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Goethebücher, aber willkommene

Jedes in diesem Jahre über Goethe eingesparte Wort ist ein Segen und darum nichts mehr zu begrüßen als lakonische Jubiläumsbücher. Zwei dieser Art, ungleich an Wert, aber lobenswert beide, seien hier vorgestellt. Von Goethe-Spezialisten sind sie verfaßt. Beide aber haben sie diesen nicht immer empfehlenden Ursprung durch geistvolle Konzeption und gewissenhafte Durchführung gerechtfertigt. So reicht denn das eine über Spezialistentum weit in die volkstümliche Breite hinaus, das andere durch gedrungene Faktizität in die philosophische Tiefe hinab. Wir sprechen von dem »Goethe, ein Bilderbuch« von Rudolf Payer-Thurn Rudolf Payer von Thurn, Goethe. Bilderbuch. Sein Leben und Schaffen in 444 Bildern erläutert. Leipzig: G. Schulz Verlag [1931]. 192 S. Abb., mehr Taf., 24 S. und der »Chronik von Goethes Leben« von Flodoard von Biedermann. Flodoard Frh. von Biedermann, Chronik von Goethes Leben. Leipzig: Insel Verlag [1931]. 86 S. (Insel-Bücherei. 415.) Beiden Büchern ist weiter gemeinsam Gründlichkeit in Verbindung mit Grundsatzlosigkeit. Das ist eine fruchtbare Kombination. So wie die Chronik unter die einzelnen Jahreszahlen, in die sie übersichtlich rubriziert ist, die verschiedensten Fakten von den epochalen Begegnungen oder Werken bis zu den abgelegensten Kuriositäten begreift, hat auch das Bilderbuch sich vielfach vom Porträt und der Lokalansicht emanzipiert, um Handschriften, Bücher, die Goethe las oder die er verfaßte, Handzeichnungen aus Italien und Deutschland, Illustrationen seiner Werke, die Todesanzeige seiner Enkelin, das Gedenkblatt, mit welchem er die Gratulationen zu seinem fünfzigjährigen Dienstjubiläum bedankte, selbst seinen Reisewagen zu bringen. Wenn dem Kundigen vieles unter diesen Bildern bekannt ist, so haben hübsche farbige Tafeln, die dem Bande beigegeben sind, das Verdienst, die Aufmerksamkeit des Unkundigen auf ihn zu lenken, und da ein ordentlicher Apparat Erläuterungen zu den Tafeln gibt, so kann er aus diesem Werk auch sehr viel angenehmere und solidere Belehrung schöpfen als aus den schablonierten Literaturgeschichten fürs deutsche Haus. Um aber auf die Biedermannsche »Chronik« zurückzukommen, so kann so kundig überhaupt niemand sein, daß er das Buch nicht mit reichem Gewinn wieder und wieder vornehmen könnte. Im Gegenteil, je mehr der Leser von Goethe kennt, desto tiefer wird diese Zusammenstellung, die sich in allem ausschließlich an Namen und an Daten hält, seine Phantasie bewegen. Es gab bisher etwas ähnliches wohl nur in der von H. G. Gräf besorgten Ausgabe der Gedichte Goethes in zeitlicher Folge. Wem dort die eine oder andere Episode dieses Lebens durch die bloße Konfiguration der Verse, die in ihr entstanden, bildhaft wurde – man denke nur an jene ungeheure Folge, die durch das Gedicht an den »Aufgehenden Vollmond«, die Divanzeilen »Nicht mehr auf Seidenblatt« in Dornburg nach dem Tode Karl Augusts entstand – der ist zum Studium dieser Chronik vorbereitet.


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