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Viertes Kapitel.

Die Galerie der Berichterstatter und die Zeitungsliteratur.
1831–1835.

Dickens war neunzehn Jahre alt als er endlich in der Galerie der Berichterstatter im Parlament seinen Sitz nahm. Sein Vater, bei dem er noch wohnte, war, wie wir sahen, bereits als parlamentarischer Berichterstatter an einer der Morgenzeitungen angestellt und befand sich, in Folge der Vermehrung seiner amtlichen Pension durch den Ertrag dieser lobenswerthen Arbeit, jetzt in behaglicheren Verhältnissen; aber seine eigne Anstellung an dem Morning Chronicle fand etwas später statt. Seine ersten parlamentarischen Dienste leistete er der True Sun, einem Blatte, an dessen Herausgabe damals einige liebe Freunde von mir betheiligt waren, durch die ich selbst Mitarbeiter und später, in Gemeinschaft mit allen Betheiligten, Journalisten, Berichterstattern, Druckern und Verlegern, Theilhaber an seinen Verlegenheiten wurde. Die furchtbarste dieser Verlegenheiten kam eines Tages in einer allgemeinen Arbeitseinstellung der Berichterstatter und ich erinnere mich sehr wohl, daß ich in dieser furchtbaren Zeit auf der Treppe des prächtigen Gebäudes, in dem wir wohnten, einen jungen Mann in meinem eigenen Alter bemerkte, dessen frische lebensvolle Erscheinung überall Aufmerksamkeit erregt haben würde und dessen Namen ich, als ich mich nach ihm erkundigte, damals zuerst hörte. Er wurde mit der Thatsache verknüpft, die ihm sogar damals Interesse verlieh: daß der ›junge Dickens‹ der Sprecher der widerspänstigen Berichterstatter gewesen sei und ihre Sache siegreich vertreten habe. Er wurde später während zweier Sessionen bei dem Mirror of Parliament angestellt, den einer seiner Oheime von Mutters Seite gründete und redigirte und endlich, in seinem dreiundzwanzigsten Jahre, wurde er Berichterstatter für das Morning Chronicle.

Einen weit bedeutungsvolleren Schritt (obgleich er dies damals nicht wußte) hatte er kurz zuvor gethan. In der Decembernummer des Old Monthly Magazine von 1833 hatte sein erstes schriftstellerisches Erzeugniß das Licht der Welt erblickt. Er hat selbst beschrieben, wie er dasselbe (es war der später unter dem Titel »Mr. Minns und sein Vetter« in das Londoner Skizzenbuch aufgenommene Artikel) eines Abends im Zwielicht, mit Furcht und Zagen, verstohlen in einen dunkeln Briefkasten in einem dunkeln Postbüreau in einem dunkeln Hofe bei Fleetstreet steckte und er hat seine Aufregung geschildert, als es in vollem Glanze des Drucks erschien. »Ich ging bei dieser Gelegenheit nach der Westminsterhalle und blieb eine halbe Stunde dort, denn meine Augen waren so dunkel vor Stolz und Freude, daß sie die Straße nicht ertragen und sich dort nicht sehen lassen konnten.« Er hatte das Magazin in einem Laden im Strand gekauft und genau zwei Jahre später erkannte er in dem jüngern Theilhaber einer Verlagshandlung, der ihn in seiner Miethwohnung in Furnivals-Inn (die er bezogen, bald nachdem er parlamentarischer Berichterstatter geworden war) mit dem Vorschlage aufsuchte, woraus »Pickwick« entstand, dieselbe Person wieder, von der er jenes Magazin gekauft und die er weder vorher noch seitdem gesehen hatte.

Diese Zwischenzeit von zwei Jahren umfaßte mehr als den Rest seiner Laufbahn in der »Galerie« und der damit verknüpften Arbeiten; aber daß diese Beschäftigung in ihrem Einfluß auf sein Leben, für die Ausbildung seines Talents wie seines Charakters, von der höchsten Bedeutung war, kann nicht bezweifelt werden. »Aus der heilsamen Schule der harten Zeitungsarbeit, die ich als ganz junger Mann durchmachte, leite ich immer meine ersten Erfolge her,« sagte er zu den Zeitungsredacteuren in Newyork, als er zuletzt von ihnen Abschied nahm. Sie eröffnete ihm einen weiten und mannigfaltigen Kreis von Erfahrungen, welche seine wunderbare, ebenso genaue als humoristische Beobachtungsgabe ihm ganz zu eigen machten. Er erlebte noch die letzten Tage der alten Stagecoaches und der alten Gasthäuser, die dazu gehörten; aber es wird lange währen, ehe die Leser seiner lebendigen Werke das Lebensende beider sehen werden. »Niemand der für Zeitungen gearbeitet hat,« schrieb er einmal (1845), »hat innerhalb desselben Zeitraums so viel Expreß – und Extrapost-Erfahrungen gehabt als ich. Und was für Herren waren es, denen man am alten Morning Chronicle diente! Groß oder klein – es kam nicht darauf an. Ich habe die Kosten für ein halbes Dutzend Umstürze binnen einer Zeit von einem halben Dutzend Mal so viel Meilen Englische Meilen. zu berechnen gehabt. Ich habe Ersatz zu fordern gehabt für den Schaden, den das Herabtröpfeln des Wachses von einer lodernden Kerze meinem Ueberrock zufügte, wenn ich in den frühesten Morgenstunden in einem schnell dahin fliegenden Wagen schrieb. Ich habe wohl fünfzig Mal während einer einzigen Reise für alle möglichen Beschädigungen Kosten berechnen müssen – solcher Art waren die gewöhnlichen Folgen der Schnelligkeit, mit der wir uns fortbewegten. Ich habe für zerbrochene Hüte, zerbrochenes Gepäck, zerbrochne Stühle, zerbrochnes Pferdegeschirr Kosten berechnet – für Alles, außer für einen zerbrochenen Kopf, das einzige, wofür sie ungern bezahlt haben würden.«

In ähnlicher Weise äußerte er sich zwanzig Jahre später, als er im Mai 1865 bei dem zweiten jährlichen Festessen des Newpaper-press-fund Eine 1864 gegründete Gesellschaft zum Besten nothleidender, an den Londoner Zeitungen angestellter oder angestellt gewesener Berichterstatter und Mitarbeiter. – D. Uebers. den Vorsitz führte und in seine Rede eine kurze Darstellung seines ganzen Berichterstatterlebens verflocht. »Ich vertrete hier,« sagte er, »nicht die Sache eines gewöhnlichen Clienten, von dem ich wenig oder nichts weiß. Ich vertrete hier die Sache meiner Brüder. Ich begann meine Thätigkeit als parlamentarischer Berichterstatter als achtzehnjähriger Knabe und gab sie – ich kann kaum an die unerbittliche Wahrheit glauben – vor ungefähr 30 Jahren auf. Und ich bin meinem Berufe unter Umständen nachgekommen, von denen meine hier anwesenden Brüder sich schwerlich eine hinreichende Vorstellung machen können. Oft habe ich wichtige öffentliche Reden, bei denen die größte Genauigkeit erforderlich war, und bei denen ein Versehen für einen jungen Mann äußerst compromittirend gewesen sein würde, nach meinen stenographischen Aufzeichnungen für den Druck transscribirt in der flachen Hand, bei dem Licht einer Laterne, in einer mit vier Pferden bespannten Postkutsche, die mit der damals erstaunlichen Geschwindigkeit von fünfzehn Meilen die Stunde in tiefer Nacht durch eine wilde Gegend dahin galoppirte. Als ich das letzte Mal in Exeter war, besuchte ich den dortigen Schloßhof, um, einem Freunde zu Gefallen, die Stelle zu identificiren, wo ich einmal während des Wahlkampfes in Devonshire eine Rede Lord John Russell's ›nahm‹, wie wir es nannten, inmitten eines von sämmtlichen Vagabunden jener Gegend unterhaltenen lebhaften Handgemenges und in einem solchen Platzregen, daß, wie ich mich entsinne, zwei gutmüthige Collegen, die grade nichts zu thun hatten, mir ein Taschentuch, nach Art eines Thronhimmels bei geistlichen Processionen, schützend über mein Notizbuch hielten. Ich habe mir die Kniee wund geschrieben auf der alten Hinterbank der alten Galerie des alten Unterhauses und ich habe mir die Füße wund gestanden in einer abgeschmackten Pferche in dem alten Oberhause, wo man uns wie eben so viele zusammengedrängte Schafe warten ließ, bis etwa der Wollsack einer neuen Stopfung bedürfe. Bei der Rückkehr von aufgeregten politischen Meetings auf dem Lande zu den wartenden londoner Druckern bin ich, wie ich glaube, in fast allen in England bekannten Arten von Fuhrwerken umgeworfen worden. Auf kothigen Landwegen wurde ich, zu meiner Zeit, in der Nacht, vierzig bis fünfzig Meilen von London, in alten Rumpelkasten, mit erschöpften Pferden und betrunkenen Postillonen aufgehalten und kam doch vor der Ausgabe der Zeitungen an Ort und Stelle an, um von Mr. Black, dem verstorbenen Redakteur des Morning Chronicle in dem breitesten Schottisch, das aus dem weitesten aller Herzen kam die ich je kannte, mit nie vergessenen Complimenten empfangen zu werden. Ich erwähne dieser kleinen Umstände zum Beweise, daß ich den Zauber jener alten Berufsthätigkeit nie vergessen habe. Das Vergnügen, das ich über die Geschwindigkeit und das Geschick in der Ausübung derselben zu empfinden pflegte, ist nie in meiner Brust erloschen. Von der Gewandtheit, die ich damals darin erwarb, ist mir noch so viel geblieben, daß ich fest überzeugt bin, ich könnte morgen wieder damit anfangen. Bis auf den heutigen Tag vertreibe ich mir, wenn ich (was mitunter vorkommt) eine langweilige Rede anhören muß, gelegentlich die Zeit damit, daß ich dem Redner in der alten, alten Weise folge und gelegentlich ertappe ich mich sogar dabei, wie meine Hand, mit imaginären Aufzeichnungen beschäftigt, auf dem Tischtuche hin- und hergeht.« Das letztere habe ich ihn häufig thun sehen. Es war in der That eine stehende Gewohnheit bei ihm.

James Grant, ein Schriftsteller, der selbst mit Dickens in der Galerie der Berichterstatter war und erklärt, daß er unter den achtzig oder neunzig dort angestellten Berichterstattern, nicht bloß wegen seiner stenographischen Genauigkeit, sondern auch wegen seiner wunderbaren Geschwindigkeit im Transscribiren, die erste Stelle eingenommen, hat uns vor kurzem ebenfalls erzählt, Dickens sei, so lange er dort war, äußerst zurückhaltend gewesen und habe, obgleich er allen, mit denen seine Berufspflichten ihn in Verkehr brachten, die gewöhnliche Höflichkeit bewiesen, doch nur mit einem eine persönliche Freundschaft geschlossen, nämlich mit Thomas Beard, der damals auch als Berichterstatter bei dem Morning Chronicle angestellt war. Auf die freundschaftlichen und vertrauten Beziehungen, welche Dickens bis ans Ende seines Lebens mit Beard unterhielt, habe ich schon hingewiesen und zur Bestätigung der Erklärung Grant's kann ich noch hinzufügen, daß der einzige andre Genosse aus diesen frühen Berichterstattertagen, von dem ich ihn mit besonderer Theilnahme habe reden hören, der verstorbene Redakteur von Bell's Life, Eine bekannte Londoner Wochenzeitung für ›Sportsmen‹. – D. Uebers. Vincent Dowling war, mit dem er nicht grade viel persönlichen Verkehr unterhielt, aber von dessen Charakter und Talenten er eine hohe Meinung gefaßt hatte. Uebrigens bleibt in Bezug auf diese Zeit nichts weiter zu sagen, was die Phantasie des Lesers nicht leicht ergänzen kann. Es hat sich ein Brief von ihm erhalten, den er während einer seiner »Expreßtouren« schrieb, aber derselbe verdient weniger deshalb mitgetheilt zu werden weil er etwas Neues enthält, als weil er mit angenehmer Lebendigkeit bestätigt, was bereits gesagt worden ist.

Er schreibt an einem ›Dienstag Morgen im Mai 1835‹ aus dem Busch-Inn in Bristol, und die Veranlassung, die ihn mit einer Gesellschaft von Berichterstattern nach Westen geführt hat, ist Lord John Russell's obenerwähnter Wahlkampf in Devonshire, während Beard, dem das Morning Chronicle für diese besondre Expreßtour den Oberbefehl anvertraut hatte, sein Hauptgefährte ist. Er glaubt »den Schluß von Russell's Zweckessen« mit der Kutsche der Cooperschen Gesellschaft die das Busch-Inn um halb sieben am folgenden Morgen verläßt, abschicken zu können und will am Donnerstag Morgen mit der ersten Ball'schen Kutsche den Bericht über das Zweckessen in Bath befördern, den er mit einem ›Sogleich abzugeben und Extratrinkgeld für den Ueberbringer‹ adressiren will. Beard wird am folgenden Morgen nach Bath gehen. Er selbst wird mit der Kutsche von Marlborough zurückkommen; er bezweifelt nicht, daß es, wenn Lord John eine Rede von dem gewöhnlichen Umfang hält, bis zu der Zeit der Ankunft in Marlborough geschehen kann; »und wenn man die große Bedeutung des Umstandes in Erwägung zieht, daß man von dort an auch Sattelpferde haben kann, so ist es ohne Frage des Versuches werth . . . Ich brauche nicht zu sagen,« fährt er fort, »daß es ein Stück scharfe Arbeit sein und unser zwei in Anspruch nehmen wird; denn wir werden beide die ganze vorhergehende Nacht aufbleiben und die ganze folgende Nacht arbeiten müssen, um es rechtzeitig schicken zu können.« Er fügt hinzu, daß sie nach London zurückkehren werden, sobald sie etwas Schlaf gehabt haben; wenn aber die Expreßbeförderung gelingt, werden sie an verschiedenen Orten am Wege halten müssen, um die Kosten zu decken und ihre Zufriedenheit auszudrücken. Und so bleibt er, mit Empfehlungen von Beard, des Redakteurs ergebenster &c.

Eine andre Anekdote aus diesen Berichterstattertagen und dem was sich daran knüpfte können wir nach seiner eigenen angeblichen Erzählung mittheilen; doch kommen Ungenauigkeiten darin vor, die bei ihm befremdlich scheinen. Die Geschichte, wie sie erzählt wird, ist diese: daß Lord Derby, als er noch Mr. Stanley war, bei einer wichtigen Gelegenheit eine Rede gehalten, die sämmtliche Berichterstatter sich genöthigt gesehen, bedeutend abzukürzen; daß aber ihr wesentlicher Inhalt nichtsdestoweniger in dem Chronicle so gut wiedergegeben worden, daß Mr. Stanley, der sie für sich selbst im größeren Detail zu haben wünschte, den Berichterstatter habe bitten lassen, ihn in seiner Wohnung im Carlton-House-Terrace zu besuchen und die ganze Rede nieder zu schreiben; daß Dickens demgemäß kam und die Arbeit zu Mr. Stanley's großer Zufriedenheit ausführte und daß er, als er in späteren Jahren bei Gladstone speiste und die Erscheinung des Eßzimmers merkwürdig bekannt fand, bei näherer Erkundigung entdeckte, daß er die Rede dort niedergeschrieben habe. Die Geschichte, wie sie wirklich vorfiel, ist mit dem kurzen Dasein des Mirror of Parliament verknüpft. Nicht auf einen besonders ausgedrückten Wunsch Mr. Stanley's, sondern für jenes Unternehmen, das durch einen von Dickens' Oheimen ins Leben gerufen worden und Hansard in wörtlichen Berichten über die Parlaments-Debatten noch übertreffen sollte, wurde jene berühmte Rede (sie war gegen O'Connell gerichtet) niedergeschrieben, wie wir erzählt haben. Der junge Berichterstatter begab sich in das Zimmer in Carlton-House-Terrace, weil die Arbeit für die Zeitschrift seines Oheims Barrow dort gethan werden mußte, und wenn der große Autor in späteren Jahren als Gast des Premierministers in demselben Zimmer war, so kann dies nur einige Monate vor seinem Tode gewesen sein, als er Gladstone zum erstenmal besuchte und bei ihm frühstückte.

Die Darstellung seiner Laufbahn in der »Galerie« mag mit dieser Anekdote schließen. Ich will nur noch bemerken, daß seine dortigen Beobachtungen ihm keine hohe Meinung über das Unterhaus oder dessen Helden gegeben hatten und daß er sein ganzes Leben hindurch keine Gelegenheit vorübergehen ließ, seine Verachtung gegen den Pickwickschen Verstand Anspielung auf die Vorgänge der im ersten Kapitel der Pichwick Papers geschilderten Sitzung des Pickwick-Clubs. – D. Uebers. auszudrücken, der in unserer gesetzgebenden Versammlung den gesunden Menschenverstand so oft verdrängt.

Inzwischen hatte er seine andre Beschäftigung nicht aus den Augen verloren. In Beziehung hierauf müssen wir etwas zurückgreifen. Seitdem die erste Skizze in dem Monthly Magazine erschien, hatten schon neun andre die Seiten der spätern Nummern derselben Zeitschrift bereichert, die letzte im Februar 1835 und diejenige welche in dem vorhergehenden August erschien, hatte zuerst die Unterschrift » Boz« getragen. Dies war der Spitzname seines von ihm sehr geliebten jüngsten Bruders Augustus, den er zu Ehren des Vicars von Wakefield Moses getauft hatte, was, scherzhaft durch die Nase gesprochen, zu Boses wurde, woraus dann die Abkürzung Boz entstand. »Boz war mir ein wohlbekannter Familienname, lange eh ich mich auf die Schriftstellerei legte, und so kam es, daß ich dies Pseudonym annahm.« So hatte er seine Boz'schen Skizzen vollständig erfunden, noch ehe sie so genannt wurden, oder Jemand ihnen viel Aufmerksamkeit schenkte und die nächste für ihn nöthige Erfindung war eine Art von Bezahlung dafür. Eigenthümer und Redakteur des Monthly Magazine war damals ein Mr. Holland, der aus Bolivars südamerikanischen Feldzügen mit dem Hauptmannsrange zurückgekommen war und gehofft hatte, das Magazin zu einem Mundstück seines feurigen Liberalismus zu machen. Aber sowohl diese Hoffnung als seine Gesundheit scheiterten und er sah sich mit Schmerz genöthigt, die Aufnahme fernerer Skizzen abzulehnen, nachdem sie aufgehört hatten freiwillige Gaben zu sein. Ich glaube nicht, daß er und sein Magazin noch viele Wochen nach einem Abende lebten, den ich im Jahre 1837 mit ihm in Doughty Street zubrachte, wo er in rührender Weise von dem Mißlingen dieser und andrer Unternehmungen seines Lebens und von dem Beistand, welchen Dickens ihm geleistet, redete.

Da das Magazin so keinen Ertrag brachte, war es nur natürlich, daß ihm auch keine Skizzen mehr angeboten wurden und noch ehe die erwähnte Februarnummer erschien, hatte sich auch bereits eine andre Aussicht für dieselben gefunden. Man hatte seit einiger Zeit die Herstellung eines Evening Chronicle, zur Ergänzung des Morning Chronicle, betrieben und eines Dienstag Abends, 20. Januar 1835, theilte Dickens, von seiner Wohnung in Furnivals-Inn aus, einem Landsmanne des Redakteurs, der mit den nöthigen Vorbereitungen beschäftigt war, Mr. George Hogarth, gewisse Hoffnungen und Phantasien mit, die ihn damals erfüllten. Dies war der Anfang seiner Bekanntschaft mit einem hochgebildeten und liebenswürdigen Manne, zu dessen Familie er bald in Beziehungen treten sollte, welche einen Einfluß auf seine ganze künftige Laufbahn ausübten. Hogarth hatte ihn gebeten, ihm zu Gefallen eine neue Skizze für die erste Nummer des Unternehmens zu schreiben und indem er auf diese Aufforderung erwiederte: er sei mit dem größten Vergnügen dazu bereit und werde sich bemühen sein Bestes zu leisten, erwähnte er, was seine Gedanken beschäftigte. Er hoffe, im Vertrauen auf Hogarth's Freundlichkeit, er werde ihn nicht über Gebühr beschweren, wenn er ihn bitte, an der geeigneten Stelle nachzufragen, ob, falls er eine regelmäßige Reihe von Artikeln unter einem anziehenden Titel für das Evening Chronicle beginne, die Redakteure der Ansicht sein würden, daß er Anspruch auf ein besondres Honorar (natürlich zu keinem hohen Betrage) dafür habe. Kurz, er möge den Eigenthümern die Frage vorlegen – erstens, ob eine Fortsetzung von einigen Kapiteln im Styl seiner Straßen-Skizzen für die neue Zeitung wünschenswerth scheine; und zweitens, wenn dies der Fall sei, ob man es nicht recht und billig finde, daß er, während er an dem gewöhnlichen Berichterstatter-Geschäft des Chronicle theilnehme, abgesehen von seinem gewöhnlichen Gehalt als Berichterstatter, auch für jene Artikel besonders honorirt werde? Die Forderung wurde als billig anerkannt, er begann seine Skizzen und sein Gehalt wurde von fünf auf sieben Guineen die Woche erhöht.

Die Skizzen wurden das ganze Jahr hindurch mit unvermindertem Geist und Leben fortgesetzt; aber so viel Aufsehen sie auch außerhalb wie innerhalb der Zeitungswelt erregten, so gewährte doch nichts dem Autor eine so lebhafte Befriedigung, als das aufrichtige Lob, welches sein eigner Redakteur denselben spendete. Black ist einer der Menschen, die eine Welt, der sie durch ihre Arbeiten viel genützt, ohne Anerkennung verlassen haben; aber Niemand konnte beliebter sein bei Allen die ihn kannten, ebensowohl wegen seines liebenswürdigen Humors, als wegen seiner ehrlichen weitherzigen Freude an dem, was vortrefflich war in Andern. Dickens erinnerte sich bis ans Ende, daß es vor Allem der cordiale Beistand dieses guten, alten, Heiterkeit liebenden Mannes gewesen, dem er einen frohen Beginn seiner literarischen Laufbahn verdanke. Es war John Black, der mir den Pantoffel nachwarf, pflegte er zu sagen. »Der liebe alte Black! der erste, der mich von ganzem Herzen würdigte!« ist ein Ausdruck in einem seiner Briefe an mich während des Jahres, in dem er starb.

 

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