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Grüß dich Gott, lieber Leser!

Draußen ringsum an der lieben deutschen Heimat Grenze tobt ein gewaltiger Krieg mit all seinen Schrecken, aber auch mit all seinem Herrlichen und Großen, das treudeutsche Herzen und starke Männerarme vollbringen, und der Lärm des Kampfes dringt hinein in jedes Stübchen, wo Menschenherzen liebewarm fürs Vaterland schlagen, wühlt die Seelen auf und wirft sie hin und her zwischen bangem Fürchten und zuversichtlichem Hoffen auf eine große, schöne Entscheidung, bis das unruhvolle Herz inne wird des vertrauenden Harrens auf Gottes mächtige Hilfe für unsere gerechte Sache und beten kann »Lenker der Schlachten, dich rufen wir! Vater, du führe uns, du segne uns!«

In diesen Tagen wachte in mir wieder mit Allgewalt die Jugendzeit auf, wo auch die Böller krachten, wenn von Frankreichs Schlachtfeldern her ein herrlicher Sieg heimwärts gemeldet worden, wo aber auch alltäglich im Vaterhause ein Dutzend und mehr bekümmerte Menschenseelen sehnsüchtig der Tageszeitung entgegenharrten und dann in erster Linie die Verlustberichte durchgegangen wurden, ob nicht einer der Lieben, die frisch und froh von der Heimat ausgezogen waren, als tot oder verwundet gemeldet wurde. Doch nicht allein des Krieges Leid und Freud stieg aus der Erinnerung auf, auch anderes Gedenken mischte sich in stillen Stunden ein und vor allem tauchten jene schönen Viertelstunden wieder lebendig auf, wo der liebe Vater in der Lichtweile mit seinen Erinnerungen auskramte und mir erzählte von der Heimat altem Tun und Treiben. Was ich davon in des Alters Tage herübergerettet habe, schrieb ich nun im folgenden neben eigenen Erlebnissen zusammen.

Es sind keine lauteren Sagmärlen, wie unsere Altvorderen die reine Dichtung bezeichneten, sondern Wahrheit und Erfindung gemischt. Die Geschichten knüpfen an Leutchen an, die wirklich gelebt haben; freilich habe ich sie etwas zurichten müssen, sonst wären sie manches Mal gar zu ruppig und unverständlich dagestanden und sogar umgetauft habe ich öfter Land und Leute, damit mir niemand den Vorwurf machen könnte, ich hätte seine Ahnen in üblen Ruf gebracht. Dabei sind es fast zu unbedeutende Erlebnisse, als daß sie scheinbar der Beachtung wert wären, aber einmal bringt das Landleben in seinem Abschlusse von der großen Welt nicht leicht den großen Bösewicht hervor, noch auch gleich Großtaten an Opfermut und Edelsinn und dann geleiten sie vielfach in rückwärtige Zeiten mit Sitten und Gebräuchen, von denen lebendige Sage in unserm Volksleben leider unter der Hast der neuen Zeit ganz unterzugehen droht. Das Alte war nicht allemal schlecht und ungut, weil es alt war und das Neue ist nicht immer besser, bloß weil es neu ist. Daß darin Heimatlaute anklingen, war nicht zu umgehen; ihre Schreibweise ist allerdings nicht genau der wirklichen Aussprache angepaßt, denn wer nicht von Jugend auf seinen Schnabel auf die vom Hochdeutschen abweichenden Aussprachen der verschiedenen a, o und u zuspitzen gelernt hat, wird sie kaum mit heimischer Klangfarbe wiedergeben können.

Behüte euch nun Gott, ihr lieben Altheimatleute, auf allen euren Wegen! Grüßet mir die Alten und die Jungen aus den Heimatgauen und alle, die uns stammes- und sprachverwandt sind, sofern sie euch gastlich aufnehmen und an trauter Herdstätte ein kleines Plätzchen gönnen wollen, und wenn ihr es fertig bringen solltet, wieder so ein stilles, friedliches Viertelstündchen in traulicher Feierweile zu bereiten, soll es lieber Lohn und Dank sein auch mir dem altbayerischen Schreiberlein.

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