Franz von Kobell
Wildanger
Franz von Kobell

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Falk und Reiher.

Zwei Vögel haben Jahrhunderte hindurch eine Rolle auf der Welt gespielt, wie sich deren weder des Zeus blitztragender Adler, noch das Käuzlein der Minerva, noch der Juno stolzer Pfau oder die Tauben der rosigen Cypris rühmen können. Diese Vögel sind der Falke und der Reiher. Es hat der Strauß auch seine Zeit gehabt, und was den Damen zum Schmucke gefällt, bewegt freilich immer die Welt, aber gegen die genannten kann er sich nicht sehen lassen, und wenn Auerhahnen, Fasanen, Schnepfen &c. etwas gegolten haben, so reicht es nicht dahin, ja selbst die vielbesungene Nachtigall erscheint mit ihren melancholischen Liedern dagegen nur in der Stellung eines schwärmenden Kammermädchens und der Papagei als ein unbedeutendes buntscheckiges Kinderspiel.

Was auf festem Grunde im Wald und Flur Hund und Hirsch für die Parforcejagd, das war im Reich der Lüfte der Falke und der Reiher. In Ermanglung des letztern oder zur Abwechslung ging die Jagd auch auf andere Vögel und sogar auf Kaninchen und Hasen, und man nannte dieses Jagen baizen oder die Baize. Ebenso wurden als Substitute der Falken,Das Wort Falke soll vom isländischen valka, d. h. verfolgen, herkommen; Habicht vom gothischen habon, d. i. halten und Reiher, bei den Alten Raiger von dem geordneten Flug, da die alten Germanen, was in Linie gereiht, reige nannten. Nun kommt zwar bei Chunrat von Megenberg um 1350 Reygel und Reigel geschrieben vor, in der oberbayrischen Volkssprache werden aber dergleichen mit ei geschriebenen Worte auch gesprochen wie sie geschrieben stehen, während der Reiher Roaga gesprochen wird. Solches geschieht bei allen Worten, die vom 16. Jahrhundert etwa angefangen mit ai geschrieben wurden. Daher Roaga, Zoaga, Loab (Brod) für Raiger, Zaiger, Laib, dagegen wird Geiger, Leib (corpus) nicht Goaga oder Loab gesprochen, sondern wie es geschrieben ist. Es kann daher reige nicht wohl auf Raiger passen, denn die spätere Schreibart scheint gegen die von 1350 den Unterschied der Aussprache bestimmter bezeichnet zu haben und dem ai das gesprochene oa anzugehören. der Habicht, Sperber und andere Räuber dieser Art gebraucht.

Wer kennt nicht die alten Bilder und Kupferstiche, welche dergleichen Jagden darstellen! Ritterliche Jager hoch zu Roß und schmucke Damen auf ihren Zeltern, Falkonire theils beritten, theils zu Fuß und lustig nebenher springende Hunde, so geht es hinaus im stattlichen Zug nach der weiten Ebene des Jagdreviers, wo sich die Kunst des Reitens erproben soll, wo es den Wettstreit gilt, der erste zu seyn, der den Reiher aus den Fängen (Händen) des Falken erlöst, um ihn seinem Herrn oder seiner Dame zu bringen, da er dann, im Falle er noch frisch genug, mit dem silbernen Ring am langen Ständer, wie mit einem Hosenbandorden, wieder ziehen und den wilden Kameraden sein Abenteuer erzählen mag. Oder wenn beim GrasmahlDas Wort »Grasmal« findet sich schon in Küchenmeisters Instruktionen von 1589. zu den Füßen der Erwählten ein junger Waidmann mit schmachtenden Blicken die Laute spielt, während sie in holder Verlegenheit mit dem Fächer tändelt, daneben bärtige Gesellen von anderer Stimmung die Humpen mit funkelndem Weine erheben und sich ein Waidmanns-Heil zutrinken und wie dergleichen Scenen so viele gemalt worden sind. Da läßt sich mancherlei schwärmen und phantasiren. Der weiß nicht was es um's Waidwerk ist, der nur an das Wild denkt und die Art es zu fällen, er ist wie ein Reisender, der seinen Weg und sein Ziel allein im Auge hat und die Blumen nicht sieht, an denen er vor übergeht, und die Vögel nicht hört, die in den Bäumen singen, und nicht Spiegel und Wiederhall in der Brust hat für so viele Lust, die links um ihn lebt und webt auf der Welt.

Der ächte Waidmann ist nicht so einseitig, und zu seinen Jagdliedern gesellen sich gerne die Lieder von Liebe und Wein, ja ehe er zum Schusse kommt, ist er oft selber geschossen und hat doch kein Bangen d'rum. Die alten Eichen vom Westerholz bei Landsberg könnten wohl davon erzählen; dort horsten und hausen seit Jahrhunderten die hoch sich schwingenden Vögel, um welche einst der Freude wie der Arbeit und Plage so viele war. Auch um München und in der Gegend von Wartenberg bei Erding gab es zahlreiche Reiher, und wie man diese sorgfältig hegte, so geschah es anderwärts mit ihren Feinden, den Falken und ihren Verwandten, die man zusammen FederspielDas Wort Federspiel wurde auch für eine Art von leichtem Ball mit Flügeln gebraucht, den man warf, um den freigelassenen Falken wieder herbei zu locken und zu fangen. nannte. Doch war dieses Hegen nicht überall der Fall.Um 1750 war bei der Klosterjagd zu Tegernsee ein »Federspihler« angestellt, »das ist ein solcher Jäger. welchem wegen bösserer Erhaltung des Federwildbräths hauptsächlichen obgelegen, die falken, stoß- dann andere Raubvögel zu schiessen.«

Das Studium dieser Vögel, das Abrichten der Falken oder das »Abtragen,« wie man es waidmännisch nannte, ihre Pflege, der Handel mit denselben und ihre Jagden haben viele tausend Menschen ihr ganzes Leben hindurch beschäftigt und ungeheure Summen Geldes sind darauf verwendet worden. Wie man nach Fähigkeiten und Schönheit Pferde und Hunde werthete und klassificirte, so die Falken. Die gewöhnlich genannten Arten sind folgende:

Der Sakerfalke, Sakrifalke, wohin auch der Ger- oder Geyerfalke, Gerfaut, ist der Falco islandicus und candicans.Schlegel unterscheidet den weißen Falken aus Grönland und aus dem nördlichen Amerika; den isländischen der nur in Island vorkommt; den Gerfalken aus den Alpen Norwegens und den Sakerfalken aus Ungarn, vom Ural und aus der Tartarei. Er heißt arabisch Ssakar und wahrscheinlich ist der Name Sakerfalk damit zusammenhängend. Der Kaiser Friedrich II. leitet Girofalco von Hieros, sacer – heilig, ab, oder meint es könne sich auch auf κύριος, dominus – Herr, Meister, beziehen. Der weiße Falke Turkistans, der in den Schneebergen wohnen soll, gehört hieher und heißt im Persischen Sonkar. Er war im Morgenlande so geschätzt, daß man für das Stück tausend Dukaten bezahlte. Im Abendlande ist der Sakerfalke auch sehr hoch gehalten, und wenn er vollkommen in seiner Art und wohl abgetragen bis tausend Gulden und mehr bezahlt worden. Man erhielt ihn aus Island über Dänemark, aus Schweden und Norwegen, Irland und aus der Tartarei. Er wurde vorzüglich zur Reiherbeize, auch auf Milanen und Trappen gebraucht. Der Wanderfalke, Pelerin, falco peregrinus, der gewöhnliche Edelfalke, wurde zu gleicher Jagd wie der vorige, auch auf Kraniche,Dabei halfen, wenn die Jagd einmal auf den Boden niederkam, die Hunde zum fangen mit. gebraucht. Der Blaufuß, Würgfalke, Schwimmer, Falco lanarius, wurde auf Hasen und Rebhühner gebraucht.

Der Habicht, Falco palumbarius, war auf Hasen, Tauben, Rebhühner, Fasanen, auch auf Reiher und Kraniche zur Baize dienlich. Er heißt arabisch Basi (Plurale Busat) woraus das englische buzzard, Bussard, wie Hammer meint, entstanden sey, und vielleicht das deutsche »Baizvogel«.

Der Sperber, Falco nisus, diente zum Baizen von Wachteln, Lerchen &c.In Bayern horsten wenige der Falkenarten, die meisten kommen nur zur Strichzeit vor und wurden wie noch gegenwärtig mit einer Taube und Schlagnetz gefangen.

Außer andern wurde noch eine Art Merlin oder Schmerlin, f. aesalon, gebraucht, wie in »Tristan und Isolde« erwähnt wird:

»Auch war da schone Vederspiel,
Valkan, Pilgerime viel,
Smirline und Sperwaere &c.«

Bei den Orientalen heißt es vom Schmerlin:

»Der Schmerlin ist von reinen Sitten,
Von schönem Wuchs und schnellen Schritten,
Zwei Onyxe die Augen sind,
Die in der Kegelform geschnitten.«

Die Dressur dieser Vögel war eine höchst mühevolle und harte. Man begann damit den Falken durch Hunger und Benehmen des Schlafes so zu ermatten, daß dem wilden Vogel, wie Flemming sagt, »seine völlige Memorie und Imagination, Nachsinnen und Gedächtniß auf einmal genommen und geschwächet wird, damit er nicht Zeit und Gelegenheit haben könne, sich seiner Natur zu besinnen und sich zu erinnern, was er zuvorhero in seiner Freiheit zu thun gewohnt gewesen, wodurch sich seine Natur transmutiret, daß er nichts anders weiß, als wie er vom Menschen auferzogen sich dessen Willen unterwerfen müsse.« Drei Tage und Nächte und mehr noch ließ man den Falken nicht zur Ruhe kommen, wobei sich die Falkner ablösen mußten, um es auszuhalten, dabei setzte man ihm die Haube auf und ist zu verwundern, daß er mit anderem nicht auch seine Jagdlust darüber vergaß. Nach dergleichen Quälerei wurde er aber, wenn Zähmung zu bemerken war, sehr sanft und liebkosend behandelt, und erst wenn er mit seinem Falkonier ganz vertraut und gehorsam geworden war, ließ man ihn ein Rebhuhn oder dergleichen fangen und dressirte ihn weiter, wobei zu heiße oder kalte Tage zum Jagen vermieden wurden, auch schlechtes Wetter, um ihn nicht zu vergrämen.

Wie er dann auf die Baize eingeübt wurde, ersieht man aus einem Bericht aus Kassel vom 18. November 1629 an Landgraf Wilhelm V. »In Folge des fürstlichen Befehls sind der Herr Oberst von Uffeln und ich (der Berichterstatter) gestern Nachmittag mit dem Falkonier draußen gewesen. Er hat hinausgenommen den schönsten unter den zwei weißbunten und unter den andern beiden der das meiste weiße Feder hat und am sprenklichsten ist. So hat er auch nur einen Reiher und zwar den, der nie recht atzen will (mitgenommen), hat ihn um den Hals her mit einem gefärbten Leinentuch wohl verwahrt, damit ihn die Falken nicht todt beißen können, an die Spitzen des Reihers Schnabel aber hatte er zwei kleine Röhrlein von Hollunder gesteckt und gebunden, damit er die Falken nicht stechen könnte. Also sind wir auf die Hofwiesen geritten, hat zum ersten den schwarzen oder sprenklichen Falken, als welchen er das meiste zutrauet, aufgenommen, den Reiher vielleicht an die vierzig Schritt von ihm nieder setzen lassen und ihm ein Seimlein oder stark Bindgarn, daran unten ein klein Kuglein, an ein Bein gebunden und darnach aufjagen lassen, welcher alsbald nach dem Teich zuflogen. Sobald er nun dem Falken die Haub abzogen und er des Reihers ansichtig ward, flog er ihm ziemlich frisch nach, ehe er aber bei ihn kam, setzte sich der Reiher und tauchte sich nieder, als der Falk auf ihn schoß, der Falk setzte sich alsbald auf ihn, kriegt ihn am Hals und zupfte dran, aber es ging wegen des Tuchs zurück; liefen also geschwind zu dem Falken mit einem bunten Huhn, zogen den Reiher unter ihm wieder hervor und nachdem der Falke geatzt war, trug er ihn auf ein Seiten und nahm den weißen auf. Mit demselben wurde voriger Proceß gehalten, gingen mit ihm wieder hinauf und ließen den Reiher wieder aufjagen. Der Falk sahe sich um, flog aber nicht eher von der Hand, bis sich der Reiher, welcher seinen Flug wieder nach dem Teich nahm, wiewohl er dießmal nicht so weit als das erstemal flog, gesetzt hatte, da flog er auch fast frischer als der andere hinzu; der Herr Reiher tauchte sich dießmal nicht, war schon klüger geworden, stellte sich zur Wehr, und als der Falk auf ihn wollte, stach er ihn tapfer auf die Brust, aber weil die Röhrlein von Hollunder an den Spitzen waren, konnte er dem Falken nicht schaden und der war davon recht bös, fiel auf ihn, konnte ihm aber ebenso viel thun als der Reiher ihm. Der Falkonier war recht froh, als er diesen Falken also thun sah, da er so viel noch nie hat thun wollen und dannen hero hat er mehr Vertrauen auf den sprinklichten als auf den weißen gesetzt. Meinet nun und hält's für gewiß, daß diese beider sehr köstliche Vögel werden sollen.«Landau a. a. O.

Ein vollkommener Falkner mußte auch ausgedehnte Wissenschaft haben, die mannigfaltigen Krankheiten des Federspiels zu erkennen und zu kuriren.

Es ist interessant zu sehen, wie die Studien über den Falken in den verschiedensten Ländern mit gleicher Sorgfalt angestellt wurden und wie dieselben Regeln der Zähmung &c. daraus hervorgingen. Ein türkisches Falkenbuch aus dem 14. Jahrhundert, welches Hammer-Purgstall erst 1840 bekannt gemacht hat, zeigt übrigens deutlich, daß die deutschen Falkenjäger zur Zeit der Kreuzzüge von den Orientalen viel gelernt haben.

Bei der Reiherbaiz wurden die Reiher durch die Stöberhunde aufgetrieben, dann zu rechter Zeit der Falke von dem Falkner abgeworfen, und nun ging das Schauspiel an. Der Reiher begann, sowie er den Falken erblickte, zu steigen und sich höher und höher zu schwingen, daß er kaum mehr zu sehen war. Der Falke aber folgte ihm pfeilschnell nach und mit mancherlei Manövern und Wendungen suchte er über den Reiher zu kommen, und war ihm dieses gelungen, so stieß er auf ihn herunter und machte die verschiedensten Angriffe, ihn mit den Fängen zu fassen, wobei sich der Reiher mit seinem spitzigen Schnabel wehrte, so gut es ging. Mancher Falke, besonders ein junger, wurde da am Schnabel des Reihers gespießt, ein gewandter Kämpfer aber packte endlich den Gegner, und nun kamen oder fielen sie beide mit verwirrtem Flügelschlag zum Boden nieder. »Da geht es dann,« sagt Flemming, »auf's neue an ein heftiges Piquiren, wer reut der reut, wer liegt der liegt, ein jeder will der erste seyn &c.« In mancher Hinsicht war das Reiten gefährlicher als bei der Parforcejagd, weil man die Augen fast immer in die Luft erhob, um den Falken zu sehen und darüber Gräben und Hindernisse des Grundes nicht beachten konnte. So seltsam und entzückend war die Scene des Kampfes, daß Flemming meint, es sey sehr zu bezweifeln, ob die Zuschauer wohl den Himmel all ihr Lebtag aus inbrünstigem Verlangen, einmal hineinzukommen, so unverwendet betrachtet haben, als es bei solchem Kampf und Wettflug geschah.

Ein guter Falke war daher ein kostbares Kleinod, und so heißt es in dem erwähnten türkischen Falkenbuch: »Muchtaß Risihat hat gesagt: wir haben gehört, daß der Menschensohn auf drei Dinge stolz: wenn er zur Herrschaft gelangt, wenn er guten Falken trägt und wenn er gutes Pferd reitet.«

Für die Freuden dieser Jagd aber spricht mehr als alles Andere ihre Geschichte, daher eine Skizze derselben hier folgen möge.

Die Falkenjagd ist uralt, wenn auch nicht sicher zu ermitteln, wo und wann sie ihren Anfang genommen. Mit einem schönen Bilde spricht Johann Feyerabendt (1582) von dem hohen Alter der Baize, indem er sagt, daß »der höchste Gott und Erzjager auch selbst, durch seine Macht und Geheiß mit seinem Falken dem Sturmwind vom Himmel herab unzehlige Wachteln in die Wüste, den Kindern Israel zu gut, regnen und beyssen lassen.«

Gewöhnlich wird Aristoteles als der erste genannt, welcher der Falkenjagd erwähne. Was er aber davon sagt, ist nicht die Falkenjagd, wie sie sonst verstanden wird. Es heißt: »In der thracischen Stadt, die sonst Kedropolis hieß, jagen die Menschen die kleineren Vögel in Sümpfen gemeinschaftlich mit den Falken. Sie schlagen nämlich mit Stangen in das Rohr und Gebüsch, damit die Vögel herausfliegen. Sogleich machen die darüber schwebenden Falken auf sie Jagd. Die Vögel aber retten sich voll Furcht in schnellem Fluge wieder an's Land, wo dann die Menschen sie mit Stöcken erschlagen und die Beute mit jenen theilen. Sie werfen ihnen nämlich von den Vögeln welche hin, die jene sogleich ergreifen.« Man benützte also nur die zufällige Gegenwart von Falken, um die kleinen Vögel zu schrecken und so leichter ihrer habhaft zu werden. Daß aber die eigentliche Falkenjagd (die künstliche) im Orient schon frühzeitig getrieben wurde, ist nach andern Angaben sehr wahrscheinlich.

Hammers türkisches Falkenbuch erwähnt, daß ein griechischer König Namens Demetrios der erste gewesen sey, welcher mit dem Falken jagte, ein anderer König Theophrastos hätte dem Falken den Spürhund beigegeben, und als die Jagd nach Persien gekommen, habe man auch den Sperber dazu tauglich erkannt und abgerichtete Wiesel statt der Hunde gebraucht. Mit dem Würgefalken habe zuerst der Erbauer von Istambol (Constantinopel), nämlich Constantin der Große (um 325 n. Chr.) gejagt.

Aus späteren Nachrichten weiß man, daß die Perser besonders die moskowitischen Falken schätzten und die aus den Bergen des Caucasus. Sie wurden auch auf Rothwild gebraucht, indem man sie abrichtete, sich dem ziemlich müde gejagten Thier auf den Kopf zu setzen, wo dieses dann durch die Fänge und den Flügelschlag ganz verwirrt dem Jäger Zeit ließ heranzukommen. Gewöhnlich halfen dazu mehrere Falken. Chardin erzählt,Chardin Voyages en Perse etc. 1711. daß sie manchmal sogar dressirt wurden, in gleicher Weise Menschen anzufallen.

Wie hoch man den Werth abgetragener Falken schon im Anfang des sechsten Jahrhunderts hielt, beweisen die burgundischen Gesetze, welche bestimmen, daß sich ein Falkendieb, der die festgesetzte Geldstrafe nicht bezahlen konnte, von dem gestohlenen Vogel aus der Brust mußte 6 Unzen Fleisch aushacken lassenDen Diebstahl eines Jagdhundes straften sie auf eine schimpfliche Weise. Es heißt: Jubemus, ut convictus coram omni populo posterioria ipsius (des Hundes) osculetur. und daß die Jagd schon damals in ziemlicher Verbreitung war, bezeugt, daß 517 eine Synode der Bischöfe von Bourgogne den Geistlichen verbietet, Jagdhunde und Falken zu halten. Dieses Verbot, welches später mehrere Concilien wiederholten, war jedoch so fruchtlos, daß die geistlichen Herren die Baize bald ebenso betrieben wie die weltlichen, und sind Beispiele genug vorhanden, wie leidenschaftlich es geschah, wenn auch die Angabe nicht wahr seyn sollte, daß ein Bischof von Auxerre um 1531 einen Menschen um einiger gestohlenen Falken willen habe kreuzigen lassen.

Die bajuarischen Gesetze aus dem 7. Jahrhundert erwähnen der Habichthunde, »Habuchhund,«Man unterschied auch Kranichhabichte chranochari, Ganshabichte ganshapuch, Entenhabichte anothapuch. und Karl der Große befahl das Federspiel zu hegen.

Die Celten in Wallis und die Angelsachsen kannten die Falkenjagden ebenfalls, und der heilige Bonifacius, da er im 8. Jahrhundert aus England nach Deutschland kam, schickte einem englischen (angelsächsischen) Könige Ethelbald, nach Andern Ethelbert, zwei abgetragene Falken und einen Habicht.

Die deutschen Kaiser Heinrich I., der Vogler († 933), Heinrich III. († 1056), Friedrich I. Barbarossa († 1190) und Friedrich II. († 1250) werden als eifrige Falkenjäger genannt. Friedrich Barbarossa verstand selbst die Kunst, den Falken abzurichten oder abzutragen, und Friedrich II. schrieb ein Werk über die Falkenjagd (de arte venandi cum avibus), welches Gaston Phebus, Graf von Foix, zu Ende des 14. Jahrhunderts in's Französische übersetzte. Friedrich stellt die Jagd mit Raubvögeln viel höher als jede andere, weil sie ohne künstliche Instrumente, nämlich Jagdwaffen, Netze &c., und ohne Thiere geschehe, die sich leicht an den Menschen gewöhnen, worunter er außer den Hunden auch Leoparde und Luchse anführt. Auch habe es die Kunst dahin gebracht, daß diese Vögel im Fangen viel mehr leisten, als sie ungelehrt ihrer Natur nach zu thun pflegen. Seine Schrift ist sehr ausführlich und verbreitet sich über den Bau der Vögel, ihre Nahrung, ihr Wandern und vorzüglich über das Abrichten der verschiedenen Falken ohne eigentliche Jagdbeschreibungen. Friedrich sagt, als er über das Meer gezogen, habe er zuerst von arabischen Falknern die Falkenkappe kennen gelernt. Friedrich baizte sogar im Kriege Angesichts des Feindes.

Die Kreuzzüge trugen überhaupt wesentlich zur Ausbildung der Falkenjagd bei, denn im 12. Jahrhundert stand sie im Orient in hoher Blüthe. Die fahrenden Ritter nahmen aus ihrer Heimath oft Falken und Hunde mit, wie der König Philipp II. von Frankreich und Richard Löwenherz. Bei der Belagerung von Ptolomais (Acre) um 1189 entflog dem ersteren ein weißer Falke von besonderer Schönheit auf die Mauern der Stadt und die Belagerten fingen ihn. Der König bot ihnen für den Vogel tausend Goldgulden, sie gaben ihn aber nicht heraus. Interessant ist der Bericht, welchen der Venetianer Marco Polo, der im 13. Jahrhundert Turkistan, die Tartarei und China bereiste, von den Falkenjagden gibt, wie sie die Nachkommen des Gründers des mongolischen Reiches Dschingischan damals getrieben haben. »Im Anfang März, heißt es, bricht der große Chan von Chanbaligh mit beiläufig zehntausend Voglern auf, welche Falken, Habichte, Gerfalken und andere zur Jagd abgerichtete Raubvögel (Schekere), an der Zahl fünfhundert, mit sich führen. Der Kaiser sitzt in einer hölzernen von vier Elephanten getragenen, inwendig vergoldeten, auswendig mit Löwenhäuten bedeckten Sänfte und hat zu seinem Vergnügen einige Führer und zwölf auserlesene Habichte bei sich. Neben den Elephanten-Trägern reiten viele Edle und Soldaten, welche wenn sie Fasanen, Kraniche und andere Vögel sehen, davon den Voglern, die um den Kaiser sind, Kunde geben. Diese benachrichtigen davon den Kaiser, sie öffnen die kaiserliche Sänfte und lassen die Habichte und Falken los, während der Kaiser auf Matten sitzend, dem Spiele der Vögel zuschaut. Außer diesen zehntausend Voglern begleiten den Kaiser noch andere zehntausend Menschen, welche paarweise die Haiden durchstreifen und dem Fluge der Falken und Habichte folgen, um ihnen wenn nöthig, zu helfen; diese heißen auf tartarisch Taskaor d. i. Hüter, indem sie durch einen gewissen Pfiff die ausgelassenen Vögel zurückrufen.

Es ist nicht nöthig, daß der Vogler, der den Vogel ausläßt, demselben folge, da diese (die Hüter) dafür sorgen, die Vögel zu fangen, und daß sie nicht beschädigt werden oder in Verlust gerathen; die dem gefährdeten Vogel Nächsten sind gehalten demselben beizuspringen. Jeder ausgelassene Vogel trägt ein kleines silbernes Täfelchen mit dem Zeichen seines Herrn oder Voglers am Fuße, damit derselbe seinem Besitzer zurückgestellt werden könne.« Einen übereinstimmenden Bericht gibt ein anderer Reisender Odorico von Udine und ähnliche Jagden fanden zu Ende des 14. Jahrhunderts unter Timur und Bajazet statt. Der letztere hielt siebentausend Falkenjäger und sechstausend Hundswärter, also eine ganze Armee zu dieser Lust. Es ist ein Geschenk Karls VI. von Frankreich an Bajazet aufgezeichnet, welches in Falken und Habichten bestand und in Handschuhen, welche mit Perlen und Edelsteinen besetzt waren und zum Tragen der Vögel dienten.

Im 14. Jahrhundert waren die Falken der preußischen Lande in besonderem Ruf und bestanden dort eigene Falkenschulen, so eine berühmte am großmeisterlichen Hofe zu Marienburg. Die wohlabgetragenen Falken gingen als Geschenke der Hochmeister an die deutschen Höfe, nach England, Frankreich, Ungarn &c. Die Falkner trugen sie auf diesen Reisen bis zu 10 Stück auf Rahmen, Kasen genannt, wie man es oft auf Bildern sieht. Ein dergleichen Geschenk kam um 1399 an die Herzoge von Bayern. In den Statuten des von Ludwig dem Bayer gegründeten Ritterinstituts zu Ettal von 1332 wird der Falkenjagd auch erwähnt.Mon. boic. VII. 238. Ebenda XXXIII, 313 in einem Vergleich überdie Burg Burkberg »vnd das vederspiel ist gemain.«

»Es mügen auch die Ritter alle Kurzweil wol treiben, mit Pyrsen, mit Paizzen, mit Jagen« &c. und soll der Meister einen berittenen Jäger mit zwölf Hunden und einem Leithund, auch einen berittenen Falkner mit zwei laufenden Knechten haben.

Wenn oben gesagt wurde, daß die Baizlust bei Friedrich II. so weit ging, daß er selbst im Kriege derselben pflegte, so steht das gar nicht vereinzelt da und Eduard III. von England († 1376) machte es mit seinen Lords ebenso im Feldzug gegen Frankreich und führte nicht allein Hunde und Falken, sondern auch Reiher mit sich, um nöthigenfalls des zu jagenden Wildes nicht zu entbehren. Ebenso machten damals die englischen Bischöfe und Aebte ihre Amtsreisen in Begleitung des Federspiels und der Reiher.

Petrarca († 1374) äußert sich über die damalige Baizlust mit den Worten: »Gott hat dir zwei Hände gegeben, wo sind sie? die eine hält den Zaum des Pferdes, die andere trägt den Habicht.« Die Lust der Geistlichen an der Falkenjagd charakterisirt auch ein französisches Gedicht aus dem 15. Jahrhundert wo es heißt:

Et monasteres, en lieu de librairie,
Hé qu'y atil? une faulconnerie.
(Corvin-Wiersbitzki Sporting-Almanach 1844.)

Man nahm die geliebten Falken selbst in die Kirche mit und sogar von Geistlichen geschah dieses.Ueber die Jagden jener Zeiten ereifert sich Cyriacus Spangenberg indem er in seinem »Jagdteufel« (1587) den Jäger mit den Worten zeichnet: Est bestia, sedens supra bestiam, ducens bestias, gerensque super manum bestiam et insequens bestias.

Als Friedrich der Streitbare im Jahre 1417 auf dem Concilium zu Constanz seinen Einzug hielt, ließ er sich Falken und Habichte vortragen.

Das Baizen auf Reisen und im Kriege trieb aufs eifrigste der Kaiser Maximilian. Von diesem fürstlichen Waidmann heißt es im Weißkunig: »Auf ain zeit las der Jung weiß kunig in ainem puech darynn war geschriben dise wörter, du kunig nym war, der valcken vnd der hirschen vnd Ergötz dich in den gejadten, das dir zugeben ist, das du nit einfallest in die sundtlichen vnd weltlichen Laster, diser Jung kunig nam dise schrifft groß zu hertzen &c.« Er lernte nun auch die Falkenbaize und trieb sie bis an sein Ende. Er ließ »Saygkehr valcken« (die Sakerfalken) aus der »tatterey« kommen, »aus der Heidenschaft, aus Reyßen (1505 ließ er durch seinen Gesandten Hartinger den Großfürsten Johann in Moskau um weiße Geyerfalken ersuchen), aus preussen vnd von Rhodys &c.«

Die Hochmeister von Rhodus lieferten ihm Falken bis Venedig das Stück um einen Centner Kupfer. Die Herrschaft Venedig schickte 12 »Säckher« von Cypern in Anbetracht der Benützung der Straßen &c. in Oesterreich. »Item der Hochmeister auß Preussen giebt auch einem Fürsten von Oesterreich zu schirm geldt seines Ordens: 12 Stuckh Valkhenn,« von denen gerühmt wird, daß sie die besten »zun Raigern,« der Kaiser schickte auch brabantische Falkner nach Norwegen und Dänemark zum Falkenkauf und hielt 15 Falkenmeister und 60 Falknerknechte. In allen seinen Reichen ließ er die Reiher und wilden Enten hegen. In seinem Memorienbuch wird auch der bayerischen Falken und Falknerstationen erwähnt. »Zu Augsburg, heißt es, vnd zwei Tagreisen davon im Allgäu und Oberlech vahet man Valkhenn, sein so gut wie die im Elsaß«. Ferner »Item in der Marggrafschaft purgau so du her von Oesterreich bist, soltu deinem valkhner ein Leger geben gen Nördlingen, gen Aicha in payern und gen lankweit, das ober Regensburg leit.« So waren Stationen für die Falkner im Elsaß, Brabant, Flandern &c.

Auch des Kaisers junge Gemahlin, die schöne Maria von Burgund ritt mit zur Falkenbaize und verlor in Folge einer solchen Jagd das Leben (1482) da sie durch Reißen des Sattelgurts vom Pferde stürzte.

Dem Nachfolger Maximilians Karl V. mußten die vertriebenen Rhodiser Ritter, welchen er die Insel Malta zum Wohnsitz gab, jährlich einen weißen Falken senden. So bildeten sich Falken- und Habichtslehen oder wurden dergleichen gegen einen Tribut dieser Baizvögel vergeben, wie auch Belehnungen für den Falkenfang stattfanden.

Der Pabst Leo X. huldigte mit Leidenschaft der Falkenjagd, die er häufig zu Viterbo übte und war überhaupt ein so eifriger Jäger, daß es von ihm heißt: »daß niemand kein gutes Wort von ihm haben kunnte, wenn es ihm nicht nach wunsch darbey (bei der Jagd) ergangen war, gleichwie im gegentheil alles gar leicht von ihm zu erhalten war, wenn er darbey glücklich gewesen.«

Falknerinnen waren zu jener Zeit nicht selten unter den höchsten Ständen und die Königin Maria von Ungarn, Schwester des genannten Kaisers Karls V. und nachmalige Statthalterin der Niederlande verkehrte viel mit dieser Jagd, wie sie sich selbst auch »der Waidmannschaft Liebhaberin« nannte. Sie erhielt öfters vom Herzog Albrecht von Preußen Falken geschickt und beklagt sich 1546 bei ihm, daß diese von den Falknern gegen schlechtere ausgetauscht worden seyen. Um solchen Betrug zu verhindern, wurde dann jedem abgesendeten Falken eine Stoßfeder ausgerissen und in den Schenkungsbrief eingeschlossen, wodurch man sich von der Aechtheit des angekommenen Falken überzeugen konnte. Die Königin Elisabeth von England ernannte eine Lady Marie Canterbury zur Oberjägermeisterin und Vorsteherin der Falknerei, Lucretia Borgia schickt 1494 Falken an Elisabeth Este von Gonzaga; der König von Dänemark 1670 isländische Falken an die Landgräfin Sophie von Hessen; Anna von Mecklenburg zeichnete sich auf der Falkenjagd aus &c. Bilder aus dem 13. und 14. Jahrhundert zeigen häufig Frauen zu Roß mit dem Falken auf der Hand. Diese Theilnahme der Damen, wie sie die Falkenbaize gegen andere Jagd möglich machte, brachte die ergötzliche Beschäftigung mit dem Federspiel auch in Frankreich in besondere Aufnahme. Der galante und ritterliche Franz I., der Vater der Jägerei genannt, hatte 50 Falkenmeister und 300 Baizvögel.Die Habichtjagd wurde besonders benannt Autourserie, die Falkenjagd heißt fauconnerie. Da er auch anderer Jagd sehr zugethan war, so gab es manchen Streit unter den Jägern, ob die Hirschjagd oder Falkenjagd höher stehe.

Gaston de Foix hat darüber ein langes Gedicht geschrieben und war damals eine Ceremonie in Gebrauch, daß am Feste der Kreuzerfindung Anfangs Mai, wo die Mausezeit der FalkenSchlegel setzt diese Zeit zu Ende Juli. begann, die Hirschjäger unter Trompetenschall die Falkenmeister mit grünen Spießgerten vom Hofe jagten, da nun ihre Jagd den Anfang nahm, im Herbst am Feste der Kreuzerhöhung (September) geschah es umgekehrt und trieben die Falkner die andern Jäger aus. Die Baize wurde übrigens an verschiedenen Orten nicht um dieselbe Zeit vorgenommen und finden sich darin mancherlei Abweichungen.

Ludwig XI. und Ludwig XIII. waren große Falkenjäger. Der letztere hielt 1621 eine Falknerei von 140 Falken, deren die vorzüglichsten auszeichnende Namen wie glorieux, perle, gentilhomme etc. führten. Ein Seigneur d'Esparron de Pallieres schwärmt über diese Falken und ihre Herrlichkeit indem er sich äußert:

»Sowie die Engel mit halbgeöffneten Fittichen um den Thron des Ewigen stehen und ihn mit süßen Melodien preisen: so umgeben unseren König eine unendliche Menge edle Segler der Lüfte, bald geschwätzig, bald auf der Hand des Falkners, immer wach, immer bereit und fertig zum Angriff des gefiederten Waidwerks nach seinem Willen.« Dann ruft er aus: »Wie kann eine andere Gattung (der Vögel) mit ihnen verglichen werden, sey es in der Treue, sey es in der Schnelligkeit, mit der sie sich zum Himmel erheben und gerade in die Sonne blicken, sey es im Kampfe zu dem sie gerufen werden, sey es in der freundlichen Annäherung, wenn sie die Stimme der Sanftmuth ruft! Sie haben alle Eigenschaften der Erhabenheit und mit Recht nennt man sie die Könige der Vögel.« Er erinnert, wie ihre Zähmung nicht die gewöhnliche anderer Thiere sey und ihr Gehorsam entstehe mehr aus einem geheimen Naturtrieb uns zu dienen, als um des Zwanges willen. Wir haben oben gesehen, wie es mit diesem Naturtrieb des Dienens beschaffen war.

Die Orientalen trieben es in solchen Lobeserhebungen natürlich noch weiter. In einem persischen Gedicht heißt es:

»Aschfarbner Falke, der die Beute raubt,
Wie Liebchens Stirnhaar die Herzen raubt;
Ich höre wie sein Flug die Luft durchbricht,
Wie Eurer Großmuth Ruhm und mein Gedicht;
Quecksilber ist sein Auge, wenn er blickt,
Und seine Brust ist Seide goldgeschmückt;
Wenn er aufflieget, glaubst du, es fährt
Der Blitz empor, Dämonenheer und Schwert
Und wenn er auf der Sclavin Hand aufsitzt,
Wähnst du, daß Braut aus ihrem Brautbett blitzt.«

Dieses sey der Zustand, ehe der Falke noch durch die Jagd geadelt worden, dann aber heißt es: »Kein Wunder wenn der Klang seiner Schellen, der hellen bis zu den zwei höchsten Sternen des kleinen Heerwagens sich hebt – er jagt in des Himmels Fernen immer nach den glücklichen Sternen und nimmt zur Nahrung ohne Mängel nur den Geist der Engel.«

Soweit ging die Bewunderung und Hochstellung der Falken, daß die morgenländischen Herrscher oft ihre Namen angenommen haben. So nannte sich der Gründer des türkischen Reiches der Seldschucken Toghrul, wie eine vorzügliche Art des Edelfalken benannt wurde und dessen Bruder Tschakir d. i. Habicht.

In der skandinavischen Mythologie findet man erwähnt, daß der Habicht der Sonne geopfert wurde und die dem Feste vorhergehende Nacht hieß die Habichtsnacht. Die Falken standen in hoher Auszeichnung. Freia, die Göttin der Liebe und des Mondes, nimmt Falken zum Gespann des Wagens, um ihren treulosen Gemahl Oedr zu suchen. Aus den Lungen des Opferfalken wurde geweissagt:

Wohl mag das Zeichen trügen im Opferfalk,
Und trügen mag die Rune auf Zweig und Balk':
Ein redlich Herz, o Helge, mit reinen Zügen,
Schrieb Oden voll mit Runen, die niemals trügen.«
(Frithiofs-Sage.)

In Deutschland findet man des Falken in vielen Minneliedern erwähnt und mag hier ein solches aus dem 12. Jahrhundert von Kürenberg eine Stelle finden:

Ich zog mir einen Falken,
Wohl länger als ein Jahr.
Ihr wißt, wie zahm und sittig
Der schöne Vogel war.
Als ich ihm sein Gefieder
Mit Golde reich umwand,
Hub er sich in die Wolken,
Und flog in fernes Land.

Mein Falk! Ich seh dich wieder,
In Wolken flogst du hoch,
Du führst an deinem Fuße
Den seidnen Riemen noch,
Und Gold um dein Gefieder;
Doch mich vermeidest du.
Gott sende jedem Herzen
Sein holdes Liebchen zu!

Bewegt ist meine Seele,
Mein Auge thränenvoll,
Daß ich von meiner Schönen
Und Guten scheiden soll.
Verleumder, die mich trennten,
Euch stürze Gott in Leid!
Gott lohne, wer mich aussöhnt,
Mit Lieb' und Seligkeit!

Wie beliebt das Schauspiel der Reiherbaize war, beweist auch ein festliches Bankett, welches Karl VII. von Frankreich zu Lille 1453 dem Herzog von Burgund gab. Man ließ an einem Ende des Saales einen Reiher steigen und gleich darauf am andern Ende einen Falken. Dieser stürzte sich unverweilt und mit größter Heftigkeit auf den Reiher und brachte ihn nach kurzem Kampf mitten im Saal auf den Boden. Der so gebaizte Reiher wurde dem Herzog überreicht.

Viele Fürsten nahmen das Bild des Falken in ihr Siegel auf und Herzog Ernst August von Sachsen-Weimar gab es (1732) zum Embleme seines bekannten Ordens vom weißen Falken.

Daß auch in Bayern frühzeitig mancher Tummelplatz für das edle Federspiel gewesen, geht aus der bereits erwähnten Stiftungsurkunde von Ettal und aus dem Memorienbuch des Kaisers Maximilian hervor.

In einem Saalbuch von 1418 sind unter der Jägerei Ludwigs des Gebarteten von Bayern-Ingolstadt drei Falkner zu Roß angeführt, jeder mit zwei Knechten zu Fuß und jeder mit sechs Falken und »vogell,« dann ein Blaufusser (Plabfusser) zu Roß, ein Habichter (Habicher) zu Roß, ein Vogler (Voglär) für die Jagd auf Wildenten und Gänse &c. Der Reichsforst bei Nürnberg wird von Kaiser Wenzel († 1419) zur Hege des Federspiels empfohlen und von Herzog Johann von Bayern († 1463) heißt es, daß er »hett das wildpradt vast lieb und lust zu der valckenbaiß.«Herzog Albrecht IV. »vergunt aus Gnaden seinen lieben besondern Hilpolden und Frantzen den Ridlern Gebruedern Burgern zu Angsbnrg mit ir selbers Knechten der sy ungevärlich bedurffen, mit in zu reidtn in seinem Landgericht zu Möringen Hasen und Fuchs zu hetzen, und zu vahen auch mit Federspil zu paissen.« 1480. Oefele 2. 325.

Der Herzog Ludwig in Bayern hielt im Jahre 1539 einen Hausfalkner und sechs Falkner. Ihre Besoldung betrug zusammen 1202 fl. 36 kr. heutigen Geldes.

1543 schickt der Herzog Wilhelm IV. von Bayern dem Landgrafen Philipp von Hessen einen »Gerfalkh,« auch etliche Rothfalken und in der herzoglichen Jagdordnung von 1551 unter Albrecht V. wird der Bestallung des Hausfalkners Leonhard Jäger erwähnt. Er erhielt »Besoldung 18 fl., für den Tisch 25 fl., ein Klaid, thun 43 fl. (153 fl. 47 kr. jetzigen Geldes.)«

Die Gjaidsordnung von 1616 unter Churfürst Max I. verbietet das Schießen und Fangen der Reiher außer wo sie den Fischwassern zu großen Schaden thun »weil Wir die uns zu unserm und anderer frembden ankommenden Fürstenpersonen lust und ergetzung vorbehalten haben.«

Schon 1612 gehörte dem Churfürsten die Reiherbaize im Westerholz bei Landsberg und besaß derselbe das nahegelegene Schloß Haltenberg. Lichtenberg, ebenfalls in der Nähe, hatten schon die früheren Herzoge erworben.

Auch zu Wartenberg (Landgerichts Erding) und zu Leonsperg bei Straubing wurden Reiherbaizen gehalten. Max Emanuel begab sich dazu öfters auf das Schloß Leonsperg, von welchem Wenning (in seinen vier Rentämtern) sagt: »Unnd ist sonderbahr zu schätzen, daß man die Raiger von dem Schloß zu denen Fenstern hinauß paissen vnd fangen könne.« Bei solchen Baizen waren auch Damen im Gefolge des Churfürsten wie ein Bild zu Lustheim bei Schleißheim zeigt.

Im Jahre 1681 wurde ein Mandat erlassen, worin sich der Churfürst die rothen und schwarzen Milanen zumal an den »Raiger-Ständern,« zu ihrer Lust vorbehalten und also dergleichen weder geschossen noch gefangen werden sollen, auch sollen etwa verflogene Falken nicht beschädigt sondern gefangen und eingeliefert werden »massen jederman, wenn schaden dadurch geschieht, Ergötzung widerfahren soll.« Der Milan (falco milvus und falco ater) ist einer der schönsten Raubvögel mit gabelförmig getheiltem Stoß. Er kommt als Zugvogel ziemlich häufig in Bayern vor, horstet auch da zuweilen. Von 1698 wird in den Akten des Zwirchgewölbs ein französischer Falkner Namens Jean Beno erwähnt, der im Sommer und Herbst 38 FalkenEs heißt »schlechte Falken,« also wahrscheinlich Würgfalken, die auch unter dem Namen Schlecht- und Schlachtfalke vorkommen. gefangen, auch daß die reitenden Falknersknechte Melchior Weigl, Franz Dillis und Jan Steinmans drei verlorene Falken in neun Tagen wieder nach Hause gebracht haben.

Um diese Zeit lieferte Maximilian Egger, churfürstlicher Ueberreiter zu Landsberg 291 und Kilian Streidl, Ueberreiter zu Wartenberg 67 Stück Reiherkrandln (Kraanln, wahrscheinlich von Krone), welche bis zur Ankunft des Churfürsten Max Emanuel amtlich aufbewahrt wurden. Diese Krandln sind 5–6 Zoll lange sehr schmale Federn von schwarzer Farbe, deren bei ausgewachsenen Reihern 5–6 an der Zahl am Hintertheil des Kopfes befindlich; ähnliche Federn von weißer Farbe haben sie auf der Brust. Die geschätztesten und seltensten waren die weißen mit schwarzen Spitzen. Man machte Fächer und dergleichen daraus und trug sie wie noch jetzt als Hutschmuck.In Rußland, in der Türkei und in Persien sind diese Federn ebenfalls sehr geschätzt und sogar höher als die des weißen Reihers. 1705 und 1706 wurden von Landsberg 775 Stück Krandeln und von Wartemberg 119 Stück geliefert und an Kaiser Joseph I. überschickt.

Es ist nicht wahrscheinlich, daß die Jäger zu diesen Krandln immer durch Schießen der Reiher kamen, die man sonst so sehr hegte, ich habe aber nichts Näheres darüber aufgezeichnet finden können und will nur anführen, was mir ein Jäger als von seinem Vater überliefert erzählte. Er sagte, daß in der Paarzeit (April und Mai), wo die Krandln am schönsten sind, von den Jägern unter die Horstbäume gabelförmige Reiser gelegt werden, wie sie die Reiher zum Bau der Horste lieben. An diese waren Schlingen angebracht und fingen sich so die Reiher; die wachhabenden Jäger eilten dann herbei, rupften ihnen die Krandln aus und ließen sie wieder frei.

Die Reiherbaizen in Bayern begannen, gegen die anderwärts beobachtete Zeit vom November bis Mai, oft gerade im Mai, und Churfürst Carl Albrecht mit der Churfürstin hielt dergleichen 1734 vom 10. Mai bis 22. Juni in Lichtenberg, ebenso 1735 und 1736 vom 4. bis zum 16. Juni, wo auch Herzog Theodor, Bischof von Freising und Regensburg, Theil nahm. In letzterem Jahre wurde auch eine Reiherbaiz zu Nymphenburg gehalten. Ebenso baizte der Churfürst 1738 zu Lichtenberg, wohin sich auch der Churprinz Max Joseph III. mit Gefolge von 18 Personen begab. Für die »niederländische Falknerei« war 1726 die Summe von 8488 fl. jährlich bewilligt, für die deutsche Falknerei oder Krähen-Parthie die Summe von 2018 fl.

Jährlich wurde ein Reiher, den man lebendig bekam, wieder in Freiheit gesetzt, nachdem man ihm einen silbernen Ring am Ständer befestiget, auf welchem der Name des regierenden Herrn eingegraben war. Man fing unter Carl Albrecht einen solchen Reiher mit dem Namen des Großvaters des Churfürsten, Ferdinand Maria, auf dem angelegten Ring, so daß man das Alter dieses Vogels auf mehr als 60 Jahre schätzen konnte. So fing auch der König Friedrich III. in Preußen 1710 einen Reiher, welcher einen Wappenring am Ständer trug, der ihm vom Churfürsten Wilhelm angelegt worden. Der Reiher mag also auch ein Alter von 50–60 und mehr Jahren gehabt haben.

Bei einer Reiherbaize zu Moritzburg, welche Churfürst Fr. August III. von Sachsen und König von Polen hielt, wurde 1751 ein Reiher gefangen, welcher vom Churfürst vor 10 Jahren und vor 7 Jahren vom Großsultan gebaizt worden war, man legte ihm den dritten Ring an und ließ ihn wieder frei.

Das bayerische Oberfalkenmeisteramt war 1738 in folgender Weise besetzt:

Oberst-Falkenmeister Christ. Adam Thadd. Freiherr von Freyberg;

Vice-Oberst-Falkenmeister Friedrich Anton Reichs-Erb-Truchseß Graf von Waldburg;

Gentilhomme de la Fauconnerie August Anton Graf v. Leoni;

Falkenmeister Amts-Gegenschreiber Wolfgang Paur (Gjaidschreiber);

Raiger- und Milanmeister Jakob Venneuln;

9 Knechte, 5 Jungen, 7 Wind- und Wachtelhund-Jungen.

Die Kleidung bei der Baize war wie bei der Parforcejagd hellblau mit Silberborten.

In Hessen war unter Landgraf Friedrich II. um 1765 die Uniform zur Baize folgende: scharlachtuchene Röcke mit Aufschlägen und Kragen von hellblauem Sammet und mit silbernen Tressen besetzt, wozu bei den notabelsten Theilnehmern noch die weiße Frisur mit dem schwarzseidenen fast Fuß langen und breiten Haarbeutel kam. Auch die zum Hofe erwählten Damen trugen diese rothe Kleidung und gleich den Herrn Hüte mit Reiherbüschen (Landau).

Die Markgrafen von Ansbach und Bayreuth trieben die Baize vorzüglich um Gunzenhausen und Triesdorf.

Welche Zeit und Arbeit auf diese Jagden gewendet wurde, erhellt aus dem Verzeichniß des von dem Markgrafen C. Wilhelm Friedrich in 25 Jahren (1730–1755) gebaizten Wildes. Es sind angeführt:

1763 Milanen,
4174 Reiher,
4857 Krähen,
1647 Elstern,
14087 Rebhühner,
985 Fasanen,
398 Wildenten,
5059 Hasen &c.,

in Summa 34,429 Stück, oder im Durchschnitt jährlich 1377 Stück.

Unter diesen Markgrafen wurden die sogenannten Falkenthaler, auch Falkendukaten, geprägt, welche als Belohnung den Falkoniren gegeben wurden. Die Münze zeigte einen Falken mit der Umschrift: Elatus tendet in altum und Oblectamina principis. Das Falkenmeisteramt verzeichnet 1757:

1 Oberfalkenmeister,
1 Falkenjunker,
1 Falkenpage,
1 Falkensekretär,
3 Meisterknechte,
2 Reiherwärter,
1 Falkenkanzlist,
1 Reihermeister,
1 Krähenmeister,
1 Milanenmeister,
12 Falkenknechte,
16 Falkenjungen.

Andere Verzeichnisse über Falkenjagden geben zwar keine so reichliche Beute wie das oben angeführte, zeigen aber immerhin, daß viel gefangen wurde.

So sind 1729 von Kaiser Karl VI., der die Reiherbaize gewöhnlich um Laxenburg bei Wien hielt, gebaizt worden:

280 Raiger,
27 Hasen,
58 Alstern,
29 Krähen,
19 wilde Enten,
7 Milan,
8 Raben,
2 Rohrhühner,
7 Mandelkrähen,
1 Wachtelkönig,
1 Tagä. (?)

439 Stück.

Der Landgraf Georg II. von Hessen baizte in 4 Jahren, von 1628–1631: 269 Reiher und 172 Krähen und andere Vögel, August III. von Sachsen als Kronprinz baizte mit seiner Gemahlin zu Kalkreuth (zwischen Radeburg und Großenhain) im Juni 1731: 88 Reiher und 90 Krähen.

Der letzte Markgraf von Ansbach und Baireuth, Karl Alexander, hielt noch zu Ende des vorigen Jahrhunderts Falkenjagden.

Unter Max Joseph III. kam die Falkenjagd mehr und mehr in Verfall, denn von 1763–1772 sind die Falknereiausgaben nur zu 1169 fl. ausgezeichnet. Der Churfürst baizte aber noch zu Lichtenberg und die Damen machten die Jagd in kleinen Wagen (sogenannten Soufflewagen) mit.

Berichte und Erlasse unter Karl Theodor von 1790 zeigen zwar, daß der Reiherzucht in Lichtenberg noch alle Aufmerksamkeit geschenkt wurde, das Baizen aber hörte wie überhaupt in Deutschland um diese Zeit auf. Später wurden und werden noch gegenwärtig im Juni, wenn die jungen Reiher eben flügge werden, Jagden in der Art gehalten, daß sich die Schützen an den Horstbäumen, deren einer oft 5–7 und mehr Horste zählt, vertheilen und die Reiher theils mit der Kugel, theils mit Schroten schießen. Dabei wird selten ein alter Reiher erlegt, denn sowie diese die Jagd gewahren, steigen sie so hoch, daß sie auch mit der Kugel nicht zu erreichen, und kreisen fortwährend über dem Wald, während die Jungen, wenn sie auch aufgescheucht wegstreichen, bald wieder zu ihren Horsten zurückkehren. Diese Jagd wird von dem regierenden König oder einem Prinzen jährlich im Westerholz abgehalten und werden immer gegen hundert Reiher geschossen.Das Fleisch ist schlecht zu essen. In England kamen zur Zeit der Königin Maria I. († 1558) Reiher auf die Hoftafel. Auch Feyerabendt (1582) empfiehlt künstliche »Reygerhalter« (Anlagen zum Züchten von Reihern) damit, im Falle der Herr begehren wollte »ein herrlich stattlich Pancket anzurichten, er die Reyger zum besten vnnd im vorraht habe.«

Warum die Falkenjagd zu Ende des vorigen Jahrhunderts in Deutschland zu Grabe ging, wird zum Theil dem bevorzugten Gebrauch des Schießgewehrs zugeschrieben, es scheint aber mehr mit dem Kostenpunkt und dem alles besiegenden Dämon der Wechsel verlangenden Mode zusammenzuhängen, mit der zunehmenden Kultur des Bodens und wohl auch mit den damals aus Frankreich hereinbrechenden Kriegswettern.

Im benachbarten Holland hat gleichwohl diese Jagd niemals ganz aufgehört und wird, wie auch in England, noch gegenwärtig getrieben.

In England fanden Reiherbaizen statt zu Brighton 1835 und 1836, und zu Ditlington-Hall in Norfolk 1839. Es wurden dazu flandrische Falkner berufen und der Wanderfalke gebraucht. In Holland sind vorzügliche Reiherstände in der Nähe des königlichen Schlosses Loo in Geldern, und das ebene buschige Terrain ringsum ganz zur Jagd geeignet. In dem (1847) erschienenen Prachtwerk von Schlegel und Verster van Wulverhorst (Traité de Fauconnerie) sind die Jagden ausführlich beschrieben, und will ich in Kürze Einiges davon mittheilen. Die Jagdzeit beginnt im Juni und dauert bis Ende Juli. Die Falknerei besteht in 2 Compagnien jede zu 4 Mann mit 6 Pferden und 20 Falken. Dafür betragen die Kosten der Erhaltung 11–12,000 Francs. Die Baize findet meistens in den Nachmittagstunden von 4 Uhr an bis zum Abend statt, zu welcher Zeit die Reiher von ihren Fischereien heimkehren, auf welche sie am Morgen ausziehen und die sich 4–5 Meilen weit nach der Zuider-See und nach den Ufern der Yssel und des Rheins erstrecken. Die Jagdgesellschaft, an welcher auch Damen Theil nehmen, erwartet die Ankunft der Reiher an bestimmten Plätzen, gleichsam auf den Wechseln, wo diese ihren Strich haben. Ein als Vorposten auf einem Hügel placirter Falkonier gibt das Zeichen eines heranziehenden Reihers, indem er vom Pferd steigt und dasselbe mit dem Kopf nach der Richtung wendet, wo er ihn erblickt. Auf dieses Zeichen erschallt von den Jägern der Ruf »à la vol« und alles geräth in freudige Aufregung. Man läßt den Reiher vorüberstreichen, und dann werden zwei Falken gelöst, die nun ihre Jagd beginnen. Nach mancherlei Kampf kommen die drei Vögel mit einander zum Boden nieder, und der erste der Jäger, der sie erreicht, hat das Recht, dem Reiher die Krandln auszuziehen, welche als Auszeichnung auf den Hut gesteckt werden. Man kann täglich 6–8 Reiher baizen. Auch Milane werden gebaizt, doch sind diese weit seltener und werden dazu nicht die gewöhnlichen Falken, sondern isländische oder Sakerfalken gebraucht. Man sucht dabei den in den Lüften kreisenden Milan durch eine zahme Ohreule zu locken, die man fliegen läßt. Damit die Aufmerksamkeit des Vogels um so eher auf sie gelenkt werde, bindet man ihr eine Fuchsruthe an die Fänge. Der Milan haßt auf die Eule und nun werden zwei Falken geworfen, worauf der Milan in Spiralen in die Höhe steigt, bis ihn die Falken mit ihren Schlägen entkräften und niederbringen.

Im Orient, vorzüglich in Persien, ist die Falkenjagd noch in voller Blüthe.

Wenn man bedenkt, daß die Falkenjagd über tausend Jahre in den europäischen Landen in Schwung war, daß Männer und Frauen, Weltliche und Geistliche ihr gehuldigt und dabei ein Glanz entwickelt wurde, wie ihn nur vielleicht die Hirschjagd in den alten Zeiten übertraf, so wird man bestätigt finden, was ich im Eingang des Artikels gesagt habe, und der sonst wenig beachtete, durch die Lüfte kreischende Raubvogel, sowie der stille, langweilige Reiher gewinnen eine, wenn auch jetzt nur mehr historische Bedeutung, die sie sich bei ihrer Schöpfung gewiß nicht haben träumen lassen. Dabei diente der Reiher freilich nur, um dem Falken Gelegenheit zu geben, seinen Muth und seine Geschicklichkeit zu zeigen, und dennoch knüpfte sich an ihn ein geschichtliches Ereigniß, wie der Falke Aehnliches nicht aufzuweisen hat. Ein Gedicht aus der Zeit Eduard III. von England um 1338, »Le Voeu du Héron« hat es aufbewahrt.Mémoires sur l'ancienne Chevalerie par la Curne de Sainte-Palaye T. II. p. 1. Die Erzählung sagt, daß Robert von Artois, von seinem Schwager Philipp von Frankreich verbannt, sich zu Eduard nach England geflüchtet und auf alle Weise gesucht habe, diesen zu einem Krieg mit Frankreich zu bewegen und Philipp die Krone zu nehmen. Damit wollte Robert seine Verbannung rächen. Eduard aber zögerte, und darüber aufgebracht, ließ Robert einen gebaizten Reiher braten und trug ihn zwischen zwei silbernen Schüsseln, von Musik begleitet, mit Gepränge in die Gesellschaft des versammelten Hofes. Mit höhnender Rede bot er nun Eduard den Vogel an als Preis seiner feigen Gleichgültigkeit gegen eine ihm zustehende Krone, denn der Reiher galt als feig und wurde von ihm gesagt, daß er seinen eigenen Schatten fürchte. Obwohl diese Anregung ziemlich grob war, so hatte sie doch die Wirkung, daß Eduard schwur, den Krieg zu beginnen, und nun ließ Robert Herrn und Damen auf den Reiher geloben, das Werk zu unterstützen, und es schwuren die mächtigsten Ritter, ihren Arm zu bieten und die Königin selbst, die schwanger war, schwur auf den Reiher, nur jenseits des Meeres gebären oder sich und ihr Kind mit einem Dolchstich tödten zu wollen. Der Feldzug begann, die Königin zog über den Kanal und gebar zu Antwerpen ein Knäblein, welches Lion d'Anvers getauft wurde.


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