Franz von Kobell
Wildanger
Franz von Kobell

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Haselhühner, Schnee- und Steinhühner.

Zu der hohen Gesellschaft des Auerhahns und Spielhahns gehört auch das Haselhuhn Tetrao bonasia,Tetrao kommt vom Griechischen τετράων, welches einen Vogel wie ein Auerhahn bedeutet, bonasia (zuerst bei Albertus Magnus bonosa) soll von bona Assa, guter Braten, abstammen, nach Oken vielleicht von bon oiseau. jedoch haust es mit diesen nur im Gebirg zusammen und begleitet sie nicht in's ebene Land. An Schönheit des Gefieders steht es dem Steinhuhn nahe. Der Hahn hat die Kehle schwarz mit weißlichem Saum, an Brust und Leib gelbbraun und weiß gezeichnete Federn, der Rücken in's Grauliche gespreckelt, der Schnabel schwarz; die Henne hat die Kehle rostgelb, dunkelbraun gefleckt ohne weißen Saum. Als Braten übertrifft das Haselhuhn nach dem Urtheil der Kenner alles andere Hühnervolk. Kein ähnlicher Vogel hat einen so feinen weichen Falzruf, der mit einem Pfeifchen nachgeahmt wird, wenn man Haselhühner in der Falzzeit im März schießen will. Um die Weise des Rufes zu bezeichnen, haben die Gebirgsjäger bei uns den Spruch: »Zieh, zieh, zieh, bei der hitz bei der höh.« Mit demselben Pfeifchen werden sie auch im September gelockt, es ist aber nicht leicht den Ruf genau zu treffen und selbst wenn sie antworten, so geht es oft lange her, bis man zum Schießen kommt, denn das Haselhuhn nähert sich nicht selten auf dem Boden laufend und hält sich dabei überall auf, wo es etwas zu äsen findet. Am sichersten schießt man, wenn es glückt, eine Kette anzutreffen und auseinander zu sprengen. Da sich die Haselhühner bald wieder suchen, so sind sie dann mit dem Lockruf leicht zu täuschen und können mehrere nacheinander geschossen werden. Sie halten sich am liebsten an Berghängen auf, wo zwischen Tannengehölz kleine Schläge liegen und gehen ziemlich hoch in's Gebirg. Bei Hirsch- oder Gemsjagden kann man sie öfters laufen oder streichen sehen, welches mit großem Geräusch geschieht.

Haselhühner finden sich bei uns fast in allen Vorbergen der Alpen, namentlich sind sie zahlreich im Allgäu verbreitet zu Buchberg, Fischen, Immenstadt, dann in den Bergen um Hohenschwangau, wo man sie in der Nähe der Spaziergänge am Alpsee oft aus den dort wachsenden kleinen Gesträuchen der Preiselbeeren aufrauschen hört, im Graswangthal, um Partenkirchen, Tölz, Rosenheim, Reichenhall, Berchtesgaden &c., auch im bayerischen Wald und Fichtelgebirg.Die Haselhühner sind vorzüglich im nördlichen Europa zu Hause und kommen bis Schweden, Rußland und Sibirien vor. In großer Menge sollen sie aber auch in Siebenbürgen angetroffen werden. Zum Haselhuhn gehört das berühmte englische und schottische grouse. Das grouse-shooting bezieht sich aber auch auf Auerhahn und Birkwild.

Die »Haßelhuhnen« werden schon 1551 in Bayern erwähnt. In den Rechnungen des Klosters Tegernsee von 1758–1786 kommen öfters 50–77 gelieferte Haselhühner vor, die wahrscheinlich auch in Schlingen gefangen wurden.

In den höchsten Gebirgsregionen wohnen die Schneehühner und die Steinhühner, sowohl ihrer Schönheit als des guten Bratens wegen geschätzte Vögel. Das Schneehuhn Lagopus alpinus ist am schönsten im Winterkleid wo es weiß wie der Schnee, den es besonders zu lieben scheint und zu solchem Gefieder steht der rothe Strich über dem Auge sehr schön, auch die befiederten Ständer zeichnen es aus und sehr zierlich sind die Schwungfedern, an denen der Schaft eine glänzend schwarze Linie bildet; die äußersten Seitenfedern des Stoßes sind ebenfalls schwarz und so der Schnabel. Am Hahn zieht sich zwischen Schnabel und Auge ein schwarzer Strich hin, dieser fehlt bei der Henne. Am geschossenen Vogel sah ich einigemale in einer gewissen Lage die Flaumen nach innen zu von einem blassen Rosenschimmer, an anderen aber konnte ich das nicht bemerken. Das Sommerkleid ist rostbraun, die Federn sehr fein schwarz und grau gezeichnet, im Herbst graulich und schwärzlich gesprengt und zum Theil untermengt mit dem weißen winterlichen Gefieder.

Sie verfärben ungefähr zu gleicher Zeit wie die Alpenhasen.

Im Allgäu, in den Hohenschwangauer Bergen, um Partenkirchen, Rosenheim, Marquartstein, Ruhpolding, auf dem Untersberg, in der Ramsau &c. sind Schneehühner nicht sehr selten und werden manchmal in Flügen bis zu 10 Stück angetroffen.

Sie sind nicht besonders scheu und halten gut aus; ich habe sie einigemale aus Laatschendickung aufgegangen, wo sie so nahe aufstanden, daß man wohl mit dem Stock hätte eines treffen können. Da sie sich meistens nur an sehr wilden und einsamen Plätzen aufhalten, so bekommen sie wenig Menschen zu sehen und sind deshalb sehr neugierig und wenn sie an den Felsen herumlaufen, halten sie gerne an, um nach dem nahenden Jäger zu sehen, streichen auch nicht weit und fallen bald wieder ein. So habe ich es wenigstens bei uns gesehen; in der Schweiz wo sie nach Tschudi zu jeder Jahreszeit von den Bauernschützen verfolgt werden, mögen sie wohl vorsichtiger seyn. In unseren Gebirgen aber werden wenige geschossen, denn ein Jäger der ihre Regionen besteigt, führt gewöhnlich nur die Büchse und mag um ein Schneehuhn durch Schießen nicht gern das Revier beunruhigen oder sich die Birsche auf einen Gemsbock verderben.

Wenn man die Schneehühner an Plätzen sieht, wo keine Vegetation mehr, sondern nur Felsen und Schnee und Eis, wie ein solches steiniges Gletscherfeld über der Hochalpe (Ramsau) im Wimbachthal sich hinzieht, so ist es ein herrlicher Anblick und zwischen den großen Felsblöcken kommt man ihnen zuweilen so nahe, daß man wohl auch ohne besonders große Kunst einem mit der Kugel den Kopf wegschießen kann, um den Braten nicht zu verderben.

Das Schneehuhn hat einen schnarrenden sehr eigenthümlichen Ruf, der so stark ist, daß man meinte er müsse von einem weit größeren Vogel herrühren. In Tyrol gibt es noch mehr Schneehühner als bei uns und sie kommen überhaupt im Hochgebirge an der Schneegränze vor und weiter in solchen Ländern, deren nördliche Lage die Temperatur unserer Höhen ausgleicht, in Schweden und Norwegen in großer Menge, ebenso in Rußland und Sibirien.

Weit seltener ist bei uns das Steinhuhn (Perdix graeca saxatilis), welches am Karwendelgebirg, am Miesing und Rüchl bei Bayrischzell und einzeln auch um Tegernsee (Rißkogl, Bernau) und um Ruhpolding, Aschau (am Kampen) &c. vorkommt. Es ist etwas größer als ein Rebhuhn und ein schöner Vogel; die Hauptfarbe lichtgrau, an der Seite unterhalb der Flügel mit weiß, rothbraun und schwarz gezeichneten Federn, an der Kehle weiß mit einem schwarzen gegen die Brust sich länglich ziehenden Saum, der über fingerbreit ist, also die Farben im Vergleich zum Haselhuhn verkehrt oder verwechselt. Schnabel und Ständer sind schön roth.

Es begegnen sich in den Alpen am Stein- und Schneehuhn zwei Vögel an der Gränze ihres Vorkommens, denn das Schneehuhn geht zwar bis an die piemontesischen Alpen, kommt aber nicht südlicher vor und das Steinhuhn nicht nördlicher als bei uns, letzteres verbreitet sich weiter nach dem Süden bis an's mittelländische Meer und bis nach Persien, ersteres bis in die sibirischen Berge.

Das Steinhuhn falzt fast gleichzeitig mit dem Auerhahn und hat einen ziemlich lang andauernden mit häufigem Wetzen untermischten Falzruf. Es wird während des Falzens angebirscht, doch kommt man dabei selten auf Schußweite an und kann nur den Ort entnehmen, wo sich das Huhn aufhält. Es verbirgt sich, wenn der Jäger naht, hinter Steinen, Gestrüpp und kleinem Buschwerk am Boden und wird im Flug geschossen, wenn es aufsteht. Im Winter wird es auch gefangen. Es pflegt sich dann unter überhängenden Felswänden aufzuhalten und wird im Schnee aufgespürt. Der Jäger gebraucht beim Fangen Weizensaat, zu Hause in einem Topf gezogen, die er um ein sogenanntes Gelaß bindet, welches in einer kleinen Grube angebracht ist und eine Steinplatte trägt. Wenn das Steinhuhn an dem Weizengrün zupft, fällt das Stäbchen des Gelaßes und die Steinplatte nieder und bedeckt die kleine Grube, in der das Huhn auf diese Weise lebendig gefangen werden kann.

In Griechenland gibt es viele Steinhühner. Ich habe einige Jagden drauf mitgemacht am Parnaß, Pentelikon und auf Salamis. Die Jäger aus dem Volke dort schießen mit ihren langen einfachen Flinten nur, wenn sie ein Huhn stehen sehen oder im Laufen, auf streichende Hühner habe ich sie nicht schießen sehen.

Daß in unsern Alpen die Steinhühner von jeher selten waren, beweist auch der oben citirte Tyroler Landreim von 1558, wo es heißt:

»Das herrlich Halshuen safftig marb
Schneehüener verliern im Summer dfarb
Das zarte Stainhuen, sonst wenig gmain
Die Schnepfen im Summer groß und klain
Vnd anders Edles gflügls vil
Ders nur habm vnd bezalen wil.«

Nach Landau lebte das Steinhuhn im 16. Jahrhundert auch in den felsigen Bergen am Rhein, namentlich in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen (St. Goar). Im Jahr 1585 wurden fünf Steinhühner von Rheinfels nach Kassel geschickt und 1591 theilte Landgraf Wilhelm IV. dem Herzog Julius von Braunschweig zwölf »rothe Steinhühner« mit, welche er in der Niedergrafschaft Katzenelnbogen fangen lassen. Der Oberamtmann von Rheinfels schrieb dabei, daß sich diese Hühner in den hohen Klippen aufhielten und gar schwer zu fangen seyen; drei Hühnerfänger und Waidleute hätten 16 Tage damit zugebracht. Sie sollen in kurzer Zeit sehr zahm geworden seyn.

Das Perdrix rouge der Franzosen (Perdrix rufa, rubra) ist eine dem Steinhuhn ähnliche Art, in der Hauptfarbe aber licht rothbraun mit grau und der schwarze Saum um die weiße Kehle zeigt kleine weiße Flecken. Schnabel und Ständer sind wie beim Steinhuhn roth. Es kommt im südlichen Frankreich vor, wo sich nach Vallée noch eine andere Art mit sehr schmalem schwarzen Halsband findet, welches man bartavelle nennt, weil der Ruf monoton wie das Klappern einer Mühle ist, welche provençalisch bartaveo heißt.

Die Hegezeit für Hasel-, Schnee- und Steinhühner ist bei uns vom 2. Februar bis 1. August festgesetzt.


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