Franz von Kobell
Wildanger
Franz von Kobell

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I. Haarwild.

Hirschjagd.

                        Auf den Hirsch! auf den Hirsch! es taget schon,
    Frisch zu ihr Waidgesellen,
Er trägt mit Trotz die vierte Kron,
    Jagt die Rivalen all davon,
Den laßt uns fangen und fällen!

Auf den Hirsch! auf den Hirsch! wohl in der Nacht
    Da ließ er sich vernehmen,
Da ist die Kampflust ihm erwacht
    Und wollt' mit seiner Stimme Macht
Den Andern 's Wort vergrämen.

Auf den Hirsch! auf den Hirsch! er spürt sich gut,
    Vier Finger breit die Schalen;
An hohen Aesten wohlgemuth
    Das grüne Laub er wenden thut,
Sollt heut den Stolz bezahlen.

O Büchse, liebe Büchse mein,
    Da geht's um Ruhm und Ehren,
Und wär' ich reich an Silber fein,
    Eine Silberkugel müßt' es sein
Dich würdig zu bewehren.

O liebstes Rohr, verlaß mich nicht,
    Nur sicher heut' und schnelle,
Wenn durch den wilden Wald er bricht
    Und in's Geweih die Ranken flicht,
O hilf daß ich ihn fälle!

                Ich weiß mir ain hüpschen grünen Wald,
Drinn lauffen drey Hirßlen wolgestalt,
Drinn lauffen drey Hirßlen hüpsch und fein,
Die fröen dem jager das junge hertze sein.                
Aus einem Liede von 1540.
        Wolauff wolauff in Gottes namen
Wöllen wirs heut anfahen,
Rugel dich, rugel dich, rugel dich,
Der liechte Tag scheint vber dich,
Wolauff wolauff, die heut mit uns ans jaidt wöllen,
Heut nam ich mein Hund ans sail,
glück und hail.
Von 1569.

So lange das Waidwerk besteht, war der Hirsch (cerphus elaphus) seine vorzüglichste Zierde, und wird sie bleiben.

Kein edleres Wild magst du schauen, ob er vertraut am Waldhang hinzieht, oder in der Flucht durch's krachende Dickicht bricht, ob er auf blumiger Wiese sich friedlich äs't oder mit hochgetragenem Kronengeweih den Kampf anhebt gegen unliebe Rivalen, daß es weithin hallt vom Schlag der gewaltigen Stangen.

Der Hirsch stirbt nicht, sagen figürlich die alten Waidmänner, er tritt die Eichel in den Grund und sieht den Baum daraus aufwachsen, der ihm dann reichliche Mastung liefert und er sieht diesen Baum vergehen, daß er sein Geweih in den Stamm stoßen und das modernde Holz mit den Läufen zerstäuben kann.

Er liebt Gesang und Musik und heißt nicht umsonst der edle Hirsch, denn, sagt Döbel, es ist eines wohlgeübten Waidmanns vornehmstes Prädikat, ein hirschgerechter Jäger genannt zu werden.

Vom langen Leben des Hirsches berichten schon die Alten und Pausanias erzählt, daß man in Arkadien einen geheiligten Hirsch gekannt habe, der ein Halsband mit der Inschrift trug:

»Wurde, ein Kalb noch, gejagt, als gen Ilion zog Agapenor.«

Pausanias schließt daraus, daß ein Hirsch weit länger lebe als ein Elephant, dessen höchstes Alter man gegen 200 Jahre annahm.

Alexander der Große ließ manchmal ein gefangenes Wildkalb mit angelegtem Halsband wieder frei und war auf diesem die Jahrzahl &c. eingegraben. Es findet sich die Angabe, daß einmal ein Hirsch mit solchem Halsband gefangen worden sey, dessen Alter sich aus der Inschrift zu 85 Jahren ergeben habe.

Es war daher sprichwörtlich bei den Alten »cervinos annos vivere.«

So viel ist gewiß, daß der Hirsch über 70 Jahre alt werden kann, denn man kannte einen solchen in dem Park des Grafen Hardegg zu Schmida bei Wien, von welchem die Abwürfe des Geweihs gesammelt wurden. Es war ein Hirsch, der gewöhnlich 20–24 Enden aufsetzte und im 72. Jahre, wo er noch ganz frisch sich zeigte, von einem Wildschützen erschossen wurde.

Daß der Hirsch die Musik liebe, führt schon Aristoteles an. Er sagt, man locke ihn durch ein gewisses Pfeifen und andere Töne und bezaubere ihn durch Gesang. »Wenn daher zwei Jäger zusammen sind, so singt oder bläst der eine, der andere aber verwundet ihn von hinten, wenn der erste das Zeichen gibt.«

Bekanntlich geht ein guter Hirsch in der Brunftzeit auf den Ruf oder das Schreien eines geringeren Hirsches und unsere oberbayerischen Jäger bedienen sich um diesen nachzuahmen eines großen Muschelhorns (Tritonshorn, Kinkhorn) und es heißt dann: »der Hirsch is a'm Schneckn' ganga.« Auch eine getrocknete Hirschgurgel wird als Ruf gebraucht.

Was aber das Bezaubern durch Gesang betrifft, so klingt das zwar sehr poetisch und ist gewiß, daß besonders beim Birschfahren ein Hirsch besser aushält, wenn man singt; auf den Gesang selbst oder die Art des Singens kommt es aber nicht an und die gewöhnlichen Schnaderhüpfeln, wie sie die Holzbauern singen, reichen für die Bezauberung vollkommen aus.

Von anderen Eigenthümlichkeiten des Hirsches wird erwähnt, daß er duftende Blumen liebe, besonders den wilden Jasmin und die Reseda.

Der Hirsch ist als Wild von jeher und überall ausgezeichnet worden.

Bei den Achäern fuhr die Priesterin der Diana auf einem mit Hirschen bespannten WagenDie hessischen Landgrafen, als Priester der Diana wohl bekannt, fuhren auch zuweilen mit vorgespannten Hirschen, ebenso die Churfürsten von Sachsen. Um 1730 wurden auf dem Vorwerk Neustadt-Ostra 14 zahme Hirsche zum Fahren gehalten und einer zum Reiten. Sie liefen anfangs gut, wurden aber bald träge. zur Feier des Opferfestes, Laphria genannt, und man gelobte der Göttin Hirschgeweihe (votivi cornua cervi), die in ihrem Tempel aufgehängt wurden. Die alten Deutschen liebten zur Bekleidung die Hirschdecken, die sie mit den Geweihen trugen, ganz besonders, und die alten Könige von Frankreich ließen sich in solchen begraben.

Die Hirschjagd hatte auch schon frühzeitig einen überall verehrten Schutzpatron an dem heiligen Hubertus, einem Sohn des Herzogs Bertrand von Aquitanien, der früher ein gewaltiger Jäger im Ardennenwald zuletzt als Bischof von Lüttich 727 starb und dessen Geschichte mit der Kreuzerscheinung genugsam bekannt ist. Einen Vorgänger mit ähnlichem Erlebniß hatte er an dem heiligen Eustachius, einem Feldhauptmann unter Kaiser Trajan (98–117), der in einem glühend gemachten ehernen Stier endete, da er vom Christenthume nicht abfallen wollte und weiter nennt die Jagdgeschichte noch im vierten Jahrhundert den heiligen MartinusKarl der Große führte bei seinen Jagden im Nürnberger Reichsforst immer die Chorkappe des St. Martinus und ein Heiligthum von St. Dionysius mit sich. Churfürst Karl Albrecht führte bei größeren Jagden eine Feldkapelle mit, auf deren Altar die Bilder von St. Hubertus und Eustachius.. Als der erste dieser Patrone gilt aber St. Hubertus und der Hubertustag (3. November) wurde und wird zum Theil noch gegenwärtig regelmäßig von der Jägerei mit einer Jagd und Lustbarkeit gefeiert.

Dieses Fest wurde schon von Ludwig dem Heiligen († 1270) gestiftet und auf den Tag eingesetzt, da der Leichnam des Bischofs Hubertus unter großer Feierlichkeit nach seinem Kloster im Ardennerwald gebracht und bestattet worden. An diesem Tage soll, sagt Flemming, jeder rechtschaffene Jäger auf die Jagd gehen und »keinen um sich leiden, welcher wider die Jagd-Reguln, das Wild muthwilligerweise verderbt. Wenn bei diesem Festin eine Frauensperson erscheint und solcher Jagdfreude mit theilhafftig werden will, so soll sie gestifelt und gespornt seyn, auch wie eine Mannsperson reiten.«

So geschah es z. B. bei den Hubertusfesten, welche der Churfürst Friedrich August zu Sachsen auf der Hubertsburg und Herzog Eberhard Ludwig von Würtemberg zu Ludwigsburg hielt, der auch 1702 einen Hubertusorden stiftete.Der bayerische Hubertusorden ist kein Jagdorden, obwohl er von den Herrschaften bei den königlichen Jagden getragen wird. Er wurde gestiftet von Herzog Gerhard von Jülich und Berg wegen eines Sieges, welchen er 1444 am St. Hubertustag über Arnold von Egmont erfocht. Um 1780 unter Herzog Karl zog am Hubertustag der würtembergische Hof mit den Jägern in Jagduniform aus und wurden nur Schimmel geritten. Die Festlichkeit dauerte manchmal acht Tage. Auch in Preußen wurde der Tag von mehreren Fürsten mit Glanz gefeiert, so vorzüglich von dem König Friedrich Wilhelm I. († 1740), Friedrich Wilhelm II. († 1797) und von dem jetzigen König. Bei einem solchen Fest, welches Friedrich Wilhelm II. 1787 gab, erschien die Prinzessin Friederike und ihre Begleiterinnen in einem olivenfarbenen Amazonenhabit mit goldenen Epaulets und nahm selbst Theil an der Jagd. Es war dabei mitunter Sitte, daß zur Tafel die Jägerei bediente und aufwartete; die Jagdpagen trugen die »Willkomm« und überreichten sie dem Oberjägermeister zum Credenzen. Brachte die hohe Herrschaft eine Gesundheit aus, so blies die Jägerei mit Flügel und Hiffthörnern und wurde auch wohl ein WaldgeschreiEs war das Geschrei, mit dem die Jäger bei beginnendem (eingestellten) Jagen zu Holz zogen. Bei der Hirschjagd: Ja, ha ha, ja ha! bei der Schweinshatz: Ho, Rido, ho ha ho! angestimmt.

In den bayerischen Jagdrechnungen findet sich oft einer großen und kleinen Hubertijagd erwähnt und wurde das Hubertusfest mit Beiwohnung des ganzen Hofes und der churfürstlichen Jägerei bis 1777 gewöhnlich zu Fürstenried gefeiert. Unter Churfürst Maximilian III. wurde 1760 die große Hubertijagd am 7. November und die kleine am 13. gehalten. Zu letzterer waren 28 Damen geladen. König Maximilian II. begeht den Hubertustag ebenfalls jährlich mit einer Gemsjagd und wird dann bei der Tafel des hohen Jagdpatrons in einem fröhlichen Trinkspruch mit gebührenden Ehren erwähnt. Das Gemsgejaid hat der Herr, da er noch auf Erden wandelte, wohl nicht gekannt, es gefällt ihm aber vielleicht um so besser, als es dem Himmel näher ist, denn irgend ein anderes.

Einen Hubertusjägerorden in Böhmen stiftete der Reichsgraf Franz Anton von Spork und bei Gelegenheit einer Jagd 1723 geruhte Kaiser Karl VI. diesen Orden anzunehmen. Einen »Orden des güldenen Hirsches« stiftete 1672 der letzte polnische Piast Herzog Georg Wilhelm zu Brieg (im Breslau'schen); der Landgraf Ludwig VIII. von Hessen-Darmstadt ließ um die Mitte des vorigen Jahrhunderts Hirschdukaten schlagen mit dem Spruche »durch den Dukaten ward ich verrathen« und mit dem Bild eines Hirsches, und so geschah mancherlei zu dessen Ehren, wie auch die Wehrhaftmachung mit dem Hirschfänger feierlich stattfand und dabei der Spruch gebraucht wurde:

    Jo! hoch o ho!
Hier hast du nun deine Wehr;
    Die brauch zu Gottes Ehr
Zu Lieb und Nutz des Nächsten dein,
    Halt' dich ehrlich treu und fein,
Wehr' dich damit deiner Feinde;
    Doch unnütze Händel meide.
Gürt' deine Lenden wie ein Mann,
    Der sein Horn recht blasen kann.
Nunmehr hast du deine Freiheit;
    Es gehe dir wohl allezeit!« –

Kein Wunder, daß der Hirsch auch ein Gegenstand der Poesie wurde. Seltsam klingt ein arabisches Gedicht, welches von ihm sagt:

Im Tumult ist er ein Orkan
Und fliegt wie ein Vogel himmelan,
Hinauf, schnell wie das Gebet einer unterdrückten Welt,
Hinab, jäh, wie das Loos vom Himmel fällt.
Doch ist er auch störriger Natur
Und durchstreift wie Feuer die Flur,
Sein Ansehn ist das eines Thoren,
Immer in Gedanken verloren,
Ist beschaulichen Männern drum wohl bekannt
Und wird der Gaul der Einsiedler genannt.

Anderer Art sind die einfachen deutschen Waidsprüche, welche bis ins dreizehnte Jahrhundert zu verfolgen, auch schon zur Zeit von Friedrich Barbarossa angeführt werden und erst zu Anfang des vorigen Jahrhunderts allmählig abgekommen sind. Da erscholl der Weckruf durch den grauenden Morgen:

Wohl auf Ihr Fürsten und Herrn, Ritter und Knecht
Und alle schöne Jungfrauen,
Laßt uns heut' den edlen Hirsch anschauen;
Wohl auf all meine gute Gesellen
Die heut mit auf die Jagd wellen
Die schicken sich bald
Daß der liebe Gott walt!
Wohl auf heint wohl jägerlich, habt Fleis
Ihr Waidleut, bis daß der Hirsch auf der Seiten leit
Ritterlich,
Der liechte Tag scheint über dich!

Wohlauf, wohlauf Roß und Trat (alles tretende Vieh)
Daß uns heut der berat,
Der uns all erschaffen hat!

Wohlauf, wohlauf in des Namen,
Der beschuf die Wilden und Zahmen!

Dann spricht der Jäger seinen Leithund an:

Gesell, Gesell, wohl hin mit Lust und Freuden,
Herrn und Frauen zu lieb, auch uns beiden!

Hin hin frisch ritterlich
Der helle Tag scheint über dich!
Ho ho, ho ho, trauter Gesell, hin, hin!

Führt dann der Jäger den Herrn auf die Fährte, die er verbrochen (mit einem Eich- oder Tannenreis bezeichnet, wobei der Ast mit dem abgebrochenen Theil nach der Richtung gelegt wird wo die Fährte hingeht), so spricht er wieder mit dem Hunde:

Wohlan, wohlan, hin zu jener Buchen,
Wollen wir den edlen Hirsch heut thun suchen.

Wohlan, wohlan, hin zu jener Linden,
Da wollen wir den edlen Hirsch heut finden.

Wohlan, wohlan, hin zu jener Eichen,
Wart, wo findest du heut des edlen Hirsches Zeichen!

Wenn die Jäger von der Vorsuch zusammenkommen, ist die Ansprache:

Mein lieber Waidmann sag mir an,
Was hast du mit deinem Hund wechselnd vernommen,
Wo die Hirsch von meinem Zug sind hinkommen?

Antwort:

Jo ho, mein lieber Waidmann,
Es gingen meinem Hund zehn Hirsche wechselnd an,
Drei sind heraus und sieben drüben,
Diese sind in unserm Jagen blieben.

Beim Zeugstellen:

Auf auf mit Waidmanns Heil
Jagdzeugmeister und Zeugknecht,
Richtet das Zeug hinter mir her auf meinem Zuge recht,
Unsern Fürsten zur hohen Freude
Und dem edlen Hirschen zu Leide.

Beim Anjagen und wenn der Hund scharf anzieht und der Jäger merkt, daß sie dem Hirsch nahe kommen:

Es wird schier Zeit, hin hin,
Gesell es wird schier Zeit.

Da kommt der edel Hirsch einher.

Nun geht es nach mit den Hunden, die Hörner erschallen und so oft der Hirsch gesehen wird wieder die Waidrufe:

Da fleucht der edel Hirsch über den Weg,
Daß Gott meines schönen Buhlen heut pfleg'!

Da lauft der edel Hirsch Wasser und Grund,
Mich freut meines Buhlen rother Mund!

Da fleucht der edel Hirsch durch den Thau,
Wie gern ich meinen Buhlen anschau!

Da lauft der edel Hirsch über die Heid,
Gott grüß mein schön Buhlen in ihrem weißen Kleid.

Da lauft der edel Hirsch und macht ein Gewend,
Ich wollt, ich hätt' meinen schönen Buhlen bei der Händ!

Da lauft der edel Hirsch über diese Heide
Den Hunden zu lieb, ihm selbst zu Leide.

Nun kommen Fragen und Rufe, wohin die Hunde gejagt:

Ho ho, mein lieber Waidmann, hast du nicht vernommen,
Wo meine hochlautende Jagdhunde sind hinkommen?
»Ho ho ho, mein lieber Waidmann,
Ich höre jetzt zu dieser Stund
Weder Jäger noch hochlautenden Jagdhund.«

Ho ho, mein lieber Waidmann, kannst du mir nicht sagen:
Ob du meine hochlautende Jagdhund hast sehen oder hören jagen?
»Jo ho ho, mein lieber Waidmann,
Woit gut in jenem Thal,
Sie haben den rechten Anfall
Das sag ich dir frei,
Es waren der Hunde drei,
Der eine der war weiß, weiß, weiß,
Der jagte den edeln Hirsch mit allem Fleiß,
Der andere der war fahl, fahl, fahl,
Der jagte den edlen Hirsch über Berg und Thal,
Der dritte der war roth, roth, roth,
Der jagte den edlen Hirsch bis auf den Tod.

Wenn der Hirsch gefangen und den Leithunden, ehe man ihnen zu genießen gibt, das ausgeschlagene Geweih vorgehalten wird:

Söllmann, Söllmann, mein lieber Söllmann,
Dieß ist der edle Hirsch, so dir heut gangen an,
Da er zog her mit seiner prächtigen Kron und gespaltenen Schal,
Dem hast du mein Gesellmann recht gethan,
Habe Dank überall, habe Dank, mein Söllmann, du hast Recht.

Und nun ging es an's Essen und Trinken auf grünem Rasen unter schattigen Bäumen mit mancherlei Kurzweil und Freudenspiel und war dabei herkömmlich und besonders empfohlen, von den schönen Frauen und Jungfrauen in der Gegend zu sprechen und ihre Schönheit und Holdseligkeit »stuckweis« zu beschreiben und zu zergliedern. Daneben fanden mancherlei Reimfragen und Antworten statt, welche die Waidmannswissenschaft betrafen oder Witz und Scharfsinn darthun sollten. Dergleichen waren:

Jo ho ho, mein lieber Waidmann, frisch und fein,
Wenn mag der edle Hirsch am niedrigsten und am höchsten seyn?
»Jo ho ho, mein lieber Waidmann,
Das sag' ich dir an:
Am niedrigsten ist er im März,
So er abgeworfen und kein Gehörne trägt,
Am höchsten im Juni, so er aufgesetzt, völlig vereckt
Und eh er schlägt, so dünket mich eben,
Daß das Gehörn seine Höh' und Niedrigkeit thut geben.«

Lieber Waidmann, sag' mir hübsch und fein:
Was bringt den edeln Hirsch von Feld gen Holz hinein?
»Der helle lichte Tag und der helle Morgenschein
Bringt den edlen Hirsch vom Feld gen Holz hinein.«

Lieber Jäger jung, thu mir kund,
Was macht den edeln Hirsch wund
Und den Jäger gesund?
»Der Jäger und sein Leithund
Machen den edeln Hirsch wund
Und eine schöne Jungfrau macht den Jäger gesund.«

Sag mir an mein lieber Waidmann:
Was macht den Wald weiß,
Was macht den Wolf greis,
Was macht den See breit,
Woher kommt alle Klugheit?
»Das will ich dir wohl sagen schon:
Das Alter macht den Wolf greis,
Der Schnee macht den Wald weiß,
Und das Wasser den See breit,
Von schönen Jungfräulein kommt alle Klugheit.«

Waidmann, lieber Waidmann, sag mir an:
Was ist weißer dann der Schnee,
Was ist grüner dann der Klee,
Schwärzer dann der Rab
Und klüger dann der Jägerknab?
»Das kann ich dir wohl sagen:
Der Tag ist weißer als der Schnee,
Die Saat grüner als der Klee,
Die Nacht schwärzer als der Rab,
Schöne Mägdlein klüger als der Jägerknab.«

Waidmann, lieber Waidmann hübsch und fein,
Sage mir. wann mag der Hirsch am besten gesund seyn?
»Das kann ich dir wohl sagen für:
Wenn die Jäger sitzen und trinken Bier und Wein,
Pflegt der Hirsch am allergesündsten zu seyn.«

So wurde es überall in den alten Zeiten gehalten und mag wohl ein lustiges Leben gewesen seyn für einen jungen Jäger, Hirsche zu jagen wie man sie von gleicher Stärke an Leib und Geweihen nicht leicht mehr sieht und dabei ein schmuckes Sprüchlein in den Wald zu rufen, welches der Liebsten gedenkt mitten im Getümmel des wilden Treibens. Das Jagdleben bewegte sich damals ungleich poetischer als in unserer Zeit, wenn diese auch an wohlpolirter Poesie auf dem Papier überaus reich ist.

So war es auch bei uns in Bayern, wie die vorkommenden Worte »heunt« für heute und »woit« für »woitern, woltern,« in der Bedeutung »genugsam« darthun.

Bei den alten Jagden wurden, außer BirschMan schreibt auch pirschen und pürschen, im Mittelalter birsen (birsare) und bersen; letzteres soll aus dem isländischen von bersar stammen, welches verfolgen und Fällen wilder Thiere mit dem Jagdspieß bedeutet. Im vorigen Jahrhundert kommt auch oft vor, daß man das Fällen des Wildes durch einen Schuß selbst im eingestellten Jagen »bürschen« nannte. und Anstand, das Wild in Netze gejagt, die von ihren Tragstangen niederfielen, und ihm, wenn es darin verwickelt war, der Fang gegeben, oder es wurde angeschossenes Wild zu Roß mit Hunden gehetzt, und wenn es diese gestellt hatten, abgefangen, auch während des Hetzens geschossen, wie es im Theuerdank heißt, daß dem Kaiser Maximilian beim Reiten im Jagen einigemale die Armbrust losgegangen, daß er sich fast erschossen hätte; oder es wurde ein eingestelltes Jagen angerichtet.

In den ältesten Zeiten wurden in Deutschland auch zahme Hirsche, sowohl zur Hirsch- als zur Schweinsjagd gebraucht. Die Salischen, Ripuarischen, Alemannischen und Longobardischen Gesetze bestimmen für das Stehlen oder Tödten eines solchen Hirsches mancherlei Strafen und mußte oft neunfacher Ersatz geleistet werden, auch gezähmte Thiere (Hirschkühe) wurden ähnlich gebraucht. Sie waren durch bestimmte Zeichen kenntlich gemacht (si quis cervum domesticum signum habentem etc.). Nach der gewöhnlichen Ansicht wären solche zahme Hirsche gleich dem Schießpferde beim Anbirschen gebraucht worden oder hätten in der Brunftzeit gedient durch Schreien andere Hirsche herbeizulocken; nach einer freundlichen Mittheilung des Herrn Oberforstraths Pfeil war es aber so, daß dergleichen Wild in Einfriedungen (Hagen) großgezogen und gefüttert wurde, und von da durch angebrachte Ausgänge wie das Wild eines Parks in den freien Wald gelangen konnte. Von da kehrte es dann zur Futterzeit regelmäßig an den gewohnten Platz zurück und gesellten sich, besonders in der Brunstzeit, fremde Hirsche dazu (auch Sauen folgten) und der passende Jäger erlegte dann die Gäste. Diese Ansicht hat alle Wahrscheinlichkeit für sich, denn in großen Parken, wo mehrere Futterplätze, kommt Aehnliches vor, daß nämlich das gewöhnlich sich einfindende Wild von Zeit zu Zeit fremde Gäste mitbringt.

Die Hetzjagd auf den Hirsch ist vorzüglich in Frankreich ausgebildet worden und daraus die bekannte Parforcejagd entstanden. Gewöhnlich wurde das Wort »hetzen« nicht für diese Jagd gebraucht, sondern das Wort »forciren.«

Der Vorgang bei der Parforcejagd war kurz folgender:

Nachdem der Hirsch durch den Leithund bestätigt war, wurden theils berittene Jäger, theils solche zu Fuß mit Hunden auf die sogenannten Fürlagen, Relais, vertheilt, d. h. an Orte, welche der Hirsch passiren mußte. Auf einer solchen Fürlage waren 20 bis 30 Hunde. Der Jagdherr und sein Gefolge begaben sich alsdann zu Roß an den Standort des Hirsches und vertheilten sich so, daß der ausgesprengte Hirsch von dem einen oder andern gesehen werden mußte. Darauf wurde der Hirsch von der Jägerei mit den Leithunden aufgesucht und angejagt. Sowie dieses geschehen war, ging die eigentliche Jagd mit der Meute, die manchmal bis 100 und mehr Hunde zählte, an, dann wenn der Hirsch auf die Fürlagen kam, mit den dort aufgestellten Hunden weiter und mit Reiten und Laufen, mit Waidgeschrei und Hornruf, durch Wald und Feld gings dahin oft bis in die Nacht hinein. Die Piqueurs leiteten die Jagd, die Hunde wurden öfters zum Halten gebracht, theils um andere nachkommen zu lassen oder wenn sie die Fährte verloren hatten. Man nannte das stopfen (das engl. stop). So oft der Hirsch erblickt wurde, erschallte der Ruf »Tajo«.

Zur Jagd wurden gewöhnlich ebene Holzgrunde gewählt und Durchschläge zum Reiten und Beobachten des Hirsches angebracht.

Es versteht sich, daß man des Wechselns wegen vieler Pferde bedurfte und bei größeren Jagden stieg ihre Zahl mit den für die Damen und Küchenwagen &c. auf 150 bis 200.

Den meisten Jägern galt dieses Waidwerk mehr als die concurrirende Baize, wovon unter anderen ein Gedicht von Gasse de la Bigne von 1359 Zeugniß giebt, denn, heißt es, wer einmal das Geläute der Hunde gehört hat, wird sich wohl schwerlich ein anderes Paradies wünschen, und der Ton eines Hifthorns übertrifft auch gewiß die Musik der Engel.

Der Hirsch machte häufig Wiedergänge, schwamm lange Strecken in einem Fluß hinab, gesellte sich zu andern Hirschen und war oft schwer, ihn auszumachen, aber endlich mußte er doch der Meute erliegen. Viele Hirsche wurden, besonders bei den spätern Parforcejagden, geradezu todt gejagt und waren die Hunde abgerichtet, den Hirsch nicht anzufallen, sondern nur zu treiben, damit die Jagd länger dauere. Geschah es aber, wie das oft der Fall war, daß sich der Hirsch vor den Hunden stellte, so birschte sich ein Jäger an und gab ihm den Fang mit dem Hirschfänger, oder er erhielt einen Schuß auf den Kopf. Es geschah dieses meistens in Gegenwart der ganzen Jägerei und wurde das Halali (ha la lit) dabei geblasen:

        »Nun waren auch die Jäger kommen,
Umringten ihn mit Lärm und Schall
Zum Absang blasend mit lautem Hall.«
(Tristan und Isolde. Um 1220.)

Um dem Jagdherrn die Ehre des Abfangens oder Fällens zu lassen, wurden die Hunde oft zurückgehalten, wenn der Hirsch nicht mehr weiter konnte, und der Fürstenruf geblasen.

Das Abfangen mit dem Hirschfänger war zuweilen sehr gefährlich und viel gefährlicher als bei der Schweinsjagd. Drum hieß es auch »dem Hirsch die Bar, dem Schwein der Balbirer.«Im Altfranzöschen heißt es bei Gaston Phöbus: apres le sanglier le mire et apres le cerf la biere (mire-medecin). Gaston de Foix, genannt Phöbus, zur Zeit Karls VI. von Frankreich, ein Prinz, der 1348 die Tochter Philipps III., Königs von Navarra heirathete und 1391 zu Orthez starb. Daher wurden oft dem gestellten Hirsch die Sehnen am Sprunggelenk der hintern Läufe (die Hessen) abgehauen, um ihn wehrlos zu machen. War der Hirsch gefällt, so wurde ihm der rechte Vorderlauf abgelöst und dem Jagdherrn als Ehrengabe überreicht. Dann folgte das Curée-Machen, schon bei Gaston de Foix (Phöbus, † 1391) unter diesem Namen erwähnt, welches darin bestand, daß man über den zerwirkten und klein zerlegten Hirsch die Decke mit dem Kopf und Geweih legte, dann die Hunde in die Nähe brachte, ihnen den Kopf zeigte und mit raschem Wegziehen der Decke den Hirsch preisgab. Auch gab man ihnen das Gescheide, Milz &c. mit dem Schweiß zum »Genieß«, oder wie die deutschen Jäger sagten, die Hunde wurden »gepfneischt.«Illustrationen zur älteren Parforcejagd finden sich bei Fouilloux »La Venerie« übersetzt von Bernhart Jobin unter dem Titel »Neu Jägerbuch« 1590, die spätere hat El. Ridinger (1756) auf vierzehn großen Kupfertafeln vortrefflich in al1en ihren Momenten dargestellt; in Immermanns»Tristan und Isolde« ist ein farbiges poetisches Bild davon gegeben (im Tristan von Gottfried von Straßburg ist die Erzählung weniger gelungen); auch das Gedicht »La chasse du Grand Seneschal de Normandye« aus dem 15. Jahrhundert gibt ein lebendiges Bild. Mehuls bekannte Jagdsymphonie hat als Tongemälde nicht ihres gleichen.

Diese Jagd forderte zur Zeit ihrer Blüthe an Studien und Uebung des Jägers weit mehr, als irgend eine andere Jagd. Es galt nicht nur einen jagdbaren Hirsch sicher anzusprechen und zu bestättigen, sondern beim Jagen auch immer an demselben zu bleiben, zu erkennen, ob die Hunde die rechte Fährte halten, oder ob sie die eines anderen Hirsches, dem die Jagd nicht vermeint war, angefallen. Das Einüben der Hunde war eine Hauptarbeit des Jägers, die Zeit dazu, welche man »Behängenszeit« nannte, war im Mai und Juni. Da wurde der LeithundIn den bojarischen Gesetzen im siebten Jahrhundert kommt Spurihunt vor, womit der Leithund oder auch der Schweißhund gemeint war, denn es heißt, daß er am Seil geführt, die Fährte halte. am Hängeseil unter fleißigem und fröhlichem Zuspruch an die Waldsäume zum Aufsuchen der Fährten geführt und mußte allmählig dahin gebracht werden, eine bestimmte Fährte zu halten. Daß der Jäger diese genau kennen mußte,Vergleiche »Der Fährtegerechte Jäger« von Cl. Louis. Aschaffenburg 1853 und desselben Gypsabgüsse der Fährten. versteht sich von selbst, bei der Jagd aber auf wechselndem Boden ohne Fehler durchzukommen, war eine schwierige Aufgabe.

Die alten Jäger hatten 72 Kennzeichen des Hirsches. Winkell hat die Zahl umgekehrt und hält 27 für ausreichend. Davon sind die wichtigsten, die schon ein alter Waidspruch nennt:

Ho ho ho, mein lieber Waidmann, unveracht,
Sag' mir an: was hast du vor sieben Hauptzeichen betracht?
»Jo ho ho, mein lieber Waidmann rund,
Den Zwang und Ballen thu' ich dir kund,
Woraus der Burgstall klar sich findet,
Der Abtritt (des Grases), dessen Grüne oder Welke sich damit verbindet,
Der Schrank und der Schritt,
Die Oberrücken mit,
Hiedurch bei schnellem Fliehen,
Als auch bei sachtem Ziehen
Kann ich den edlen Hirsch erkennen
Und auch nach seiner Güte nennen.

Der Zwang oder das Zwängen entsteht dadurch, daß der Hirsch die im Tritte zusammengepreßte Erde zum Theil mit den Schalen fest an sich und rückwärts zieht. Dadurch schließen die Spitzen der Schalen fest aneinander, welches beim Thier nicht der Fall ist.

Die Ballen sind größer als beim Thier und tiefer eingedrückt.

Burgstall. So heißt die Wölbung innerhalb der Hirschfährte, die beim Thier viel weniger ausgesprochen. Diese Wölbung, nach der Länge ausgedehnt, ist auf thonigem Boden sehr deutlich zu sehen.

Der Schrank oder das Schränken besteht darin, daß die Tritte des rechten und linken Laufes nie in gerader Linie hinter einander kommen, sondern im Zickzack neben einander wie die nachfolgenden Punkte . · . · . · . · . Die Größe des Schranks wird durch die Entfernung der beiden geraden Linien von einander gemessen, welche durch die links und rechts liegenden Fährten gezogen werden können.

Schritt heißt die Entfernung einer Fährte von der nächsten. Ist der Schritt 2½ Schuh weit, so kann der Hirsch für einen Zehnender angesprochen werden.

Bei Fouilloux (Jobin) heißt es von dem Gang des Hirsches: »gehet geschrenkt wie ein voller Bawer, als wenn jr zween weren, das Wild aber geht schlechtlich.«

Oberrücken. Die Oberrücken oder Afterklauen (Geäfter) drückt der Hirsch in gutem Boden fast daumendick ein, beim Thier ist der Eindruck spitz und schmal.

Ein alter Waidspruch sagt ferner von den Kennzeichen des Hirsches:

Sag' an mein lieber Waidmann
Was hat der edle Hirsch unten und oben gethan?
»Er hat unten geblendt und oben gewendt,
Dabei hat ihn der Jäger erkennt.«

Beim Blenden tritt der Hirsch mit der hintern Schale in die vordere Fährte, so daß diese dadurch etwas länger und breiter wird. Man kann damit getäuscht werden, einen geringen Hirsch für einen starken anzusprechen.

Das Wenden heißt auch Himmelszeichen. Beim Durchziehen durch junges Laubholz wendet der Hirsch mit dem Geweih Blätter und knickt feine Aestchen. Es sind weiter noch zu bemerken

das Fädlein, ist der dünne Erdstreifen, der sich durch den Zwang der Schalen in die Höhe drückt, beim Thier ist er breiter als beim Hirsch.

Das Insiegel, hohe Insiegel. Dieses Zeichen besteht in dem durch die Schalen auf thonigem Boden gerissenen Klumpen.

Das Schlagen und Fegen, auch Himmelsspur genannt, ist ein untrügliches Zeichen des Hirsches. Der Hirsch wählt sich dazu junge Bäume und schlägt mit dem Geweih daran die Rinde ab. Je stärker der Hirsch, an desto stärkeren Holzstangen fegt er und desto höher hinauf sieht man die Rinde geschunden.

Die Losung, das Gloß, erfordert ein besonderes Studium, da sie zu verschiedenen Jahreszeiten verschieden geformt erscheint. Die alten Jäger mußten die Losung nach Hause bringen und wurde dieselbe dem fürstlichen Jagdherrn als ein Zeichen des bestätigten Hirsches präsentirt. Wie dabei die Anzeige geschehen soll, gibt B. Jobin an:

Vom Herren mein anzeig zu thun hinein ich tritt,
Mit vorgehender Reverentz so ist mein bitt,
Daß jedermann schweig, und leg auff den tisch als stoltz,
Das gloß auf grünen blettern bring auß dem g'holtz,
Sprich gnedigster Herr ein Hirsch von zehen enden,
Welchen ich bestetet, vnd gewiß weiß zu finden,
Sein gloß ist lenglecht dick schleimig vnd eckecht,
Zeigt an das Wildpret vnd ist dabei auch safftecht,
Da dann sein Gnad auch ferners sollt befragen;
Was vnd welcher Gestalt der Hirsch sein Gehirn thut tragen,
Antwort dann fluck auff der vorsuch gnedigster Herr,
Mein Laithund verfieng die fart eines Hirsch von ferr,
Faßt ihn kurtz, alßbald vnd folgt jhm strack nach,
Den Hirsch fand ich auff dem geäß vnd war mir gach,
Sein Ghirn ist wie eine offne Hand vnd war mir wirsch,
Nach ihm, war braun vnd ein zehen endiger Hirsch,
Die Stang dick rund vnd groß bey dem Kopff vnden,
Sehr rauch Perlen gleich, braun breit vnd wol erzogen,
Nach dem ich dann diß gut Zeichen bfand gab acht,
Im ab vnd wider zug sein zugang wol betracht,
Im Heimgang zum stand, nam für mich sein vorfart,
Umbzog, fürschlug kraißt ein fürgriff mein Hund riß hart.
Fiel in die Fährt verfieng sehr wol zog ab von Holtz,
Merkt den Stand verprach nider hoch fand Hirsch groß stoltz,
Der mein allein blieb in seinem stand (fragt er dan
Wie die fart beschaffen, so sag vnd lieg (lüg) nichts dran)
Er hab die fast lang vnd stark vnd auch die ballen,
Groß breit den Klawen gesperrt darzu hole schalen,
Mutig, keck auffrecht, sey noch kurzkegelt darzu,
Der Hirsch laufft wol, macht Hund vnd Jäger groß vnruh. –

Man sieht mit welchem Fleiß das Bestätigen des Hirsches vorgenommen wurde.

Auch den Jägerinnen jener Zeit wurden die Hirschlosungen zur Augenweide vorgelegt, wie ein Gedicht aus dem 15. Jahrhundert, La chasse du Seneschal de Normandye,Le livre de la chasse du Grand Seneschal de Normandye et les Ditz du bon chien Souillard, publié par le Baron Jérôme Pichon. A Paris. chez Auguste Aubry. 1858. besagt, wo der Seneschal der gefeyerten Anna von Beaujeu die Losung eines Achtzehnenders präsentirt. Es heißt (z. Thl. sehr naiv):

»Quant je vins pour mon rapport faire
La trouvay à table assise,
Lors me vit et fit chacun taire,
Car désir de chasser l'atise;
Des fumées
(Losungen) eut en maintes guises
Sur la table et de lieux divers – –
En la saluant humblement
Mes fumées lui presentay:
Elle me respond doulcement:
Et à vous! dont me contentay.«

Wie der Leithund, mußte auch der Schweißhund gezogen und geübt werden, er heißt im 15. Jahrhundert oft Bluthund, Pluthund. Mit den Wind- und Parforce-Hunden war es ähnlich und mußten diese vorzüglich auf die Hornrufe exercirt und geeignete Jagden mit ihnen angestellt werden.

Auf gute Hunde wurde natürlich Alles gehalten, man ließ sie weither um theures Geld kommen, sie bildeten den Gegenstand werthvoller Geschenke der Fürsten und ihre Unterhaltung und Beaufsichtigung kostete große Summen. Berühmt waren in Frankreich zu Ende des 13. bis in's 16. Jahrhundert die sogenannten grauen Hunde und die Abkömmlinge des Hundes Souillard oder die Hunde der weißen Race, BaulxAuch baulds geschrieben. Soll vom italienischen boldo, kühn, stolz, herkommen. Greffiers hießen sie, weil die Stammhündin der Race einem Kanzellisten Ludwigs XII. angehört hatte. In einer Uebersetzung von Fouilloux von 1590 heißt es:

»Sanct Hubert von Gottesforcht,
Souillard sein Hund ihm wohl gehorcht,
Aller guten Hund Vater ist
Wol gearbait zu aller frist.«
oder Greffiers genannt, dann die alten schwarzen Hunde der Abtei St. Hubert in den Ardennen; in Deutschland später die englischen Hunde. Die genannten grauen Hunde waren von Ludwig dem Heiligen aus dem Orient von seinem ersten Kreuzzug mitgebracht worden (um 1254). Es wurde von ihnen behauptet, daß sie niemals von der sogenannten Wuth befallen würden, im gewöhnlichen Sinne des Wortes waren sie aber die wüthendsten Hetzer und auf der Hirschjagd glich eine Meute derselben einem Rudel rasender Wölfe.

Es existiren mehrere französische Gedichte,Le Livre de la chasse du Grand Seneschal etc. welche ausgezeichnete Hunde Ludwigs XI. und Ludwigs XII. besingen. So von den Hunden Soulliart, Basque und Bon Relay, die alle selbstredend eingeführt sind und ihre guten Eigenschaften und Thaten hervorheben, auch den Wunsch aussprechen, Gott möge ihren Herrn das Paradies verleihen. Unter anderem äußert Relay daß Ludwig XII. selbst dessen Biographie geschrieben

Car ma vie est par lui escrite et redigée,
Dont ma race à jamais luy demeure obligée.
Courage aussi donnoit à mes posterieurs
D'estre bons comme moy, ou estre encore meilleurs.«

Am Schlusse heißt es in Beziehung auf den König

»Digne estoit d'un tel chien, moy heureux d'un tel maistre!«

Die Hunde der weißen Race standen in Ansehen bis in's 17. Jahrhundert und Robert de Salnove, der unter Ludwig XIII. jagte, erzählt wie diese Hunde den angejagten Hirsch vier und fünf Stunden jagten und denselben unter fünf- bis sechshundert andern Hirschen, unter welche er sich nach und nach während der Jagd mischte, immer wieder herausfanden und nicht nachließen, selbst wenn die Jäger sie irrigerweise von der Fährte, die sie verfolgten, abbringen wollten.

Gaston de Foix hatte eine Meute von 14–16 Hundert Hunden, die deutschen Parforce-Jagden waren nicht so übertrieben ausgestattet, Döbel führt 460 Hunde der Anhalt Dessau'schen Jagd an und 155 der königlich polnischen und churfürstlich sächsischen Jagd.

Mit der besprochenen Jagd kam auch die französische Ansprache der Hunde nach Deutschland herüber und dem braven Döbel wie anderen Jägern des Landes zum Aerger mußte nun ein modischer Besuchsknecht statt »recht so, Gesellmann« ein mechanisch eingelerntes »Ami, tu dis vrai« sagen und erklangen die deutschen Wälder vom ungewohnten Kauderwelsch. Französische Piqueurs, die man kommen ließ, machten sich wichtig mit ihrer Jägerei und führten das Wort, die Hornrufe wurden französisch benannt, Lancé, Vue, Retour etc. die Namen der Hunde waren französisch &c.

Hier einige solcher üblichen Namen: Aimable, Amant, Ami, Charmante, Flottante, Humaine, Coquette, Brunette, Blondine, Comte, Comtesse, Duc, Duchesse, Marquis, Marquise, Lady, Madame &c.

Auch aus der Mythologie wurden sie oft genommen: Apollo, Jupiter, Diana, Mars, Pluto &c.Namen der Jagdhunde in Frankreich im dreizehnten Jahrhundert waren: Brisegaus, Frisaus, Liépart, Tisson, Cortin, Hector, Cloëte, Brachine, Violette, Fauve, Gete-rose, Primevaire, Pinçonete etc.; die Namen ausgezeichneter Nachkommen des berühmten Hundes Souillard im Besitz der Anna von Beaujeu (um 1470) waren; Cleraut, Jombard, Miraud, Meigret, Marteau und Hoise de la bonne Lyce.

Die altdeutschen Namen der Leithunde waren: Söllmann (Gesellmann) und Heila (Hela), auch Weckauf, Klopfan, Sultan &c. kommen vor.

Schon Ludwig XI. wird als großer Parforcejäger genannt und unter Karl VI. († 1419) glänzte der Graf Gaston de Foix, der unter dem Namen Phebus (Phöbus) über die Jagd und besonders über die Parforcejagd schrieb, als einer der berühmtesten Jäger seiner Zeit. Er preist diese Jagd, die dem Jäger zum Himmel verhelfe, denn wenn er den gehetzten Hirsch erblicke, und die jagenden Hunde, wenn er schreie und in's Horn stoße aus Leibeskräften, so denke er an keine Sünde und nichts Böses – et puit quat tous ses chiens serot devat il se mettra a chevaucher sur la meute apres ses chiens et huera et cornera de la plus forte et grat alaine quil ne pense a nul autre peche ne mal.

Franz I. († 1547), Heinrich II. († 1559) und dessen berühmte und berüchtigte Gemahlin Katharina von Medicis huldigten der Parforcejagd und letztere ritt auf einem Männersattel mit, ohngeachtet sie mehrmals abgeworfen wurde. Die sogenannte petite bande des dames, eine auserwählte Schaar schöner junger Damen an dem lüderlichen Hofe des Königs fand sich auch bei diesen Jagden ein. (Brantome). Wie Katharina jagte auch Maria von Medicis mit ihren Damen zu Fontainebleau und hatte 4–500 Edelleute dabei im Gefolge. Karl IX., Katharinas Sohn, schrieb ein berühmt gewordenes Werk über die Hirschjagd: »La chasse royale,« zuerst publicirt 1625 (neue Ausgabe von Henri Chevreul, Paris 1857) worin er namentlich die Angaben des Aristoteles einer Prüfung und Kritik unterwirft. Von ihm wird in einem Gedichte von François d'Amboise gerühmt, daß er einen Hirsch ohne Hunde forcirt und erlegt habe.

Heinrich IV. († 1610) forcirte oft an einem Tage 5–6 Hirsche. Die Liebe des Franzosen zu Glanz und Luxus zeigte sich auch hier, denn Ludwig XIV. hielt 1671 zu Chantilly eine Parforcejagd bei der Nacht, wo der Wald von Lampen und Fackeln erhellt war und in dem Glanz ebenfalls schöne Damen funkelten, ein Fest, welches ein Prinz von Condé später ebenda in ähnlicher Weise wiederholte. Interessant sind aus jener Zeit die Briefe der churpfälzischen Prinzessin Elisabeth Charlotte,Herausgegeben von Wolfgang Menzel. Herzogin von Orleans, an die Raugräfin Louise zu Pfalz. Die Prinzessin war eine eifrige Jägerin. Sie schreibt von Marly 1709 – Ist es möglich, daß Ihr liebe Louise nie Keine parforce jat gesehen habt, Ich habe gewiß mehr alß tausendt hirsch fangen sehen, habe auch manchen braffen fall Im jagen gethan, In 26 mahl daß Ich gefallen bin, habe ich mich Nur Ein Eintzig mahl wehe gethan.

1710 schreibt sie ebenfalls von Marly – – wie wir alle die st hubert celebrirten undt schon Einen hirsch gefangen hatten, undt den andern renten, sehe Ich Einen daher renen der stürzt mitt dem pferde, Ich meinte Erst Es were Ein piqueur sahe wohl daß Er sehr blessirt war, den er hatte Mühe auffzustehen wie Man Ihm auffhilfft undt Ich Ihn ins gesicht sehe war Es mein sohn denkt wie mir Zu Muht war Ich Nahm Ihn In Mein calesch &c. – Sie hat die Jagden theils zu Pferde theils in einer kleinen Calesche mitgemacht. Davon schreibt sie (Marly am 6. Mai 1702) – Kame Ich Eben Von der jagt mitt I. M. dem König, die jacht war perfect schön, der König hat kleine Calesche und kleine pferdtger, die renen aber so stark daß man allzeit bei den hunden ist – die jagt wehrte Nur anderthalb stundte undt die hunde Ersoffen den hirsch allernegst hier bei in Einem weyer, Es war recht schön alle die Hunde mitt dem hirsch Ins wasser zu sehen alle die leutte magnifick gekleydt so drumb herumb wahren undt alle die jager so auff den jagts hörner sehr woll blaßen, Es war Ein recht specktackel.

In einem Briefe von 1714 heißt es – Vergangen Donnerstag fung man Einen hirsch der Ein wenig böß war Ein Edelmann stieg auff den felßen hinter dem hirsch undt gab Ihm Einen hieb In den schenkel, da könnte Er den Kopff nicht mehr bücken war also ohne gefahr. hinter meiner Calesch war eine Calesch mitt 3 geistliche, der Ertzbischoff von Lyon undt 2 abte, welche das jagen nicht gewont sein die wie der hirsch sich Ihnen Nur wieß sprangen 2 auß der Calesch undt Versteckten sich hinter der Calesch plat auff dem boden Es ist mir leydt daß Ich dieße scene nicht gesehen habe, hette mich braff lachen machen den wir ander alten jäger scheuen die hirsche nicht so sehr


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