Charles Darwin
Die Abstammung des Menschen
Charles Darwin

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Wir können nun Mr. Wallace's Argumente in Bezug auf die geschlechtliche Färbung der Vögel betrachten. Er glaubt, daß die ursprünglichen von den Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangten glänzenden Farben in allen oder beinahe allen Fällen auf die Weibchen überliefert worden wären, wenn diese Übertragung nicht durch natürliche Zuchtwahl gehemmt worden wäre. Ich will hier den Leser daran erinnern, daß verschiedene auf diese Ansicht sich beziehende Thatsachen bereits in dem Abschnitte über Reptilien, Amphibien, Fische und Lepidoptern gegeben worden sind. Mr. Wallace gründet seine Ansicht hauptsächlich, aber nicht ausschließlich, wie wir im nächsten Capitel sehen werden, auf die folgende Angabe,Journal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I. 1868, p. 78. daß, wenn beide Geschlechter in einer sehr auffallenden Weise gefärbt sind, das Nest von einer solchen Natur ist, daß es die auf den Eiern sitzenden Vögel verbirgt, daß aber, wenn ein ausgesprochener Contrast der Farbe zwischen den Geschlechtern besteht, wenn das Männchen hell und das Weibchen düster gefärbt ist, das Nest dann offen ist und die auf den Eiern sitzenden Vögel den Blicken aussetzt. Dieses Zusammentreffen unterstützt, soweit es vorkommt, sicherlich die Annahme, daß die Weibchen, welche auf offenen Nestern sitzen, zum Zwecke des Schutzes speciell modificiert worden sind; wir werden aber sofort sehen, daß es noch eine andere und wahrscheinlichere Erklärung giebt, nämlich die, daß auffallend gefärbte weibliche Vögel häufiger als trübe gefärbte den Instinct erlangt haben, kuppelförmige Nester zu bauen. Mr. Wallace giebt zu, daß, wie sich hätte erwarten lassen, einige Ausnahmen von diesen beiden Regeln existieren; es ist aber die Frage, ob die Ausnahmen nicht so zahlreich sind, daß die Regeln ernstlich erschüttert werden.

An erster Stelle liegt in der Bemerkung des Herzog von ArgyllJournal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I. 1868, p. 281. viel Wahres, daß ein großes kuppelförmiges Nest einem Feinde viel auffälliger ist, besonders allen auf Bäumen jagenden fleischfressenden Thieren, als ein kleineres offenes Nest. Auch dürfen wir nicht vergessen, daß bei vielen Vögeln, welche offene Nester bauen, die Männchen ebensogut wie die Weibchen auf den Eiern sitzen und letztere bei dem Ernähren der Jungen unterstützen. Dies ist z. B. der Fall bei Pyranga aestiva,Audubon, Ornithological Biography. Vol. I, p. 233. einem der glänzendsten Vögel in den Vereinigten Staaten: das Männchen ist scharlachroth, das Weibchen hellbräunlich-grün. Wenn nun brillante Färbungen für Vögel, während sie auf ihren offenen Nestern sitzen, äußerst gefährlich wären, so würden in diesen Fällen die Männchen bedeutend gelitten haben. Es kann indessen für das Männchen von einer so capitalen Bedeutung sein, glänzend gefärbt zu werden, um seine Rivalen zu besiegen, daß etwaige weitere Gefahren hierdurch mehr als ausgeglichen werden.

Mr. Wallace giebt zu, daß bei den Königskrähen (Dicrurus), Golddrosseln (Orioli) und Prachtdrosseln (Pittidae) die Weibchen auffallend gefärbt sind und doch offene Nester bauen. Er betont aber, daß die Vögel der ersten Gruppe in hohem Grade kampfsüchtig sind und sich selbst vertheidigen können, daß diejenigen der zweiten Gruppe äußerste Sorgfalt darauf verwenden, ihre offenen Nester zu verbergen; doch gilt dies nicht für alle Fälle ohne Ausnahme;Jerdon, Birds of India. Vol. II, p. 108. Gould's Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 463. und daß bei den Vögeln der dritten Gruppe die Weibchen hauptsächlich an der Unterfläche glänzend gefärbt sind. Außer diesen Fällen bietet die ganze Familie der Tauben, welche zuweilen hell und beinahe immer auffallend gefärbt sind und welche notorisch den Angriffen von Raubvögeln sehr ausgesetzt sind, eine bedenkliche Ausnahme von der Regel dar; denn Tauben bauen beinahe immer offene und exponierte Nester. In einer anderen großen Familie, der der Colibris, bauen alle Species offene Nester, und doch sind bei einigen der prachtvollsten Species die Geschlechter einander gleich, und in der Majorität der Arten sind die Weibchen, wenn auch weniger brillant als die Männchen, aber doch hell gefärbt. Auch kann nicht behauptet werden, daß alle weiblichen Colibris, welche hell gefärbt sind, dadurch der Entdeckung entgehen, daß ihre Farbentöne grün sind; denn einige entfalten auf ihrer oberen Fläche rothe, blaue und andere Färbungen.So hat z. B. die weibliche Eupetomena macroura einen dunkelblauen Kopf und Schwanz und röthliche Weichen; die weibliche Lampornis porphyrurus ist schwärzlich-grün auf der oberen Fläche und hat Zügel und Seiten der Kehle carmoisin; die weibliche Eulampis jugularis hat den Scheitel des Kopfes und den Rücken grün, aber die Weichen und der Schwanz sind carmoisin. Es ließen sich noch viele andere Beispiele von in hohem Grade auffallenden Weibchen anführen. s. Mr. Gould's prachtvolles Werk über diese Familie.

Was die Vögel betrifft, welche in Höhlen nisten oder sich kuppelförmige Nester bauen, so werden, wie Mr. Wallace bemerkt, außer dem Verbergen noch andere Vortheile dadurch erreicht, so Schutz gegen Regen, größere Wärme und in warmen Ländern Schutz gegen die Sonnenstrahlen,Mr. Salvin beobachtete in Guatemala (Ibis, 1864, p. 375), daß Colibris viel weniger gern ihre Nester in sehr warmem Wetter verließen, wenn die Sonne hell schien, als während kalten, wolkigen oder regnerischen Wetters, gerade als fürchteten sie, daß ihre Eier darunter litten. so daß in dem Umstande, daß viele Vögel, von denen beide Geschlechter dunkel gefärbt sind, verborgene Nester bauen,Ich will als Beispiele von düster gefärbten Vögeln, welche verborgene Nester bauen, die zu acht australischen Gattungen gehörenden Species erwähnen, welche in Gould's Handbook to the Birds of Australia, Vol. I, p. 340, 362, 365, 383, 387, 389, 391 und 414 beschrieben sind. kein gültiger Einwurf gegen seine Ansicht liegt. Das Weibchen des Hornvogels (Buceros) z. B. in Indien und Afrika ist während der Zeit des Nistens außerordentlich sorgfältig geschützt; denn dasselbe klebt die Höhle, in welcher es auf seinen Eiern sitzt, mit seinen eigenen Excrementen fast ganz zu und läßt nur eine kleine Öffnung, durch welche hindurch das Männchen es nährt, frei. Das Weibchen wird auf diese Weise während der ganzen Bebrütungszeit in enger Gefangenschaft gehalten;C. Horne in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 243. und doch sind weibliche Hornvögel nicht augenfälliger gefärbt, als viele andere Vögel von gleicher Größe, welche offene Nester bauen. Wie mir Mr. Wallace selbst zugiebt, liegt ein bedenklicher Einwurf gegen seine Ansicht darin, daß in einigen wenigen Gruppen die Männchen glänzend gefärbt, die Weibchen dunkel sind und trotzdem die letzteren ihre Eier in bedeckten Nestern ausbrüten. Dies ist der Fall mit den Grallinen von Australien, mit den Maluriden desselben Landes, den Nectariniden und mit mehreren der australischen Honigsauger oder Meliphagiden.Über das Nisten und die Farben dieser letzten Species s. Gould's Handbook etc. Vol. I, p. 504, 527.

Wenn wir die Vögel von England betrachten, so stellt sich heraus, daß kein enges und allgemein bestehendes Verhältnis zwischen den Farben des Weibchens und der Natur des Nestes, welches dasselbe baut, vorhanden ist. Ungefähr vierzig unserer britischen Vögel (mit Ausnahme der von bedeutender Größe, welche sich selbst vertheidigen können) nisten in Höhlungen, an Ufern, an Flüssen oder Bäumen, oder bauen sich gewölbte Nester. Wenn wir die Farben des weiblichen Stieglitz, Gimpel oder der Amsel als Maßstab für den Grad der Augenfälligkeit annehmen, welche für das auf den Eiern sitzende Weibchen von keiner großen Gefahr ist, so kann man unter den eben erwähnten vierzig Vögeln nur die Weibchen von zwölf als in einem gefährlichen Grade auffallend gefärbt betrachten, wogegen die übrigbleibenden achtundzwanzig nicht auffällig sind.Ich habe über diesen Gegenstand Macgillivray's British Birds zu Rath gezogen, und obschon man in einigen Fällen in Bezug auf den Grad des Verborgenseins des Nestes und rücksichtlich des Grades der Auffälligkeit des Weibchens Zweifel hegen kann, so können doch die folgenden Vögel, welche sämmtlich ihre Eier in Höhlen oder kuppelförmige Nester legen, nach dem oben angenommenen Maßstabe kaum als auffällig betrachtet werden: Passer, 2 Species; Sturnus, wo das Weibchen beträchtlich weniger glänzend ist als das Männchen; Cinclus, Motacilla boarula (?); Erithacus (?); Fruticola, 2 Sp.; Saxicola; Ruticilla, 2 Sp.; Sylvia, 3 Sp.; Parus, 3 Sp.; Mecistura; Anorthura; Certhia; Sitta; Iynx; Muscicapa, 2 Sp.; Hirundo, 3 Sp. und Cypselus. Die Weibchen der folgenden zwölf Vögel können nach dem nämlichen Maßstabe für auffällig angesehen werden, nämlich: Pastor, Motacilla alba, Parus major und P. caeruleus, Upupa, Picus, 4 Sp., Coracias, Alcedo und Merops. Es besteht auch keine nahe Beziehung zwischen einer scharf ausgeprägten Verschiedenheit in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern und der Beschaffenheit des gebauten Nestes. So weicht der männliche Haussperling (Passer domesticus) sehr vom Weibchen ab, wogegen der männliche Baumsperling (Passer montanus) kaum irgendwie vom Weibchen verschieden ist; und doch bauen beide wohlverborgene Nester. Die beiden Geschlechter des gemeinen Fliegenschnäppers (Muscicapa grisola) können kaum von einander unterschieden werden, während die Geschlechter des gefleckten Fliegenschnäppers (M. luctuosa) beträchtlich von einander abweichen, und beide nisten in Höhlen. Die weibliche Amsel (Turdus merula) weicht bedeutend, die weibliche Ringamsel (T. torquatus) nur wenig und das Weibchen der gemeinen Drossel (T. musicus) kaum irgendwie von dem betreffenden Männchen ab, und doch bauen sie sämmtlich offene Nester. Andererseits baut die ziemlich nahe mit den Genannten verwandte Wasseramsel (Cinclus aquaticus) ein gewölbtes Nest und die Geschlechter weichen hier ungefähr so viel von einander ab wie bei der Ringamsel. Das Birkhuhn und Moorhuhn (Tetrao tetrix und T. scoticus) bauen offene Nester in gleichmäßig wohlverborgenen Örtlichkeiten. Doch weichen in der einen Species die Geschlechter bedeutend und in der anderen sehr wenig von einander ab.

Trotz der im Vorstehenden aufgezählten Einwürfe kann ich nach Durchlesen von Mr. Wallace's ausgezeichneter Abhandlung nicht zweifeln, daß im Hinblick auf die Vögel der ganzen Erde eine bedeutende Majorität derjenigen Species, bei denen die Weibchen auffallend gefärbt sind (und in diesen Fällen sind die Männchen mit seltenen Ausnahmen in gleicher Weise auffallend gefärbt), verborgene Nester zum Zwecke eines Schutzes bauen. Mr. Wallace zähltJournal of Travel, edited by A. Murray. Vol. I, p. 78. eine lange Reihe von Gruppen auf, in welchen diese Regel Gültigkeit hat. Es wird aber genügen, wenn ich hier als Beispiel die bekannteren Gruppen der Eisvögel, Tukans, Kurukus (Trogones), Brutvögel (Capitonidae), Pisangfresser (Musophagae), Spechte und Papageien anführe. Mr. Wallace glaubt, daß in diesen Gruppen die prachtvollen Färbungen, in dem Maße als die Männchen dieselben durch geschlechtliche Zuchtwahl allmählich erlangt haben, auf die Weibchen überliefert und wegen des Schutzes, welchen dieselben bereits durch die Art und Weise ihres Nestbaues erhielten, nicht wieder beseitigt wurden. Dieser Ansicht zufolge erlangten diese Vögel die jetzige Art und Weise des Nistens früher als die sie jetzt schmückenden Farben. Es scheint mir aber viel wahrscheinlicher zu sein, daß in den meisten Fällen die Weibchen, – wie dieselben dadurch immer mehr und mehr glänzend gefärbt wurden, daß sie an der Färbung des Männchens theilnahmen, – allmählich dazu geführt wurden, ihre Instincte zu verändern (allerdings unter der Annahme, daß sie ursprünglich offene Nester bauten) und sich durch das Errichten kuppelförmiger oder verborgener Nester Schutz zu suchen. Niemand, welcher z. B. Audubon's Beschreibung der Verschiedenheiten in dem Nestbaue einer und der nämlichen Species in den nördlichen und südlichen Vereinigten Staaten liest,s. viele Angaben hierüber in der »Ornithological Biography«. s. auch einige merkwürdige Beobachtungen über die Nester italienischer Vögel von Eugenio Bettoni in den Atti della Società Italiana. Vol. XI. 1869, p. 487. wird eine besondere Schwierigkeit darin finden, zuzugeben, daß Vögel entweder durch eine Veränderung (im strengsten Sinne des Wortes) ihrer Lebensweise oder durch die natürliche Zuchtwahl sogenannter spontaner Abänderungen des Instincts leicht dahin gebracht werden können, die Art und Weise ihres Nestbaues zu modificieren.

Diese Art, das Verhältnis zwischen der hellen Färbung weiblicher Vögel und ihrer Weise, Nester zu bauen, soweit ein solches gültig ist, zu betrachten, erfährt durch gewisse analoge Fälle Unterstützung, welche in der Wüste Sahara vorkommen. Hier leben, wie in den meisten anderen Wüsten, verschiedene Vögel und viele andere Thiere, deren Färbung in einer wunderbaren Weise der Färbung der umgebenden Erdoberfläche angepaßt ist. Nichtsdestoweniger bestehen, wie mir Mr. Tristram mitgetheilt hat, einige merkwürdige Ausnahmen von dieser Regel. So ist das Männchen von Monticola cyanea wegen seiner hellblauen Farbe auffallend und das Weibchen ist beinahe in gleicher Weise auffallend wegen seines gefleckten und braunen Gefieders. Beide Geschlechter von zwei Species von Dromolaea sind von einem glänzenden Schwarz. Diese drei Vögel sind daher weit entfernt davon, durch ihre Farbe Schutz zu erhalten, und doch sind sie im Stande zu leben, denn sie haben die Gewohnheit erlangt, bei drohender Gefahr in Höhlen oder Felsenspalten Zuflucht zu suchen.

In Bezug auf die oben angeführten Gruppen von Vögeln, bei denen die Weibchen auffallend gefärbt sind und verborgene Nester bauen, ist es nicht nöthig, anzunehmen, daß bei jeder einzelnen Species der nestbauende Instinct speciell modificiert worden ist, sondern nur, daß die früheren Urerzeuger einer jeden Gruppe allmählich dazu gebracht wurden, kuppelförmige oder verborgene Nester zu errichten, und später diesen Instinct in Verbindung mit ihrer hellen Farbe auf ihre modificierten Nachkommen vererbten. Diese Folgerung ist, soweit sie zuverlässig ist, interessant. Sie zeigt nämlich, daß geschlechtliche Zuchtwahl in Verbindung mit gleichmäßiger oder nahezu gleichmäßiger Vererbung auf beide Geschlechter indirect die Art und Weise des Nestbaues bei ganzen Gruppen von Vögeln bestimmt hat.

Selbst in den Gruppen, bei welchen Mr. Wallace zufolge die Weibchen ihre hellen Farben nicht durch natürliche Zuchtwahl verloren haben, weil sie in Folge ihrer Art des Nestbaues bereits geschützt sind, weichen die Männchen oft in einem ganz unbedeutenden und gelegentlich in einem beträchtlichen Grade von den Weibchen ab. Dies ist eine sehr bezeichnende Thatsache; denn derartige Verschiedenheiten in der Färbung müssen aus dem Principe erklärt werden, daß einige der Abänderungen bei dem Männchen vom Anfange an in ihrer Überlieferung auf ein und das nämliche Geschlecht beschränkt gewesen sind, da sich doch kaum behaupten läßt, daß diese Verschiedenheiten, besonders wenn sie sehr unbedeutend sind, als ein Schutz für das Weibchen dienen. So bauen alle Species in der glänzenden Gruppe der Kurukus (Trogones) in Höhlen und Mr. Gould giebt Abbildungens. seine Monographie der Trogoniden, erste Ausgabe. von beiden Geschlechtern von fünfundzwanzig Species, bei welchen sämmtlich, mit einer theilweisen Ausnahme, die Geschlechter zuweilen unbedeutend, zuweilen auffallend in der Farbe von einander abweichen, wobei die Männchen immer schöner als die Weibchen sind, trotzdem auch die letzteren schön sind. Alle Species von Eisvögeln bauen in Höhlen und bei den meisten der Species sind die Geschlechter gleichmäßig glänzend, und soweit hat Mr. Wallace's Regel Gültigkeit. Aber bei einigen der australischen Species sind die Farben des Weibchens im Ganzen etwas weniger lebhaft als die des Männchens und in einer glänzend gefärbten Art weichen die Geschlechter so bedeutend von einander ab, daß sie Anfangs für specifisch verschieden gehalten wurden.Nämlich Cyanalcyon. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 133. s. auch p. 130, 136. Mr. R. B. Sharpe, welcher diese Gruppe specieller studiert hat, hat mir einige amerikanische Species (Ceryle) gezeigt, bei denen die Brust des Männchens einen schwarzen Gürtel trägt. Ferner ist auch bei Carcineutes die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern in die Augen fallend; bei dem Männchen ist die obere Fläche düster blau mit Schwarz gebändert, während die untere Fläche theilweise rothbraun gefärbt ist; auch findet sich um den Kopf herum viel Roth. Beim Weibchen ist die obere Fläche röthlich-braun mit Schwarz gebändert und die untere Fläche ist weiß mit schwarzen Zeichnungen. Es ist eine interessante Thatsache, da sie zeigt, wie dieselbe eigenthümliche Art geschlechtlicher Färbungen oft verwandte Formen charakterisiert, daß in drei Species von Dacelo das Männchen vom Weibchen nur darin abweicht, daß der Schwanz dunkelblau mit Schwarz gebändert ist, während der Schwanz des Weibchens braun mit schwärzlichen Querbalken ist, so daß hier der Schwanz der beiden Geschlechter in seiner Färbung in genau derselben Weise verschieden ist, wie die ganze obere Fläche bei den beiden Geschlechtern von Carcineutes.

Unter den Papageien, welche gleichfalls in Höhlen nisten, finden wir analoge Fälle. In den meisten Arten sind beide Geschlechter glänzend gefärbt und nicht von einander zu unterscheiden, aber in nicht wenigen Species sind die Männchen im Ganzen lebhafter gefärbt als die Weibchen, oder selbst sehr verschieden von jenen. So ist neben anderen scharf ausgesprochenen Verschiedenheiten die ganze untere Fläche des männlichen Königslori (Aprosmictus scapulatus) scharlachroth, während die Kehle und Brust des Weibchens grün mit Roth gefärbt ist. Bei der Euphema splendida besteht eine ähnliche Verschiedenheit; das Gesicht und die Flügeldeckfedern des Weibchens sind außerdem von einem blasseren Blau als beim Männchen.Bei den Papageien von Australien läßt sich in der Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern jede Abstufung verfolgen. s. Gould's Handbook. Vol. II, p. 14-102. In der Familie der Meisen (Parinae), welche verborgene Nester bauen, ist das Weibchen unserer Blaumeise (Parus caeruleus) »viel weniger hell gefärbt« als das Männchen, und bei der prachtvollen gelben Sultanmeise von Indien ist die Verschiedenheit noch größer.Macgillivray, History of British Birds. Vol. II, p. 433. Jerdon, Birds of India. Vol. II, p. 282.

Es sind ferner in der großen Gruppe der SpechteAlle die folgenden Thatsachen sind dem prachtvollen Werke Malherbe's Monographie des Picidées, 1861, entnommen. die Geschlechter allgemein nahezu gleich, aber bei dem Megapicus validus sind alle die Theile des Kopfes, des Halses und der Brust, welche bei den Männchen carmoisinroth sind, beim Weibchen blaßbraun. Da bei mehreren Spechten der Kopf hell scharlachroth ist, während der des Weibchens einfach gefärbt ist, so kam mir der Gedanke, daß diese Färbung möglicherweise das Weibchen in einem gefährlichen Grade auffallend machen würde, sobald es seinen Kopf aus der das Nest enthaltenden Höhle herausstreckt, und daß in Folge hiervon diese Färbung in Übereinstimmung mit der Ansicht Mr. Wallace's beseitigt worden sei. Diese Ansicht wird durch das unterstützt, was Malherbe in Bezug auf den Indopicus Carlotta angiebt, daß nämlich die jungen Weibchen ganz ebenso wie die jungen Männchen etwas Scharlachroth um ihren Kopf haben, daß aber diese Färbung bei dem erwachsenen Weibchen verschwindet, während sie bei dem erwachsenen Männchen noch intensiver wird. Aber trotz dem Allem machen die folgenden Betrachtungen diese Ansicht doch äußerst zweifelhaft. Das Männchen nimmt einen gehörigen Theil an der BebrütungAudubon, Ornithological Biography. Vol. II, p. 75. s. auch Ibis. Vol. I, p. 268. und würde somit beinahe ebenso der Gefahr ausgesetzt sein; beide Geschlechter vieler Species haben einen in gleicher Weise hell scharlachroth gefärbten Kopf; bei anderen Species ist die Verschiedenheit zwischen den Geschlechtern in Bezug auf diese scharlachene Färbung so unbedeutend, daß hierin kaum irgend ein wahrnehmbarer Unterschied in der darin liegenden Gefahr erblickt werden kann; und endlich ist die Färbung des Kopfes in den beiden Geschlechtern oft in anderer Weise unbedeutend verschieden.

Die bis jetzt mitgetheilten Fälle von unbedeutenden und allmählich abgestuften Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Männchen und Weibchen in denjenigen Gruppen, bei welchen als allgemeine Regel die Geschlechter einander ähnlich sind, beziehen sich sämmtlich auf Species, welche kuppelförmige oder verborgene Nester bauen. Aber ähnliche Abstufungen lassen sich in gleicher Weise in Gruppen beobachten, bei denen die Geschlechter der allgemeinen Regel nach einander ähnlich sind, welche aber offene Nester bauen. Da ich vorhin die australischen Papageien als Beispiel angeführt habe, so will ich hier, ohne weitere Details mitzutheilen, die australischen Tauben als Beispiel anführen.Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. II, p. 109-149. Es verdient besondere Beachtung, daß in allen diesen Fällen die unbedeutenden Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den Geschlechtern von derselben allgemeinen Beschaffenheit sind, wie die gelegentlich auftretenden größeren Verschiedenheiten. Eine gute Erläuterung dieser Thatsache ist bereits durch die Erwähnung der Eisvögel mitgetheilt worden, bei welchen entweder der Schwanz allein, oder die ganze obere Fläche des Gefieders in derselben Art und Weise in den beiden Geschlechtern verschieden ist. Ähnliche Fälle lassen sich bei Papageien und Tauben beobachten. Auch sind die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Geschlechtern einer und der nämlichen Species von derselben allgemeinen Beschaffenheit wie die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den einzelnen Species einer und der nämlichen Gruppe. Denn wenn in einer Gruppe, in welcher die Geschlechter gewöhnlich gleich sind, das Männchen beträchtlich vom Weibchen abweicht, so ist es durchaus nicht in einem vollkommen neuen Style gefärbt. Wir können daher schließen, daß innerhalb einer und der nämlichen Gruppe die speciellen Farben beider Geschlechter, wenn sie gleich sind, und die Färbungen des Männchens, wenn diese unbedeutend oder selbst beträchtlich vom Weibchen verschieden ist, in den meisten Fällen durch eine und die nämliche Ursache bestimmt worden sind; und dies ist geschlechtliche Zuchtwahl.

Wie bereits bemerkt worden ist, ist es nicht wahrscheinlich, daß Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den Geschlechtern, wenn sie sehr unbedeutend sind, für das Weibchen als Schutzmittel von Nutzen sein können. Nehmen wir indessen an, daß sie von Nutzen seien, so könnte man wohl glauben, daß sie Übergangsfälle darstellen. Wir haben aber keinen Grund zu der Annahme, daß zu irgend einer gegebenen Zeit viele Species einer Veränderung unterliegen. Wir können daher kaum zugeben, daß die zahlreichen Weibchen, welche sehr unbedeutend in der Färbung von ihren Männchen verschieden sind, jetzt alle zum Zwecke eines Schutzes dunkler zu werden beginnen. Selbst wenn wir etwas schärfer ausgesprochene geschlechtliche Verschiedenheiten in Betracht ziehen: ist es z. B. wahrscheinlich, daß der Kopf des weiblichen Buchfinken, das Carmoisinroth an der Brust des weiblichen Gimpels, das Grün des weiblichen Grünfinken, die Krone des feuerköpfigen Goldhähnchens sämmtlich durch den langsamen Proceß der Zuchtwahl zum Zwecke des Schutzes weniger hell gemacht worden sind? Ich kann dies nicht glauben, und noch weniger bei den unbedeutenden Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern bei solchen Vögeln, welche verborgene Nester bauen. Auf der anderen Seite können die Verschiedenheiten in der Färbung zwischen den beiden Geschlechtern, mögen sie nun größer oder kleiner sein, in einer bedeutenden Ausdehnung durch die Annahme erklärt werden, daß die aufeinanderfolgenden Variationen, welche die Männchen durch geschlechtliche Zuchtwahl erlangt haben, vom Anfange an in ihrer Überlieferung mehr oder weniger auf die Männchen beschränkt waren. Daß der Grad dieser geschlechtlichen Beschränkung in verschiedenen Species einer und der nämlichen Gruppe verschieden ist, wird Niemand überraschen, welcher die Gesetze der Vererbung studiert hat; denn sie sind so compliciert, daß sie uns bei unserer Unwissenheit in ihrer Wirksamkeit launenhaft zu sein scheinen.s. Bemerkungen in diesem Sinne in meinem Buche: Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. II, Cap. 12.

Soweit ich nachweisen kann, giebt es nur sehr wenige, eine beträchtliche Anzahl von Species enthaltende Gruppen, bei welchen alle Arten in beiden Geschlechtern glänzend und gleich gefärbt sind. Dies scheint aber, wie ich von Mr. Sclater höre, mit den Pisangfressern oder Musophagae der Fall zu sein. Auch glaube ich nicht, daß irgend eine größere Gruppe existiert, bei welcher die Geschlechter sämmtlicher Arten in ihrer Färbung sehr weit von einander verschieden wären. Mr. Wallace theilt mir mit, daß die Seidenschwänze von Süd-Amerika (Cotingidae) eines der besten Beispiele darbieten; aber bei einigen der Species, bei welchen das Männchen eine glänzende rothe Brust hat, zeigt auch das Weibchen etwas Roth an seiner Brust, und die Weibchen anderer Species zeigen Spuren der grünen und anderer Färbungen der Männchen. Nichtsdestoweniger haben wir aber auch innerhalb anderer Gruppen Fälle von bedeutender Annäherung an eine größere geschlechtliche Ähnlichkeit oder Unähnlichkeit; und dies ist nach dem, was oben über die fluctuierende Beschaffenheit der Vererbung gesagt worden ist, ein etwas überraschender Umstand. Daß aber bei verwandten Thieren in hohem Maße die nämlichen Gesetze gelten, ist nicht überraschend. Das Haushuhn hat eine große Anzahl von Rassen und Unterrassen entstehen lassen, und bei diesen weichen im Allgemeinen die Geschlechter im Gefieder von einander ab, so daß es als ein merkwürdiger Umstand betrachtet worden ist, wenn sie in gewissen Unterrassen einander ähnlich sind. Auf der anderen Seite hat die Haustaube gleichfalls eine ungeheure Anzahl von verschiedenen Rassen und Unterrassen entstehen lassen, und bei diesen sind mit seltenen Ausnahmen die beiden Geschlechter identisch und gleich. Wenn daher andere Species von Gallus und Columba domesticiert worden wären und variierten, so würde es nicht voreilig sein, vorauszusagen, daß die nämlichen, von der herrschenden Form der Vererbung abhängigen allgemeinen Regeln der geschlechtlichen Ähnlichkeit und Unähnlichkeit in beiden Fällen gelten würden. In einer ähnlichen Weise hat allgemein dieselbe Form der Überlieferung durch dieselben natürlichen Gruppen hindurch geherrscht, wennschon ausgesprochene Ausnahmen von dieser Regel vorkommen. Innerhalb einer und der nämlichen Familie oder selbst derselben Gattung können die Geschlechter identisch und gleich oder sehr verschieden in der Färbung sein. Beispiele, welche sich auf dieselbe Gattung beziehen, sind bereits mitgetheilt worden, so bei Sperlingen, Fliegenschnäppern, Drosseln und Waldhühnern. In der Familie der Fasanen sind die Männchen und Weibchen beinahe sämmtlicher Species wunderbar unähnlich, sind aber einander bei dem Ohrenfasan oder Crossoptilon auritum vollständig ähnlich. In zwei Species von Chloëphaga, einer Gattung der Gänse, können die Männchen nicht von den Weibchen unterschieden werden, ausgenommen durch die Größe, während in zwei anderen die Geschlechter einander so ungleich sind, daß sie leicht fälschlich für verschiedene Arten gehalten werden können.The Ibis. Vol. VI. 1864, p. 122.

Die folgenden Fälle können nur durch die Gesetze der Vererbung erklärt werden, wo nämlich das Weibchen in einer späten Lebensperiode gewisse Charaktere erhält, welche dem Männchen eigen sind, und dann schließlich diesem mehr oder weniger vollständig ähnlich wird. Hier kann der Schutz kaum in's Spiel gekommen sein. Mr. Blyth theilt mir mit, daß die Weibchen von Oriolus melanocephalus und einiger nahe verwandter Species, wenn sie hinreichend reif sind, um zu brüten, beträchtlich in ihrem Gefieder von den erwachsenen Männchen verschieden sind. Aber nach der zweiten oder dritten Mauserung weichen sie nur darin von jenen ab, daß der Schnabel eine leicht grünliche Färbung erhält. Bei den Zwergreihern (Ardetta) erlangt derselben Autorität zufolge »das Männchen seine schließliche Färbung mit der ersten Mauserung, das Weibchen nicht vor der dritten oder vierten. In der Zwischenzeit bietet es eine intermediäre Färbung dar, welche schließlich gegen ein Kleid vertauscht wird, welches mit dem des Männchens identisch ist«. So erlangt ferner der weibliche Wanderfalke (Falco peregrinus) sein blaues Gefieder langsamer als das Männchen. Mr. Swinhoe führt an, daß bei einem Drongo-Würger (Dicrurus macrocercus) das Männchen, während es fast noch ein Nestling ist, sein weiches braunes Gefieder mausert und ein gleichförmiges, glänzendes, grünlichschwarzes erhält. Das Weibchen behält dagegen lange Zeit die weißen Streifen und Flecken auf den Achselfedern und nimmt die gleichmäßige schwarze Farbe des Männchens vor den ersten drei Jahren nicht vollständig an. Derselbe ausgezeichnete Beobachter bemerkt, daß im Frühlinge des zweiten Jahres der weibliche Löffelreiher (Platalea) von China dem Männchen des ersten Jahres ähnlich ist und daß er allem Anscheine nach nicht vor dem dritten Frühlinge dasselbe erwachsene Gefieder erhält, wie es das Männchen in einem viel früheren Alter besitzt. Der weibliche nordamerikanische Seidenschwanz (Bombycilla carolinensis) ist vom Männchen nur sehr wenig verschieden; aber die Anhänge, welche wie Tropfen von rothem Siegellack die Schwungfedern verzieren,Wenn das Männchen dem Weibchen den Hof macht, werden diese Anhänge in Schwingungen versetzt »und dadurch sehr vortheilhaft zur Erscheinung gebracht«, da die Flügel ausgestreckt gehalten werden, s. A. Leith Adams, Field and Forest Rambles. 1873, p. 153. entwickeln sich bei demselben nicht so zeitig im Leben wie beim Männchen. Die obere Kinnlade beim Männchen eines indischen Papageien (Palaeornis javanicus) ist von der frühesten Jugend an korallenroth; beim Weibchen aber ist sie, wie Mr. Blyth an in Käfigen gehaltenen und wilden Vögeln beobachtet hat, anfangs schwarz und wird nicht eher roth, als bis der Vogel wenigstens ein Jahr alt ist, in welchem Alter die Geschlechter einander in allen Beziehungen ähnlich sind. Beide Geschlechter des wilden Truthuhns sind schließlich mit einem Büschel von Borsten auf ihrer Brust versehen, aber bei zwei Jahre alten Vögeln ist dieses Büschel beim Männchen ungefähr vier Zoll lang und beim Weibchen kaum zu bemerken. Wenn indessen das letztere sein viertes Jahr erreicht hat, so ist jenes Büschel vier bis fünf Zoll lang.Über Ardetta s. die Übersetzung von Cuvier's Règne animal von Mr. Blyth p. 159, Anmerk. Über Falco peregrinus: Blyth in: Charlesworth's Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1837, p. 304. Über Dicrurus: Ibis. 1863, p. 44. Über Platalea: Ibis. Vol. VI. 1864, p. 366. Über die Bombycilla: Audubon, Ornitholog. Biography. Vol. I, p. 229. Über Palaeornis s. auch Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 263. Über das wilde Truthuhn: Audubon, a. a. O. Vol. I, p. 15. Von Judge Caton höre ich aber, daß in Illinois das Weibchen sehr selten das Federbüschel erhält. Analoge Fälle in Bezug auf das Weibchen von Petrocossyphus hat R. B. Sharpe mitgetheilt in: Proceed. Zoolog. Soc. 1872, p. 496.

Derartige Fälle dürfen nicht mit solchen vermengt werden, bei welchen erkrankte oder alte Weibchen abnormer Weise männliche Charaktere annehmen, oder mit solchen, in welchen vollkommen fruchtbare Weibchen, so lange sie jung sind, durch Abänderung oder durch irgend eine unbekannte Ursache die Merkmale des Männchens annehmen.Mr. Blyth hat in der Übersetzung von Cuvier's Règne animal verschiedene Fälle verzeichnet von Lanius, Euticilla, Linaria und Anas. Auch Audubon hat einen ähnlichen Fall von Pyranga aestiva verzeichnet, Ornitholog. Biography. Vol. V, p. 519. Aber alle diese Fälle haben soviel mit einander gemein, daß sie, der Hypothese der Pangenesis zufolge, davon abhängen, daß aus jedem Theile des Männchens herrührende Keimchen beim Weibchen, wenn auch latent, vorhanden sind und daß ihre Entwicklung Folge von irgend einer unbedeutenden Veränderung in den Wahlverwandtschaften seiner constituierenden Gewebe ist.

 

Ein paar Worte müssen noch über die Veränderung des Gefieders in Beziehung auf die Jahreszeit zugefügt werden. Aus früher angeführten Gründen läßt sich nur wenig daran zweifeln, daß die eleganten Schmuckfedern, die langen wallenden Federn, Federbüsche u. s. w. von Silberreihern, Reihern und vielen anderen Vögeln, welche nur während des Sommers entwickelt und behalten werden, ausschließlich zu ornamentalen oder Hochzeitszwecken dienen, wenn sie auch beiden Geschlechtern gemeinsam zukommen. Das Weibchen wird hierdurch während der Bebrütungsperiode auffallender gemacht als während des Winters. Aber solche Vögel wie Reiher, Silberreiher werden im Stande sein, sich selbst zu vertheidigen. Da indessen Schmuckfedern wahrscheinlich während des Winters unbequem und gewiß von keinem Nutzen sind, so ist es möglich, daß die Gewohnheit, zweimal im Jahre sich zu mausern, allmählich durch natürliche Zuchtwahl zu dem Zwecke erlangt worden ist, unzuträgliche Zierathen während des Winters abzustoßen. Diese Ansicht kann indeß auf viele Watevögel nicht ausgedehnt werden, bei welchen das Sommer- und Wintergefieder nur sehr wenig in der Färbung verschieden ist. Bei vertheidigungslosen Species, bei welchen entweder beide Geschlechter oder allein die Männchen während der Paarung äußerst auffällig werden, – oder wenn die Männchen in dieser Zeit so lange Schwung- oder Schwanzfedern erlangen, daß der Flug gehindert wird, wie bei Cosmetornis und Vidua –, erscheint es sicherlich auf den ersten Blick im hohen Grade wahrscheinlich, daß die zweite Mauserung zu dem speciellen Zwecke erlangt worden ist, diese Ornamente abzuwerfen. Wir müssen uns indessen daran erinnern, daß viele Vögel, so die Paradiesvögel, der Argus-Fasan und Pfauhahn, ihre Schmuckfedern im Winter nicht abwerfen, und es läßt sich doch kaum behaupten, daß in der Constitution dieser Vögel, mindestens der Gallinaceen, etwas liege, was eine doppelte Mauserung unmöglich macht; denn das Schneehuhn mausert sich dreimal im Jahre.s. Gould's Birds of Great Britain. Es muß daher als zweifelhaft angesehen werden, ob die vielen Species, welche ihre ornamentalen Federn mausern oder ihre hellen Färbungen während des Winters verlieren, diese Gewohnheit wegen der Unbequemlichkeit oder der Gefahr, welcher sie im andern Falle ausgesetzt wären, erlangt haben.

Ich komme daher zu dem Schlusse, daß die Gewohnheit, zweimal im Jahre zu mausern, in den meisten oder sämmtlichen Fällen zuerst zu irgend einem bestimmten Zwecke erlangt worden ist, vielleicht um ein wärmeres Winterkleid zu bekommen, und daß Änderungen im Gefieder, welche während des Sommers auftreten, durch geschlechtliche Zuchtwahl angehäuft und auf die Nachkommen in derselben Zeit des Jahres überliefert wurden. Derartige Abänderungen wurden dann entweder von beiden Geschlechtern oder allein von den Männchen geerbt, je nach der Form von Vererbung, welche bei den betreffenden Arten vorherrschte. Dies erscheint wahrscheinlicher, als daß diese Species in allen Fällen ursprünglich die Neigung besessen hätten, ihr ornamentales Gefieder während des Winters zu behalten, hiervor aber durch natürliche Zuchtwahl bewahrt geblieben wären, wegen der dadurch veranlaßten Unbequemlichkeit oder Gefahr.

 

Ich habe in diesem Capitel zu zeigen versucht, daß das Beweismaterial die Ansicht, Waffen, helle Farben und verschiedene Zierathen seien jetzt deshalb auf die Männchen beschränkt, weil die natürliche Zuchtwahl, die Neigung zu gleichmäßiger Vererbung der Charaktere auf beide Geschlechter in eine Überlieferung auf das männliche Geschlecht allein umgewandelt habe, nicht in einer zuverlässigen Weise unterstützt. Es ist auch zweifelhaft, ob die Färbungen vieler weiblichen Vögel Folge einer zum Zwecke des Schutzes eintretenden Erhaltung von Abänderungen sind, welche von Anfang an in ihrer Überlieferung auf das weibliche Geschlecht beschränkt waren. Es wird aber zweckmäßig sein, jede weitere Erörterung über diesen Gegenstand so lange zu verschieben, bis ich im folgenden Capitel die Verschiedenheiten im Gefieder zwischen den jungen und alten Vögeln behandelt haben werde.

 


 


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