Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)
Alwin
Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)

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Zwölftes Kapitel.

In einem großen Saal bei Beatrix Vater war die Gesellschaft versammelt, man erwartete nur noch die Braut, um beide junge Leute in ihrem neuen Verhältnisse vorzustellen. Da Alles, was in den ersten Cirkel gehörte, eingeladen war, hatte man Thorwald, Mathildens ernsten Freund und Berather nicht ausschließen können, so gern Alwin sich seiner belästigenden Gesellschaft überhoben gesehn hätte. Der Secretarius trat unversehens auf ihn zu, indem er in halber Verlegenheit, halber Lust auf und ab ging, und redete ihn sehr freundlich an:

142 Ihr seid vielleicht bös auf mich, und habt nicht Unrecht. Aber wer wird nachtragen, und vollends an einem glücklichen Tage! Ich meine es gut mit Euch, noch jetzt, da Ihr Euern eignen Weg eingeschlagen, und mir mein Concept verrückt habt. Das sei Euch Bürge für meine Liebe, denn wir Scribler pflegen sonst dergleichen Stöhrungen sehr hoch zu empfinden, auch gebührt mir ein Dank, weil ich Euch Euerm jetzigen Glück unbewußterweise entgegen geführt habe. Unbewußterweise! Ja wohl! Euer Genius hat besser gewußt, wo es mit Euch hinaus wollte, als Euer Freund. Bevor ich das recht begriffen hatte, war ich wild, störrig, so oft ich Euch in der neuen Laufbahn erblickte. Ihr seid ein Dichter, und habt Eure Freude an Schauspielen. Denkt nun selbst, wenn der Held Roland bei seinem Zuge nach Ronceval mit 143 einem Male auf der Bühne Halt machte, und einem benachbarten Edelmann sein Gut abpachtete, um dessen Tochter zu heirathen – würdet Ihr nicht schelten auf den Dichter, die Comödianten und die beifälligen Zuschauer? So ging es mir. Nun seh' ich aber, daß ich mich nur in der Ankündigung geirrt habe, daß von gar keiner Haupt- und Staats-Action die Rede war, sondern blos von einem artigen Schäferspiel. Es ist also Alles ganz consequent, und ich bitte Euch herzlich um Verzeihung. Herzlich, wahrhaftig! fuhr er fort, als Alwin zweifelnd und schweigend vor ihm stand. Ich bereu' es, je bitter gegen Euch gewesen zu sein.

Und sagt mir doch eben, rief Alwin, die bittersten Worte, die ich noch je vernahm.

Das ist nur Eure Schuld, antwortete Thorwald. Wenn Ihr nicht mehr vorstellen 144 wollt, als Ihr seid, könnt Ihr mit ihnen vollkommen zufrieden sein. Wer heißt Euch denn, vom Leben was Andres verlangen, als Ihr hinein legt? Beim ewigen Gott, ein frommer Hausvater ist ehrenwerth; seid es, und Niemand darf gegen Euch das Geringste einwenden. Ihr habt das Ziel bei Zeiten gefunden, kaum den Hafen verlassend, wandtet Ihr schon in den nächsten ein, und statt im Treiben der großen Welt, nach reichen, wechselnden Farben zu spähn, hat es Euch gedient, die Eine permanente für all' Eure Lust bei Zeiten auszumitteln. Baut Euch an, Ihr könnt hoffen, Eure Saaten in voller Reife und Herrlichkeit zu schauen.

Schöne Verlobungsrede, rief Alwin.

Fürwahr, sagte Thorwald, es thut mir leid, wenn Euch was darin mißfällt. Im 145 Uebrigen schickt sie sich grade für einen zwanzigjährigen Bräutigam.

Beatrix trat herein, strahlend wie die Göttin der Jugend im frischesten Glanz der Gesundheit und Freude. Ihr Vater faßte den unwillkürlich herbeieilenden Alwin mit einer Hand, sein erröthendes Töchterchen mit der andern und zeigte das hübsche Paar allen Versammelten als Bräutigam und Braut. Beatrix drückte, nach seinem Geheiß, einen glühenden Kuß auf des Jünglings Lippen, die Gesellschaft drängte sich glückwünschend zu, auch aus Mathildens Munde tönten einige Worte. Was willst du mehr, sagte Alwin unaufhörlich zu sich selbst, und nahm bald aufs heiterste an allen Freuden der muntern Umgebung Theil.

Ein Fremder ward dem Hausherrn angemeldet, dessen Namen Alwin überhörte, auch 146 wenig darauf achtete, wie diese Ankunft die ganze Gesellschaft bewegte. Er blieb an Beatrix Seite, gern versunken in das Gefühl belohnter Liebe; da gingen die Flügelthüren auf, eine hohe schlanke Gestalt trat herein im prächtigen Kriegerschmuck, nachlässig und herrlich zugleich, so in Anzug als Geberde. Feldoberster Adalbert, rief Mathilde, endlich wieder in Braunschweig. Willkommen, ob auch gewiß die nahe Unruhe in Eure Fersen tritt. Sie reichte ihm die schöne Hand zum Kuß, und ihre blitzenden Augen, ihre glühenden Wangen verriethen des hohen Kriegers belohnendstes Geheimniß. 147


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