Franz von Kobell
Wildanger
Franz von Kobell

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Fasanen.

Es ist bekannt, daß körperliche Schönheit und Verstand nicht immer zusammengehen und so ist es auch bei dem Fasan, der dem Jäger als ein ziemlich dummer Vogel gilt, denn er meint auch wie der Vogel Strauß, daß ihn die Leute nicht sehen, wenn er die Leute nicht sieht. Er steckt daher oft den Kopf in's Gras, wenn der Jäger naht, ohne daran zu denken, daß ihn die langen hervorragenden Stoßfedern verrathen könnten; daß er durch die Cultur nicht dümmer geworden, wie dieses von der Gans bekannt ist, beweist daß er im wilden Zustand schon vor fünfhundert Jahren eben so dumm war, denn Chunrat von MegenbergBuch der Natur. († 1374) sagt von ihm: »der fasant hat die art das er sein haupt in ein stauden verpürgt vnd wänet er hab sich gar verporgen vnd also facht man in dick.« Ebenso heißt es bei Ariost im Orlando:

»Bald treiben sie aus Stoppeln oder Hecken
Mit klugem Hund den albernen Fasan.«

Seine Unbeholfenheit verräth er auch, wenn etwa eine Ueberschwemmung in die Wasserauen die er liebt, hereinbricht, er will gewohnterweise auf den Boden einfallen, als wäre kein Wasser da und ersäuft, wo er sich durch Wegstreichen leicht retten könnte. Wenn er aufgebaumt hat, welches mit sorglosem Schreien geschieht, glaubt er ebenfalls vollkommen sicher zu seyn und man kann dann ohne Vorsicht hingehen und ihn herunterschießen. Gleichwohl ist der Fasan ein stolzer Vogel und will man ihm als Grund dafür etwas anderes als die schönen Federn anrechnen, so ist es die Geschichte seiner Ahnen, die ja gar oft die Nachgeborenen als eine Art von eigenem Verdienst ansprechen. Eine so klassische Geschichte hat allerdings kein anderer Vogel aufzuweisen. Der Fasan stammt nämlich, wie Martial u. A. bezeugen, aus Colchis am schwarzen Meer, hat von dem dortigen Flusse PhasisSein zoologischer Name ist daher Phasianus colchicus. In Tyrol nannte man sonst den Auerhahn auch Fasan, in einigen Kantonen der Schweiz führt der Birkhahn diesen Namen. (dem heutigen Fasch) den Namen und wurde von Jason und seinen Gefährten bei der berühmten Argonautenfahrt zuerst nach Griechenland gebracht. Von da, wo er noch zahlreich namentlich auf Negroponte vorkommt, ist er weiter verbreitet worden.

Auch gehört hieher und beweist wie er vormals in hohen Ehren stand, daß man ihn gleich dem Pfau (auch Reiher) gebrauchte, wenn bedeutende Gelübde abgelegt wurden. Man schwur auf einen lebendigen oder auch gebratenen Fasan. Bei einem großen Feste zu Lille am Hofe des Herzogs Philipp von Burgund im Jahre 1453 gelobte der Herzog einen Kreuzzug gegen die Türken zu unternehmen. Man überreichte ihm feierlichst einen lebendigen Fasan; welcher mit einer goldenen reich mit Perlen und Edelsteinen besetzten Kette geschmückt war und das Gelöbniß begann mit den Worten: »Je voue à Dieu mon créateur tout premièrement et à la très glorieuse Vierge sa mère et après aux dames et au faisan etc.«Mémoires sur l'ancienne Chevalerie par La Curne de Sainte-Palaye (par Nodier). T. I. p. 163.

Schon bei Suetonius finden wir den Fasan ausgezeichnet, er schreibt daß ihn Caligula unter andern Vögeln auch würdigte, seiner eingebildeten Gottheit, der er einen Tempel errichten ließ, geopfert zu werden.Hostiae erant phoenicopteri, pavones, tetraones (Auerhahn, Spielhahn) Numidicae, meleagrides, phasianae. Caligula XXII. Solcher Götter gibt es noch viele und der Gebrauch solchen Opfers besteht auch noch, sie vermeiden aber das bedenkliche Tempelbauen und verspeisen kurzweg den vornehmen Vogel mit den Mysterien des Sauerkrauts. Wenn man es eine Ehre nennen will, so ist noch zu erwähnen, daß der französische Revolutionskalender von 1796 den Fasan aufgenommen hat, um den 15. November zu bezeichnen. Auch die Wachtel ist für den 2. Juni eingeschrieben. Wie man den Wald vor Bäumen nicht sieht, so scheint man an die viel näher gelegenen und jener Zeitstimmung angemesseneren Geyer, Elstern u. dgl. nicht gedacht zu haben.

Was von der Schönheit des Fasan gesagt wurde, gilt nur vom Hahn, an dessen Gefieder bekanntlich ein prachtvoller grün und blauer Schiller an Kopf und Hals und ein goldbrauner mit allerlei Zeichnung am Leib verschwendet ist.

Die Henne dagegen geht so zu sagen in einem sehr einfachen melirt braunen Hauskleid und hat auch bescheidenere Stoßfedern. In ähnlicher Weise unterscheidet sich durch eine gewisse Auszeichnung und Pracht der Federn Hahn und Henne beim Auer- und Spielgeflüg und bei den Enten, während wenig Unterschied bei Rebhühnern und Schnepfen zu bemerken. Ein Engländer hat übrigens die Bemerkung gemacht, daß auch Fasanhennen vorkommen können, welche das Gefieder des Hahns tragen. Ein Exemplar dieser Art wurde 1852 zu Easton in Norfolk gefangen und in einem großen Käfig gefüttert, es verlor aber im folgenden Herbst das schöne Kleid und erschien wieder in der gewöhnlichen Hennentracht. Eine Henne mit dem Gefieder des Hahns ist auch bei München geschossen worden.

Wilde Fasanen kommen in Bayern an mehreren Orten vor, in den Isarauen, bei Neuburg an der Donau und bei Deggendorf; zu Ering am Inn; auf den fürstlich Taxis'schen Jagden bei Rain und Waiting; in der Pfalz, in den Rheinebenen &c.

Die meisten werden aber in Fasangärten gezogen und zwar seit alter Zeit. Eine Fasanerie bestand schon unter Ludwig dem Bartigen zu Ingolstadt 1416, wo es neben Fasanen auch Rebhühner und Hasen gab. Auf Abfangen der erstern war das Abhauen der rechten Hand gedroht. (In Hessen werden Fasanen »Fassandt« schon anno 1333 erwähnt.) 1698 bestanden schon Fasangärten bei München zu Moosach, ebenso einer in der Hirschau, 1780 zu Schleißheim und Hartmannshofen, welche noch bestehen.

Der Graf Ignaz von Törring hatte auf seinem Schlosse Frauenbühl (Landg. Altötting) einen Fasangarten und berühmte Fasanjagden, welche 1732 selbst der Churfürst Karl Albrecht mit seiner Gemahlin besuchte. Der Churfürst hielt auch zu Nymphenburg Fasanjagden.

1790 wurde am 5. November von Karl Theodor in Anwesenheit des Königs von Neapel zu Nymphenburg eine Fasanjagd und dann im nahen Kapuzinerhölzl ein Treibjagen gehalten und an Thanhirschen, Reh, Fuchs, Hasen und Fasanen 1367 Stück geschossen. Auch Dachse kamen vor, die man gefangen hatte und im Bogen ausließ, denn es galt eine möglichst bunte Jagd zu geben. Da Alles nach Wunsch ablief, schenkte der Churfürst dem Oberjägermeister Grafen v. Waldkirch das sämmtliche erlegte Wild. Auch ein Gold- und Silberfasangarten bei München wird erwähnt, welcher aber 1799 nicht mehr bestand. Der herzoglich Leuchtenberg'sche Fasangarten in Eichstädt ist erst in der neueren Zeit aufgehoben worden.

Von 1751–1755 incl. sind 1042 Fasanen ins Münchener Zwirchgewölb geliefert worden, von 1841–1845 betrug dagegen die Lieferung durchschnittlich jährlich 1631 Stück.

Von 1851–1855 wurden auf den königlichen Jagden geschossen:

Revier:  1851  1852  1853  1854  1855  Summe
Moosach 241 377 66 311 1005
Schleißheim 315 501 86 217 1119
Hartmannshofen 117 117
Gern 28 62 90 64 31 257

2516 Stück.

Es werden also auf diesen Jagden gegenwärtig um 1½ mehr Fasanen geschossen als vor hundert Jahren; vor 1848 wurden aber fast achtmal mehr geschossen als zu jener Zeit. In den Fasanerien von Moosach und Schleißheim befinden sich gegen 1700 Stück.Um 1698 kostete in München ein Fasan 3 fl.; 1752 nur 1 fl.; 1796 1 fl. 12 kr. Gegenwärtig ist der Preis wieder 3 fl.

Unter den künstlichen Fasanerien ist wohl eine der ersten die in Karlsruhe. Der dortige Fasanmeister, ein Franzose Namens Senechal, hat die Kunst des Aufziehens, Kreuzens und Erhaltens der Varietäten zu einer außerordentlichen Vollkommenheit gebracht. Die größte Sorgfalt wird natürlich den jungen Fasanen gewidmet, deren Futter neben den Ameiseneiern, aus Mais- und Kartoffelmehl &c. (auch mit einer Dosis Ziegelmehl) mit mannigfaltigen Maschinen, welche sogar eine Dampfmaschine bewegt, bereitet wird. Man sieht dort eine sehr schöne Varietät von Fasanen, welche (die Hahnen) einen schneeweißen Ring oder Band um den Hals haben, ähnlich wie die Ringeltauben, aber schärfer gezeichnet, ferner isabellgelbe Fasanen, Bastarde mit Gold- und Silberfasanen &c. Gegen hundert Bruthühner der verschiedensten Art werden gehegt und sind darunter gewisse Racen besonders zum Brüten qualificirt, die möglichst rein erhalten werden. Das Ganze wird mit einer erschöpfenden Umsicht behandelt und abgesehen von den Jagden ist die Anstalt den Fasanbesitzern willkommen, da die schönen Ringelfasanen (faisans à collier) auch verkauft und per Stück zu 5–6 fl. abgegeben werden. Man behauptet, der Fasanmeister besitze ein eigenes Geheimniß zu bewirken, daß sich seine Fasanen nicht, wie anderwärts geschieht, verstreichen; er selbst sagte mir, das Geheimniß bestehe einfach darin, den Fasanen jederzeit ein gutes Futter bereit zu halten, zu welchem sie immer gern zurückkehren.

Sonst pflegte man, um diese kostbaren Vögel auf ihrem Stand zu halten, wöchentlich in der Nähe des Futterplatzes einen aromatischen Rauch zu machen »denn diß ist ein Haupt-Fundament bei der Fasanerey, sagt Döbel, indem man mit dem Rauch die Fasanen zusammenziehen, auch die verflogenen wieder herbeibringen kann« und er meint, der Fasan nehme den Rauch ebensogern an als ein Fuchs die Witterung. Auch junge Fasanen pflegte man wöchentlich einmal zu räuchern, indem man sie in ein Haarsieb setzte und über den Rauch hielt. Der Ranch wurde durch langsames Verbrennen von Haberstroh, welches mit verschiedenen Ingredientien gemengt war, erzeugt, unter letztern Weihrauch, Mastix, Kampher, Zucker, Eisenkraut, Feldkümmel, Wachs und Fasaneneierschalen. Das Verbrennen geschah in einem Loch am Boden an einer Stelle, von welcher Morgens, zur Räucherzeit, der Wind nach der Kirrung und nach dem Holz strich, wo der Aufenthalt der Fasanen war, und den Rauch dahinführte. Gegenwärtig wird dieses Räuchern nicht mehr angewendet.

Berühmt sind die österreichischen Fasanjagden. In den Forstämtern um Wien, Laxenburg, Auhof und Prater wurden im Jahre 1854 nicht weniger als 6258 Fasanen geschossen, auf den fürstlich Rohan'schen Domänen in Böhmen im Jahre 1856 in den Revieren des Oberforstamts Swigan allein 943 Fasanen, auf den fürstlich Lichtenstein'schen Gütern Eisgrub, Feldsberg, Lundenburg und Rabensburg in demselben Jahre 5709 Fasanen.

Die Fasanjagden in England sind theilweise vorzüglich. Man kennt dort auch Beispiele von Bastarden vom gewöhnlichen und vom Goldfasan (Phasianus pictus), sie sind aber sehr selten und sollen in China, wo beide Arten wild vorkommen, niemals gefunden werden. In Frankreich sind Bastarde des Fasans mit dem gewöhnlichen Haushuhn beobachtet worden, welche man cocardeau nennt. Die Fasanerien sind wohl bestellt und waren es vormals so sehr, daß von Karl X., der als ein ausgezeichneter Schütze galt, angegeben ist, er habe in manchem Jahre 8000 Fasanen geschossen. Man hat berechnet, daß jedes Stück der Fasanerie 25 Francs kostete.

Eine seltsame Fasanenjagd erzählte mir ein Bekannter. Sie fand in der Nähe von Petersburg statt. Ein Jäger führte ihn nach einer hoch mit Gras bewachsenen Au und trug einen Korb mit. Auf Befragen, wozu der Korb diene, sagte der Jäger, daß die Fasanen drinn seyen, die geschossen werden sollten. Er ersuchte dann den Schützen, an einem bestimmten Platz zu verweilen, bis er sie, wie die Ostereier, da und dort versteckt habe. Dann begann mit Buschiren die Jagd. Vier Fasanen waren ausgesetzt worden, drei wurden geschossen, der vierte konnte nicht mehr gefunden werden. Praxis est multiplex.

Die Trappe (Otis tarda) kommt zuweilen in ziemlicher Menge auf dem Wanderzug in die Gegend von Nürnberg, Bayreuth und Lichtenfels, nach Regensburg, Nördlingen und an den Bodensee.

Um München ist sie sehr selten. Diese Vögel, die besser laufen als fliegen können, erreichen zuweilen ein Gewicht von 30 Pfund. In Sachsen und Thüringen kommen sie häufig vor.

Diese scheuen Vögel halten sich meistens in großen fruchtbaren Ebenen auf. Die Hähne, mit schönen leichten Federbüscheln unter den Ohren, kämpfen zur Falzzeit, im März, heftig mit einander und umkreisen mit gesträubten Federn und ein Rad schlagend wie die Truthähne die Hennen, es ist aber wie man sagt eine Hochzeit ohne Musik, denn sie sollen keinen Laut von sich geben. Man schoß sie sonst mit sog. Karrenbüchsen, wie man sie auch auf Kraniche und Gänse gebrauchte, mit kleinen Kugeln oder birschte sich mit dem Schießpferd an.

»Man verkleidet sich auch wie eine Frau, sagt Döbel, und nimmt einen Korb auf den Buckel, hält die Büchse an sich, damit sie es nicht gewahr werden. Ob es nun wohl lächerlich aussieht, so halten diese Vögel doch gerne, daß man mit Schießen an sie kommen kann &c.«

Dieses Verkleiden in Weibertracht wäre auch manchmal bei der Hirsch- oder Gemsbirsch zu empfehlen, denn unsere Sennerinnen scheut dieses Wild wenig und soll ein Gemsbock angegangen werden und der Platz ist so frei, daß er den, der ihn umgehen will, schon von weitem sehen kann, so läßt man am besten dieses Treiben durch eine Sennerin ausführen, denn die kann unter dem Bock vorbeigehen, ohne daß er ausreißt, kann dann ansteigen und ihn langsam gegen den angestellten Schützen bringen.


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