Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)
Alwin
Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)

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Neuntes Kapitel.

Oben hielt Adalbert, und sobald er Alwin in's Auge faßte, sprengte er freudig auf ihn zu. Willkommen! rief er, willkommen! Wir suchten Euch schon lang', und waren besorgt, es werde sich ein Cypressenzweig in unsern 272 Siegskranz flechten. Denn gesiegt haben wir, herrlich gesiegt, fuhr er fort, indem er vom Pferde stieg, und dieses seinen Reitern übergab. Wir hättens uns nicht besser wünschen können, als es gekommen ist. Morgen geht unser Zug ungehindert zum Herzog. Laß Dich umarmen, und werde mein Bruder auf dem rühmlichen Schlachtfeld.

Alwin trat beschämt zurück. Ich bin noch ein so junger Soldat, sagte er, und Ihr ein so berühmter Feldherr; wie sollt ich Euch Bruder heissen?

Hat Dich der Genius des Krieges begrüßt, mit dem vertraulichen Bruderkuß der Weihe, rief Adalbert, wie sollt' ich zu vornehm sein, Dir ein Gleiches zu thun? Auf Du und Du. Waffenbrüderschaft auf Leben und Tod!

Alwin flog stolz und froh in seinen Arm. 273 Zwei kühne Geister, berührten einander in hochauflodernder Flamme.

Die beiden Freunde gingen zusammen auf's Lager zu. Sie sprachen viel von der Schlacht, vom glücklichen Loos eines Kriegsmannes, von unverbrüchlicher Brudertreue. Du weißt sie zu halten, sagte Adalbert; das sah' ich, als Du Anselmo aus dem Lager führtest. Ich kannt' Euch wohl, und war's, der Euch den Weg zeigte, damit Ihr nicht auf den alten Balderich träft. Weißt Du aber wohl, daß dieser einen neuen Kampf für Dich bereit hält, einen schlimmern, als der mit den katholischen Heerhaufen war? Aline ist bei ihm, und wir sind zu seinem Zelte geladen.

Nein, nein! rief Alwin, und suchte sich von Adalberts Arm loszumachen. Gieb mir ein Roß, und laß mich dem Feinde nach.

274 Zeig' Dich als Mann, jetzt wie immer, erwiederte Adalbert. Du darfst nicht erröthen, ihr unter die Augen zu treten.

Ich habe sie so gar innig geliebt, seufzte Alwin, und nun ist sie die Frau eines Andern, und nicht meines Freundes!

Die Weiber sind Engel auf dunkeln Wegen, sagte Adalbert, Geleiterinnen aus einer höhern Welt. Du mußt sie nicht nach unserm Maaßstabe messen, wenn Du Dich an ihrem Licht erheben willst, und dennoch bei Sinnen zu bleiben gedenkst. Grüble nicht über die herrliche Erscheinung; nimm sie froh und dankbar auf, spiele freundlich in ihren Strahlen, ohne zu forschen, warum sie eben so hell sind.

Ich habe sie so gar innig geliebt, wiederhohlte Alwin. Das ist mir heute ein 275 seltsamer Tag. Ich träume doch wohl nicht? Wie ist sie denn hierher gekommen?

Auf einem benachbarten Schloß, antwortete Adalbert, wartete sie den Ausgang unsres Kampfes ab. Nun hat sie Thorwald in's Lager geführt, und sie wird die nächsten Tage hindurch unter unserm Schutze mit reisen. Nachher geht sie von uns ab auf die Güter ihres Gemahls. Ruf Deine Kraft empor, Deinen edlen Muth, lieber Bruder; wir stehn vor Baldrichs Gezelt.

Sie traten hinein, alles war zur lustigsten Kriegesfeier bereitet; die leinenen Wände glänzten hell im Schimmer zahlreicher Lichter, Edelknaben trugen gefüllte Becher umher, an einzelnen Tafeln hatte sich zusammengefunden, was sich am besten mit einander zu ergötzen dachte. Durch all' das frohe Gewimmel warf Alwin einen spähenden 276 Blick, und erkannte seine Blume, sein holdes Leben, Alinen; lockender und schöner als je, im reichen Schmuck, in heller Beleuchtung, welche seltsam gegen das eben verlaßne Abenddunkel abstach. Er wollte sich ihr nähern, er wußte sich von ihr bemerkt, denn ein leichtes Roth flog über ihre Wangen hin, und ihr Blick wandte sich wie unwillkürlich zur Seite, – da trat ihm Thorwald in den Weg. Einen Brief von Eurer Braut, sagte er, und übergab ihm das zusammengerollte Blatt. Während Alwin es entfaltete, warf er scheue Blicke auf Alinen. Sie sprach höchst unbefangen mit ihrem Vater, als sei eben gar nichts Bedeutendes vorgefallen. Der Jüngling fand sich dadurch auf's höchste gekränkt. Schnell wandte er sich abwärts, und fiel Thorwald um den Hals. Tausend, tausend Dank! rief er aus, daß Ihr so gute 277 Nachricht von meiner himmlischen Beatrix bringt. Beatrix, meine liebe Braut! Und wieder begann er den Brief zu lesen, und wieder schaut' er drüber hin nach Alinen, aber sie schien ihn keinesweges zu bemerken. Nun dann, rief er, und stampfte auf dem Boden.

Wie wird Euch? fragte Thorwald.

Ach was! sagte Alwin. Es ist eine unbedeutende Zugabe, ein Wermuthstropfen in den Freudenbecher, auf daß man doch immer seiner Menschheit gedenke.

Damit küßte er noch einmal seinen Brief, und wandte sich zur lustigen Gesellschaft, öfters wie achtlos, an Alinen vorüberstreifend.

Indem er um Mitternacht nach seinem Zelte ging, sagte er leise vor sich hin: Weh! Weh uns Allen! Wir sind erbärmliche Schauspieler, und wenn wir meinen, das Beste 278 gethan zu haben, faßt uns der feindselige Geist am kecksten in den Nacken. Ich wollte, daß ich läge, wo Hartwald liegt. Beatrix würde deswegen nicht in's Kloster gehn, und Aline spräche wohl einmal davon, wenn sie grade nichts Bessres zu reden wüßte.


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