auf der Straße verbietet sich die Schleppe ohnehin, dort sind nur fußfreie Röcke am Platze; dagegen muß alsdann dem Schuhzeug peinliche Beachtung geschenkt werden. Helle Handschuhe bei Regenwetter oder beim Einkauf im Kramladen und auf dem Markte sind unpraktisch und unpassend. Auf Reisen, in Wald und Feld, bei Besorgungsgängen sind Kostbarkeiten aller Art, auch feine Spitzen und teure Stoffe vom Übel, dagegen ist die gutgehende Uhr an solider Kette ein unschätzbarer Kamerad.

Für Herren sei noch besonders erwähnt: Schlafrock und Morgenschuhe gehören nur ins Schlafzimmer; am besten ist es, sich gar nicht erst an diese Bequemlichkeit zu gewöhnen; keinesfalls darf aber diese Bekleidungsart im Familienzimmer oder am Frühstückstische Zutritt finden.

Der Gesellschaftsanzug hat in den Morgenstunden keine Berechtigung, er würde anspruchsvoll und unfein wirken.

Der beste Schmuck ist feine, peinlich saubere Wäsche, einfacher Kleiderschnitt, solide Farben. Am allermeisten hüten sich Herren vor allzumodischem Aufputz.

c) Die Farbenwahl der Kleidung.

Des jungen Mannes noch unausgebildetem Geschmack möge folgendes empfohlen sein: Lebhafte, auffallende, stark ausgeprägte Farben, selbst wenn die Mode sie befürwortet, sind ausnahmslos zu vermeiden, ebenso abstechende Farben der verschiedenen Toilettebestandteile.

Nichts ist häßlicher als eine Musterkarte der verschiedensten Farben oder Schattierungen; weiche, verschwimmende, sanftabgetönte Farben, nur wenig durch Krawatte und Handschuhe gehoben, wirken allezeit am feinsten und harmonischsten. Farbige Wäsche, und auch dann nur in feinen verschwindenden Mustern, ist nur auf der Reise gestattet; weiße, einfach gehaltene, doch fein behandelte Wäsche gilt mit Recht als der schönste Schmuck. Bunte Taschentücher und Halsbinden, auffallend gefärbte Handschuhe verderben den gewähltesten Anzug; der Hut sei kleidsam, doch einfach in Form und Farbe.

Hinsichtlich der Farbenwahl ist den Damen ein reiches Feld eröffnet, ein Prüfstein für ihren feinempfindenden Geschmack und das Maß ihrer Selbsterkenntnis, denn eines schickt sich nicht für alle; was die Freundin vorzüglich kleidet, müßte vielleicht gerade zum eigenen Gebrauche vermieden werden.

Natürlich haben in erster Linie Haar- und Gesichtsfarbe, sodann wie schon erwähnt, auch die mangelnde oder überreichliche Körperfülle bei der Farbenwahl mitzureden.

Weiß und schwarz eignen sich, je nach Art der Gelegenheit, der Anwendung, des Stoffes und der Machart für jedes Alter. Der Jugend sind zarte, dem reiferen Alter reiche, satte Farben vorbehalten. Lila ist keine eigentlich jugendliche Farbe, so zart es auch sei, vor allem keine Lichtfarbe und für Abendbeleuchtung nicht günstig. Auch die Matrone kann in passender Anwendung Lila tragen; Goldgelb eignet sich für die Jugend nur in diskreter Verschmelzung mit Weiß; Violett hingegen taugt nicht für das blühende Mädchenalter. Auch Matronen oder Damen mit starker Gesichtsfarbe tun wohl daran, Hartblau und scharfes Violett (Pensee) als teintentstellend zu meiden; anders wirken Samtviolett in rotem oder schwarzblauem Ton, Prünefarbe, (Pflaumenfarbe), tiefes Rotbraun; sie alle heben das Inkarnat der Haut vorteilhaft hervor und lassen dieselbe klarer erscheinen.

Der gutaussehenden Brünette stehen Farben von klarem, leuchtendem Ton, z. B. Smaragdgrün, Tannengrün, Maisgelb, volles (nicht scharfes) Hochrot, Rubin- und Purpurrot; letztere beiden auch für blasse Brünetten, außerdem Cremefarbe und feines Rosenrot mit leichtgelblichem, nicht bläulichem Grundschimmer.

Der Blondine sind zu empfehlen: Weiß, Creme, Wasserblau, Zartrosa, Frühlingsgrün; ebenso Rosenrot und Rubinfarbe, zwei Schattierungen, die besonders vorteilhaft wirken und viel zu wenig erkannt sind.

Die Farbengrenze bestimmt nicht der Geburtschein, sondern das Aussehen; ein kritisch unbefangener Blick in den Spiegel ist der beste Ratgeber; wer sich auf seine Erscheinung prüft, wird nicht leicht fehlgehen.

Stoff und Farbe richten sich nach der Gelegenheit, beide sind daraufhin zu untersuchen, ob sie im Tageslicht oder bei Abendbeleuchtung ihre Triumphe feiern, ob sie bei dieser oder jener Bestrahlung günstig zur Gesichtsfarbe stimmen.

Auch auf deine Genossinnen hast du schickliche Rücksicht zu nehmen, zwei elegante Anzüge können einander gegenseitig hervorheben, oder auch gründlich verderben. Blau soll nicht neben Grün, Rosa nicht neben Violett auftreten; Pastellblau oder Lila wirkt mißfarbig bei Kerzenschein, manches Rosa verwandelt sich in Gelb. Lichte Farben bedürfen duftigen Ausputzes, am besten durch Spitzen oder Seidentüll.

d) Der Einfluß der Mode.

Zu allen Zeiten ist für und wider die Mode gestritten worden und jederzeit hat sie entgegen besserer Einsicht und bewährter Erfahrung den Sieg davon getragen.

Auch hier ist der goldene Mittelweg der beste. Ganz kann und soll man sich dem Einfluß der Mode nicht entziehen, denn zuweilen hat sie doch auch brauchbare Einfälle; ihr sklavisch zu dienen, wäre hingegen ebenso töricht als kostspielig, dazu geschmackverwirrend und gemütverflachend. Wir müssen über der Despotin stehen, ohne jedoch verbessernde Neuerungen eigensinnig abzulehnen.

Form und Farbe der Stoffe und Konfektionsartikel wird von der Mode vorgeschrieben, dieselben weichen aber gemeinhin so vielfach ab oder können mit feinem Gefühl so passend verändert werden, daß jeder Geschmack befriedigt, jeder Erscheinung ihr volles Recht zuteil wird.

Alles Auffallende in Form und Farbe ist durchaus zu vermeiden, es wirkt herausfordernd, ist unschön und überdies raschem Wechsel unterworfen; die absonderlichste Form überlebt sich am schnellsten, ist also zweimal teuer, zuerst als neueste Neuheit und danach als raschen Ersatz heischend.

Weiche, verschwimmende Farben, kleidsame, der Erscheinung angepaßte Schnitte werden immer gut aussehen, auch wenn sie nicht dem letzterschienenen Modeheft entnommen sind. Große, breitausladende, schwerfällig garnierte Hüte sind für große Erscheinungen gewagt, bei kleinen entschieden verunstaltend. In der Taille und den Schößen allzulange Jacken oder Paletots verkürzen kleine Figuren unbillig; starke Erscheinungen sollen keine knappen Jackenkleider tragen, andererseits aber auch allzuviel Drum und Dran als überflüssigen und auftragenden Ballast vermeiden.

Hinsichtlich der Modefrage weises Maß zu halten, muß Herren und Damen gleichermaßen angelegen sein; der Wert ihrer Gesinnung, die Tiefe oder Flachheit ihrer Art und Weise offenbaren sich darin.

e) Die Wahl der Schmucksachen.

Der einfache, sorgfältig abgestimmte Herrenanzug bedarf keines künstlichen Schmuckes.

Viel Schmuck verrät den Emporkömmling, der mit seinem Besitz prunken will und selbst kindische Freude an dem klirrenden, klingelnden Gebaumel zahlloser Berlocken empfindet.

Eine feine, goldene Uhrkette, ein oder zwei Ringe, vornehm in der Form, nicht prahlerisch, das genügt. An der Uhrkette darf ein Medaillon oder sonstiger Zierat angebracht sein, doch so wenig wie möglich; das Fehlen desselben bedeutet keinen Mangel.

Das Vorhandensein oder Weglassen der Krawattennadel wird durch die herrschende Mode bestimmt. Ihr Wert hingegen richtet sich nach den Mitteln des Trägers. Nadel und Hemd- oder Manschettenknöpfe können kostbar und echt oder auch unecht sein, müssen aber guten Geschmack und sorgsame Ausführung beweisen; alle Ausschreitungen sind zu vermeiden.

Jungen Mädchen ist Schmuck schon eher gestattet, doch nur in sinniger und maßvoller Anwendung.

Schon der Juwelier nimmt Bedacht auf diesen Umstand, er wird daher weder schwere goldene Armspangen, noch prahlerische Brillantschmuckstücke vorlegen, wenn es gilt, Geschenkwahl etwa für eine Konfirmandin zu treffen. Am beliebtesten und passendsten ist eine Perlen- oder Korallenschnur, ein zierliches Armband, ein Medaillon an feinem Halskettchen, goldenes Kreuz oder zierlich verschlungenes Ornament; eine schlichte Nadel. Diamanten sind würdevoller Erscheinung und entsprechender Gelegenheit vorbehalten; jungen Mädchen stehen sie keinesfalls zu, selbst die Braut hat sich ihrer zu enthalten.

Der verheirateten Frau werden keine so engen Grenzen gezogen; erlauben es ihre Mittel, so kann sie sich nach Herzenslust schmücken. Selbstredend ist auch hier Einfachheit das vornehmste. Siegelringe sind unfein und können nur als kostbares Erbstück, dann aber am Mittel- oder Goldfinger getragen, Verwendung finden. Farbige Edelsteine müssen zur Gewandfarbe stimmen; Brillanten gehören zu festlicher Abendtoilette. Eine schmale Brosche, eine gediegene, feingearbeitete Goldkette genügen vollständig für den Tagesbedarf.

Schmucksachen von Jett und Haaren gehören der tiefen Trauer an; hier ganz besonders sei man sparsam damit.

Im Reiche der Phantasieschmucksachen gibt es herzerfreuende Auswahl genug für alle Schmuckliebhaber: Achat und Perlmutter, Metall und Elfenbein, Wachsglas, Holz und Filigran in kunstvollster Verarbeitung breiten ihren Reichtum an originellen Formen und Verbindungen zur gefälligen Wahl aus. Auch manches Geschmacklose, Profane, entschieden Unschöne ist darunter, der persönliche Geschmack mag entscheiden. Drum laß ihn nicht zum Verräter werden; was komisch wirkt, ist unfein und unpassend.

Alles in allem: Nur bei passender Gelegenheit soll Schmuck getragen werden; auf der Straße und im Hause nur, was als Vollendung des Anzuges unbedingt erforderlich ist.

f) Die Wahl der Handschuhe.

Um gut gekleidet zu sein, bedarf es gutsitzender, tadelloser Handschuhe. Die feine Dame vor allem wird stets mehr Wert auf feine Handschuhe und elegantes Schuhzeug legen als auf besonders reiche Kleiderstoffe.

Nicht nur bei festlichen Anlässen bedarf es passender und feingewählter Handbekleidung, sondern auch auf der Straße, auf dem Markt und bei der Eisenbahnfahrt. So einfach dieselben bei diesen letztgenannten Gelegenheiten sein dürfen, so müssen sie sich doch stets nur als rein, gutpassend und ohne Lücken erweisen.

Klaffende Handschuhspitzen, fehlender Knopfverschluß, abgeriebene Stellen werden unzweifelhaft bemerkt und scharf verurteilt; tun wir doch desgleichen, wenn uns ein ähnlicher Mangel entgegentritt.

Derbe Wollhandschuhe oder solche aus Tuch oder Pelz eignen sich nur für die Jagd und beim Kutschieren; an eine Damenhand passen sie nicht.

Bunte Handschuhe verraten schlechten Geschmack. Auf der Straße und während der Reise sind dunkle Farben am praktischsten; Trauer verlangt selbstredend schwarze Handschuhe in Glaceleder oder Seide.

Der weiße Handschuh ist festlichen oder feierlichen Anlässen vorbehalten, bei Besuchen bedient man sich hellfarbiger Handschuhe; als Vorschrift gilt, daß der Handschuh heller sein soll als die Gewandung, immer aber von tadelloser Beschaffenheit.

Gerade die Handschuhe sind ein teurer Toiletteartikel, dem sorgsame Behandlung indes zu langer Dauer zu verhelfen vermag.

g) Die Haartracht.

Herren wählen einfache, kunstlose, natürlich kleidsame Haartracht als die geschmackvollste.

Haaröle und Pomaden sind äußerst sparsam anzuwenden.

Wo eine Perücke (Haartour) notwendig geworden, sei sie einfach und dem Alter und Aussehen des Trägers angemessen gehalten. Im übrigen dient das kahlwerdende Haupt dem ehrwürdigen Greise nicht zur Unzier; glücklich freilich derjenige, der auch im Alter sich noch üppigen Haarwuchses erfreut.

Der schönste Frauenschmuck ist das Haar; seine Fülle und Weichheit, sein Glanz und seine Schmiegsamkeit gestalten es außerdem zu dem unerschöpflichen Mittel, immer neue, geschmackvolle, überraschende und kleidsame Wirkungen hervorzubringen.

Es dürfte auch in der Tat nicht viele Frauen geben, die dieser ihrer kostbaren Mitgift gleichgültig gegenüberstehen; im Gegenteil, wer den Wert solchen Schmuckes kennt, wird nicht ermangeln, durch sorgfältiges Bürsten und Kämmen dem Haar erhöhten Glanz und vermehrte Weichheit zu verleihen und zugleich Abwechslung in die tägliche Haartracht zu bringen, ohne indes jede neue Frisur auszuprobieren.

Der Jugend steht eine zierlich geordnete, nicht gekünstelte Haartracht, die dem schmalen Gesichte liebliche Umrahmung, der niedrigen Stirn Freiheit, der allzuhohen, eckigen Stirn durch leichte Krauslöckchen Weichheit verleiht, wohl an. Dem reiferen Alter gebührt der schlichte Scheitel oder bei reicher Haarfülle die stolze Flechtenkrone. Passende Haartracht kann die ganze Erscheinung mit Würde und Anmut krönen und ist wohl wert, sorgfältig gewählt zu werden.

Auch weißes Haar, und es gibt ja so viele Frühergraute, hat Anspruch auf Schönheit. Es soll nicht minder gepflegt werden als das in voller Jungendkraft prangende. Die blühende Greisin im Schmucke voller weißer Scheitel ist ein herzerfreuender Anblick.

Das Färben der Haare ist stets ein schlechter Ersatz für die ausgebleichte Naturfarbe. Sei jung im Geiste, so bist du auch jung unter dem Altersschnee deiner weißen Haare. Auch aus Gesundheitsrücksichten sollte der Gebrauch von Färbewassern und Salben vermieden werden, fast immer sind irgendwelche Nachteile damit verbunden. Nachteilig ist auch das gewohnheitsmäßige Brennen der Haare.

h) Vom Gebrauch wohlriechender Essenzen.

Schon unsere Urgroßmütter haben sich eingehend mit der Parfümfrage beschäftigt, unterstützt von den Erfindern kostbarer Essenzen, dazu bestimmt, Haar, Kleider und Wäsche mit feinstem Wohlgeruch zu durchströmen.

Der Gedanke, der Farbenpracht des Gewandes den einschmeichelnden Duft der jeweiligen Lieblingsblume zu geben, war verführerisch genug, dennoch kam der laute Streit des Für und Wider, kam die leise innerliche Frage: Soll ich oder soll ich nicht? bis zur Stunde nicht zum Austrag.

Luft- und Wasserfanatiker verdammen künstlichen Wohlgeruch mit der Begründung: »Wer sich parfümiert, der bedarf dessen!« – Allerdings ist kein Geruch immer der beste Geruch; Köstlicheres als Luft und Wasser gibt es überhaupt nicht; dennoch soll der Gebrauch von Parfüm nicht kurzweg als unpassend bezeichnet werden.

Als Regel gilt Mäßigung. Starke, aufdringliche Gerüche sind zu vermeiden, der Unkundige benützt sie, den Emporkömmling verraten sie. Für Herren genügt überhaupt ein Tropfen feiner Essenz auf dem Taschentuch, ein weiterer im Rockärmel; stark duften darf sie keineswegs, am wenigsten aber noch auf Straßenlängen bemerkbar sein.

Damen hingegen können den einmal gewählten zarten Wohlgeruch zwar diskret, allein durchgreifend anwenden, so zwar, daß Wäsche und Kleider, Gebrauchssachen und Taschentuch denselben feinen Duft aushauchen, kaum wahrnehmbar und dennoch unzertrennlich von ihrer Person. Durch kleine, mit duftendem Pulver gefüllte Riechkissen, oder durch selbstgefertigte, getrocknete Duftblüten umschließende Batistbeutelchen, die gleichmäßig verteilt zwischen die Stofflagen geschoben werden, kann man den ganzen Kleider- und Wäscheschrank angenehm durchduften.

Dasselbe gilt für Handschuhe, Briefpapier und dergleichen, nur muß stets ein und derselbe Duft angewendet werden, der dir gleichsam völlig zu eigen geworden; Widerstreit der Wohlgerüche ist lächerlich und erzielt das strikte Gegenteil des Beabsichtigten.

i) Allgemeines über die Kleidung.

Das Haus sei die Hochschule deines Benehmens, dann wirst du auch draußen in allen Lebenslagen mit Ehren bestehen.

Die Würde, die du in dein Tun und Lassen legst, adelt dich im wohlgepflegten alten Gewande genau ebenso wie das prunkvollste Ehrenkleid, darum schäme dich seiner nicht.

Mutter und Tochter sollen sich in der Zusammenstellung des Anzuges wohl unterscheiden, darum braucht die erstere aber keineswegs altmodisch, letztere durchaus nicht gesucht kindlich gekleidet zu sein. Für beide gilt das Gesetz, keine Modeausschreitungen mitzumachen, gleichermaßen. Als unschön, unfein und gesundheitswidrig ist allzufestes Schnüren und das Tragen sehr hoher, zu weit nach der Sohlenmitte gerückter Absätze zu bezeichnen.

Unfein auf der Straße ist die Schleppe!

Damen sollen nicht Stecknadeln als Ersatz für fehlende Knöpfe und Bänder verwenden oder solche aus Gewohnheit anstecken. Herren dürfen sich nicht in Hemdärmeln blicken lassen, ein bequemes Jackett sei immer zur Hand.

Wer auf Reisen gehen will, versehe sich mit zwei Paar Handschuhen; das ältere genügt während der Fahrt, wo Kohlenruß, Staub und Rauch sich an Fensterrahmen und Türgriffen absetzen, dann ist bei Ankunft das andere Paar noch völlig neu.


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