Franz von Kobell
Wildanger
Franz von Kobell

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Das Rebhuhn. Hühnerjagd.

Je mehr sich für ein Jagdgehege die Reize der Einsamkeit und Wildniß verlieren, desto weniger Poesie erhebt die Jagd. Einen Hasen im Krautgarten schießen, ein Rebhuhn neben einem alten Weib, welches Kartoffeln ausgräbt, will nicht viel heißen; es ist auch wenig anziehend, wenn man Landstraßen passiren muß und Einem ein Handwerksbursche zupfeift und auf den Acker hindeutet, wo die Hühner eingefallen, oder wenn ein Bauer von seinem Wagen ein »links oder rechts« commandirt, wo man hingehen soll und dergleichen. – Die Prosa beherrscht das Revier, ja sie zieht sogar Juchtenstiefel an, setzt einen grünen Hut auf mit allerlei Federputz. worunter selten der Flügel des guten Nußhehers fehlt, trägt eine Flinte und mischt sich unter die Jäger. Man erkennt sie leicht, diese Pseudo-Diana, denn sie hat immer Hunger und Durst, und die Knackwurst in der einen, die Weinflasche in der andern Hand ist sie oft zu sehen, selbst in Augenblicken, wo das kleine Gewild aufrauscht aus den starrenden Stoppeln; dann flucht und lacht sie zu gleicher Zeit und zählt solche Vorfälle zu ihren notabelsten Abenteuern. Gilt es gar ein geflügeltes Huhn zu fangen und sie fällt einigemal auf den Bauch, so geht nichts drüber und wird selbst die Poesie angerufen, das Ereigniß mit ihren Zierden zu feiern, oder die Kunst, es auf einem Pfeifenkopf zu verewigen. Diese Diana hat großen Anhang und wird von vielem Volk verehrt. Sie ist ja so tolerant, so gut und harmlos, sie verlangt keine Waidmannswissenschaft, sie kennt ja selber keine, sie verlangt keine Waidmannssprache, warum sollte auch nicht jeder reden wie's ihm beliebt, warum sollte er nicht sagen dürfen, daß der Hase lange Ohren hat und das Reh vier Füße und dergleichen, es ist doch so wahr, sie verlangt keine Waidmannskleidung, denn das Kleid macht ja nicht den Mann, und ein abgetragener Frack und ditto Felber ist oft nicht besser zu verwenden als da draußen, wo es regnen kann und wo man nicht immer ein Dach zum Unterstehen findet. Und wie lockend für eine Jagd und wie beruhigend ist der Gedanke, daß nachdem die Jagdtasche ihres Proviants ledig, die Gefahr, von Hunger und Durst gequält zu werden, bei einiger Kenntniß der Gegend und ihrer Wirthshäuser, wenn nicht gänzlich zu beseitigen, doch gewiß so zu reduciren ist, daß ihr das wirklich Erschreckende genommen wird, daß sie nur dient die Genüsse zu erhöhen, um derentwillen man ausgezogen. Wenn es eine Seelenwanderung giebt oder wenn es im Kreislauf der Materie nach einer modernen Philosophie in Aussicht steht, daß ein Jäger zum Wild und warum dann nicht auch zum Rebhuhn werden kann, und es muß ihn das Schicksal treffen vom Schusse eines solchen Schützen zu fallen wie die oben erwähnten, so mag das wohl eine Strafe und Sühne seyn für alle Sünden, die er je begangen hat und begehen hätte können.

Doch verlassen wir diese Gesellschaft und halten uns zu Jägern, so hat die Hühnerjagd weniger wegen des Wildes als wegen des Hundes, der dabei seine Geschicklichkeit entwickelt, ihre anziehende Seite. Avance! Feldmann! und freudig beginnt der Hund zu revieren, man sieht ihm gerne zu wie er so eifrig Bogen um Bogen schlägt, wie er einen Wink mit der Hand, oft nur eine Wendung mit dem Kopf sogleich versteht; jetzt hat er Wind, er zieht an, jetzt steht er! Couche – Hab' Acht, Feldmann! Er steht wie eine Mauer. Man nähert sich, man kommt ganz nahe. Avance! Feldmann! langsam! Prr! rauschts hinaus und der Schuß drauf, es fällt ein Huhn, der Hund springt zu – Apporte! Und wie er nun die Beute herträgt, wie vergnügt und zufrieden und mit einer Miene, als wollte er sagen, er hätte auch seinen Antheil am Fang, und nun giebt's ihm plötzlich einen Ruck nach der Seite, er steht wieder, ohne das Huhn fallen zu lassen. Hab Acht! Feldmann! Er schleicht niedergedrückt vorwärts, er steht ferm. Man eilt in die Nähe, es stehen wieder Hühner auf und wieder fällt eines getroffen oder flattert ein Paar am Boden liegend und so geht es fort. Dabei freut sich der Hund oft mehr als der Herr seiner Arbeit und ist eine fröhliche Jagd. Aber wehe wenn man mit einer schlecht dressirten Bestie zu thun hat, wenn der Hund »wie ein Narr« herumrennt, mit hohen Sprüngen die Hühner aufjagt links und rechts, jeden Hasen laut jagend verfolgt und das ganze Revier rebellisch macht! Da möchte der Jäger verzweifeln. »Perdrix herein! Perdrix pfui Has'!« und Pfeifen über Pfeifen bis das tolle Thier endlich wieder herankommt. Nun große Mühe bis man ihn gepackt hat, um ihm die wohlverdienten Schläge zu geben, und gleich drauf wieder der nämliche Spektakel, Perdrix herein! Perdrix pfui Has'! Man schreit sich heiser, man prügelt sich müde an dem Perdrix. Endlich steht er einmal! Couche hab' Acht! So recht! couche hab' Acht! und man eilt auf den Platz. Da steht nun das dumme Thier wie versteinert und schaut in ein Mausloch hinein oder rumpelt einige Schritte vorwärts um eine Haidelerche aufzutreiben und rennt ihr nach trotz alles Pfui Vogel, Perdrix! herein! trotz Pfeifens und Fluchens.

Seltsam dabei ist, wie ungern ein Jäger, namentlich aber ein Sonntagsjäger, die Fehler seines Hundes zugeben will. Wie ein Vater oft seine ungezogenen Kinder in Schutz nimmt gegen die gerechtesten Klagen und entschuldigt und bemäntelt, so auch hier. Da wird großes Erstaunen geäußert, daß der Hund heut' nicht parire, »das thut er nie, der Perdrix ist ein ganz guter Hund, er muß keinen Wind gehabt haben, das Geblenkl macht ihn hitzig, die andern Hunde sind schuld &c.« Da heißt es, er ist nur im Anfang so, braucht wieder einmal eine Ermahnung und da wird der Liebling von manchem, was man sagt mit einem Strohhalm gehauen, weil er aber doch ein krummes Gesicht dazu macht, so erhält er sogleich nach dem Verweis einen Brocken aus der Jagdtasche, denn er ist eben ein weicher Hund, er wäre gleich verschlagen, man muß fein mit ihm umgehn. Da hilft keine Vorstellung, daß es ein Bauernhund sey, der nichts gelernt habe als fressen und bellen, denn der Hund hat 70 fl. gekostet oder 100 oder noch mehr, er ist von der besten englischen Raçe u. s. f., und am Ende erliegen doch ein paar Hühner dem Zorn des Geschicks.

Wenn es Einen gelüstet, einer solchen Bestie auf die Schlegel zu schießen, so ist das nicht zu verwundern, es aber wirklich zu thun, ist in keinem Falle rathsam, selbst wenn es Autoritäten mitunter vorschreiben, denn keiner weiß wohin die Schrote fliegen und solche Kur hat oft nur bittere Reue eingetragen.

Gegen die in der Ansprache des Hühnerhundes üblichen französischen Worte haben manche Jäger, unter andern der treffliche Wildungen, gepredigt, und in der That ist Vorwärts wohl ebenso gut als Avance und Such' besser als Cherche das Apporte und Couche haben aber wie der Ruf tire haut bereits das Bürgerrecht erlangt, und wenn ein Waidmann diese Worte nicht immer richtig schreibt, so ist nicht viel dran gelegen. Gleiches gilt von den französischen Namen der Hunde, wo es freilich seltsam klingt, wenn ein Graf mit der »Comtesse« zum Jagen auszieht und diese dann alle Augenblicke weidlich durchprügelt, oder beim Buschiren wie Aeneas bei Blumauer von der Creusa ausruft – Schatzkind, Rabenvieh, wo hat dich denn der Teufel! – Andererseits haben die von Wildungen empfohlenen mythologischen Namen auch zum Theil ihre schwachen Seiten, denn einen Ajax um ein Rebhuhn vor Begierde zittern zu sehen, oder eine Juno, Diana &c. im Wachteldienst mit einer Miene zu beobachten, als gelte es einem Königsadler, das hat auch seine »Mucken.« Manche ziehen einsylbige Namen für die Hühnerhunde andern vor, und besonders bei den Engländern sind Namen wie Miß, Blak, Love und ähnliche üblich. Bei großer Entfernung werden diese Namen weniger gehört als zweisylbige, an welchen die erste Sylbe gleichsam das Ohr auf die zweite kommende aufmerksam macht, während der einsylbige kurze Ruf zu schnell verhallt oder mehrmals wiederholt werden muß, wobei dann nichts gewonnen ist. La Vallée führt folgende Namen als für Hühnerhunde besonders geeignet an: Chispa, Ponta, Querida, Thisbé, Tonto, Phanor.

Ueber den Namen des besprochenen Vogels, ob nämlich Rebhuhn oder Repphuhn zu sagen und zu schreiben, sind die Meinungen verschieden. Gloger zieht letzteres als von Repp, einem schnarrenden Naturlaut, herrührend vor,Derselben Meinung ist auch Chunrat v. Megenberg † 1374: »hat den namen von seiner stym.« Buch der Natur. und weil es in den skandinavischen Sprachen Rapphön heiße. Er weist auch nach, daß Hahn, Huhn und Henne im Allgemeinen die altgermanischen und noch in Skandinavien gangbaren Fürwörter der dritten Person seyen, nämlich han ist er, hun ist sie und henne ist sie im Accusativ. Unser (Haus-) Hahn dagegen heißt skandinavisch tuppe und die Henne oder das Huhn höna. Im Böhmischen heißt dagegen das Rebhuhn Riab oder Räb, man sollte also Räbhuhn schreiben. Da sich diese Hühner auch gerne in Weinbergen aufhalten und die Traubenbeeren gut schmecken lassen, so hat auch Rebhuhn seine Begründung und althochdeutsch heißt es Rebahuon; da ich in den ältesten Schriften nur wenig Repphuhn gefunden habe und da es bei einem Jäger überhaupt nicht viel auf die Orthographie ankommt, so schrieb ich Rebhuhn. Wer diese verwickelten Verhältnisse diplomatisch umgehen will, der darf nur Feldhuhn sagen. Lateinisch heißt es Perdix cinerea.

Die Lebensweise des Rebhuhns ist hinlänglich bekannt, doch will ich in Kürze anführen, was ein »beschauender Liebhaber« von 1707 darüber äußert. »Dieser Vogel, sagt er, kann fast ein Symbolum einer verständigen und sorgfältig angestellten Hausregierung abgeben: dann es wachet der Hahn überaus fleißig vor seine Familie; so lange dieselben noch klein sind und von der Henne zu ihrer Nahrung herumgeführt werden, laufft er immerdar ziemlich weit voran, um zu sehen, ob von den Fuchsen, Hunden oder Katzen keine Gefahr vorhanden sey; welche Gefahr er, sobald er etwas merket, mit einer gewissen warnenden Stimme sogleich anzeiget, und dadurch verursachet, daß die Henne sich mit denen Jungen in eine Staude verkriechet: die Henne aber, wann der Feind gar zu nahe kommt, pflegt (wie andere Vögel mehr) mit ausgebreiteten Flügeln, auf eine Art, als ob sie nicht fliegen könnte, vor dem Feind vorbeizufahren, und sich auf der Erde herumzuwälzen, damit derselbe, in Hoffnung sie zu haschen (welches zu Zeiten auch geschieht) ihr nachlauffen und darüber von dem Ort, wo er die Jungen antreffen würde, abgewendet werden möge.« Eine weitere in der Rebhühnerfamilie besonders auffallende Vorsicht besteht in dem Zusammenrufen, wodurch namentlich Abends die in ein Holz versprengten Jungen in's freie Feld um die Alte versammelt werden. Auf Reisen in benachbarte Reviere geht die Familie nur, wenn sie für den alten Wohnplatz zu zahlreich wird. Mit gehörigem Abschießen wird deßhalb mehr gewonnen, als durch ein zu ängstliches Hegen. Der wohlerfahrene Diezel gibt als Regel an, daß man in jedem Revier etwa drei Zehntel sämmtlicher Ketten unbeschossen lasse und dazu diejenigen wähle, welche ihrem Standort nach am wenigsten Beunruhigungen und Gefahren durch Raubzeug ausgesetzt sind, die übrigen Ketten schieße man.

Viele halten das Abschießen der alten Hähne, welche sich durch den braunen Schild auf der Brust von den Hennen unterscheiden und im Verhältniß zu diesen an der Zahl meistens vorherrschen, für ersprießlich, und will man außer der gewöhnlichen Zeit, namentlich in der Paarzeit, ein Rebhuhn schießen, so hat man einen Hahn zu wählen, übrigens geht schon aus dem oben Gesagten hervor, daß zum Schutze der jungen Hühner die Erhaltung des Familienvaters wenigstens in der ersten Zeit wünschenswerth ist.

Ein junges Huhn beginnt gegen Ende Juni flügg zu werden und ist am 1. Oktober (Remigius) als majorenn zu erklären, wofür die Franzosen die Sprichwörter haben:

»A la Saint-Jean, perdreaux volants«
und   »A la Saint-Remy, perdreaux sont perdrix.«

Auf deutsch etwa:

Auf Sankt Johann
Fangen die Hühner zu streichen an,
Wer sie ganz erwachsen mag
Schieß' nicht vor Remegius-Tag.

Im Frühherbst sind die Hühner, besonders wenn die Ketten zum erstenmal angeschossen werden, nicht schwer zu schießen, gegen Ende Oktober aber oder im November halten sie nicht nur bei weitem weniger aus, sondern sie streichen auch ungleich schneller, und dann ist schon mehr Arbeit mit ihnen. Ebenso sind sie schwerer zu schießen, wenn sie gelegenheitlich eines Treibens gegen den Schützen gestrichen kommen und man nicht nachschießen kann. Dann gilt das französische Sprichwort:

»Perdrix en tête, lièvre en cul,
C'est autant de plomb perdu.«

»Am Huhn von vorn, von hinten am Hasen
Ist leicht das Blei umsonst verblasen.«

In früherer Zeit wurden die Hühner oft mit dem Habicht gebaizt, nachdem man sie vom Hunde hatte aufsprengen lassen, auch bediente man sich desselben um sie halten zu machen, indem ein Jäger, wo der Hund Hühner anzeigte, den Habicht auf den Boden setzte, um die Hühner herumging und sich denselben durch Rufen zustreichen ließ, so daß er über die Hühner strich. Da drückten sich diese dann so fest, daß sie leicht zum Schuß gebracht oder auch mit dem, Tiraß genannten, Netz gefangen werden konnten.

Rebühner sind gegenwärtig in Bayern überall ungleich mehr vorhanden als in den älteren Zeiten.

1726 wurden auf Befehl Karl Albrechts ans Böhmen gegen 800 Stück lebende Rebhühner bezogen und in die um München gelegene Wildbahn eingesetzt. Die Rebhühner wurden dann als sehr hoch gehalten, denn ein Mandat des Churfürsten von 1735 bestimmt als Strafe für Wild, welches von Wildschützen erkauft wurde, für einen Hasen 2 Rthlr, für ein Rebhuhn 3 Rthlr., für einen Fasanen 4 Rthlr.

In dem Jagdschlößchen Amalienburg im Nymphenburger Garten befinden sich Bilder, welche zeigen, daß der Churfürst (Kaiser Karl VII.) und die Churfürstin Freunde der Hühnerjagd gewesen. Sie sind in reichen Jagdkleidern dargestellt mit der Flinte an der Seite und mit ihren Hunden, welche Hühner apportiren.

Churfürst Maximilian III. war ein besonderer Freund der Hühnerjagd, die er meistens um Nymphenburg hielt.Die meisten Hühner hat wohl Friedrich Wilhelm I. von Preußen geschossen. Sie werden von 1722–1733 in 12 Jahren zu 17,890 Stück angegeben, also jährlich nahezu 1500 Stück. Dabei wurden auch Falken gebraucht, um die Hühner aushalten zu machen. Es erging damals (1764) ein Ausschreiben des Oberstjägermeisters Grafen von Preysing, woraus zu entnehmen, daß den Katzen aller Orten die Ohren abgeschnitten werden sollen, damit dieselben nicht mehr so leicht in die Felder zum Jagen gehen, da ihnen dann das Thauwasser in die Ohren fällt, welches sie nicht leiden können. Solche Umsicht zum Schutz der Rebhühner und jungen Hasen kommt auch schon 1735 in einer Verordnung in Hessen vor und 1747 in einer Chur-Cölnischen, wo es heißt, daß für jede Katze, die bei der Visitation mit unabgeschnittenen Ohren betroffen würde, die Eigenthümer ¼ Goldgulden Strafe zahlen sollten.J. S. Seibertz. Das westphälische Jagdrecht. S. 221. König Maximilian I. liebte die Hühnerjagd ebenfalls und war dabei als ein ausgezeichneter Schütze bekannt.

Um München und Schleisheim kann die Hühnerjagd ausgezeichnet genannt werden. Im Jahre 1853 wurden im Revier Gern bei München 3300 Stück geschossen; auch in Niederbayern, Oberpfalz und Regensburg, in Franken, besonders Mittel- und Unterfranken ist der Stand sehr gut und ebenso in der Rheinpfalz.

Im Alpengebirg sind die Rebhühner selten.

Von 1751–1754 incl. sind nur 712 Rebhühner im Zwirchgewölb verrechnet; es kostete damals das Stück 28 kr., um 1796 – 30 kr.

Von 1841–1845 wurden im Durchschnitt per Jahr 5640 Stück ins Zwirchgewölb geliefert.

Für die Rebhühnerjagd ist bekanntlich Böhmen berühmt und war es vor hundert Jahren noch mehr, denn es ist eine Jagd von 1755 auf den Gütern des Fürsten Colloredo verzeichnet, welcher der Kaiser Franz I. beiwohnte und wo in 18 Tagen von 23 Schützen außer vielem anderen Wild 19,545 Rebhühner geschossen wurden. Varietäten in der Farbe sind beim Rebhuhn selten. Im Jahr 1858 wurden auf der Herrschaft Sokolnitz 5 weiße Rebhühner erlegt, 1857 ein dergleichen bei uns zu Neuburg a. d. Donau.

In Gesellschaft des Rebhuhns findet man zur Jagdzeit im Frühherbst die kleine niedliche Wachtel, Schlagwachtel, Perdix Coturnix. Diese Namen stammen offenbar nicht vom Naturlaut her oder vom Wachtelschlag, der bekanntlich beim Hahn »bück den Rück« oder besser »peck wer weck« und bei der Henne ein sanftes Pü! Pü! ist. Besser erinnern daran die bei einigen alten Schriftstellern vorkommenden Namen quastula und in Handschriften des 10. Jahrhunderts quakara und quatula.

So klein der Vogel ist, so ist er doch in mancher Beziehung merkwürdiger als andere. Wenn man den Waldschnepfen wohl zutrauen kann, daß sie Reisen über das Meer machen, so ist eine solche Fahrt von den Wachteln unbegreiflich, da ihnen wenigstens auf dem Lande kein besonders schnelles und weites Fortstreichen eigen ist. Und doch ziehen sie schaarenweise nach den Küsten von Afrika und nach Aegypten. Sie benützen dabei allerdings unterwegs liegende Inseln, wie Corsika und Sardinien als Ruhestationen und überwintern auch viele dort, wenn sie aber nur nach Corsika zögen, so beträgt der nächste Weg dahin schon 8–10 Meilen vom Festland aus, von Sardinien oder Sicilien bis Afrika sind aber 20 Meilen und von Griechenland oder Kleinasien aus nach Aegypten ist das Doppelte, wenn man auch Candia und Cypern als Rastorte annehmen will. Eine Hauptstation ist Malta, wo sie im Mai und September zukehren. Man weiß wie ermüdet sie auf die Schiffe einfallen und wie viele da gefangen werden und sicher gehen bei diesen Reisen Tausende zu Grunde. Diese Meerreisen, die sie jährlich zweimal machen müssen, sind aber nicht nur mit der Gefahr des Ertrinkens verbunden, sondern es lauern auch zur bekannten Zeit ihrer Ankunft tausend schwarze Italiener und noch schwärzere Barbaresken und Aegyptier mit ihren Netzen auf sie und fangen und schlagen todt was zu erhaschen. Im Herbst werden sie besonders aus Capri in großen Mengen gefangen und im Frühjahr an den Küsten von Neapel. Die Ufer sind meilenweit mit Netzen bedeckt. Ebenso werden sie in der Levante und an der Küste von Morea, auf Cerigo und Santorin zu Tausenden gefangen und viele eingesalzen verschickt.

Es scheinen indessen nicht alle Wachteln verpflichtet, diese abenteuerlichen und gefährlichen Fahrten zu machen und viele wandern nicht so weit. Aber auch diese sind dem Untergang mehr ausgesetzt als andere ihresgleichen. Wenn sie im Stoppelfeld liegen, so meinen sie mit Niederducken und Verstecken vor dem nahenden Jäger sicher zu seyn, und sie wären es auch, wenn der nicht seinen Hund bei sich hätte; sie sind daher leicht zu schießen, sie sind aber auch leicht zu fangen und besonders die Hähne, deren sehr verliebtes Temperament dabei benützt wird. Eine der bekanntesten Arten des Fanges (bei uns nicht mehr üblich) ist die mit der Pfeife und dem Steckgarn. Man hat zweierlei Pfeifen, deren eine der Wecker heißt und den Laut des Hahnes giebt, die andere heißt der Ruf und giebt den Laut der Henne. Mit dem Wecker orientirt man sich über den Aufenthaltsort des Hahnes, der ihn beantwortet, dann nähert man sich auf etwa 50 Schritte, steckt das Garn, etwas winklich und gut an den Boden schließend, legt sich hinter dasselbe und lockt mit dem Ruf. Der Hahn kommt dann meistens schnell herbeigelaufen und oft so nahe, daß man ihn mit der Hand fangen kann. Wetter und Wind müssen gut seyn, die beste Zeit ist Abends. Dieses Fangen wird schon um 1582 erwähnt.

Wenn es viel Weizenstroh giebt, sagen die Franzosen, so giebt es auch viele Wachteln, daher das Sprichwort: »Année de paille, année de cailles.«

Von dem Charakter und Naturell der Wachtelweibchen sagt Winkell: »Duldsamkeit, Verträglichkeit, Gattentreue und Liebe zu den Jungen sind schöne Züge, durch welche sich die Weibchen in Rücksicht der Gemüthsart vor den Männchen vortheilhaft auszeichnen. Denn letztere sind nicht allein aus Eifersucht und Futterneid stets streit- und kampfsüchtig, sondern auch durchaus schlechte Gatten und Väter.« Sowie ein Weibchen brütet verlassen es die Hähne und kümmern sich auch nicht um die Jungen.

Die Rauflust der Hähne gab früher zu dem Spektakel der Wachtelkämpfe Veranlassung. Man ließ die Hähne um Futter sich raufen, wobei sie wüthend übereinander herfielen und sich bis auf den Tod zerzausten. Diese Kämpfe waren in Rom und in Athen beliebt und sollen noch in China bestehen.

Zu uns kommen die Wachteln gewöhnlich im Mai und ziehen Ende September wieder weg. Sie ziehen in kleinen Schaaren immer während der Nacht.

Mitte Juni und Anfangs Juli legt das Weibchen 8–14 Eier, die sie in drei Wochen ausbrütet. So spätes Brüten kommt bei keinem andern Vogel vor.

Um München werden jährlich gegen 500 und mehr Wachteln zum Zwirchgewölb geliefert.


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