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Es ging schon dem Winter entgegen. Seit drei Monaten fand sich Toni nicht mehr in der Lage, seinen letzten Tausendmarkschein in dem Vorgefühl des nahen Abschieds mit Blicken gerührter Anhänglichkeit zu streicheln. Dagegen trafen jetzt manchmal Briefe von Rechtsanwälten ein, die jedoch der Empfänger nie öffnete.
Daß von ihm Zahlung verlangt würde, konnte er sich denken; daß er kein Geld hatte, wußte er – wozu also sollte das Lesen solcher Zuschriften dienen! – Das könnte ihm doch nur die Stimmung für sein großes Gemälde stören, mit dem zu beginnen er nun endgültig in Aussicht genommen hatte.
Stand denn nicht schon ein drei Meter breiter und zwei Meter hoher Keilrahmen auf seiner Staffelei? Sobald ihn der Arbeitsgeist packte, es war alles bereit. Und dann würde die Welt anders schau'n als beim Theo und seinem schäbigen Jugendtitelblatt!
Wie sich der Kerl aber auch anstellte! – Heute, wo die Nummer nun endlich heraus war, hatte er's gar nicht erwarten können, ins Freie zu kommen. Jetzt lief er sicher durch Gassen und Straßen und ergötzte sich mit inbrünstigem Stumpfsinn daran, in jedem Milchladenfenster aus neue sein weibliches Akterl durch den Spinat mit Ei hupfen zu sehen, an den die grüne Wiese mit ihren Sonnenflecken so täuschend gemahnte.
Da war er, Toni, von anderm Schlage. Die Fäuste in die Jackentaschen gebohrt, so stand er mit der Ruhe des Philosophen da und konnte es abwarten. Er musterte die saubre Leinwand, die saubren Pinsel, die saubre Palette, und durch sein Herz zog etwas wie Bedauern, daß er berufen sei, all diese Reinlichkeit zu vernichten.
»Brita, Brita, ein Ballon ...!« so erscholl plötzlich ganz in seiner Nähe eine helle, angenehme Männerstimme.
Toni erblickte ein paar Meter unter sich den Dichter Philipp Ladurner, der aus seinen Küchenbalkon getreten war. Der kleine, wohlbeleibte Herr mit dem maronibraunen Lockenkopf winkte eifrig nach der Tür zurück; und gehorsam, wie man's von ihr nicht anders wußte, erschien denn auch seine weißblonde Frau, die ihn reichlich um Haupteslänge überragte.
»Nein, also jedesmal wieder ...!« ries der Lyriker ekstatisch und deutete mit einer Gebärde, so groß, wie sie ihm die Kürze seines Armes erlaubte, gegen den Himmel, an dem eine hellgelbe Kugel dahinschwebte, von der etwas Dunkles, Viereckiges herabhing. »Das ist moderne Poesie! Davon hat die Menschheit durch die Jahrtausende geträumt! Und nun fliegen wir!«
»Wer? Sie?« scholl es überraschend von oben.
Ladurner hob das runde Bubengesicht und zeigte Toni in einem Lächeln seine hübschen Zähne.
»Ah, Herr Gwinner! – Ja, in meiner Phantasie fliege ich mit jedem Luftballon.«
»Das ist auch ungefährlicher,« bemerkte Toni.
Frau Brita, die sofort in Kampfstellung ging, wenn auch nur der Schatten einer Verspottung ihres Eheherrn sie streifte, sprach mit ihrem schwedischen Akzent energisch hinauf:
»Mein Mann ist ein Dichter, und nicht ein Akrobat!«
»No ja, is das vielleicht net ungefährlicher?«
Ladurner nahm die stolze Haltung eines Zwerghahns an.
»Wissen Sie einen Beruf, zu dem mehr Kühnheit gehört?« Das brachte er mit einer so echten Naivität hervor, daß es beinah rührend wirkte.
»Ach so. Sie meinen: wenn das Tintenfaß einmal toll wird und Ihnen ins Gesicht springt?« fragte der Maler.
»Komm, Philipp!« sagte Frau Brita und zog ihren Mann zur Tür. »Es gibt Menschen, die opfern für einen Witz ...«
»... das Heiligste!« trompetete es fröhlich aus der Höhe.
»Auf Wiedersehen, Herr Gwinner!« rief der Dichter verbindlich lächelnd, bevor er verschwand. Wenn es auch in seinem Innern ein wenig kochte, explodieren tat er höchstens gegen seine Frau.
Toni grinste vergnügt. Plötzlich jedoch machte er ein ganz andres Gesicht, zusammengefaßt und sinnend. Hatte er doch zwei schöne, feiste Hasen bemerkt, die, mit je einem Hinterlauf aneinandergebunden, drunten bei Ladurners an der Luft hingen.
»Nein, wie heutzutag' die Lyriker üppig werden!« Der starke Mann schüttelte bedenklich den Kopf. So ein Hinausgehen über die gottgewollten Verhältnisse konnte ja zu nichts Gutem führen. Es war direkt Christenpflicht, diese leichtsinnigen Menschen einmal ein bißchen an die Vergänglichkeit alles Fleisches zu erinnern.
Sogleich war ein Plan entworfen. Und sehr paßlich trat jetzt Theo zur Tür herein, der, wie Toni schon manchmal behauptet hatte, es förmlich roch, wenn irgendwo eine Viecherei in der Luft lag.
Er wurde mit wenigen Worten ins Bild gebracht und war begeistert.
»Die Sache will es!« sagte er entschlossen und zog sofort seinen Rock aus, welchem Beispiel Toni ohne Zaudern folgte.
Nein, und was nun für ein Arbeiten begann!
Zwei Feldstaffeleien aus Tonis und eine aus Theos Besitze mußten dran glauben und wurden grausam wieder zu den Latten zerrissen, aus denen sie einst ein emsiger Schreiner mehr verschmitzt als praktisch gefügt hatte.
Inzwischen hatte die Gschwendtnerin, die derartigen Unternehmungen immer warmes Interesse widmete, einen großen Knaul dicken Spagats besorgen müssen. Und nun arbeiteten die beiden Verschwörer gut eine Stunde, bis sie eine Stange zusammengeschient hatten, die sie lang und fest genug deuchte für ihren Zweck. Zuletzt wurde durch das eine Ende ein kräftiger Nagel getrieben und krumm gebogen – die Hasenangel war fertig.
Aber das Schwierigste fing damit erst an.
Denn die Luder wollten zuerst nicht beißen, wie Toni das ausdrückte; und wiederum hatten die zwei, blaurot vor Kraftaufwand, im Schweiße ihrer Angesichter, weit aus dem Fenster gelehnt, sich mindestens eine halbe Stunde abzuplagen, wobei sie einander fortgesetzt mit gedämpfter Stimme beschimpften, weil jeder bei jedem erneuten Mißlingen die Schuld auf die Ungeschicklichkeit des andern schob.
Als dann zu guter Letzt die Hasen doch nicht mehr an dem Wandhaken, sondern an dem wenig handlichen Diebsinstrument hingen, wurde die Sache erst aufregend. Zwanzigmal sah es aus, als müßte es schief gehen; und die Mülltonnen unten im Hof machten schon gierige Mäuler nach der fetten Beute.
Mit welchem Triumph aber auch Theo und Toni diese dann zum Fenster hereinhoben, läßt sich schwer schildern.
Wer glauben wollte, die beiden hätten sich nun auf die faule Haut der Gleichgültigkeit gelegt, würde ihrer zähen Geduld in Dingen, wo es sich wirklich verlohnte, schwer unrecht tun. Längst war die Zeit verstrichen, die sie sonst im Wirtshaus beim Essen fand, und immer noch harrten sie am Fenster auf die Stimme des Wehklagens, das ihre finstre Tat in dem lyrischen Haushalt entfesseln mußte. Da aber alles stumm blieb, erklärte Toni endlich:
»Wenn die Bagasch' zu talentlos is, um das zu spannen – stehenden Fußes verhungern, fallt mir im Schlaf net ein! Gehn mir!«
»Aber – die Hasen!« so erscholl in diesem Augenblick Frau Britas Stimme von unten.
»Sixt es: man muß bloß schimpfen!« flüsterte Toni seinem Spießgesellen zu.
»Pscht!« machte Theo; sie hielten den Atem an und horchten mit verklärten Gesichtern.
»Philipp, Philipp!« so schrie es drunten.
»Um Himmels willen, was ist denn?« antwortete bebend das helle Organ des Dichters.
»Philipp, die Hasen!«
»Brita, du hast mich in einer Weise erschreckt ...! – Hasen? Was heißt denn: Hasen?!«
»Da waren sie, Philipp; und nun sind sie weg!«
Ladurner klagte leidend:
»Daß deine Schlüssel nie da sind, damit habe ich mich nun abgefunden. – Aber Hasen! Hasen sind doch keine Stecknadeln!«
Toni beugte einen einwandfreien ernsten Kopf zum Fenster hinaus und rief voll Teilnahme in die Tiefe:
»Geht Ihnen etwas ab?«
»Hasen,« stammelte Frau Brita verwirrt.
»Hasen?« fragte Toni erstaunt.
Der Dichter vollführte mit der Hand eine beschwichtigende Gebärde:
»Ach nein, ach nein! Sie wissen ja: Frauen! Keine ... keine Geistesgegenwart. Das geradlinige, logische Denken des Mannes ...«
»Da fehlt es freilich oft weit!« gab Toni zu.
»Aber hier, hier an diesem Haken waren sie gehangen. Und jetzt sind sie doch nicht da!« Die junge Frau schluchzte beinahe.
Ladurner schlug eine kleine nervöse Lache auf.
»Also, Herr Gwinner: wie Sie vorhin mit uns gesprochen haben – haben Sie da hier Hasen gesehn?«
»Bloß Sie!« sagte Toni.
»Und ich weiß es«, rief der Dichter, »du hast sie in den Eisschrank getan!«
»Aber nein!«
»Und wenn ich dir sage, daß ich dabeigewesen bin! – Also, willst du nicht so freundlich sein und nachsehn?«
»Du kannst dich doch täuschen, Philipp!«
»Nein, ich täusche mich niemals! Ich sehe doch alles in Bildern. Ich sehe so deutlich die Linie deines Rückens, wie du dich bücktest. Im zweiuntersten Fach sind sie. Also, willst du mir nicht den Gefallen tun?!«
Sie stieß einen leichten Seufzer aus und ließ die Hände ein wenig kraftlos hangen, verschwand aber folgsam durch die Tür.
»Sehen Sie,« sprach Ladurner entschuldigend zu dem Maler hinauf, »die beste Frau, man kann ihr doch noch so klar beweisen, daß sie unrecht hat – sie muß widersprechen!«
»Ich hab' nix gehört,« erwiderte Toni.
»Herr Gwinner, halten Sie es für möglich, daß zwei Hasen einfach verschwinden?«
»Tja, weiß nicht. Waren sie tot?«
»Wer? Die Hasen? – Freilich! Da ist es doch ausgeschlossen ...«
In diesem Augenblick trat Brita wieder auf den Balkon.
»Sie sind nicht da!« meldete sie.
»Gut, dann werde ich sie dir zeigen!« Und Philipp schritt vor ihr her in die Küche.
Als die Freunde, trotzdem sie noch eine Weile horchten, nichts mehr von der Verzweiflung im dritten Stock vernahmen, schwand bei ihnen alsobald das Interesse daran, ihre Opfer weiter auf die Folter zu spannen.
Frau Gschwendtner, die heute – offenbar, um den Ereignissen nahe zu bleiben – draußen auf dem Gang mit Eimer und Schrubber ein ungewohnt ausführliches Reinemachen markierte, wurde ins Atelier beschieden. Ihre schnellen Augen fielen sofort auf die Jagdbeute, und sie entblößte in einem lautlosen Lachen die Stockzähne.
»Gschwendtnerin,« begann Toni geschäftsmäßig, »gehn S' amal 'nunter zu die Ladurnerischen.«
»Is recht!« erwiderte die Alte. »Jetz' machen s' ja wieder auf, wann i läut'.«
»Wieso?«
»Weil s' jetz', unberufen, den Zins 'zahlt ham – für Januahr bis Oktober. Feit si nix, mir san wieder recht gut miteinander.«
Toni schien die Erwähnung einer so prosaischen Sache, wie es das Entrichten von Miete ist, als eine taktlose Abschweifung vom Thema zu empfinden. Er überhörte das und fuhr, als wäre er niemals unterbrochen worden, in seinen Weisungen fort:
»Die zwei Viecher da tragen S' hinunter! Schöne Empfehlung von mir und vom Herrn Schlotthauer, und die täten mir den Herrschaften als Präsent schicken.«
»Und wenn se se braten,« fügte Theo hinzu, »hoffen wir natürlich auf eine Einladung.«
»Hihi!« kicherte die Gschwendtnerin. »Tean S' as nur her! I g'stell mi dumm!«
»Überanstrengen brauchen S' Ihnen net,« riet ihr Toni menschenfreundlich und wollte ihr die Jagdbeute schon reichen, als ein neuer Einfall durch seinen Kopf schoß. »Halt!« rief er. »Eigentlich gehört sich doch eine Widmung ...!« Er legte die vielgeprüften Leichname auf seinen Zeichentisch, ergriff eine Riesentube Kremserweiß und schraubte die Kapsel ab.
»Was ist los?« fragte der Herr Nachbar verwundert.
»Kennst das net? Aus der Tüten spritzen,« entgegnete der starke Mann. »Ich Hab' viel Übung drin von daheim. Ein ›Herr Vetter‹ von mir in Oberammergau macht den Konditor ...«
Also sprach Toni und ließ den zähflüssigen weißen Strahl in die Hasenhaare rinnen und dort die Zuschrift »Aus Liebe« formen. Nachdem er sein Werk – als das Erste, was er seit einem Jahre mit Ölfarbe vollbracht – in gerührtem Künstlerstolz gemustert und von Theo den Zoll der Bewunderung eingefordert hatte, konnte die Gschwendtnerin, die inzwischen dabeigewesen war, das Sich-dumm-stellen pantomimisch zu üben, aufbrechen.
Ladurners feurige Phantasie hinderte ihn anfangs, an die nüchterne Tatsache zu glauben, daß die von der Hausmeisterin überreichten Hasen mit den auf so unbegreifliche Weise verschwundenen identisch wären. Er erging sich in abenteuerlichen Vermutungen und zimmerte sich daraus im Handumdrehen eine Art Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Wenn schließlich doch die Nüchternheit, mit der seine Frau die Zusammenhänge auslegte, den Sieg über seine Träume davontrug, so lag das daran, daß er Theo und Toni im Grunde doch nichts als die ordinärste Alltäglichkeit zutraute.
»Ja, so ist es! Diese Kerle! – Ja, das hab' ich doch gleich gesagt!« behauptete er nicht nur, sondern war sogar davon überzeugt.
Während jedoch Frau Brita Neigung erkennen ließ, das Ganze als einen harmlosen Scherz zu betrachten, war er streng. Und als die Unbesonnene gar davon zu sprechen wagte, daß man die beiden vielleicht wirklich zum Essen bitten könnte, da nahm seine Fassung Abschied.
»Einladen?« stammelte er voll indignierten Staunens.
»Nein, nein!« so besänftigte sie ihn reuevoll. »Ich hatte mir nur gedacht: es ist vielleicht amüsanter, wie wenn Trautchen und der junge Nordlind allein ...«
»Einladen?« wiederholte er noch stärker. »Menschen, die Hasen stehlen!« Dazu schlug er bekräftigend gegen die beiden Nagetiere, die seine Frau noch an den Hinterläufen vor sich hin hielt. »Hä! Was ist das!« schrie er plötzlich und musterte mit großen Augen seinen Handrücken, auf dem sich weißliche Kleckse abzeichneten.
»Es sieht aus wie Ölfarbe,« sagte Brita.
»Also, zum Pinselabwischen benutzen die unsere Hasen! So eine Schweinerei!« Der Dichter schüttelte sich vor Ekel. »Was macht man da?« jammerte er.
»Vielleicht Terpentin?« schlug sie zaghaft vor.
»Terpentin!« Er verdrehte die Augen gen Himmel. »Das nimmt man vielleicht bei euch in Schweden, wo alles um hundert Jahre zurück ist! Und du stehst da mit einer Ruhe! Weißt du nicht, daß ich mich vergiften kann?«
»Vergiften?«
»Das ist Bleiweiß!« rief er, »Weißt du nicht, wie sensibel ich auf solche Dinge reagiere?«
Sie seufzte; denn sie hatte in der Tat öfter Gelegenheit gehabt, sich davon zu überzeugen.
»Oh,« fuhr er mit hohler Stimme fort, »ich fühle schon, wie es mir kalt von den Füßen heraufsteigt!«
»Von den Füßen?« fragte sie überrascht.
»Schnell, schnell, mach doch ...! Ich muß die Hand in warmes Olivenöl halten!«
»Aber, Philipp, glaubst du denn ...?«
»Natürlich! Ach Gott, du weißt auch gar nichts! Hätte ich eine deutsche Frau ...!«
Brita konnte er so gut alles suggerieren wie sich selber. So wurde sie denn von ernsthafter Angst befallen und schlug vor, einen Arzt holen zu lassen.
»Damit er mir den Arm abnimmt?« ächzte Ladurner. »Die rechte Hand! Ich brauch' sie wohl nicht zum Dichten?«
»Ach, sprich doch nicht solche Sachen!« Sie schloß vor Schrecken die Augen.
»Ja, willst du mir nun das Öl machen?« Er schluchzte beinah. »Oh, dieses skandinavische laisser aller!«
»Ja, ja!« Sie rannte in die Küche, warf die Hasen auf den Tisch und holte den Ölkrug vom Bort.
Er folgte ihr.
»Aber es darf um Himmels willen nicht Mohnöl sein! Olivenöl, sonst nützt es gar nichts!«
Ja, ja, es ist Provencer,« sagte sie und entzündete die Flamme des Gasherds.
Und beide erfüllten die Luft mit ihren Seufzern, bis Brita durch Eintauchen des Fingers feststellte, daß das Medikament warm genug sei. Sie goß es aus dem Kochtopf in eine Porzellanschüssel und stellte diese auf den Tisch.
»Komm jetzt, komm!« rief sie ungeduldig.
Er trat hinzu und versenkte seine kleine, runde Hand in die gelbe Flüssigkeit, riß sie jedoch mit dem Wehruf: »Ich bin verbrüht!« sofort wieder empor und schlenkerte sie heftig.
»Aber ich hab' doch probiert!« wendete sie ein.
»Ich hab' aber nicht deine schwedische Robbenhaut! Du weißt, wie empfindlich ...!« Er verstummte jäh: sein Auge war auf die Widmung gefallen, die Toni gespritzt hatte, und die wohl nicht mehr so schön wie im Anfang, aber immer noch gut zu lesen war. »Sieh mal an!« so brach es empört aus ihm hervor.
Frau Britas Blick folgte seinem deutenden Finger; sie stieß einen leichten Laut der Überraschung aus und schaute Philipp scheu von der Seite an.
»Darum willst du diese Lümmel einladen!« sprach er. »Ja, dann kann ich ja gehn! Der ganze Unfug hatte nur den Zweck, dir eine Liebeserklärung zu machen! Und du, und du! Und ich!« Er schlug sich, ohne der Fettflecken zu achten, die das verursachte, mit der Hand auf die Stelle, unter der er sein Herz vermutete. »Es ist gut. Ich verstehe dich schon! Und ich werde denn also einsam sein!« so schloß er, ging in den Gang hinaus, drückte den Hut auf seine Locken und fuhr sogar bedrohlich mit dem einen Arm in den Mantel.
Lange dauerte es, bis seine Frau ihn endlich davon überzeugen konnte, daß von einer Mitschuld ihrerseits keine Rede wäre. – Er war auf diesem Gebiet von dem äußersten Mißtrauen, weil er selbst nämlich Brita recht häufig betrog, vorsichtshalber allerdings nur in seiner Phantasie, aber die war ja groß und lebendig.
Na, kurzum: als ihm lange genug klargemacht worden war, daß eine Frau, die ihn kennte, nie wieder an einem andern Mann Gefallen, zu finden vermöchte, da glätteten sich endlich die Wogen, und der breiweiche Friede kehrte ein, der ehelichen Stürmen zu folgen pflegt. Auch die Vergiftungserscheinungen waren verschwunden, und der Dichter erklärte dies damit, daß vermutlich eine große Aufregung, genau wie eine schwere Krankheit, die Kraft hätte, alle übeln Stoffe aus dem Körper hinauszuschleudern.
Aus freien Stücken schrieb nun Philipp eine Einladung für Theo und Toni.
So war er, und so was brachte er ohne viel Aufhebens fertig.