Charles Darwin
Die Abstammung des Menschen
Charles Darwin

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Liebesgeberden und Tänze. – Die merkwürdigen Liebesgeberden verschiedener Vögel, besonders der Gallinaceen, sind bereits gelegentlich erwähnt worden, so daß hier nur wenig hinzugefügt zu werden braucht. In Nord-Amerika versammeln sich große Mengen eines Waldhuhns, des Tetrao phasianellus, jeden Morgen während der Paarungszeit auf einem ausgewählten ebenen Flecke, und hier laufen sie rund herum in einem Kreise von ungefähr fünfzehn oder zwanzig Fuß im Durchmesser, so daß der Boden vollständig kahl getreten wird, wie ein Elfenring. Bei diesen »Rebhuhntänzen«, wie sie von den Jägern genannt werden, nehmen die Vögel die fremdartigsten Stellungen an und laufen herum, einige nach links, einige nach rechts. Audubon beschreibt die Männchen eines Reihers (Ardea herodias), wie sie auf ihren langen Beinen mit großer Würde vor ihren Weibchen herumstolzieren und ihre Nebenbuhler herausfordern. Bei einem widerwärtigen Aasgeier (Cathartes jota) sind, wie derselbe Naturforscher angiebt, »die Gesticulationen und das Paradieren der Männchen im Anfange der Liebezeit äußerst lächerlich«. Gewisse Vögel führen ihre Liebesgeberden im Fluge aus, wie wir bei dem schwarzen afrikanischen Webervogel gesehen haben, und nicht auf der Erde. Während des Frühjahrs erhebt sich unser kleines Weißkehlchen (Sylvia cinerea) oft wenige Fuß oder Yards über einem Gebüsche in die Luft und »schwebt mit einer verzückten und phantastischen Bewegung während der ganzen Zeit singend darüber und senkt sich wieder auf seinen Ruheplatz«. Die große englische Trappe wirft sich, wie es Wolf dargestellt hat, in ganz unbeschreibliche wunderliche Stellungen, während sie das Weibchen umwirbt. Eine verwandte indische Trappe (Otis bengalensis) »steigt in solchen Zeiten senkrecht in die Luft mit einem eiligen Schlagen der Flügel, wobei sie ihren Federkamm erhebt, die Federn des Halses und der Brust aufsträubt, und läßt sich dann auf den Boden nieder«. Sie wiederholt dies Manöver mehrmals hintereinander und summt während der Zeit in einer eigenthümlichen Weise. Die Weibchen, welche zufällig in der Nähe sind, »gehorchen jenen tanzenden Aufforderungen«, und wenn sie sich nähern, senkt das Männchen seine Flügel und breitet seinen Schwanz wie ein Truthahn aus.Wegen Tetrao phasionellus s. Richardson, Fauna Bor. Americana, p. 361, und wegen weiterer Einzelheiten Capt. Blakiston, Ibis. 1863, p. 127. In Bezug auf Cathartes und Ardea: Audubon, Ornithol. Biograph. Vol. II, p. 51, und Vol. III, p. 89. Über das Weißkehlchen s. Macgillivray, History of British Birds. Vol. II, p. 354. Über die indische Trappe: Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 618.

Fig. 46. Kragenvogel, Chlamydera maculata, mit seiner Laube. (Aus Brehm, Thierleben.)

Den merkwürdigsten Fall aber bieten drei verwandte Gattungen australischer Vögel dar, die berühmten Laubenvögel – sämmtlich ohne Zweifel Nachkommen einer alten Species, welche zuerst den merkwürdigen Instinct erlangte, sich zur Production ihrer Liebespantomimen kleine Lauben zu bauen. Die Lauben (Fig. 46), welche, wie wir später noch sehen werden, mit Federn, Muschelschalen, Knochen und Blättern in hohem Grade decoriert sind, werden einzig zu dem Zwecke der Bewerbung auf die Erde gebaut, denn ihre Nester bauen sie auf Bäume. Beide Geschlechter helfen bei dem Aufbauen dieser Lauben, aber das Männchen ist der hauptsächlichste Arbeiter daran. Dieser Instinct ist so stark, daß er selbst in der Gefangenschaft noch ausgeübt wird. Mr. Strange hat die Lebensweise einiger Atlas-Laubenvögel beschrieben,Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. I, p. 444, 449, 455. Die Laube des Atlasvogels ist im Zoologischen Garten in Regents Park, London, zu sehen. welche er in seiner Volière in Neu-Süd-Wales sich hielt. »Eine Zeit lang jagt das Männchen das Weibchen durch die ganze Volière, dann geht es zu der Laube, pickt eine lebhaft gefärbte Feder oder ein großes Blatt, stößt einen merkwürdigen Laut aus, richtet alle seine Federn in die Höhe, läuft rund um die Laube herum und wird dabei so aufgeregt, daß seine Augen fast aus dem Kopfe herauszuspringen scheinen: unaufhörlich hebt es zuerst den einen Flügel, dann den anderen, stößt einen sanften, pfeifenden Ton aus und scheint, wie der Haushahn, irgend etwas von der Erde aufzupicken, bis zuletzt das Weibchen sanften Muthes auf dasselbe zugeht.« Captain Stokes hat die Lebensweise und die »Spielhäuser« einer anderen Art, nämlich des großen Laubenvogels, beschrieben. Hier sah er, wie derselbe »vor- und rückwärts flog, eine Muschelschale abwechselnd von der einen, dann von der anderen Seite aufnahm und, dieselbe in seinem Schnabel haltend, in die Pforte eintrat«. Diese merkwürdigen Bauten, welche einzig und allein als Versammlungsräume aufgeführt werden, wo sich beide Geschlechter unterhalten und sich den Hof machen, müssen den Vögeln viele Mühe kosten, so ist z. B. die Laube der braunbrüstigen Art beinahe vier Fuß lang, achtzehn Zoll hoch und auf einer dicken Lage von Stäben errichtet.

 
Schmuck. – Ich will zuerst die Fälle erörtern, in welchen die Männchen entweder ausschließlich oder in einem viel bedeutenderen Grade geschmückt sind als die Weibchen, und in einem späteren Capitel diejenigen, in denen beide Geschlechter in gleicher Weise geschmückt sind, und endlich die seltenen Fälle, in denen das Weibchen etwas glänzender gefärbt ist als das Männchen. Wie es mit den künstlichen Zierathen der Fall ist, welche wilde und civilisierte Menschen benutzen, so ist auch bei den natürlichen Zierathen der Vögel der Kopf der hauptsächlichste Gegenstand der Ausschmückung.s. Bemerkungen in diesem Sinne über das Gefühl für Schönheit bei den Thieren von J. Shaw im: Athenaeum, 24. Nov. 1866, p. 681. Die Zierathen sind, wie im Eingange dieses Capitels erwähnt wurde, in einer wunderbaren Weise verschiedenartig. Die Schmuckgebilde an der vorderen oder hinteren Seite des Kopfes sind verschiedenartig geformte Federn und sind zuweilen einer Aufrichtung oder Ausbreitung fähig, wodurch ihre schönen Farben vollständig entfaltet werden. Gelegentlich sind elegante Ohrbüschel (s. Fig. 39) vorhanden. Der Kopf ist zuweilen mit sammetartigen kurzen Federn bedeckt, wie beim Fasan, oder er ist nackt und lebhaft gefärbt. Auch die Kehle ist zuweilen mit einem Barte geschmückt oder mit Fleischlappen oder Carunkeln. Derartige Anhänge sind im Allgemeinen hell gefärbt und dienen ohne Zweifel als Zierathen, wenn sie auch nicht immer für unsere Augen ornamental sind. Denn während das Männchen sich im Acte des Hofmachens dem Weibchen gegenüber befindet, schwellen dieselben oft an und nehmen noch lebendigere Farben an, wie z. B. bei dem Truthahn. Zu solchen Zeiten schwellen die fleischigen Anhänge am Kopfe des männlichen Tragopan-Fasans (Ceriornis Temminckii) zu einem großen Lappen an der Kehle und zu zwei Hörnern an, eines auf jeder Seite des glänzenden Federstutzes, und diese sind dann mit dem intensivsten Blau gefärbt, was ich je gesehen habe.s. Dr. Murie's Schilderung und colorierte Abbildungen in: Proceed. Zoolog. Soc. 1872, p. 730. Bei den afrikanischen Hornraben (Buceros abyssinicus) wird der scharlachene blasenartige Fleischlappen am Halse aufgeblasen, und der Vogel bietet dann mit seinen herabhängenden Flügeln und ausgebreitetem Schwanze »eine ganz großartige Erscheinung dar«.Mr. Monteiro in: Ibis. Vol. IV. 1862, p. 339. Selbst die Iris des Auges ist zuweilen beim Männchen glänzender gefärbt als beim Weibchen, und dasselbe ist häufig mit dem Schnabel der Fall, z. B. bei unserer gemeinen Amsel. Bei Buceros corrugatus sind der ganze Schnabel und der ungeheure Helm beim Männchen auffallender gefärbt als beim Weibchen, und »die schrägen Gruben an den Seiten der unteren Kinnlade sind dem männlichen Geschlechte eigenthümlich«.Land and Water. 1868, p. 217.

Ferner trägt der Kopf häufig fleischige Anhänge, Fäden und solide Protuberanzen. Wenn diese nicht beiden Geschlechtern zukommen, sind sie immer auf die Männchen beschränkt. Die soliden Vorsprünge sind im Detail von Dr. W. Marshall beschrieben worden;Über die Schädelhöcker etc. in: Niederländ. Archiv für Zoologie. Bd. I. Heft 2. 1872. er zeigt, daß sie entweder aus schwammiger Knochensubstanz oder aus Haut und anderen Geweben bestehen. Bei Säugethieren werden echte Hörner stets von den Stirnbeinen getragen; bei den Vögeln aber sind verschiedene Knochen zu diesem Zwecke modificiert worden; bei verschiedenen Arten einer und derselben Gruppe haben die Höcker entweder Knochenzapfen als Grundlage, oder es fehlen solche, und beide extreme Fälle werden durch zwischenliegende Abstufungen mit einander verbunden. Es bemerkt daher Dr. Marshall mit Recht, daß Abänderungen der verschiedensten Arten zur Entwicklung dieser ornamentalen Anhänge durch geschlechtliche Zuchtwahl gedient haben. Verlängerte Federn oder Schmuckfedern entspringen von beinahe jedem Theile des Körpers. Die Federn an der Kehle und an der Brust sind zuweilen zu schönen Kragen und Halskrausen entwickelt. Die Schwanzfedern sind häufig sehr verlängert, wie wir an den Schwanzdeckfedern des Pfauhahns und am Schwanze des Argusfasans sehen. Beim Pfauhahn sind selbst die Knochen des Schwanzes zum Tragen der schweren Schwanzdeckfedern modificiert worden.Dr. W. Marshall, Über den Vogelschwanz, in: Niederländ. Archiv für Zoologie. Bd. I. Heft 2. 1872. Der Körper des Argusfasans ist nicht größer als der eines Huhns; doch beträgt die Länge von der Spitze des Schnabels bis zum Ende des Schwanzes nicht weniger als fünf Fuß drei Zoll,Jardine's Naturalist's Library: Birds. Vol. XIV, p. 166. und die der sehr schön mit Augenflecken gezierten Flügelfedern zweiter Ordnung nahezu drei Fuß. Bei einem kleinen afrikanischen Ziegenmelker (Cosmetornis vexillaris) erreicht eine der Schwungfedern erster Ordnung während der Paarungszeit eine Länge von sechsundzwanzig Zoll, während der Vogel selbst nur zehn Zoll lang ist. Bei einer andern nahe verwandten Gattung von Ziegenmelkern sind die Schäfte der verlängerten Flügelfedern nackt mit Ausnahme der Spitze, wo sie eine Scheibe tragen.Sclater in: Ibis. Vol. VI. 1864, p. 114. Livingstone, Expedition to the Zambesi. 1865, p. 66. Ferner sind in einer andern Gattung von Ziegenmelkern die Schwanzfedern selbst noch ungeheurer entwickelt. Im Allgemeinen sind die Federn des Schwanzes häufiger verlängert, als die der Flügel, da jede bedeutende Verlängerung derselben den Flug beeinträchtigen würde. Wir sehen daher, daß eine und dieselbe Art von Verzierung von den Männchen nahe verwandter Vögel durch die Entwicklung sehr verschiedener Federn erlangt worden ist.

Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß die Federn von Vogelarten, welche zu sehr verschiedenen Gruppen gehören, in beinahe genau derselben eigenthümlichen Weise modificiert worden sind. So sind die Flügelfedern bei einem der oben erwähnten Ziegenmelker am ganzen Schafte nackt und endigen nur in einer Scheibe, oder sie sind, wie es zuweilen genannt wird, löffel- oder spatelförmig. Federn dieser Art kommen am Schwanze eines Motmot (Eumomota superciliaris), eines Eisvogels, Finken, Colibris, Papageien, mehrerer indischer Drongos (Dicrurus und Edolius, bei einem derselben steht die Scheibe senkrecht) und am Schwanze gewisser Paradiesvögel vor. Bei diesen letzteren Vögeln zieren ähnliche Federn, sehr schön mit Augenflecken versehen, den Kopf, wie es gleichfalls bei einigen hühnerartigen Vögeln der Fall ist. Bei einer indischen Trappe (Sypheotides auritus) endigen die Federn, welche die Ohrbüschel, die ungefähr vier Zoll lang sind, bilden, gleichfalls in Scheiben.Jerdon, Birds of India. Vol. III, p. 620. Es ist eine äußerst eigenthümliche Thatsache, daß die Motmots, wie Mr. Salvin klar gezeigt hat,Proceed. Zoolog. Soc. 1873, p. 429. ihren Schwanzfedern dadurch die Spatelform geben, daß sie die Barben abbeißen, und daß ferner diese beständige Verstümmelung in gewissem Grade eine vererbte Wirkung hervorgebracht hat.

Fig. 47. Paradisea papuana (T. W. Wood).

Ferner sind die Fahnen der Federn bei verschiedenen sehr weit auseinanderstehenden Vögeln fadenförmig, wie bei einigen Reihern, Ibissen, Paradiesvögeln und hühnerartigen Vögeln. In andern Fällen verschwinden die Fahnen und lassen den Schaft nackt, und dieser erreicht im Schwanze von Paradisea apoda eine Länge von vierunddreißig Zoll;Wallace in: Annals and Magaz. of Nat. Hist. Vol. XX. 1857, p. 416, und in seinem Malay Archipelago, Vol. II, 1869, p. 390. bei P. papuana (Fig. 47) sind sie viel kürzer und dünn. Werden kleinere Federn in dieser Weise nackt, so erscheinen sie wie Borsten, z. B. an der Brust des Truthahns. Wie eine jede schwankende Mode in der Kleidung beim Menschen allmählich bewundert wird, so scheint auch bei Vögeln eine Veränderung beinahe jeder Art in der Structur oder der Färbung der Federn beim Männchen von dem Weibchen bewundert worden zu sein. Die Thatsache, daß die Federn in sehr weit von einander verschiedenen Gruppen in einer analogen Art und Weise modificiert worden sind, hängt ohne Zweifel ursprünglich davon ab, daß alle Federn nahezu dieselbe Structur und Entwicklungsweise haben und folglich auch in einer und der nämlichen Art und Weise zu variieren neigen. Wir sehen oft eine Neigung zu anologer Variabilität in dem Gefieder unserer domesticierten Vogelrassen, welche zu verschiedenen Species gehören. So sind Federbüsche bei mehreren Species aufgetreten. Bei einer ausgestorbenen Varietät des Truthahns bestand der Federstutz aus nackten Schäften, welche von dunenartigen Fadenfedern überragt wurden, so daß diese in einem gewissen Grade den spatelförmigen, oben beschriebenen Federn ähnlich wurden. Bei gewissen Rassen der Taube und des Huhns sind die Federn fadenförmig, wobei die Schäfte eine gewisse Neigung haben, nackt zu werden. Bei der Sebastopol-Gans sind die Schulterfedern bedeutend verlängert, gekräuselt oder selbt spiral gedreht und haben fadige Ränder.s. mein Buch: Das Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication. 2. Aufl. Bd. I, p. 321 und 326.

Es braucht hier kaum irgend etwas über die Färbung gesagt zu werden, denn Jedermann weiß, wie glänzend die Farben der Vögel und wie harmonisch sie mit einander verbunden sind. Die Farben sind oft metallisch und iridescierend. Kreisförmige Flecke werden zuweilen von einer oder mehreren verschieden schattierten Zonen umgeben und werden hierdurch in Augenflecke verwandelt. Auch braucht nicht viel über die wunderbaren Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern vieler Vögel gesagt zu werden. Der gemeine Pfauhahn bietet hier ein auffallendes Beispiel dar. Weibliche Paradiesvögel sind düster gefärbt und entbehren aller Ornamente, während die Männchen wahrscheinlich die am allermeisten unter allen Vögeln und in so verschiedenen Weisen geschmückte Vögel sind, daß man sie sehen muß, um Alles würdigen zu können. Die verlängerten und goldig-orangenen Schmuckfedern, welche von unterhalb der Flügel der Paradisea apoda entspringen, werden, wenn sie senkrecht aufgerichtet und zum Schwingen gebracht werden, als eine Art von Hof beschrieben, in dessen Mittelpunkt der Kopf »wie eine kleine smaragdene Sonne erscheint, deren Strahlen von den beiden Schmuckfedern gebildet werden«.Citiert nach Mr. de Lafresnaye in: Annals and Magaz. of Nat. Hist. Vol. XIII. 1854, p. 157. s. auch Mr. Wallace's viel ausführlichere Schilderung ebenda, Vol. XX, 1857, p. 412, und in seinem Malay Archipelago. In einer andern außerordentlich schönen Species ist der Kopf kahl und »von einem reichen Kobaltblau mit mehreren Querreihen von schwarzen, sammetartigen Federn«.Wallace, The Malay Archipelago. Vol. II. 1869, p. 405.

Fig. 48. Lophornis ornatus, Männchen und Weibchen. (Aus Brehm, Thierleben.)

Fig. 49. Spathura Underwoodi, Männchen und Weibchen. (Aus Brehm, Thierleben.)

Männliche Colibris (Fig. 48 und 49) überbieten beinahe die Paradiesvögel in ihrer Schönheit, wie Jeder zugeben wird, welcher die prächtigen Abbildungen von Mr. Gould oder seine reiche Sammlung gesehen hat. Es ist sehr merkwürdig, in wie vielen verschiedenartigen Weisen diese Vögel verziert sind. Es ist beinahe von jedem Theile des Gefieders Vortheil gezogen worden durch besondere Modification desselben, und die Modificationen sind, wie mir Mr. Gould gezeigt hat, in einigen Arten fast aus jeder Untergruppe zu einem wunderbaren Extreme getrieben. Derartige Fälle sind denen merkwürdig gleich, welche wir bei unsern Liebhaberrassen sehen, welche der Mensch nur des Schmuckes wegen züchtet: gewisse Individuen variierten ursprünglich in einem Merkmale und andere Individuen, welche zu einer und derselben Species gehörten, in andern Merkmalen, und diese hat dann der Mensch aufgegriffen und bis zu einem extremen Punkte gehäuft. So geschah es mit dem Schwanze der Pfauentaube, der Haube des Jacobiners, dem Schnabel und den Fleischlappen der Botentaube u. s. w. Die einzige Verschiedenheit zwischen diesen Fällen ist die, daß bei den einen die Entwicklung derartiger Merkmale das Resultat der vom Menschen ausgeübten Zuchtwahl ist, während sie in den anderen, wie bei Colibris, Paradiesvögeln u. s. w. eine Folge geschlechtlicher Zuchtwahl, d. h. der von Weibchen vollzogenen Wahl der schöneren Männchen ist.

Ich will nur noch einen andern Vogel erwähnen, welcher wegen des außerordentlichen Contrastes in der Farbe zwischen den beiden Geschlechtern merkwürdig ist, nämlich den berühmten Glöckner (Chasmorhynchus niveus) von Süd-Amerika, dessen Stimme in der Entfernung von drei Meilen (miles) unterschieden werden kann und einen Jeden, der sie zuerst hört, in Erstaunen setzt. Das Männchen ist rein weiß, während das Weibchen schmutzig-grün ist, und die erste Färbung ist bei Landvögeln mäßiger Größe und von nicht aggressiven Gewohnheiten sehr selten. Auch hat das Männchen, wie Waterton beschrieben hat, ein spirales Rohr, welches beinahe drei Zoll lang ist und von der Basis des Schnabels entspringt. Es ist tief schwarz und über und über mit kleinen dunigen Federn bedeckt. Dieses Rohr kann durch eine Communication mit dem Gaumen mit Luft aufgeblasen werden, und wenn es nicht aufgeblasen ist, hängt es an der einen Seite herab. Die Gattung besteht aus vier Species, deren Männchen sehr verschieden sind, während die Weibchen nach der von Mr. Sclater in einem äußerst interessanten Aufsatze gegebenen Beschreibung einander außerordentlich ähnlich sind und hierdurch ein vorzügliches Beispiel der allgemeinen Regel darbieten, daß innerhalb einer und derselben Gruppe die Männchen viel mehr von einander verschieden sind als die Weibchen. In einer zweiten Art (C. nudicollis) ist das Männchen gleichfalls schneeweiß mit Ausnahme eines großen Fleckens nackter Haut an der Kehle und rund um die Augen, welcher während der Paarungszeit von schöner grüner Farbe ist. In einer dritten Art (C. tricarunculatus) sind nur der Kopf und Hals des Männchens weiß, der übrige Körper ist kastanienbraun; auch ist das Männchen dieser Species mit drei fadenförmigen Vorsprüngen versehen, welche halb so lang wie der Körper sind und von denen der eine von der Basis des Schnabels und die beiden anderen von den Mundwinkeln entspringen.Sclater in: The Intellectual Observer, Januar 1867. Waterton's Wanderings, p. 118. s. auch den interessanten Aufsatz von Salvin, mit einer Tafel, in: Ibis. 1865, p. 90.

Das gefärbte Gefieder und gewisse andere Ornamente der Männchen im erwachsenen Zustande werden entweder für das Leben beibehalten oder periodisch während des Sommers und der Paarungszeit erneuert. Um diese Zeit wechseln der Schnabel und die nackte Haut um den Kopf häufig ihre Farben, wie es der Fall ist bei einigen Reihern, Ibissen, Möven, einem der eben erwähnten Glöckner u. s. w. Bei dem weißen Ibis werden die Wangen, die ausdehnbare Haut der Kehle und der basale Theil des Schnabels carmoisinroth.Land and Water. 1867, p. 394. Bei einer der Rallen (Gallicrex cristatus) entwickelt sich während derselben Zeit eine große rothe Carunkel am Kopfe des Männchens. Dasselbe ist mit einem dünnen hornigen Kamme auf dem Schnabel eines Pelikans (P. erythrorhynchus) der Fall; denn nach der Paarungszeit werden diese Hornkämme abgeworfen wie die Hörner von den Köpfen der Hirsche; und das Ufer einer Insel in einem See in Nevada fand man mit diesen merkwürdigen Resten ganz bedeckt.D. G. Elliot in: Proceed. Zoolog. Soc. 1869, p. 589.

Veränderungen der Farbe im Gefieder je nach der Jahreszeit hängen erstens von einer doppelten jährlichen Mauserung, zweitens von einer wirklichen Veränderung der Farbe in den Federn selbst und drittens davon ab, daß die dunkler gefärbten Ränder periodisch abgestoßen werden, oder daß die drei Vorgänge sich mehr oder weniger combinieren. Das Abstoßen der hinfälligen Ränder läßt sich mit dem Abstoßen des Dunenkleides bei sehr jungen Vögeln vergleichen, denn die Dunen entstehen in den meisten Fällen von den Spitzen der ersten wirklichen Federn.Nitzsch, Pterylography, edited by P. L. Sclater. Ray Society. 1867, p. 14.

Was die Vögel betrifft, welche jährlich einer zweimaligen Mauserung unterliegen, so giebt es erstens einige Arten, z. B. Schnepfen, Brachschwalben (Glareolae) und Brachschnepfen, bei welchen die beiden Geschlechter einander ähnlich sind und die Farbe zu keiner Zeit verändern. Ich weiß nicht, ob das Wintergefieder dicker und wärmer ist als das Sommergefieder; Wärme scheint mir aber, wenn keine Farbenveränderung eintritt, der wahrscheinlichste Zweck der doppelten Mauserung zu sein. Zweitens giebt es auch Vögel, z. B. gewisse Species von Totanus und andern Watvögeln, deren Geschlechter einander gleichen, aber deren Sommergefieder in unbedeutendem Grade von dem Wintergefieder verschieden ist. Indessen ist die Verschiedenheit der Farbe in diesen Fällen so unbedeutend, daß sie kaum ein Vortheil für die Vögel sein kann, und sie läßt sich vielleicht der directen Einwirkung der umgebenden Bedingungen zuschreiben, welchen die Vögel während der beiden verschiedenen Jahreszeiten ausgesetzt sind. Drittens giebt es viele andere Vögel, bei welchen die Geschlechter gleich sind, welche aber in ihrem Sommer- und Wintergefieder sehr verschieden sind. Viertens giebt es Vögel, deren Geschlechter in der Farbe von einander abweichen. Obgleich aber die Weibchen sich zweimal mausern, behalten sie doch dieselbe Färbung das ganze Jahr hindurch, während die Männchen eine Veränderung erleiden und zuweilen, wie bei gewissen Trappen, sogar eine große Veränderung in ihrer Färbung zeigen. Fünftens und letztens giebt es Vögel, deren Geschlechter sowohl im Winter- als im Sommergefieder von einander verschieden sind; aber das Männchen unterliegt einer größeren Veränderung als das Weibchen bei jeder der wiederholt abwechselnd eintretenden Jahreszeiten, wofür der Kampfläufer (Machetes pugnax) ein gutes Beispiel darbietet.

Was die Ursache oder den Zweck der Verschiedenheiten in der Färbung zwischen dem Sommer- und Wintergefieder betrifft, so können dieselben in einigen Fällen, wie bei dem Schneehuhn,Das braun gefleckte Sommergefieder des Schneehuhns ist als Schutzmittel für dasselbe von genau so großer Bedeutung wie das weiße Wintergefieder; denn man weiß, daß in Scandinavien während des Frühlings, wenn der Schnee verschwunden ist, der Vogel einer Zerstörung durch Raubvögel sehr ausgesetzt ist, ehe er sein Sommerkleid erhalten hat. s. Wilhelm v. Wright in: Lloyd, Game Birds of Sweden. 1867, p. 125. während beider Jahreszeiten zum Schutze dienen. Ist die Verschiedenheit zwischen den beiden Gefiedern unbedeutend, so kann sie vielleicht, wie bereits bemerkt, der directen Wirkung der Lebensbedingungen zugeschrieben werden; aber bei vielen Vögeln läßt sich kaum daran zweifeln, daß das Sommergefieder zum Schmucke dient, selbst dann, wenn beide Geschlechter einander gleich sind. Wir können wohl annehmen, daß dies bei vielen Reihern, Silberreihern u. s. w. der Fall ist, denn sie erhalten ihre schönen Schmuckfedern nur während der Paarungszeit. Überdies sind derartige Schmuckfedern, Federstütze u. s. w., wenn sie auch beide Geschlechter besitzen, doch gelegentlich beim Männchen etwas stärker entwickelt als beim Weibchen und sie sind den Federn und andern Zierathen ähnlich, welche nur die Männchen bei andern Vögeln besitzen. Es ist auch bekannt, daß Gefangenschaft dadurch, daß sie das Reproductionssystem männlicher Vögel afficiert, häufig die Entwicklung ihrer secundären Sexualcharaktere hemmt, aber keinen unmittelbaren Einfluß auf irgend ein anderes Merkmal hat; auch hat mir Mr. Bartlett mitgetheilt, daß acht oder neun Exemplare von Tringa Canutus im zoologischen Garten ihr schmuckloses Wintergefieder das ganze Jahr hindurch behielten, aus welcher Thatsache wir schließen können, daß das Sommergefieder, wenn es auch beiden Geschlechtern gemein ist, dieselbe Bedeutung für diese Vögel hat wie das ausschließlich männliche Gefieder vieler andern Vögel.In Bezug auf die vorstehenden Angaben über Mauserung s. wegen der Bekassinen u. s. w.: Macgillivray, Hist. of British Birds, Vol. VI, p. 371; über Glareola, Brachschnepfen und Trappen: Jerdon, Birds of India,. Vol. III, p. 615, 630, 683; über Totanus: ebenda, p. 700; über die Schmuckfedern der Reiher: ebenda, p. 738, und Macgillivray, a. a. O. Vol. IV, p. 435 und 444, und Mr. Stafford Allen in: The Ibis. Vol. V. 1863, p. 33.

Aus den vorstehenden Thatsachen und ganz besonders aus der, daß bei gewissen Vögeln keines der beiden Geschlechter während beider jährlicher Mauserungen die Farbe irgendwie oder nur so unbedeutend verändert, daß diese Änderung ihnen kaum von irgendwelchem Nutzen sein kann, und daraus, daß die Weibchen anderer Species zwar sich zweimal mausern, aber doch das ganze Jahr hindurch dieselben Farben beibehalten, können wir schließen, daß die Gewohnheit sich im Jahre zweimal zu mausern nicht deshalb erlangt worden ist, daß das Männchen während der Paarungszeit einen ornamentalen Charakter erhalten soll; wir werden vielmehr zu der Annahme geführt, daß die doppelte Mauserung, welche ursprünglich zu irgend einem bestimmten Zwecke erlangt worden ist, später dazu benutzt wurde, in gewissen Fällen den Vögeln durch Erlangung eines Hochzeitsgefieders einen Vortheil zu gewähren.

Es scheint auf den ersten Blick ein überraschender Umstand zu sein, daß bei nahe verwandten Vögeln einige Species regelmäßig eine zweimalige jährliche Mauserung erleiden und andere nur eine einzige. Das Schneehuhn mausert sich z. B. zwei oder selbst drei Mal im Jahre und das Birkhuhn nur einmal. Einige der glänzend gefärbten Honigvögel (Nectariniae) von Indien und einige Untergattungen dunkel gefärbter Pieper (Anthus) haben eine doppelte Mauserung, während andere nur eine einmalige im Jahre haben.Über das Mausern des Schneehuhns s. Gould, Birds of Great Britain. Über die Honigvögel s. Jerdon, Birds of India. Vol. I, p. 359, 365, 369. Über das Mausern von Anthus s. Blyth in: The Ibis. 1867, p. 32. Aber die Abstufungen in der Art und Weise der Mauserung, welche bei verschiedenen Vögeln bekanntlich vorkommen, zeigen uns, wie Species oder ganze Gruppen von Species ursprünglich ihre doppelte jährliche Mauserung erhalten haben dürften oder wie sie dieselbe, nachdem sie sie früher einmal erlangt hatten, wieder verloren haben. Bei gewissen Trappern und Regenpfeifern ist die Frühjahrsmauserung durchaus nicht vollständig; einige Federn werden erneuert und einige in der Farbe verändert. Wir haben auch Grund zu vermuthen, daß bei gewissen Trappen und rallenartigen Vögeln, welche eigentlich eine doppelte Mauserung erleiden, einige der älteren Männchen ihr Hochzeitsgefieder das ganze Jahr hindurch behalten. Einige wenige bedeutend modificierte Federn können während des Frühjahrs allein dem Gefieder hinzugefügt werden, wie es mit den scheibenförmigen Schwanzfedern gewisser Drongos (Bhringa) in Indien und mit den verlängerten Federn am Rücken, Halse und mit dem Federkamme gewisser Reiher der Fall ist. Durch derartige Stufen kann die Frühjahrsmauserung immer vollständiger gemacht worden sein, bis eine vollkommene doppelte Mauserung erreicht wurde. Einige Paradiesvögel behalten ihre Hochzeitsfedern das ganze Jahr hindurch, haben daher nur eine einfache Mauserung; andere werfen sie unmittelbar nach der Brütezeit ab, haben daher eine doppelte Mauserung, und noch andere werfen sie in dieser Zeit nur während des ersten Jahres ab, aber später nicht mehr; diese letzteren Arten stehen daher in Bezug auf die Art ihrer Mauserung gerade in der Mitte. Es besteht auch bei vielen Vögeln ein großer Unterschied in der Länge der Zeit, während welcher jedes der beiden jährlichen Gefieder beibehalten wird, so daß das eine endlich das ganze Jahr hindurch behalten wird, während das andere vollständig verloren geht. So behält der Machetes pugnax seinen Kragen im Frühjahre kaum zwei Monate lang. Der männliche Wittwenvogel (Chera progne) erhält in Natal sein schönes Gefieder und seine lange Schwanzfedern im December oder Januar und verliert sie im März, so daß sie nur während ungefähr dreier Monate behalten werden. Die meisten Species, welche eine doppelte Mauserung erleiden, behalten ihre ornamentalen Federn ungefähr sechs Monate lang. Indessen behält das Männchen des wilden Gallus bankiva seine Hals-Sichelfedern neun oder zehn Monate lang, und wenn diese abgeworfen werden, treten die darunter liegenden schwarzen Federn am Halse völlig sichtbar hervor. Aber bei den domesticierten Nachkommen dieser Art werden die Hals-Sichelfedern sofort durch neue wieder ersetzt, so daß wir hier in Bezug auf einen Theil des Gefieders sehen, wie eine doppelte Mauserung durch den Einfluß der Domestication in eine einfache Mauserung umgewandelt worden ist.Wegen der vorstehenden Angabe in Bezug auf eine theilweise Mauserung und über die alten Männchen, welche ihr Hochzeitsgefieder behalten, s. Jerdon, Über Trappen und Regenpfeifer, in: Birds of India. Vol. III, p. 617, 637, 709, 711; auch Blyth in: Land and Water. 1867, p. 84. Über das Mausern bei Paradisea s. einen interessanten Artikel von Dr. W. Marshall in: Archives Néerlandaises. Tom. VI. 1871. Über die Vidua: Ibis. Vol. III. 1861, p. 133. Über die Drongos: Jerdon, a. a. O Vol. I, p. 435. Über die Frühjahrsmauserung des Herodias bubulcus s. Mr. St. Allen in: Ibis. 1863, p. 33. Über Gallus bankiva s. Blyth in: Annals and Magaz. of Natur. Hist. Vol. I. 1848, p. 455. s. auch über diesen Gegenstand mein »Variiren der Thiere und Pflanzen im Zustande der Domestication«. 2. Aufl. Bd. I, p. 264.

Der gemeine Enterich (Anas boschas) verliert bekanntlich nach der Paarungszeit sein männliches Gefieder für eine Zeit von drei Monaten, während welcher Zeit er das Gefieder des Weibchens annimmt. Die männliche Spießente (Anas acuta) verliert ihr Gefieder für eine kürzere Zeit, nämlich für sechs Wochen oder zwei Monate, und Montagu bemerkt, daß »diese doppelte Mauserung innerhalb einer so kurzen Zeit ein äußerst merkwürdiger Umstand ist, welcher allem menschlichen Nachdenken Trotz zu bieten scheint«. Wer aber an die allmähliche Modification der Arten glaubt, wird durchaus nicht überrascht sein, Abstufungen aller Arten zu finden. Sollte die männliche Spießente ihr neues Gefieder innerhalb einer noch kürzeren Zeit erhalten, so würden die neuen männlichen Federn beinahe nothwendig mit den alten sich vermischen und beide wieder mit einigen, die dem Weibchen eigenthümlich sind; und dies ist allem Anscheine nach bei dem Männchen eines in nicht sehr entferntem Grade mit jenen verwandten Vogels, nämlich bei dem des Merganser serrator, der Fall. Denn hier sagt man, daß die Männchen »eine Veränderung des Gefieders erleiden, welche sie in einem gewissen Maße den Weibchen ähnlich macht«. Durch eine unbedeutend weitergehende Beschleunigung des Vorgangs würde die doppelte Mauserung vollständig verloren gehen.s. Macgillivray, History of British Birds, Vol. V, p. 34, 70 und 223, über die Mauserung der Anatiden, mit Citaten nach Waterton und Montagu. s. auch Yarrell, History of British Birds. Vol. III, p. 243.

Einige männliche Vögel, werden, wie schon früher angegeben, im Frühjahre heller gefärbt, nicht durch eine Frühlingsmauserung, sondern entweder durch eine wirkliche Veränderung der Farbe in den Federn oder durch das Abstoßen der dunkel gefärbten hinfälligen Ränder derselben. Die hierdurch verursachte Änderung der Farbe kann eine längere oder kürzere Zeit andauern. Bei dem Pelecanus onocrotalus breitet sich ein schöner rosiger Hauch über das ganze Gefieder im Frühlinge aus, wobei citronengefärbte Flecke auf der Brust auftreten. Diese Färbungen halten aber, wie Mr. Sclater anführt, »nicht lange an, sondern verschwinden allgemein in ungefähr sechs Wochen oder zwei Monaten, nachdem sie erlangt worden sind«. Gewisse Finken stoßen die Ränder ihrer Federn im Frühlinge ab und werden hierdurch heller gefärbt, während andere Finken keine Veränderung dieser Art erleiden. So bietet die Fringilla tristis der Vereinigten Staaten (ebenso wie viele andere amerikanische Species) ihre hellen Farben nur dar, wenn der Winter vorüber ist, während unser Stieglitz, welcher jenen Vogel in der Lebensweise genau repräsentiert, und unser Zeisig, welcher demselben der Structur nach noch näher entspricht, keine derartige Veränderung erleiden. Aber eine Verschiedenheit dieser Art im Gefieder verwandter Species ist nicht überraschend; denn bei dem gemeinen Hänfling, welcher zu derselben Familie gehört, zeigt sich die carmoisine Stirn und Brust in England nur während des Sommers, während diese Farben in Madeira das ganze Jahr hindurch behalten werden.Über den Pelikan s. Sclater in: Proceed. Zoolog. Soc. 1868, p. 265. Über die amerikanischen Finken s. Audubon, Ornitholog. Biograph. Vol. I, p. 174, 221, und Jerdon, Birds of India. Vol. II, p. 383. Über die Fringilla cannabina von Madeira s. Mr. E. Vernon Harcourt in: Ibis. Vol. V. 1863, p. 230.

 
Entfaltung des Gefieders seitens der Männchen. – Die männlichen Vögel entfalten eifrigst Zierathen aller Arten, mögen diese nun dauernd oder nur zeitweise erlangt sein; und diese Zierathen dienen allem Anscheine nach dazu, die Weibchen aufzuregen oder anzuziehen oder zu bezaubern. Die Männchen entfalten aber auch diese Zierathen zuweilen, wenn sie sich nicht in der Gegenwart der Weibchen befinden, wie es gelegentlich mit den Waldhühnern auf ihren Balzplätzen geschieht und wie man auch bei dem Pfauhahne beobachten kann. Indessen wünscht dieser letztere Vogel sich offenbar irgend einen Zuschauer und zeigt selbst häufig seinen Schmuck, wie ich selbst oft gesehen habe, vor Hühnern, ja selbst vor Schweinen.s. auch E. S. Dixon, Ornamental Poultry. 1848, p. 8. Alle Naturforscher, welche die Lebensweise der Vögel, gleichviel ob im Naturzustande oder in der Gefangenschaft, aufmerksam beobachtet haben, sind einstimmig der Ansicht, daß die Männchen ein Vergnügen darin finden, ihre Schönheit zu entfalten. Audubon spricht häufig von den Männchen, als versuchten sie in verschiedenen Weisen das Weibchen zu bezaubern. Mr. Gould beschreibt einige Eigenthümlichkeiten bei einem männlichen Colibri und fährt dann fort, er zweifle nicht, daß er das Vermögen habe, diese Eigenthümlichkeiten auf das Vortheilhafteste vor dem Weibchen zu entfalten. Dr. Jerdon betont,Birds of India, Introduction. Vol. I, p. XXIV; über den Pfauhahn: Vol. III, p. 507. s. Gould, Introduction to the Trochilidae. 1861, p. 15 und 111. daß das schöne Gefieder des Männchens dazu diene, »das Weibchen zu bezaubern und anzuziehen«. Mr. Bartlett im zoologischen Garten drückt sich in demselben Sinne auf das Allerentschiedenste aus.

Es muß ein großartiger Anblick sein in den Wäldern von Indien, plötzlich auf zwanzig oder dreißig Pfauhennen zu stoßen, vor denen »die Männchen ihre prachtvollen Behänge entfalten und in allem Stolze ihres Prunkes vor den befriedigten Weibchen herumstolzieren«. Der wilde Truthahn richtet sein glitzerndes Gefieder auf, breitet seinen schön gebänderten Schwanz und seine quergestreiften Flügelfedern aus und bietet im Ganzen mit seinen prachtvollen carmoisinen und blauen Fleischlappen eine prächtige, wenn auch für unsere Augen groteske Erscheinung dar. Ähnliche Thatsachen sind bereits in Bezug auf Waldhühner verschiedener Arten mitgetheilt worden. Wenden wir uns zu einer anderen Ordnung: die männliche Rupicola crocea (Fig. 50) ist einer der schönsten Vögel in der Welt, nämlich von einem glänzenden Orange, wobei einige Federn merkwürdig abgestutzt sind und fadig auseinandergehen. Das Weibchen ist bräunlichgrün mit Roth schattiert und hat einen viel kleineren Federkamm. Sir R. Schomburgk hat ihre Bewerbung beschrieben. Er fand einen ihrer Versammlungsplätze, wo zehn Männchen und zwei Weibchen gegenwärtig waren. Der Platz war von vier bis fünf Fuß im Durchmesser und erschien so, als ob er durch menschliche Hände von jedem Grashalm gereinigt und niedergeglättet wäre. Eines der Männchen »hüpfte herum, offenbar zum Entzücken mehrerer anderer. Jetzt breitete es seine Flügel aus, warf seinen Kopf in die Höhe oder öffnete seinen Schwanz wie einen Fächer, jetzt stolzierte es herum mit einem hüpfenden Gange, bis es ermüdet war, wo es eine Art von Gesang anstimmte und von einem andern Männchen abgelöst wurde. So traten drei von ihnen nach einander auf die Bühne und zogen sich dann mit Selbstzufriedenheit zu den andern zurück«. Die Indianer warten, um ihre Bälge zu erhalten, an einem dieser Versammlungsplätze, bis die Vögel eifrig mit Tanzen beschäftigt sind, und sind dann im Stande, mit ihren vergifteten Pfeilen vier oder fünf Männchen eines nach dem andern zu tödten.Journal of the Roy. Geogr. Soc. Vol. X. 1840, p. 236. Von den Paradiesvögeln versammeln sich ein Dutzend oder noch mehr im vollen Gefieder befindlicher Männchen auf einem Baume, um, wie es die Eingeborenen nennen, eine Tanzgesellschaft abzuhalten, und hier scheint der ganze Baum, wie Mr. Wallace bemerkt, von dem Umherfliegen der Vögel, dem Erheben ihrer Flügel, dem Auf- und Abschwingen ihrer ausgezeichneten Schmuckfedern und dem Erzittern derselben, als sei er mit schwingenden Federn erfüllt. Wenn sie hiermit beschäftigt sind, so werden sie so davon absorbiert, daß ein geschickter Bogenschütze fast die ganze Gesellschaft schießen kann. Werden diese Vögel in Gefangenschaft auf dem malayischen Archipel gehalten, so sollen sie auf das Reinhalten ihrer Federn sehr viel Sorgfalt verwenden, breiten sie oft aus, untersuchen sie und entfernen jedes Pünktchen Schmutz. Ein Beobachter, welcher mehrere Paare lebend hielt, zweifelte nicht daran, daß die Entfaltung des Männchens dazu bestimmt war, dem Weibchen zu gefallen.Annals and Magaz. of Natur. Hist. Vol. XIII. 1854, p. 157; auch Wallace, ebenda, Vol. XX, 1857, p. 412, und The Malay Archipelago, Vol. II, 1869, p. 252; auch Dr. Bennett, citiert von Brehm, Thierleben. 2. Aufl. Bd. V. 2. Abth. (Vögel, 2. Bd.), p. 416.

Fig. 50. Rupicola crocea, Männchen. (T. W. Wood.)

Der Gold-Fasan und der Amherst-Fasan breiten nicht bloß während ihrer Brautwerbung ihre prächtigen Halskragen aus und erheben sie, sondern wenden sie auch, wie ich selbst gesehen habe, schräg gegen das Weibchen hin, auf welcher Seite dieses auch stehen mag, offenbar damit eine größere Fläche davon vor demselben entfaltet werde.Mr. T. W. Wood hat im »Student«, April, 1870, p. 115, eine ausführliche Schilderung der Art und Weise dieser Entfaltung gegeben, welche er die laterale oder einseitige nennt; es bietet sie der Gold-Fasan und der japanische Fasan, Ph. versicolor, dar. Auch wenden sie ihre schönen Schwänze und Schwanzdeckfedern etwas nach dieser Seite hin. Mr. Bartlett hat ein männliches Polyplectron (Fig. 51) im Acte der Brautwerbung beobachtet und hat mir ein Exemplar gezeigt, welches in der Stellung ausgestopft wurde, die es bei jenem Acte einnahm. Der Schwanz und die Flügelfedern dieses Vogels sind mit wunderschönen Augenflecken verziert, ähnlich denen auf dem Schwanze des Pfauhahns. Wenn nun der Pfauhahn sich präsentiert, so breitet er den Schwanz aus und richtet ihn quer zu seinem Körper in die Höhe, denn er steht vor dem Weibchen und hat zu derselben Zeit seine lebhaft gefärbte blaue Kehle und Brust zu zeigen. Aber die Brust des Polyplectron ist dunkel gefärbt und die Augenflecke sind nicht auf die Schwanzfedern beschränkt. In Folge dessen steht das Polyplectron nicht vor dem Weibchen, sondern es richtet seine Schwanzfedern etwas schräg auf und breitet sie in dieser Richtung aus, wobei es auf derselben Seite auch den Flügel ausbreitet und den der entgegengesetzten Seite erhebt. In dieser Stellung sind vor den Augen des bewundernden Weibchens die Augenflecke über den ganzen Körper in einer großen flitternden Fläche entwickelt. Auf welche Seite sich auch das Weibchen wenden mag, die ausgebreiteten Flügel und der schräg gehaltene Schwanz werden nach ihm hin gedreht. Der männliche Tragopan-Fasan benimmt sich fast in derselben Weise; denn er richtet die Federn seines Körpers in die Höhe, wenn auch nicht gerade den Flügel selbst, und zwar auf der Seite, welche der entgegengesetzt ist, wo das Weibchen sich findet, und welche daher sonst nicht gesehen würde, so daß fast alle die schön gefleckten Federn zu einer und derselben Zeit gezeigt werden.

Fig. 51. Poliplectron chinquis, Männchen. (T. W. Wood.)

Der Argusfasan bietet einen noch viel merkwürdigeren Fall dar. Die ungeheuer entwickelten Schwungfedern zweiter Ordnung, welche auf das Männchen beschränkt sind, sind mit einer Reihe von zwanzig bis dreiundzwanzig Augenflecken verziert, jeder über einen Zoll im Durchmesser haltend. Diese Federn sind auch elegant mit schrägen dunklen Streifen und Reihen von Flecken gezeichnet, ähnlich denen an der Haut des Tigers und eines Leoparden in Verbindung. Diese schönen Zierathen sind verborgen, bis sich das Männchen vor dem Weibchen sehen läßt. Es richtet dann seinen Schwanz auf und breitet seine Schwungfedern zu einem großen, beinahe aufrechten kreisförmigen Fächer oder Schild aus, welcher vor dem Körper gehalten wird. Der Hals und Kopf werden auf einer Seite gehalten, so daß sie vom Fächer verdeckt sind; um aber das Weibchen, vor welchem er paradiert, zu sehen, steckt der Vogel zuweilen seinen Kopf (wie Mr. Bartlett beobachtet hat) zwischen zweien seiner langen Schwungfedern durch und bietet dann einen grotesken Anblick dar. Im Naturzustande muß dies bei diesem Vogel eine häufig geübte Gewohnheit sein; denn als Mr. Bartlett und sein Sohn mehrere aus Indien geschickte vollkommene Bälge untersuchten, fanden sie eine Stelle zwischen zwei solchen Federn, die bedeutend berieben war, als wenn hier der Kopf oft durchgesteckt worden wäre. Mr. Wood glaubt auch, daß das Männchen von der Seite her über den Rand des Fächers nach dem Weibchen hinschielen könne.

Die Augenflecke auf den Schwungfedern sind wunderbare Objecte; sie sind so schattiert, daß, wie der Herzog von Argyll bemerkt,The Reign of Law. 1867, p. 203. sie wie eine lose in einer Aushöhlung liegende Kugel erscheinen. Als ich das Exemplar im British Museum mir betrachtete, welches mit ausgebreiteten und abwärts hängenden Flügeln ausgestopft ist, war ich indessen sehr enttäuscht, denn die Augenflecken erscheinen flach oder selbst concav. Doch erklärte mir Mr. Gould die Sache sehr bald, denn er hielt die Federn aufrecht, in der Stellung, in welcher sie naturgemäß entfaltet werden würden; sobald nun das Licht von oben auf sie fällt, gleicht jeder Augenfleck sofort jenem ornamentalen Motive, das man Kugel- und Sockel-Verzierung nennt. Diese Federn sind mehreren Künstlern gezeigt worden, und alle haben ihre Bewunderung über die vollkommene Schattierung ausgedrückt. Man darf wohl fragen, ob solche künstlerisch schattierte Verzierungen durch die Thätigkeit der geschlechtlichen Zuchtwahl gebildet sein können. Es wird aber zweckmäßig sein, die Antwort auf diese Frage bis dahin zu verschieben, wenn wir im nächsten Capitel von dem Princip der stufenweisen Entwicklung sprechen.

Fig. 52. Seitenansicht eines männlichen Argusfasans, während er sein Gefieder vor dem Weibchen entfaltet. Nach der Natur beobachtet und skizziert von T. W. Wood.

Die vorstehenden Bemerkungen beziehen sich auf die Schwungfedern zweiter Ordnung, aber die Schwungfedern erster Ordnung, welche bei den meisten hühnerartigen Vögeln gleichförmig gefärbt sind, stellen beim Argusfasan nicht weniger wundervolle Objecte dar. Sie sind von einer weichen, braunen Färbung mit zahlreichen dunklen Flecken, von denen jeder aus zwei oder drei schwarzen Flecken mit einer umgebenden dunklen Zone besteht. Aber die hauptsächlichste Verzierung besteht in einem parallel dem dunkelblauen Schafte laufenden Raume, welcher in seiner Contour eine vollkommene zweite Feder darstellt, welche innerhalb der wahren Feder drin liegt. Dieser innere Theil ist heller kastanienbraun gefärbt und ist dicht mit äußerst kleinen weißen Punkten gefleckt. Ich habe diese Feder mehreren Personen gezeigt, und viele haben sie selbst noch mehr bewundert als die Kugel- und Sockelfedern und haben erklärt, daß sie mehr einem Kunstwerke als einem Naturgegenstand gliche. Diese Federn werden nun bei allen gewöhnlichen Veranlassungen gänzlich verborgen, werden aber, zusammen mit den langen Federn der zweiten Ordnung, vollständig entfaltet, wobei sie sämmtlich zusammen so ausgebreitet werden, daß sie einen großen Fächer oder ein großes Schild bilden.

Der Fall bei den männlichen Argusfasanen ist außerordentlich interessant, weil er einen guten Beleg dafür darbietet, daß die raffinierteste Schönheit nur als Reizmittel für das Weibchen dienen kann und zu keinem anderen Zwecke. Daß dies der Fall ist, müssen wir daraus folgern, daß die Schwungfedern erster Ordnung niemals entfaltet werden und die Kugel- und Sockel-Verzierung niemals in ganzer Vollkommenheit gezeigt wird, ausgenommen, wenn das Männchen die Stellung der Brautwerbung annimmt. Der Argusfasan besitzt keine brillanten Farben, so daß ein Erfolg bei der Bewerbung von der bedeutenden Größe seiner Zierfedern abgehangen zu haben scheint, ebenso wie von der Ausführung der elegantesten Zeichnungen. Viele werden erklären, daß es vollkommen unglaublich ist, daß ein weiblicher Vogel im Stande sein sollte, feine Schattierungen und ausgezeichnete Zeichnungen zu würdigen. Es ist zweifellos eine merkwürdige Thatsache, daß das Weibchen diesen beinahe menschlichen Grad von Geschmack besitzen soll. Wer der Ansicht ist, mit Sicherheit die Unterscheidungskraft und den Geschmack der niederen Thiere abschätzen zu können, mag leugnen, daß der weibliche Argusfasan solche ausgesuchte Schönheit würdigen könne; er wird aber dann gezwungen sein, zuzugeben, daß die außerordentlichen Stellungen, welche das Männchen während des Actes der Bewerbung annimmt und durch welche die wunderbare Schönheit seines Gefieders vollständig zur Entfaltung kommt, zwecklos sind, und dies ist eine Schlußfolgerung, welche ich für meinen Theil wenigstens niemals zugeben kann.

Obgleich so viele Fasanen und verwandte hühnerartige Vögel sorgfältig ihr schönes Gefieder vor den Weibchen entfalten, so ist es doch merkwürdig, daß dies, wie mir Mr. Bartlett mittheilt, bei den trübe gefärbten Ohren- und Wallich'schen Fasanen (Crossoptilon auritum und Phasianus Wallichii) nicht der Fall ist; es scheinen daher diese Vögel sich dessen bewußt zu sein, daß sie wenig Schönheit zu entfalten im Stande sind. Mr. Bartlett hat niemals gesehen, daß die Männchen einer diesen beiden Species mit einander kämpften, obschon er nicht so gute Gelegenheit gehabt hat, den Wallich'schen Fasan zu beobachten wie den Ohrenfasan. Auch findet Mr. Jenner Weir, daß alle männlichen Vögel mit reichem oder scharf charakterisiertem Gefieder streitsüchtiger sind als die trübe gefärbten Arten, welche zu denselben Gruppen gehören. Der Stieglitz ist z. B. viel zanksüchtiger als der Hänfling, und die Amsel zanksüchtiger als die Drossel. Diejenigen Vögel, welche in den verschiedenen Jahreszeiten eine Veränderung des Gefieders erleiden, werden in der Periode, wo sie am lebhaftesten geziert sind, gleichfalls viel kampflustiger. Ohne Zweifel kämpfen auch die Männchen einiger dunkel gefärbten Vögel verzweifelt mit einander, aber es scheint doch, als ob in den Fällen, wo die geschlechtliche Zuchtwahl von großem Einflusse gewesen ist und den Männchen irgend einer Species helle Farben gegeben hat, dieselbe dann auch den Männchen eine starke Neigung zum Kämpfen verliehen hätte. Wir werden nahe analoge Fälle noch zu verzeichnen haben, wenn wir von den Säugethieren reden werden. Auf der andern Seite sind bei Vögeln das Vermögen des Gesanges und glänzende Färbungen selten von den Männchen einer und derselben Species zusammen erlangt worden. In diesem Falle würde aber der dadurch erlangte Vortheil ganz genau derselbe gewesen sein, nämlich Erfolg beim Bezaubern des Weibchens. Nichtsdestoweniger muß zugegeben werden, daß die Männchen mehrerer glänzend gefärbter Vögel ihre Federn speciell zu dem Zwecke modificiert haben, Instrumentalmusik hervorzubringen, obschon die Schönheit dieser letzteren, wenigstens unserem Geschmacke nach, nicht mit der Vocalmusik vieler Singvögel verglichen werden kann.

Wir wollen uns nun zu solchen männlichen Vögeln wenden, welche in keinem sehr hohen Grade verziert sind, welche aber doch nichtsdestoweniger während ihrer Brautwerbung, das was sie nur irgend an Anziehungsmitteln besitzen, zur Entfaltung bringen. Diese Fälle sind in manchen Beziehungen noch merkwürdiger als die in dem Vorstehenden erörterten und sind nur wenig beachtet worden. Ich verdanke die folgenden Thatsachen, welche aus einer großen Menge werthvoller, mir freundlichst mitgetheilter Notizen ausgezogen sind, der Güte des Mr. Jenner Weir, welcher lange Zeit Vögel vieler Arten, mit Einschluß aller britischen Fringilliden und Emberiziden, gehalten hat. Der Gimpel macht seine Annäherungsversuche, indem er vor dem Weibchen steht; dann bläst er seine Brust auf, so daß viel mehr von den carmoisinen Federn auf einmal zu sehen sind, als es sonst der Fall sein würde, und zu derselben Zeit dreht und biegt er seinen schwarzen Schwanz von der einen nach der anderen Seite hin in einer lächerlichen Art und Weise. Auch der männliche Buchfink steht vor dem Weibchen und zeigt dabei seine rothe Brust und seinen aschblauen Kopf und Nacken. Die Flügel werden zu derselben Zeit leicht erhoben, wobei die rein weißen Binden auf den Schultern auffallender werden. Der gemeine Hänfling dehnt seine rosige Brust aus, erhebt leicht seine braunen Flügel und den Schwanz, so daß er durch Darstellung ihrer weißen Ränder sie offenbar noch am besten verwerthet. Wir müssen indessen vorsichtig sein, wenn wir schließen wollen, daß die Flügel nur zur Entfaltung ausgebreitet werden, da dies manche Vögel thun, deren Flügel nicht schön sind. Dies ist der Fall mit dem Haushahn, doch ist es hier stets der Flügel auf der dem Weibchen entgegengesetzten Seite, welcher ausgebreitet und gleichzeitig auf dem Boden hingefegt wird. Der männliche Stieglitz benimmt sich von allen anderen Finken ganz verschieden. Seine Flügel sind schön, die Schultern sind schwarz und die schwarzspitzigen Flügelfedern mit Weiß gefleckt und mit Goldgelb gerändert. Wenn er dem Weibchen den Hof macht, schwingt er seinen Körper von der einen Seite nach der andern und dreht seine leicht ausgebreiteten Flügel schnell herum, zuerst auf die eine, dann auf die andere Seite, wobei ein goldener Glanz über sie fällt. Wie Mr. Weir mir mittheilt, dreht sich kein anderer britischer Finke während seiner Bewerbung in dieser Weise von Seite zu Seite, nicht einmal der nahe verwandte männliche Zeisig thut es, denn er würde dadurch nichts seiner Schönheit zufügen.

Die meisten der britischen Ammern sind einfach gefärbte Vögel. Im Frühjahre erhalten aber die Federn auf dem Kopfe des männlichen Rohrsperlings (Emberiza schoeniclus) eine schöne schwarze Farbe durch Abstoßung der grauen Spitzen, und diese werden während des Actes der Bewerbung aufgerichtet. Mr. Weir hat zwei Arten von Amadina aus Australien gehalten. Die A. castanotis ist ein sehr kleiner und bescheiden gefärbter Finke mit einem dunklen Schwanze, weißem Rumpfe und glänzend schwarzen oberen Schwanzdeckfedern, von welchen letzteren jede einzelne mit drei großen, auffallenden, ovalen, weißen Flecken gezeichnet ist.Wegen der Beschreibung dieser Vögel s. Gould, Handbook to the Birds of Australia. Vol. I. 1865, p. 417. Wenn das Männchen dieser Species das Weibchen umwirbt, breitet es leicht diese zum Theil gefärbten Schwanzdeckfedern aus und macht sie in einer sehr eigenthümlichen Weise erzittern. Die männliche Amadina Lathami benimmt sich sehr verschieden hiervon, indem sie ihre brillant gefärbte Brust und ihren scharlachenen Rumpf und die scharlachenen oberen Schwanzdeckfedern vor dem Weibchen entfaltet. Ich will hier nach Dr. Jerdon hinzufügen, daß der indische Bulbul (Pycnonotus haemorrhous) carmoisinrothe untere Schwanzdeckfedern hat, und die Schönheit dieser Federn kann, wie man denken möchte, niemals gut entfaltet werden. »Wird aber der Vogel erregt, so breitet er sie oft seitwärts aus, so daß sie selbst von oben gesehen werden können«.Birds of India. Vol. II, p. 96. Die carmoisinrothen untern Schwanzdecken einiger anderer Vögel, so eines der Spechte, Picus major, können auch ohne eine derartige Entfaltung gesehen werden. Die gemeine Taube hat iridescierende Federn an der Brust, und ein Jeder muß ja gesehen haben, wie das Männchen seine Brust aufbläst, während es das Weibchen umwirbt, und dabei diese Federn auf das Vortheilhafteste zeigt. Eine der schönen bronzeflügeligen Tauben von Australien (Ocyphaps lophotes) benimmt sich, wie mir Mr. Weir es beschrieben hat, sehr verschieden. Während das Männchen vor dem Weibchen steht, senkt es seinen Kopf fast bis auf die Erde, breitet den Schwanz aus und erhebt ihn senkrecht und breitet auch seine Flügel halb aus. Es hebt dann abwechselnd den Körper in die Höhe und senkt ihn wieder langsam, so daß die iridescierenden metallisch glänzenden Federn alle auf einmal zu sehen sind und in der Sonne glitzern.

 

Es sind nun hinreichende Thatsachen mitgetheilt worden, welche zeigen, mit welcher Sorgfalt männliche Vögel ihre verschiedenen Reize entfalten und wie sie dies mit dem größten Geschicke thun. Während sie ihre Federn ausputzen, haben sie häufig Gelegenheit sich selbst zu bewundern und zu studieren, wie sie ihre Schönheit am besten darbieten können. Da aber sämmtliche Männchen einer und der nämlichen Species sich in genau derselben Art und Weise producieren, so scheint es, als seien doch vielleicht zuerst absichtliche Handlungen instinctive geworden. Wenn dies der Fall ist, so dürfen wir die Vögel nicht bewußter Eitelkeit beschuldigen; und doch scheint uns, wenn wir einen Pfauhahn mit ausgebreiteten und erzitternden Schwanzfedern umherstolzieren sehen, derselbe das lebendige Abbild von Stolz und Eitelkeit zu sein.

Die verschiedenen Zierathen, welche die Männchen besitzen, sind gewiß von der größten Bedeutung für dieselben, denn sie sind in einigen Fällen auf Kosten des bedeutend eingeschränkten Flug- oder Laufvermögens erlangt worden. Der afrikanische Ziegenmelker (Cosmetornis), welcher während der Paarungszeit eine seiner Schwungfedern erster Ordnung zu einem Fadenanhange von außerordentlicher Länge entwickelt hat, wird hierdurch in seinem Fluge aufgehalten, obschon er zu andern Zeiten seiner Schnelligkeit wegen merkwürdig ist. Die »ungeheure Größe« der Schwungfedern zweiter Ordnung des männlichen Argusfasan beraubt, wie man sagt, »den Vogel fast vollständig des Vermögens zu fliegen«. Die schönen Schmuckfedern männlicher Paradiesvögel stören sie während eines starken Windes. Die außerordentlich langen Schwanzfedern der männlichen Wittwenvögel (Vidua) von Süd-Afrika machen »ihren Flug schwer«, sobald dieselben aber abgeworfen sind, fliegen sie so gut wie die Weibchen. Da Vögel stets brüten, wenn die Nahrung reichlich vorhanden ist, so erleiden die Männchen wahrscheinlich nicht viel Unbequemlichkeiten beim Suchen von Nahrung in Folge ihres gehinderten Bewegungsvermögens. Es läßt sich aber kaum zweifeln, daß sie viel mehr der Gefahr ausgesetzt sind, von Raubvögeln ergriffen zu werden. Auch können wir daran nicht zweifeln, daß das lange Behänge des Pfauhahns und der lange Schwanz und die langen Schwungfedern des Argusfasans sie viel leichter zu einer Beute für irgend eine raubgierige Tigerkatze machen müssen, als es sonst der Fall wäre. Selbst die hellen Farben vieler männlichen Vögel müssen sie selbstverständlich für ihre Feinde aller Arten auffallender machen. Wahrscheinlich sind daher, wie Mr. Gould bemerkt hat, solche Vögel allgemein von einer scheuen Disposition, als ob sie sich dessen bewußt wären, daß ihre Schönheit eine Quelle der Gefahr für sie ist; auch sind sie viel schwerer zu entdecken und zu beschleichen als ihre dunkel gefärbten und vergleichsweise zahmen Weibchen oder als ihre jungen und noch nicht geschmückten Männchen.Über den Cosmetornis s. Livingstone, Expedition to the Zambesi. 1865, p. 66. Über den Argus-Fasan s. Jardine, Naturalist's Library: Birds. Vol. XIV, p. 167. Über Paradiesvögel: Lesson, citiert von Brehm, Thierleben. 1. Aufl. Bd. III, p. 325. Über den Wittwenvogel s. Barrow, Travels in Afrika. Vol. I, p. 243, und Ibis. Vol. III. 1861, p. 133. Mr. Gould, Über das Scheusein männlicher Vögel, in: Handbook to the Birds of Australia. Vol. I. 1865, p. 210, 457.

Es ist eine noch merkwürdigere Thatsache, daß die Männchen einiger Vögel, welche mit speciellen Waffen für den Kampf ausgerüstet und im Naturzustande so kampfsüchtig sind, daß sie oft einander tödten, darunter leiden, daß sie gewisse Zierathen besitzen. Kampfhahnzüchter stutzen die Sichelfedern und schneiden die Kämme und Fleischlappen ihrer Hähne ab, und dann, sagt man, sind die Vögel »abgestumpft«. Ein nichtgestumpfter (undubbed) Vogel ist, wie Mr. Tegetmeier betont, »in einem ungeheuren Nachtheile. Der Kamm und die Fleischlappen bieten dem Schnabel seines Gegners einen leichten Halt dar, und da ein Hahn allemal schlägt, wo er hält, wenn er einmal seinen Feind ergriffen hat, so hat er ihn dann vollständig in seiner Gewalt. Selbst angenommen, daß der Vogel nicht getödtet wird, so ist der Verlust an Blut, den ein nicht-gestumpfter Hahn erleidet, viel bedeutender als der, welchem ein gestumpfter Hahn ausgesetzt ist«.Tegetmeier, The Poultry Book. 1866, p. 139. Junge Truthähne ergreifen sich, während ihrer Kämpfe, stets einander bei den Fleischlappen, und ich vermuthe, daß die alten Vögel in derselben Weise kämpfen. Man könnte vielleicht einwerfen, daß der Kamm und die Fleischlappen nicht zur Zierde dienen und den Vögeln auf diese Weise nicht von Nutzen sein können; aber selbst für unsere Augen wird die Schönheit des glänzend schwarzen spanischen Hahns durch sein weißes Gesicht und den carmoisinen Kamm bedeutend erhöht, und Jeder, der nur irgend einmal die glänzend blauen Fleischlappen des männlichen Tragopan-Fasans gesehen hat, wenn er sie während der Brautwerbung ausdehnt, kann auch nicht einen Moment zweifeln, daß das in ihrer Entwicklung verfolgte Ziel die Schönheit sei. Aus den vorstehend mitgetheilten Thatsachen sehen wir deutlich, daß die Zierfedern und andere Schmuckarten des Männchens von der größten Bedeutung für dasselbe sein müssen; und wir sehen ferner, daß Schönheit in einigen Fällen selbst von größerer Bedeutung ist als ein Erfolg beim Kampfe.

 


 


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