Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)
Alwin
Pellegrin (Friedrich de la Motte Fouqué)

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Eilftes Kapitel.

Beatrix und Alwin galten überall für Verlobte. Was man früher als artige Jugendtändelei betrachtet hatte, gewann jetzt, unter dem Schutze der Aeltern und Verwandten ein ernsthaftes Ansehn, so daß der junge Mensch, von jeder Seite Bräutigam genannt, sich zuletzt selbst einbildete, er sei es und müsse es sein. Und endlich, fragte er sich selbst, was habe ich für Gründe gegen diese Heirath? Ich liebe und werde geliebt; welche erbärmliche Weltklugheit, die solchen heiligen Trieben den Weg versperren wollte! Noch dazu redet Jedermann von unserm Verhältniß, Beatrix 135 glaubt daran, ich müßte mir selbst ehrlos erscheinen, wenn ich im Stande wäre, die heiligen Bande zu brechen. Worthalten macht den Edelmann; schäme Dich Alwin, wenn Du nur augenblicklich zweifeln könntest, ob das auch gegen Frauen gelte, die der Ritter vor Allem ehren und schützen soll, oder wenn Du gar Dich wie ein Jesuit entschuldigtest: es sei ja nichts mit dürren Worten gesagt! Und wie glücklich preißt Dein alter Vater die häuslich ehliche Ruhe! Wie heiter lebt er in unsrer alten Burg! Wie wird sich die Mutter auf unsre Ankunft freuen, wie liebreich meiner holden Beatrix pflegen.

Er schrieb seinen Aeltern, und betrachtete die Angelegenheit als beschlossen, denn von Seiten der Anverwandten seiner Braut wußte er, daß ihm keine Schwierigkeit bevorstand.

Heitre Tage der ersten glücklichen Liebe! 136 Mit den keimenden Blüthen draussen an den Bäumen und Gebüschen, erwachten auch in Alwins Herzen die süssesten Gefühle. Täglich sah er sein freundliches Mädchen, und wenn er mit ihr hinausfuhr, oder neben ihren Wagen hinausritt, in die stille, friedliche Gegend um Braunschweig, wie gedachte er dann so gern des Abends, an welchem er hier zuerst eingezogen war. Seinen kühnsten Träumen hatte Erfüllung gelächelt, fertig war ja das Gedicht, nur schöner in frischer Wirklichkeit, als er es damals in Reime zu bringen gedachte, die ersehnte Liebe hielt ihn in mütterlichen Armen, lächelte ihn gütig an aus Beatrix blühenden Zügen. Die Wandrer, denen er begegnete, mußten so fühlen, schien es ihm, wie er an jenem Abend, er konnte sie recht herzlich bemitleiden, wenn sie fremd und mit fragenden Blicken, ungewissen Schritten an ihm 137 vorüberzogen, ohne auf den vertraulichen Gruß aus zwei holden Augen zu treffen.

Aline war öfters in Beatrix Gesellschaft. Die holde, hinwelkende Blume sandte vergebens ihre süßen Seufzer dem Fortziehenden nach. Es liefen nur selten Nachrichten von ihm ein, und wenig günstige für seine Liebe. Im Umgange mit Alwin fand die Verlaßne den Trost der Erinnrung, und vertraute ihm gern ihre Klagen, denen er mit zuversichtlichen Worten begegnete, von der festen Redlichkeit Anselmo's überzeugt.

Nach einiger Zeit erhielt er folgende Antwort von seinem Vater:

Daß Du zu heirathen gedenkst, mein lieber Sohn, habe ich aus Deinem Brief ersehn. Die Mutter freut sich sehr darüber, und ich habe nichts dagegen. Wir bereiten uns auf 138 alle Weise zu Deiner Ausstattung vor. Du würdest hier bereits Mancherlei verändert finden. Ob Du gleich Dein Zimmer behältst, meint doch die Mutter, es werde der jungen Frau mißhagen, wenn sie nicht ein paar Gemächer neben einander habe. Dazu wird nun der große Saal eingerichtet, gleich neben Dir an, worin Du als Kind so gern spieltest, und Deine Freude hattest, an den vielen alten Waffen, und an den lebensgroßen Bildern auf der Wand. Die Helme und Harnische und Schwerdter sind schon herausgenommen, und auf einen Haufen in die verfallne Schloßkapelle gebracht, von den großen Ritterfiguren fällt häufig die Farbe ab, und wird auch Manches verdeckt, indem man zwei neue Wände zwischendurch zieht, welche übrigens dünn genug sind, so daß sie der starke Fußboden wegen des Gewölbes drunter gar 139 leichtlich trägt. Die Mutter wird Alles schon ordentlich und bequem zurecht machen. Ich komme jetzt nicht viel dahinein; ich hatte mich so an den alten Saal gewöhnt, und seit die Waffen heraus sind, und die Handwerksleute drin herumklappern, sieht er höchst wüste aus und verstört. Bei der nähern Einrichtung wird sich's vielleicht besser ausnehmen.

Sage mir aber doch Keiner mehr was von Ahnungen, Prophezeihungen und dergleichen! Die Mutter meinte so gewiß, die Geschichte des jungen Kunraths, welche wir damals zu lesen anfingen, hätte auf Dich gedeutet, und mir selber ward beim Abschiede wunderlich zu Muth, als schickte ich Dich hinaus in Blut und Sieg auf Nimmerwiedersehn. Nun kommst Du nach einem halben Jahre mit einer jungen Frau zurück. Gott seegne Dich! Es ist eigentlich besser gekommen, als ich dachte, 140 aber ich kann mich noch nicht recht darein finden.

Vor einigen Tagen war hier ein tapfrer Kriegsoberster, Balderich, der im Halberstädtischen Truppen wirbt, und mir viel vom nahen Feldzuge zu erzählen hatte. Mit der Deutschen Ritterschaft ist es aber doch wohl aus.

Fahr wohl.

Dein getreuer Vater,
Rudolph.

Alwin vergoß bittre Thränen über diesen Brief, dann aber trug er ihn zu Beatrix Eltern, sie waren mit Allem zufrieden, und der Tag zur Verlobungsfeier ward festgesetzt. 141


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