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Fünftes Kapitel

Zehn Tage waren seit der Gefangennahme Tancreds vergangen; und die Zelte Amaleks und seiner Araber standen noch immer in der steinigen Ruinenstadt. Die Strahlen der aufgehenden Sonne begannen gerade über den Rand des Amphitheaters zu fallen, als vier Berittene, die man unschwer als zu den Kindern Rechabs gehörig erkennen konnte, aus der Schlucht herauskamen. Sie galoppierten über die Ebene und warfen ihre Lanzen unter lautem Kriegsgeschrei in die Luft. Aus dem Halbmond der Zelte kamen andere Krieger zu ihrer Begrüßung heraus und gingen ihnen entgegen. Die Pferde wieherten und die Kamele machten ihre langen Hälse noch länger. Alles war in Bewegung.

Die vier Reiter waren von ihren Landsleuten umringt – aber einer von ihnen ritt stolz durch ihre Reihen hindurch und auf das Zelt des großen Scheiks zu.

»Hast du Kamele mitgebracht, Schidad, Sohn Amrus?« fragte einer der Begrüßenden einen der soeben Angekommenen.

»Wir sind in El Kuds gewesen,« war die Antwort. »Wir haben ein Siegel Salomos zurückgebracht.«

»Was habt ihr in dem gelobten Lande vom Berge Seir bis zur Stadt des Freundes gesehen?«

»Wir fanden die Söhne Hamars bei der Quelle Jumda, wir bemerkten die Spuren vieler Kamele im Passe Garendel, und die Spuren der Kamele im Passe Garendel waren nicht die Spuren der Kamele der Beni-Hamar.«

»Ich hatte einen Traum, und die Kinder von Tora sagten zu mir: ›Wer bist du, der du in das Land der Herden unserer Väter gekommen bist? Sollen nur die Kinder Rechabs die süßen Wasser von Edom trinken?‹ Ich glaube, die Spuren im Passe Garendel waren die Spuren der Kamele der Kinder von Tora.«

»Zwischen den Beni-Tora und den Beni-Hamar herrscht eine Blutfehde,« erwiderte der andere Araber und schüttelte seinen Kopf. »Die Beni-Tora sind in der Wüste von Akiba, und die Beni-Hamar haben ihre Zelte erobert und verbrannt, und ihre Kamele und ihre Weiber sind jetzt in ihren Händen. Darum haben die Söhne Hamars ihre Herden an der Quelle von Jumda getränkt.«

Inzwischen kam die Karawane, deren Vorreiter die vier Bewaffneten gewesen waren, aus dem Passe heraus in die Ebene.

»Schidad, Sohn Amrus,« rief plötzlich einer der Beduinen, »habt ihr einen Harem gefangen?« Mit diesen Worten deutete er auf einige sich nähernde Dromedare, auf denen verschleierte Frauen saßen.

Der große Scheik war inzwischen aus seinem Zelte herausgetreten und schien mit Behagen die Morgenluft einzuatmen. Ein würdiges Lächeln lag über seinem gütigen Antlitz, und ein oder zwei Male fuhr er sich mit der Hand über seinen langen, ehrwürdigen Bart.«

»Mein Schwiegersohn ist ein wahrer Sohn Israels,« murmelte er beifällig vor sich hin. »Er will sein Gold nur seinem eigenen Blute anvertrauen.«

Die Karawane kam jetzt in die Ebene herab, überschritt an der gewöhnlichen Furt den Fluß und bewegte sich dann in der Richtung auf das Amphitheater zu.

Die Reiter hielten, einige von ihnen saßen ab, die Dromedare knieten nieder und Baroni half einer der Frauen von ihrem Sitze. Der große Scheik trat näher und sagte: »Willkommen im Namen Gottes! Willkommen mit tausendfachem Segen!«

»Ich komme im Namen Gottes; ich komme mit tausendfachem Segen«, erwiderte die Dame.

»Und mit tausendfachen anderen guten Dingen«, dachte Amalek bei sich, aber die Araber sind zu höflich, als daß sie je überflüssige Anspielungen auf geschäftliche Dinge machen.

»Hätte ich ahnen können, daß die Königin von Saba mich besuchen würde,« sagte der große Scheik, »so würde ich das Zelt der Mirjam mitgebracht haben. Wie geht es meiner Rose von Saron?« fuhr er fort, während er Eva in sein Zelt hineinbegleitete. »Wie geht es dem Sohne meines Herzens, meinem Besso, der edelmütiger ist denn tausend Könige?«

»Sprich nicht von dem Sohne deines Herzens,« sagte Eva und nahm dabei auf dem Diwan Platz, »sprich nicht von Besso, dem edelmütigen und guten Besso, denn sein Haupt ist mit Asche bestreut und sein Mund ist voller Sand.«

»Was kann das zu bedeuten haben?« dachte Amalek. »Besso ist nicht krank, sonst wäre seine Tochter nicht gekommen. Dieser Pfeil fliegt nicht gerade. Will er mir meine Piaster herunterhandeln? Diese Söhne Israels, die in den Städten wohnen, erfrechen sich, mit ihren Federn gegen unsere Speere anzugehen. Ich werde mir das aber nicht bieten lassen, ich werde so hartnäckig wie ein Kamel sein.«

Jetzt traten Sklaven herein und brachten Kaffee und Brot. Während sie aßen, fragte der Scheik mancherlei: wann sie Jerusalem verlassen, wo sie in der Wüste übernachtet hätte, ob sie irgend welche anderen Stämme getroffen hätten usw. Dann bot er seiner Enkelin seinen eigenen Tschibuk an, den diese mit zeremoniöser Gewissenhaftigkeit annahm, aber sofort wieder zurückgab, da inzwischen ihre eigene aromatische Nargileh ihr gebracht worden war.

Eva sah in ihres Großvaters ruhiges, freundliches, höfliches Antlitz, aber sie kannte ihn viel zu gut, um nur einen Augenblick zu glauben, sein Äußeres spiegele in irgend einer Weise die Gedanken seines Innern wieder. Plötzlich sagte sie in einer Art nachlässigen Tones: »Und warum ist der Herr der syrischen Weiden in dieser Wüste, die sicherlich ein Gott einst verflucht hat?«

Der große Scheik nahm seine Pfeife aus dem Munde und blies den Rauch langsam wieder aus der Nase heraus, eine Leistung, auf die er sehr stolz war. Dann erwiderte er mit großer Ruhe: »Aus demselben Grunde, aus dem ein Mann, der Baroni heißt, El Kuds besucht hat.«

»Der Mann, der Baroni heißt, kam, um Hilfe für seinen Lord zu erbitten, der dein Gefangener ist.«

»Und ebenfalls, um zwei Millionen Piaster mitzubringen«, fügte Amalek hinzu.

»Zwei Millionen Piaster? Warum nicht gleich den Thron Salomos?«

»Der ebenfalls, wenn nötig, gegeben werden würde,« setzte Amalek hinzu. »Wurde es nicht im Diwan Bessos erzählt, daß, wenn der fränkische Prinz den Tempel wieder aufbauen wollte, das Geld dazu ebenfalls vorhanden wäre?«

»Irgend ein städtischer Schwätzer hat das vielleicht so hingeplappert«, sagte Eva verächtlich.

»Dein Vater selber, Tochter Bessos, hat dies erzählt, dein Vater, der, obwohl er in Städten lebt, doch nicht die Behauptung aufstellen wird, daß Mandeln Perlen sind.«

Eva ließ sich ebenfalls äußerlich nichts merken, obgleich es ihr unangenehm war, ihren Großvater über alles, was unter ihrem Dache passiert war, sowie über die großen Geldmittel seines Gefangenen so gut unterrichtet zu sehen. Die letzte Antwort des großen Scheiks war im übrigen zu entschieden gewesen, um ihr direkt mit irgend einem Hinweis auf die gewöhnliche Übertreibung solcher Gerüchte zu begegnen; Eva hielt es darum für geraten, auf etwas anderes überzugehen und sagte mit sanfter Stimme: »Du hast mich noch nicht gefragt, Vater meiner Mutter, warum Besso so bekümmert ist.«

»Es gibt viele Sorgen in dieser Welt: hat er Schiffe verloren? Wenn ein Mann nur gesund ist, alles andere sind Träume. Und Besso braucht keinen Hakim, Arabisch für »Arzt«. sonst würdest du nicht hier sein, Rose von Saron.«

»Das Licht in unseren Augen mag schon finster geworden sein, obwohl wir immer noch essen und trinken können,« sagte Eva. »Und Besso ist etwas passiert, das eines Kindes Haar in der Wiege zum Ergrauen bringen könnte.«

»Wer hat seinen Brunnen vergiftet? Hat er sich mit der Pforte überworfen?« fragte der Scheik, ohne sie anzusehen.

»Nicht seine Feinde haben ihm diesen Stich in den Rücken versetzt.«

»Hm«, sagte der große Scheik.

»Und das betrübt sein Herz um so mehr«, sagte Eva.

»Er wohnt zu lange in der Stadt,« sagte der große Scheik. »Er sollte, anstatt deiner, mein Kind, zu uns in die Wüste gekommen sein. Er hätte das Lösegeld selber mitbringen sollen.« Bei diesen Worten ließ der große Scheik wieder seiner Nase zwei Rauchwolken entsteigen.

»Wer immer das Geld auch überbringen mag, es wird aus der Tasche meines Vaters kommen,« sagte Eva. »Er ist der Gefangene, nicht dieser fränkische Fürst, wie du anzunehmen scheinst.«

»Dein Vater will mit mir handeln«, sagte der große Scheik mit barscher Stimme und sah dabei seiner Enkelin voll in das Gesicht.

»Wenn mein Vater unedle Absichten hätte,« sagte Eva in liebenswürdigem, aber traurigem Tone, »hätte er dir dann die Eskorte der Pilger ohne jeden Abzug und ohne jede Bedingung übertragen?«

Der große Scheik nahm einen langen Zug aus seinem Tschibuk. Nach einer kleinen Pause sagte er: »In einer Familie sollten stets Eintracht und guter Wille herrschen, und vor allem sollte einer vor dem anderen offen sein. Wieviel will die englische Königin für ihren Bruder bezahlen?«

»Er ist nicht der Bruder der englischen Königin«, sagte Eva.

»Nicht, wenn er als Gefangener in meinem Zelte weilt,« sagte Amalek mit schlauem Lächeln, »aber setze ihm einen runden Hut in einer Stadt auf, und er ist der Bruder der englischen Königin.«

»Wer er auch immer sein mag, er ist Bessos Schutzbefohlener, und Besso ist mein Vater und dein Sohn,« sagte Eva, »und Besso hat auf Ehre und Gewissen versprechen müssen, daß dem jungen Fürsten kein Leid widerfahren solle. Darum nimmt er an ihm den innigsten Anteil. Soll man sich in den Basaren der Franken erzählen, daß er, um sein Interesse zu beweisen, nichts Eiligeres zu tun gehabt hätte, als den jungen Mann in die Wüste zu schicken, damit ihn sein Schwiegervater dort abfinge?«

»Warum heirateten meine Töchter Leute, die in Städten wohnen?« fragte der alte Scheik spöttisch.

»Warum heirateten sie Männer, die dich mit dem Ägypter versöhnten, damals, als selbst die Wüste dir keine Zuflucht mehr bieten konnte? Warum heirateten sie Männer, die dir die Eskorte der Mekkapilger verschafft und dir die Milch von zehntausend Kamelen gegeben haben?«

»Wahrlich, es gibt nur einen Gott in der Wüste und in der Stadt,« sagte Amalek. »Aber sage mir, Rose von Saron, wie viele Piaster hast du mir mitgebracht?«

»Wenn du in Nöten bist, so wird Besso dich unterstützen, wie bisher; wenn du Kamele kaufen willst, so wird Besso dir das Geld dazu geben, wie bisher, aber wenn du für seinen Schutzbefohlenen, den du auf deinem besten Pferde hättest nach Jerusalem schicken sollen, Lösegeld beanspruchen solltest, so wird er dir keinen Para geben.«

»Das Ende der Welt ist gekommen«, sagte Amalek und stieß einen wilden Seufzer aus.

»Ich bin ja auch noch da,« sagte Eva, »ich, das einzige Kind deiner Tochter, und unbewaffnet dazu! Warum nimmst du mich denn nicht gefangen und gehst Besso um Lösegeld an? Verlange ruhig vier Millionen Piaster! Er kann sie sicherlich auftreiben. Er kann ja in alle syrischen Städte Boten schicken und seinen Brüdern mitteilen, daß ein Beduinenscheik seine Tochter und ihre Sklavinnen gefangen genommen hat – das Lösegeld wird er schon auftreiben können. Er braucht ja nicht zu berichten, daß dieser Beduinenscheik ihm für tausend Wohltaten verpflichtet ist, daß sein Gesicht dunkler als der Simum war, bevor er ihn mit dem großen Pascha aussöhnte, daß dieser Beduinenscheik, der jetzt hochmütig auf die Stadtbewohner herabsieht, einst sehr bescheiden selbst nach Esch Sham Damaskus. gekommen ist und dort um den Kontrakt für das Pilgergeleit bettelte, der ihm seine zehntausend Kamele eingebracht hat. Das könnte Besso alles verschweigen und auch davon nichts erwähnen, daß der Räuber sein eigener Vater ist!«

»Was hat der Frankenprinz mit dir und den Deinigen zu tun?« fragte Amalek. »Er ist in unser Land gekommen, wie seine Brüder, um die Sonne zu sehen und um Schätze in unseren Ruinen zu suchen und er hat, wie sie alle, an deinen Vater etwas Geschriebenes mitgebracht, das so viel bedeutet, als: ›Gib diesem Mann, um was er dich bittet, und wir werden diesen Leuten wiedergeben, um was sie uns bitten.‹ Ich verstehe das alles recht gut: alle Welt kommt zu deinem Vater, weil er Geldgeschäfte macht und der einzige Mann in Syrien ist, der überhaupt Geld besitzt. Wenn er zahlt, bekommt er es ersetzt. Nicht wahr, Eva? Tochter meines Blutes, lasse uns in Frieden scheiden; gib mir eine Million Piaster und hundert Kamele der Witwe des Scheiks Salem und nimm den Bruder der englischen Königin mit dir.«

»Die Witwe des Scheiks Salem soll ihre Kamele erhalten,« sagte Eva mit freundlicher Stimme, »aber für diesen Fremden hier darfst du kein Lösegeld fordern. Wenn du eine Million Piaster nötig haben solltest, so wird Besso sie seinem Schwiegervater, dem großen Scheik, den er lieb hat, leihen oder gar schenken. Aber dieser Franke, Vater meiner Väter, und das Wort Lösegeld dürfen nicht in einem Atem zusammen genannt werden. Die Ehre, die Wohlfahrt, die Sicherheit und der gute Ruf Bessos stehen auf dem Spiele und geraten in die höchste Gefahr, wenn du nicht sofort diesen jungen Mann mit einem schönen Geschenke versehen auf ein Dromedar setzt und nach El Kuds zurückschickst.«

Der große Scheik stöhnte laut auf.

»Habe ich ein Tor geöffnet, das ich nicht mehr schließen kann?« sagte er endlich. »Was ich begonnen habe, muß ich auch zu Ende führen. Soll ich die Kinder Rechabs von den schönen Wässern von Costal hier in diese Wüste geführt haben, um schließlich ihre Börse mit Steinen zu füllen? Wird man mir bei der Rückkehr nicht mit Recht vorwerfen, daß mein Bart zu weiß geworden ist? Darum muß ich mit dieser Geschichte bald zu Ende kommen. Nenne mir die Summe, meine Tochter, die du geben willst, denn der Prinz, der Bruder der Königinnen, mag morgen schon zu Staub geworden sein.«

»Was heißt das?« fragte Eva mit unruhiger Stimme.

»Er ist ein merkwürdiger Mann,« erwiderte Amalek. »Nachdem dieser Baroni nach El Kuds abgereist war, fragte mich der Frankenprinz um die Erlaubnis, Dschebel Musa besuchen zu dürfen und ich gab seinem Wunsche nach. Ob seine Wunde durch diese Reise sich wieder entzündet hat oder er Kummer über seine Gefangenschaft empfindet – denn diese Franken betrüben sich häufig um ein Nichts – weiß ich nicht, genug, als er zurückkam, war er ganz verworren und jetzt liegt er in seinem Zelt und bildet sich ein, er wäre noch auf dem Sinai. Das Fieber dauert schon fünf Tage und Schidad, der Sohn Amrus, meint, der sechste Tag könnte ihn in die höchste Gefahr bringen, es sei denn, daß ihm die Galle eines Phönix eingegeben würde, und solch einen Vogel gibt es nicht in dieser Gegend Arabiens. Aber du, Kind meiner Kinder, bist ein großer Hakim; gehe du zu dem jungen Prinzen und versuche deine Kunst an ihm; denn wenn er stürbe, könnten wir kein Lösegeld für ihn verlangen, und ich würde meine Piaster verlieren und dein Vater den Bakschisch, den ich ihm für dieses Geschäft unzweifelhaft hätte zukommen lassen.«

»Das ist höchst schmerzlich«, murmelte Eva vor sich hin und überhörte dabei ganz die darauf folgenden Bemerkungen ihres Großvaters.

In diesem Augenblicke ging der Zeltvorhang zurück und Fakredin trat ein. Als seine Augen und diejenigen Evas sich begegneten, bedeckte er sein Gesicht mit beiden Händen.

»Wie geht es dem jungen fränkischen Fürsten?« fragte Amalek.

Der junge Emir trat näher und warf sich Eva zu Füßen. »Wir müssen die Rose von Saron inständig bitten, ihn zu besuchen,« sagte er, »denn es gibt in ganz Arabien keinen Hakim, der geschickter ist, als sie. Jawohl, ich kam hierher, um dich zu begrüßen und um dich gleichzeitig zu bitten, diesem edlen Kranken deine Hilfe angedeihen zu lassen«, und dabei sah er auf und schaute ihr mit flehentlicher Gebärde in das Antlitz.

»Auch du hast wohl Angst,« erwiderte Eva in leicht vorwurfsvollem Tone, »durch seinen Tod deinen Teil des Lösegeldes verlieren zu können?«

Der Emir warf ihr einen ängstlichen, abbittenden Blick zu, ließ dann den Kopf sinken und drückte seine Lippen auf das Beduinenkleid, das sie trug. »Es ist ein unglücklicher Zufall, aber glaube mir, teuerste Freundin, nur ein Zufall. Ich war gerade auf der Jagd, ich war – –«

»Du wirst in mir den Glauben an deinen Verstand noch ebenso erschüttern, wie den an deine Zuverlässigkeit, wenn du fortfährst, derartige Entschuldigungen vorzubringen«, sagte Eva.

»Ach, wenn du ihn nur kennen würdest,« sagte Fakredin, »du würdest verstehen, warum ich mit Freuden selbst mein Leben für das seinige hingeben könnte. Ich bin so wenig auf das Lösegeld versessen,« fügte er in ernstem Flüstertone hinzu, »daß ich ihm schon die Flucht vorgeschlagen hatte, damals, als er zum Sinai, zu diesem elenden Sinaiberge pilgern wollte. Ich hätte ihn auch in Sicherheit bringen können: ich hatte zwei Dromedare hier, Vollbluttiere, wir hätten Hebron erreichen können, bevor – –«

»Du bist also mit ihm zum Sinai gegangen?«

»Nein, er wollte es nicht haben, er sagte, er wünschte allein und ohne zu sprechen dorthin zu pilgern. Einer der Beduinen, der ihn begleitete, erzählte mir, daß sie im Tale haltgemacht hätten und daß er allein auf den Berg gegangen und einen Tag und eine Nacht oben geblieben wäre. Als er wieder hierher zurückkam, sah er ganz verändert aus. Schnell kamen ihm die Worte aus dem Munde, seine Augen funkelten unheimlich, er behauptete, einen Engel gesehen zu haben und am nächsten Morgen war er in demselben Zustande, in dem er heute noch ist. Ich habe geweint, ich habe die Gebete aller Religionen für ihn hergesagt, ich habe seine Schläfe mit Liban benetzt und sein Zelt mit allerlei Zauberschmuck behangen – Rose von Saron! Eva, liebste, beste Eva, ich setze in niemand mehr Vertrauen, als in dich! Besuche ihn, ich flehe dich an, gehe zu ihm! Wenn du ihn kennen würdest, wenn du nur einmal seine Stimme gehört haben würdest, wenn du von der Größe seiner Gedanken und Ideen eine Ahnung haben würdest, du würdest dich nicht solange bitten lassen. Aber leider kennst du ihn nicht, du hast ihn nie gesprochen, nie gesehen oder weder ich noch du, noch irgend jemand von uns wäre jetzt in so schrecklicher Lage.«


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