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13. Kapitel.
Ihre Pflicht

Nur kurz erwähnt – denn Einmischung oder Rat in häuslichen Angelegenheiten der Judenschaft wäre eine Unverfrorenheit – aber es ist klar, daß alle speziell jüdischen Institutionen die rechte Politik, die ich vertrete, fördern – diese sind bereits da – Schulen, Zeitungen, jüdische Gesellschaften – jedes Zunehmen dieser Institutionen sollte willkommen sein, weil sie die Sondernationalität des Juden betonen und klarmachen.

 

Wo positive Ursachen für ein Übel sich haben finden lassen, da ist klar, daß dessen Behebung in der Beseitigung dieser Ursachen besteht, soweit das möglich ist.

In dem besonderen Falle der Reibung zwischen den Juden und deren Wirten sind die Ursachen die törichte und gefährliche Gewohnheit der Verheimlichung und das aufreizende Zeigen der Überlegenheit. Das sind Ursachen, die der Jude, wenn er will, beseitigen kann. Das liegt bei ihm; wir können hier nichts tun: er alles.

Aber hinter dieser negativen Pflicht, die den Juden obliegt, wenn sie eine friedliche Beilegung der Gefahren, die ihnen für die Zukunft drohen, bewirken wollen, liegt ein positives Handeln, das ihnen auch obliegt. Sie müssen Institutionen begünstigen, ja selber in Vorschlag bringen, die sie noch besser herausheben aus einer Gesellschaft, die nicht die ihre ist, und die ihnen die Würde einer Nation wiederherstellen. Ich werde im letzten Kapitel dieses Buches dafür kämpfen, daß die zu einer Lösung führende Politik nicht auf unmittelbare von uns erdachte Gesetze sich gründen darf, nicht auf Reaktionen, die mit ziemlicher Sicherheit zur Bedrückung führen und mit ebensolcher Sicherheit umgangen würden, sondern auf eine durchgehende Gesinnung, die die Sondernationalität der Juden anerkennt. Aber wiewohl dies von jedem christlichen westlichen Staate gilt, in dem sie sich aufhalten, gilt es nicht von ihrer eigenen Nation. Sie ihrerseits können sehr wohl mit Vorschlägen hervortreten (was wir nicht können), denn sie wissen, wie sie zu gestalten sind im Einklang mit ihrer eigenen Würde und ihren eigenen Traditionen. Es gibt bereits einen Anfang zu so etwas in den jüdischen Schulen, den jüdischen Vormündern, und in der bedeutenden Sonderorganisation, welche die Juden in diesem Lande für ihre eigene Gemeinschaft offen eingerichtet haben. Diese Anfänge dürfen nur erweitert werden.

Die offene Feindseligkeit gegen die Juden hegen, werden sagen, daß hinter allen Vorschlägen, die von ihnen kommen, eine Falle sich verbergen wird. »Dieses Volk«, sagen sie, »wird uns Dinge einreden, die unschuldig genug aussehen werden und scheinbar keinen anderen Zweck haben, als ihre Lage in der Zukunft klar zu definieren; aber wir werden uns als die Gefangenen einer Bindung entdecken, und die Juden werden uns noch mehr beherrschen als zuvor. Sie werden dieselben bleiben wie heute, und während sie als Sondergemeinde jedes Privileg beanspruchen, werden sie auch auf dem vollen Bürgerrecht bestehen, das mit dieser Haltung unvereinbar ist. Wir werden entdecken, daß die Institutionen, die wir sie zu bilden ersuchen, nicht nur zu ihren Gunsten funktionieren werden, sondern auch sehr stark gegen uns.«

Ich bezweifle es. Die speziellen, bereits funktionierenden jüdischen Institutionen haben nicht diese Wirkung. Im Gegenteil, sie lindern bereits die Spannung. Eine dieser Institutionen z. B. ist die jüdische Presse: die speziell den jüdischen Interessen dienenden Zeitungen und jüdische Ideen verbreitenden Zeitungen. Sie befleißigen sich nicht immer der nötigen Höflichkeit. Ich selbst hatte zuweilen schon Klage zu führen gegen die Art, in der sie aufrichtige Bemühungen zur Bereinigung unserer Schwierigkeiten und ehrliche Versuche, einen Ausweg zu finden, behandelt haben. Sie haben zuweilen ihren Feinden eine Handhabe gegeben durch zu lebhafte, oder wie diese Feinde sagen würden, zu arrogante Ansprüche, und sie schreiben hin und wieder, wie wenn wir, die gewaltige Mehrheit, überhaupt keine Rechte hätten, und die einzige Sache, die der Rede wert ist, der Vorteil ihres eigenen Volkes wäre.

Aber schließlich wäre es auch absurd, etwas anderes zu erwarten. Eine kleine Minderheit, die sich energisch durchschlägt, muß ihre Ansprüche übertreiben; ein Organismus, der sich gegen sehr schweren Druck von außen wehrt, muß einen aggressiven Eindruck machen, und ich werde immer behaupten, daß das Bestehen einer offenen, jüdischen Institution, die, wie heftig immer, jüdische Interessen vertritt, eine ausgezeichnete Sache ist. Sie bildet einen gesunden Kontrast zu dem gegenteiligen Versuche, jüdische Argumente unter dem Deckmantel der Neutralität vorzubringen und jüdische Ideen durch Agenten zu verbreiten, die recht weit davon entfernt sind, neutral zu sein.

Fragt man mich, was für Institutionen ich denn im Auge habe, dann kann ich nur wiederholen, daß es Sache der Juden selber ist, die ersten Vorschläge zu machen; jedoch empfehle ich eine Ausdehnung des Systems, das im Keime schon vorhanden ist, wonach Streitigkeiten zwischen Juden vor einem jüdischen Tribunal geschlichtet werden sollen. Nicht bloß seine Ausdehnung, sondern auch seine offizielle Bestätigung, auf Verlangen der Juden, wäre eine gute Sache. Es wäre auch nicht schlecht, wenn – etwas später, sobald die Dinge zu diesem Wechsel reif sind – Streitigkeiten zwischen Juden und Nichtjuden vor Gerichtshöfe gebracht werden könnten, wo der spezielle Charakter solcher Streitigkeiten, der spezifische Unterschied zwischen ihnen und denen zwischen Mitbürgern des Landes, in welchem sie leben, durch gemischte Richterkollegien zum Ausdruck käme. So etwas heute versuchen, wäre natürlich eine bedeutende Umänderung des Gerichtsverfahrens, ja eine revolutionäre. Und auf lange Zeit besteht keine Aussicht auf sie; aber bei der wachsenden Zahl der Juden unter uns und ihrem wachsenden Einfluß wird sie, glaube ich, wenn sie schließlich kommt, für beide Teile nur von Vorteil sein. Es wäre verhängnisvoll, würde sie ihnen aufgezwungen. Sie würde nicht akzeptiert werden. Sie würde nicht funktionieren. Aber würde sie spontan von den Juden vorgeschlagen, in Angriff genommen und weiterentwickelt von ihnen, dann hätte sie Erfolg. Und sie würde sehr stark zu der Erleichterung beitragen, die wir bereits durch das Funktionieren der anderen von mir erwähnten Institutionen erlebt haben.

Zu dieser Sache ist wenig mehr zu sagen. Abgesehen von der Pflicht offenen Verfahrens und eben dieser spezifischen Politik, Sonderinstitutionen zu begünstigen, wollen wir nicht drängen.

Der Hauptteil der gegenseitigen Pflichten liegt auf unserer Seite. Darum habe ich ihm den verdienten Raum gewährt und mich auf diese wenigen Zeilen beschränkt, um entsprechende Andeutungen für den Gebrauch derer zu machen, die am Ende nicht uns verantwortlich sind für ihre Taten und eigentlich das Spazierenführen unserer Ansichten über die häuslichen Details ihrer uns fremden Organisation übelnehmen können.


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