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»Mr. Fairfax wünscht Sie zu sprechen.«
»Sagen Sie ihm, daß ich beschäftigt sei.«
Der Diener zögerte, bat Mr. Shelf dann um Entschuldigung und deutete an, Mr. Fairfax scheine eine solche Antwort vorausgesehen zu haben.
»Er hat mir aufgetragen, zu sagen, er habe wichtige Geschäftsangelegenheiten mit Ihnen zu besprechen, sonst wäre er nicht so spät am Abend gekommen, und er fügte noch hinzu –« hier zögerte der Bediente wieder, »er müsse Sie unter allen Umständen sprechen.«
»Sagen Sie ihm –« begann Shelf ärgerlich, aber er hielt plötzlich inne, und der Rest des Satzes ist für die Nachwelt verloren, denn Fairfax war eingetreten.
»Ich muß sagen, mein Herr,« sprach der Reeder mit eisiger Höflichkeit, »daß Ihr Eindringen hier nach dem, was heute nachmittag zwischen uns vorgefallen ist, einen großen Mangel an Takt verrät. Als Christ war es natürlich meine Pflicht, die ungerechten Gedanken, denen Sie gegen mich Raum gegeben haben, zu verzeihen, allein ich bekenne, daß ich als schwacher Mensch dadurch so tief verletzt worden bin, daß mich Ihr Anblick zu neuer Sünde versucht. Vielleicht sind Sie jedoch gekommen, um Ihr Bedauern über das Vorgefallene auszusprechen und das Gesuch um Enthebung von der Direktorstelle, das Sie in so rücksichtsloser Weise gestellt haben, zurückzuziehen.«
»Weder das eine, noch das andre führt mich her,« entgegnete Fairfax kurz. »Ich suche Sie überhaupt nicht in Ihrer Eigenschaft als Chef der Firma Marmaduke Rivers & Shelf auf, sondern weil Sie der Vormund der jungen Dame sind, die ich binnen kurzem heimzuführen gedenke.«
»Hat Amy Sie hergeschickt?«
»Sie hat vollkommen Kenntnis von meinem Anliegen und billigt es. Ein Landgut in Kent ist plötzlich dem Verkauf ausgesetzt und ist bei Barzahlung zu einem vergleichsweise geringen Preise zu haben. Ich habe es mir heute genau angesehen, und mein Sachwalter hat inzwischen die Besitztitel geprüft. Das Gut gefällt uns in jeder Hinsicht, und die Besitztitel sind so klar, als man es nur verlangen kann.«
»Sie wünschen also, diesen Grundbesitz mit dem Gelde Ihrer zukünftigen Frau zu erwerben?« fragte Shelf höhnisch.
»Ich verhehle mir die Thatsache nicht, daß Amy eine reiche Erbin ist, anderseits bin ich aber auch nicht gerade arm; indessen brauchen wir diese Seite der Geldfrage hier nicht zu erörtern. Worauf es im Augenblick ankommt, ist, daß Amy den Wunsch hat, die Besitzung gemeinsam mit mir zu kaufen, und ich komme in ihrem Namen, um Sie um Ihre Zustimmung zu ersuchen. Es ist Ihnen ja bekannt, daß ihr Vater nach den Bestimmungen seines letzten Willens Amys Wünsche in Hinsicht auf die Anlage ihres Vermögens von ihrem einundzwanzigsten Jahre an berücksichtigt wissen wollte, obschon sie bis zu ihrem dreiundzwanzigsten Jahre unter einer Art Halbvormundschaft bleiben sollte.«
»Da ich nur einer ihrer Vormünder bin,« entgegnete Shelf, »müssen Sie eine Besprechung zwischen mir und meinem Gegenvormund herbeiführen.«
»Ich bin bei dem Herrn gewesen, ehe ich hierher kam,« antwortete Fairfax. »Er will morgen in die Stadt kommen und Sie in Ihrem Comptoir in der City aufsuchen. Einstweilen spricht er seine Zustimmung in diesem Briefe an Sie aus.«
Fairfax suchte ein Papier aus seiner Brieftasche hervor und überreichte es Shelf. »Sie erkennen wohl die Unterschrift?« sagte er dabei.
Shelf fuhr zusammen, und das Papier raschelte zwischen seinen großen, weißen Fingern. Ein Fluch schwebte ihm auf den Lippen, allein er unterdrückte ihn, wandte mit gerunzelter Stirn und einem kurzen Stocken des Atems das Blatt um und las es durch. Zufällig hatte Fairfax das Zusammenfahren bemerkt, und da er ein junger Mann von einigem Scharfsinn war, zog er seine Schlüsse über dessen Grund. »Warum war der alte Heuchler so erschrocken, als ich sagte, er werde die Handschrift seines Gegenvormunds wohl erkennen?« fragte er sich selbst. »Einen bestimmten Grund für dieses Erschrecken sehe ich zwar nicht, aber dahinter steckt etwas, was das Licht zu scheuen hat. Shelf ist nicht der Mann, sich so zu verraten, wenn er nicht sehr triftige Gründe zur Besorgnis hat. Ich komme nachgerade zu der Ueberzeugung, daß es Amys Interessen, die in meiner Hand liegen, durchaus nichts schaden könnte, wenn sich mal jemand darum kümmerte.«
Shelf blickte von dem Briefe auf.
»Sie werden wohl wissen, daß ich auf Grund einer solchen Privatäußerung nicht handeln kann. Mein Gegenvormund ist ein ganz ausgezeichneter Christ, aber, ich bedaure, es aussprechen zu müssen, ein schlechter Geschäftsmann.«
»Gelinde gesagt, ganz unerfahren. Er scheint vom Gebrauch von Papier und Unterschrift eine höchst unklare Vorstellung zu haben, aber er meint es gut, und das ist der Grund, weshalb ich ihm so wenig als möglich lästig fallen möchte,« entgegnete Fairfax. »Ich werde also mit Ihrer Erlaubnis, Mr. Shelf, und um auch Ihnen unnötige Mühe mit Kleinigkeiten zu ersparen, meinen Sachwalter beauftragen, alle Vorbereitungen zu treffen und zu prüfen, welche von Amys Papieren am vorteilhaftesten verkauft werden können.«
»Sie halten es also für unzweifelhaft,« sprach der Reeder verdrießlich, »daß ich gegen diesen Plan, meiner Mündel Geld zu verwenden, kein Veto einlegen werde?«
»Was könnte Sie dazu veranlassen? Sie haben Ihre Einwilligung zu unsrer Verbindung gegeben, und was auch immer Ihre persönlichen Gesinnungen gegen mich sein mögen, so haben Sie doch Amy jedenfalls lieb. Sie wünscht, diese Besitzung zu erwerben, und ich vermag keinen triftigen Grund zu sehen, ihr die Erfüllung dieses Wunsches zu verweigern.«
»Und doch gibt es sehr ernste Bedenken gegen ein solches Vorgehen,« versetzte Shelf.
»Dann haben Sie vielleicht die Güte, sie mir mitzuteilen,« antwortete Fairfax.
»Ich kann mich dazu in keiner Weise für verpflichtet halten.«
»Da bin ich doch andrer Ansicht, und Sie drängen mir überdies eine sehr unangenehme Folgerung auf, Mr. Shelf.«
»Und die wäre, mein Herr?«
»Die wäre,« erwiderte Fairfax mit einem bezeichnenden Blicke, »daß Sie das Geld – hm – nun, sagen wir einmal, so fest angelegt haben, daß es für diese neue Verwendung nicht gleich flüssig gemacht werden kann.«
»Sie sprechen wie ein Kind,« entgegnete Shelf ärgerlich.
»Ich spreche wie ein einfacher Geschäftsmann,« behauptete Fairfax dagegen, »der die Absicht hat, sich um das Vermögen seiner künftigen Frau zu kümmern. Ihr Gegenvormund wird Sie morgen mittag besuchen, und ich werde es mir zur Pflicht machen, ihn zu begleiten. Also bis dahin au revoir!«
Fairfax verließ das Zimmer, und Shelf sank in den Drehstuhl vor seinem Schreibtisch zurück. Unbewußt streckten sich seine Finger aus und spielten mit einem Buche, das vor ihm auf dem Tische lag. Es war ein Kursbuch. Einmal öffnete er es sogar und schlug die Seite auf, wo die Züge von London nach Southampton standen, und eine volle halbe Stunde blieb es so aufgeschlagen vor ihm liegen. Dann aber schleuderte er es wütend in eine Ecke.
»Amy kann sich bei Fairfax für die Rettung ihres Vermögens bedanken,« murmelte er, »aber tausend andre Leute werden ihm dafür fluchen. Ich glaube, ich bin ein Thor, daß ich nicht jetzt mit dem, was ich habe, verdufte, denn nur ein Wunder könnte mich retten. Aber noch habe ich das Geld in Händen, das die armen Tröpfe für die neue Gesellschaft eingezahlt haben, und das genügt, um mich noch eine Weile über Wasser zu halten. Etwas Aussicht ist ja auch vorhanden, daß Onslows Coup noch rechtzeitig seine Früchte trägt, und wenn das der Fall ist, ist alles in Ordnung. Wenn nicht, bleibt mir immer meine Estancia am Rio Paraguay. Ja, George, alter Freund, so ist es. Kosig und warm, fern von allen Sorgen und allen Auslieferungsverträgen. Ich will's darauf ankommen lassen.«
Der Foxterrier rieb sich an seinem Beine, und Shelf hob den Hund auf einen Armstuhl. Sodann entnahm er seinem Geldschrank ein Bündel Papiere, das er auf seinen Schreibtisch legte.
Es waren die Vormundschaftsakten und andre Amy Rivers' Vermögen betreffende Papiere. Einige davon waren Urkunden, die sicher zu verschließen entschieden der Mühe wert war, denn wenn der Staatsanwalt diese Sammlung auch nur fünf Minuten lang vor Augen gehabt hatte, wären dem frommen Mr. Theodor Shelf sieben Jahre Zuchthaus sicher gewesen.
Es ist ein mißliches Ding, eine solche Andeutung gegen einen so wackeren Mann fallen zu lassen, allein einige Thatsachen werden beweisen, daß ausreichende Gründe dazu vorliegen. Während der zwei letzten Jahre hatte sich Shelf teils infolge des Darniederliegens der Geschäfte, teils infolge der wahnsinnigen Verschwendung seiner Frau in ständiger Geldverlegenheit befunden. Auf jede erlaubte Weise hatte er bald hier, bald dort Beträge aufgenommen, hatte damit spekuliert, aber kein Glück gehabt und war endlich soweit gekommen, sich auf weniger ehrenhafte Weise Einnahmequellen zu erschließen. Schon lange hatte er das Vermögen seines verstorbenen Geschäftsteilhabers, Marmaduke Rivers, das er und ein Domherr von Winchester als Vormünder für Amy Rivers verwalteten, mit begehrlichen Blicken betrachtet und sich endlich in einem Augenblick, wo er nicht mehr aus noch ein wußte, dazu hinreißen lassen, es in eigenem Nutzen zu verwenden. Der Gegenvormund hatte es auf der Universität Oxford zu hohen Ehren gebracht und war selbst außerordentlich rechtschaffen und vollkommen ohne Argwohn, dabei aber von einer ganz ungewöhnlichen Unerfahrenheit in Geschäftssachen.
Als sich Shelf entschloß, Amy Rivers' Vermögen anzugreifen, sparte er sich natürlich die Mühe, dieses guten Herrn Erlaubnis einzuholen. Er fälschte einfach eine Vollmacht, unterschrieb sie mit dem nachgemachten Namen des ausgezeichneten Domherrn und machte sich ans Geschäft. Da er ein Mann war, der nichts halb that und eine Kirsche, die er auf einmal verschlucken konnte, nicht in zwei Bissen verzehrte, nahm er gleich das gesamte Vermögen seiner Mündel, bezahlte aber die üblichen Zinsen mit tadelloser Pünktlichkeit an ihren Bankier. Menschlich gesprochen war wenig Gefahr, daß sein Verbrechen entdeckt werden würde, und er hatte die beste Absicht, das Vermögen bis auf den letzten Pfennig zurückzuerstatten, sowie das Glück ihm wieder hold war.
Und nun mußte dieser unleidliche, von Argwohn erfüllte Fairfax daherkommen, augenscheinlich entschlossen, entweder Geld zu erhalten, oder eine Rechnungslegung herbeizuführen. Das war aber etwas, was Shelf unter keinen Umständen geschehen lassen durfte, denn der erste Blick mußte zeigen, daß das ihm anvertraute Vermögen in seiner ursprünglichen Gestalt gar nicht mehr vorhanden war, und daß er die Zinsen aus seiner eigenen Tasche bei der Bank eingezahlt hatte. Es blieben ihm also nur zwei Auswege übrig: entweder auf der Stelle zu verduften, oder das gestohlene Vermögen aus andern bereiten Mitteln zu ersetzen, in der Hoffnung, daß die Vorsehung, die die Spitzbuben beschützt, die Geschichte wieder in Ordnung bringen würde. Shelf hatte sich zum zweiten dieser Auswege entschlossen, und das von den armen Opfern der »Genossenschaftlichen Dampfschiffahrtsgesellschaft« eingezahlte Geld war es, das er zum Ersatz von Amy Rivers' Vermögen benutzte.
Um das zu bewerkstelligen, waren nur einige Federstriche erforderlich; aber nachdem diese ausgeführt waren, machte sich Shelf an ein schwieriges Kunststück: die Spuren seines Thuns zu verdecken, denn er wünschte, wenn das Schlimmste zum Schlimmsten käme, und er als entlarvter Schwindler fliehen müsse, daß niemand etwas von der Veruntreuung des Vermögens seiner Mündel erführe.
Es erscheint vielleicht lächerlich, daß sich der Mann diese Mühe gab. In der großen Masse seiner andern ungeheuren Betrügereien würde diese sehr nahe liegende wahrscheinlich fast unbemerkt geblieben sein und kaum eine besonders große Entrüstung der großen gerupften Menge erregt haben. Er bestahl Tausende, um eine wiederzubezahlen, und, nachdem er dies gethan hatte, versuchte er, den häßlichen Makel des Diebstahls, der an dem Gelde haftete, zu vertilgen. Nächst sich selbst und seinem Hunde liebte er Amy Rivers wahrscheinlich am meisten in der Welt, und wenn es wirklich soweit kam, daß er fliehen mußte, dann würde sie ihm wenigstens eine freundliche Erinnerung bewahren, und in diesem Gedanken lag etwas, was ihn mit sich aussöhnte.
Natürlich gewann er sich diese freundliche Erinnerung durch falsche Vorspiegelungen, aber solche Kleinigkeiten kamen bei Theodor Shelf nicht in Betracht.
Mitternacht war längst vorüber, als er mit seinen Manipulationen fertig war, und er drückte gerade das Löschblatt auf seine letzte Fälschung, als er die Hausthür zufallen hörte. Schnell verschloß er die Papiere im Geldschrank, warf sich in seinen Armstuhl und nahm einen Band seiner eigenen gedruckten Predigten in die Hand; darin las er mit heiterer Miene, als seine Frau mit Amy Rivers majestätisch ins Zimmer gesegelt kam.
Das junge Mädchen trat zu ihm, ergriff seine beiden Hände und schüttelte sie warm.
»Meine herzlichsten Glückwünsche!« rief sie aus. »Ich habe es eben erst gehört. Darf ich dich schon im voraus als ›Sir Theodor‹ begrüßen?«
Shelf ließ das Buch zu Boden gleiten, richtete sich auf und starrte erst Amy und dann seine Ehehälfte verständnislos an.
»Ich bin dir sehr dankbar, liebe Amy,« sprach er endlich; »aber ich weiß in der That nicht, was du eigentlich meinst.«
»Das Geheimnis ist an den Tag gekommen,« antwortete sie. »Alle Welt sprach heute abend davon, und am nächsten Geburtstage der Königin wird's amtlich veröffentlicht. Und kein lumpiger Herr Von, nein, du wirst wirklicher Freiherr, nichts Geringeres.«
Shelf lehnte sich mit einem sehr seltsamen Ausdruck auf seinem Sessel zurück. Er legte seine Hände unter dem Kinn zusammen und sah seine Frau sonderbar an. »Wohl dein Werk, Laura?«
»Ja, das hast du ganz allein mir zu verdanken,« erwiderte sie und verbeugte sich lächelnd. »Ich habe es heute hier mit dem Minister abgemacht, und in den beiden Häusern, wo wir nachher noch vorsprachen, habe ich die Neuigkeit drei meiner besten Freundinnen unter dem Siegel der tiefsten Verschwiegenheit anvertraut, folglich weiß es heute abend noch ganz London, und morgen wird's in allen Zeitungen Englands stehen. Willst du mich nicht beglückwünschen?«
»Damit will ich lieber noch warten, bis du wirklich als Lady Shelf vor mir stehst,« entgegnete der Reeder. »Bis zur amtlichen Bekanntmachung dauert's noch vierzehn Tage, und bis dahin kann sich noch vieles ereignen. Wir Menschen sind schwache Geschöpfe.«
»Um Gottes willen,« rief Mrs. Shelf, »laß nur jetzt deine frommen Redensarten unterwegs, und wenn du erst Sir Theodor bist, werde ich es nicht mehr dulden, daß du mich durch dein Predigen vor diesen gemeinen Leuten bloßstellst. Diese Verbindungen müssen völlig abgebrochen werden. Gott im Himmel! Spaß kann dir das doch unmöglich machen, Theodor! Du hast diese langweiligen Einfaltspinsel gebraucht und ein Vermögen durch sie verdient, aber damit laß es nun auch genug sein. Wenn du noch weiter kommen willst, mußt du dich an andre Kreise halten. Siehst du das nicht ein?«
Statt aller Antwort brach Shelf in ein wildes Gelächter aus. Seine Frau wich halb erschrocken einen Schritt zurück, denn sie hatte ihren Mann kaum einmal während ihres ganzen Zusammenlebens lachen hören.
»Du bist eine gescheite Frau, Laura, und auch eine schöne,« sprach er, als er sich endlich beruhigt hatte; »aber du bist manchmal etwas voreilig mit deinen Schachzügen. Jetzt rechnest du ohne Zweifel darauf, daß dich die Dienstboten in vierzehn Tagen ›Mylady‹ anreden werden. Vierzehn Tage sind vierzehnmal vierundzwanzig Stunden, und in jeder Minute dieser Zeit kann etwas vorfallen, was dir eine schreckliche Enttäuschung bringt. Ich kann zum Beispiel sterben. Allerdings räume ich dir ein, daß es auch schon Fälle gegeben hat, wo Damen zu Baronessen ernannt worden sind, allein ich glaube nicht, daß die Regierung dich zur Lady Shelf machen würde, wenn ich nicht mehr da sein sollte, diese Würde mit dir zu teilen.«
In diesem Augenblick trat ein Diener ein und meldete, daß Fairfax im Flur warte. »Gute Nacht!« rief Amy Rivers hastig und schlüpfte aus dem Zimmer. Mrs. Shelf aber pflanzte sich mit der Röte des Triumphes und des Aergers in den Wangen vor dem Kamin auf.
»Du sprichst ja furchtbaren Unsinn, Theodor,« sagte sie, »und noch dazu in Gegenwart des jungen Mädchens. Gott sei Dank, daß sie so gut wie zur Familie gehört und nicht plaudern wird. Du und sterben! Zu abgeschmackt! Natürlich wirst du in den Freiherrnstand erhoben, daran ist jetzt, dank meiner Fürsorge, gar nicht mehr zu zweifeln.«
»Was wünschest du denn von mir zu hören?« fragte er.
»Nun, zunächst hätte es schon der bloße Anstand erfordert, daß du mir danktest. Hätte ich nicht heute abend hier im Hause meine ganzen diplomatischen Künste spielen lassen, so wärst du mit dem lumpigen einfachen Adel abgefunden worden. Jetzt hast du Aussicht, Aufsehen zu erregen.«
Shelf erhob sich langsam und trat mit vorgestrecktem Kopfe und untergeschlagenen Armen vor sie hin.
»Ja,« sprach er langsam, »ich habe Gelegenheit, Aufsehen zu erregen, das größte seit langer Zeit hier im Lande, und deinen Anstrengungen danke ich sie. Gott gebe, daß die Gelegenheit an mir vorüber gehe! Du bist schön und sehr klug, aber ich glaube, Laura, daß du ein Geschöpf der Hölle bist, das mit der besonderen Aufgabe, den Versucher zu spielen, auf die Erde gesandt worden ist. Geh lieber jetzt zu Bett und laß mich allein. Dies ist einer der Augenblicke, wo ich mich versucht fühle, dich umzubringen.«